Ophrys Keimpilz?

Begonnen von Berthold, 16.Dez.09 um 15:46 Uhr

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Berthold




Bei diesen winzigen Sämlingen (wahrscheinlich Ophrys lutea) handelt es sich um in situ gekeimte Sämlinge, die in einem Topf mit Ophrys lutea neben der Mutterplanze gekeimt sind. Ein geeigneter Keimpilz müsste also noch in den Pflanzen drinstecken.

Die Sämlinge wurden ausgegraben, mit einer Wurzelbürste möglichst gut mechanisch gesäubert und auf sterilen Agar mit 3g/l Haferflocken und 10g/l Neudohum gesetzt.

Wenn sie jetzt dort weiter wachsen muss ein geeigneter Ophrys-Keimpilz die weitere Versorgung der Sämlinge übernommen und sich dabei im Agar verbreitet haben. Ich hoffe, da kann man ihn dann erwischen und weiter kultivieren. Der Agar enthält keine Nährstoffe, die die Sämlinge direkt aufnehmen können. Wenn der Pilz nicht funktioniert sind sie verloren.

Ich werde mit grosser Spannung die Entwicklung beobachten.

Wurden solche Versuche mit lebenden in situ Pflanzen schon mal durchgeführt?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold,
mit etwas Glück kann das funktionieren. Hast du jeden Sämling in ein getrenntes Glas gesetzt? Falls du siehst, dass sich um einen Sämling die typischen Hyphen bilden, schnappe dir gleich ein winziges Stück davon und lege es auf neuen Haferagar.

Sollten sich gleich Schimmelhyphen zeigen, so kannst du einen Trennversuch machen wie die Homöopathen. Du nimmst ein Stück des infizierten Haferagars und verreibst es in einem zuvor sterilisierten Porzellanmörser (hast du?) mit z.B. 10 ml sterilem Wasser. Davon nimmst du einen ml und verdünnst ihn auf 100 ml. Davon nimmst du wieder einen ml und verdünnst ihn auf 100 ml. Davon nimmst du jeweils einen ml und gießt den auf die Oberfläche von sterilem Haferagar in mehreren Gläsern. Das Neudohum sparst du dir dabei, das stört nur die Betrachtung. Wenn du Glück hast, findest du in einem oder mehreren Gläsern die typischen Orchideenpilz-Hyphen. Ggf. noch einmal weiter verdünnen. Auf diese Weise kann man prinzipiell aus Erdboden die darin vorhandenen Pilze voneinander trennen.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Claus jeder Sämling hat natürlich sein eigenes Glas, da möchte ich mich nicht lumpen lassen.

Dass ich von den Homöopathen doch noch was lernen kann hätte ich nicht erwartet aber ich hoffe natürlich, ich kann es vermeiden.

Leider weiss ich nicht, ob der Ophrys-Keimpilz Haferflocken überhaupt mag oder ob irgend ein Holz nicht besser wäre.

Im Topf der Mutterpflanzen ist ein Substrat aus Seramis, Akadama, Rindenhumus und natürlich etwas Neudohum. Die kleinen Sämlinge klebten im Wesentlichen an der Ton-Klumpen des Akadama. Der Rindenhumus, der gleichmässig im Topf verteilt ist, ist stark von Hyphen durchwachsen, die zu einem grösseren Ständerpilz gehören aber der scheint mit der Keimung nichts zu tun zu haben, denn die Keimung tritt nur um die Mutterpflanzen auf, in einem Abstand von etwa 3 cm. Die Mutterpflanzen stehen seit etwa 18 Monaten im Topf. In dieser Zeit muss der Keimpilz also etwa 4 cm ins Substrat gewachsen sein.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Aus einem Sämling treiben Pilzhyphen (vom Protokorm nach links im Bild)


Der Sämling hat sich nach oben gebogen, ein Zeichen, dass er mit Nahrung und Wasser versorgt wird. Die Entwicklung geht "in die richtige Richtung".
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold,
schnapp dir eine Hyphe und ab auf frischen Haferagar damit!

Da der Namne "B1" schon besetzt ist, wäre das dann "B2".  :-D :-D :-D
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Berthold

Zitat von: Claus am 19.Dez.09 um 17:31 Uhr
Berthold,
schnapp dir eine Hyphe und ab auf frischen Haferagar damit!
Claus, das ist heute bei 3 Sämlingen passiert. Die Hyphen wachsen nicht konzentrisch um die Infektionsstelle (Protokorm) nach aussen sondern in einzelne ausgeprägte Richtungen, etwas seltsam.

Sie liegen jetzt auf 10g/l Haferflockenagar. Ich denke für die reine Pilzzucht ist das besser als diese Magerkost von 2.5g/l.

Demnächst brauche ich Ophrys Samen, den eigenen habe ich vergeben oder verstreut.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 20.Dez.09 um 23:18 Uhr
Claus, das ist heute bei 3 Sämlingen passiert. Die Hyphen wachsen nicht konzentrisch um die Infektionsstelle (Protokorm) nach aussen sondern in einzelne ausgeprägte Richtungen, etwas seltsam.

Sie liegen jetzt auf 10g/l Haferflockenagar. Ich denke für die reine Pilzzucht ist das besser als diese Magerkost von 2.5g/l.

Demnächst brauche ich Ophrys Samen, den eigenen habe ich vergeben oder verstreut.

Berthold,
dass die Hyphen so zackig nach außen laufen ist völlig normal. Leider sind die Schimmelhyphen fast immer am schnellsten. Dennoch hilft es nichts, man muss die von der vordersten Front nehmen, nur die sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rein. Leider hast du dann oft Schimmelhyphen in Reinkultur.  O-) O-) O-)

Aber die Zurückgebliebenen sind dann auch nicht der reine Symbiosepilz. Du kannst vielleicht mehrere Proben von unterschiedlichen Stellen des Hyphenwettrennens nehmen, und zur Aussaat nimmst du dann natürlich nur solche, die keinen Schimmel entwickelt hatten.

Zur Anzüchtung des Pilzes sind 10 g/l Hafer sicher nicht verkehrt.

Wegen Samen schaue ich mal in meine Kiste. Da ist sicher noch etwas vorhanden. Warten wir mal ab was sich entwickelt. Bei weißen, grünen oder blauen Puscheln wäre die Aussaat kontraindiziert. grins grins
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winwen

Ich hatte gestern ein interessantes Treffen mit einem Botaniker der mir erzählte, er hätte im Rahmen seiner Diplomarbeit aus einer Ophrys insectifera einen Pilz isoliert, der auch Cypripedium calceolus keimte. Ich gab mich dezent gierig und er versprach Schritte zu dessen Wiederbeschaffung in die Wege zu leiten.
Wir bleiben in Verbindung.....

Claus

Der würde noch gut in meine Sammlung passen!  :thumb :thumb :thumb

Muss er den denn nochmals isolieren, oder schwirrt der Pilz noch auf irgendeinem Laborregal herum?

Ich habe kürzlich alle meine Pilze in Reagenzgläsern "archiviert". Dabei fand ich auch wieder den Pilz von Jack, der ihn 2005 isoliert hatte. Seit meinen ersten Versuchen damit lag er im Kühlschrank. Auch dieser Pilz, wie schon der B1 - ebenfalls aus 2005 - sprang sofort bei der Vermehrung an. Ich nenne ihn J1.

Was er kann weiß ich noch nicht, die Versuche in 2005 waren ja bei mir noch von viel Unkenntnis getrübt.
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Berthold

In den Ophrys-Sämlingsgläsern haben sich jetzt 2 unterschiedliche Pilz zu erkennen gegeben.

1. Oph1: Er ist schneller als der 2. Pilz und bildet ca. 5 mm hohe Lufthyphen, die sehr locker aus der Agar-Oberfläche herausragen. Man erkennt die Hyphen nur wenn man gegen das Licht parallel über die Agaroberfläche schaut. Er wächst nicht konzentrisch von der Infektionsstelle (Protokorm) aus sondern nur in wenige Richtungen.

2. Oph2: Er bildet eine dichte weisse Schicht von ca. 2 mm hohen Lufthyphen, die sich konzentrisch um die Infektionsstelle ausbreiten. Man könnte auf die Idee kommen es seien Schimmelflecken.

Einer der Sämlinge ist auf dem Agar bereits um 50% (von 6 auf 9 mm) gewachsen. Wer ernährt ihn? :ka
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Hallo Berthold,
wir haben ja auch bei Dieters Pilz das Phänomen, dass der Anteil, der wahrscheinlich ein Rhizoctonia ist, keine Keimkraft zeigt. Aber in Zusammenarbeit mit den mindestens zwei weiteren Pilzen und auf Holzfaser keimt es doch.

Vielleicht ist das wie bei der Hummel. Bezogen auf ihr Gewicht und die Tragflächengröße kann die Hummel nicht fliegen. Aber die Hummel weiß das nicht und fliegt doch.  :whistle :whistle :whistle

Du musst jetzt den mühsamen Weg gehen und auf beiden Pilzen aussäen. Ich schicke dir nach den Feiertagen entsprechend Samen.

Es kann auch sein, dass Haferagar nicht das geeignete Medium ist, dann sterilisiere dir doch mal ein paar Gläser Neudohum und infiziere die mit den Pilzen. Da hast du Holzfasern und Dünger drin.

Viele Grüße
Claus
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Berthold

Der Sämling aus Antwort 3 hat sich inzwischen so entwickelt (hat doppelte Grösse erreicht):


Einen Pilz, den schnellen, habe ich inzwischen 2 mal hintereinander destilliert. Er scheint sauber zu sein.

Ein anderer hat sich schimmelähnlich am und um den Sämling zu schaffen gemacht.
Ich fürchte, er ist auf Dauer nicht gesund für den Sämling. Im insitu Topf hat er nicht geschadet, weil er dort nicht so viel organisches Futter hatte.

Beide Pilze liegen inzwischen auch auf reinem sterilisierten Neudohum und auf Haferflockenagar unterschiedlicher Konzentrationen.

Zwei Sämlinge habe ich auch auf sterilisiertes Neudohum gesetzt. Wenn sie sich jedoch dort weiter entwickeln, hilft mir das nicht viel an Erkenntnis, denn das tun auch asymbiotisch pikierte invitro Sämlinge.
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Dieter

Zitat von: Berthold am 28.Dez.09 um 14:21 Uhr

....Zwei Sämlinge habe ich auch auf sterilisiertes Neudohum gesetzt. Wenn sie sich jedoch dort weiter entwickeln, hilft mir das nicht viel an Erkenntnis, denn das tun auch asymbiotisch pikierte invitro Sämlinge.

natürlich hilft das,
sehr sogar :-)

dann kannst du gleich auf neudohum aussäen
brauchst keinen haferagar zu kochen
und brauchst später auch nicht zu pikieren  :-D

Berthold

Jetzt habe ich mal einen Bombenteppich gelegt.
Eine Samenmischung aus den Arten Ophrys apifera, Comperia comperiana, Orchis patens, Orchis pallens und Himantoglossum hircinum, also alles Arten, die garntiert nicht auf B1 keimen habe ich auf mehrere Fraktionen der Pilzmischung ausgesät.
Das sollte für die Erkenntnis 1 Jahr Zeitersparnis bringen und ich kann die Gläser viel früher wieder für etwas anderes benutzen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

In diesem Zusammenhang ist mir folgendes aufgefallen: Wenn ich z.B. auf dem für uns neuen Pilz CP eine Aussaat mache, z.B. von D. maculata, dann keimen die Samen zwar, der Pilz frisst die Sämlinge aber nach kurzer Zeit wieder auf. So war es auch bei A. morio.

Legt man dagegen fertige D. maculata-Protokorme, die schon kleine Spitzen haben, auf eine Pilzoberfläche, dann entwickeln sie sich dort weiter und sterben nicht ab.

Das heißt, die Pilze haben offenbar zum einen eine Keimfunktion und zum andern eine Förderfunktion. Wenn beides zusammenkommt, wie beim B1 und wohl auch L1, ist es gut, wenn eine der Funktionen schwach ausgebildet ist, wie bei 3707, 3713, CP, T&M, wahrscheinlich auch D1, dann ist es schlecht.

Berthold, die Samen sind unterwegs. Vorschlag: Nur 4-5 min Bleiche, da Ophrys empfindlich sind.
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