Orchideen-Mykorrhiza-Pilze im Garten

Begonnen von Berthold, 15.Mai.23 um 11:39 Uhr

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Berthold

Die klassische Frage lautet, warum keimen an bestimmten Stellen Orchideen und an andern nicht.

Für das Keimen müssen Mykorrhiza-Keimpilze im Boden vorhanden sein, die meist artspezifisch für eine Orchideenart sind.
Ich konnte aus Beobachtungen über 25 Jahre in meinem jetzigen Garten erkennen, dass bestimmte Orchideenarten an verschiedenen Orten aufgetaucht sind.
Eine Voraussetzung dafür ist, dass der passende Mykorrhiza-Keimpilz an dem Ort vorhanden ist und dass der Standort den grundsätzlichen Bedürfnissen der Art entspricht. Eine Sumpforchidee wird nicht auf einem Trockenrasen zu finden sein.

Ich konnte hier im Garten folgende Arten finden, sortiert nach Häufigkeit:
Epipactis helleborine
Dactylorhiza maculata
Dactylorhiza majalis und Hybride mit maculata
Listera ovata
Ophrys apifera

Andere Arten haben sich hier nicht ausgesät. Man kann daraus schließen, dass die spezifischen Mykorrhiza-Keimpilze fehlen.
Es kann aber auch sein, dass die adulten Pflanzen nicht überleben können, da vielleicht der Konkurrenzdruck zu groß ist oder dass andere Mykorrhiza-Schutzpilze erforderlich sind, die die Art vor Infektionen schützen. Diese Pilze können völlig andere sein als die Mykorrhiza-Keimpilze.

Dennoch wachsen viele andere Arten hier, auch über lange Zeit, wie z. B. Cephalanthera longifolia oder Orchis laxiflora. Aber sie mussten künstlich vermehrt werden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

Ich war kürzlich bei einem Orchideenfreund in der Nähe, bei dem sich A. pyramidalis im Garten sehr gut und in Massen aussät. Seine Pflege ist jedoch sehr speziell und aufwändig.
Ich hoffe ich komme zur Blütezeit nochmal hin und darf ein paar Bilder machen.
Grüße Jürgen

wölfchen

Zitat von: Uhu am 16.Mai.23 um 16:37 UhrIch war kürzlich bei einem Orchideenfreund in der Nähe, bei dem sich A. pyramidalis im Garten sehr gut und in Massen aussät. Seine Pflege ist jedoch sehr speziell und aufwändig.
Ich hoffe ich komme zur Blütezeit nochmal hin und darf ein paar Bilder machen.
Spannendes Thema.
Was betreibt er denn für eine Pflege ?

Berthold

Zitat von: wölfchen am 17.Mai.23 um 08:28 UhrWas betreibt er denn für eine Pflege ?

Passende Mykorrhiza-Pilze in der freien Natur anzusiedeln, ist praktisch unmöglich. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen.
Dazu müssten zuerst viele m³ eines Substrats mit passenden chemischen und physikalischen Eigenschaften sterilisiert werden, um die vorhandenen Konkurrenzpilze und/oder Bakterien zu vernichten.

Beyrle hatte ein Forschungsprojekt für Dactylorhiza durchgeführt.
Dabei hat er die Dactylorhiza-Pilze von Standorten mit Orchideenbestand isoliert, sie vermehrt und dann auf einem anderen Gebiet ausgebracht, wo keine Dactylorhiza wuchs.
Die Aussaat hatte dann geklappt, aber nach ein paar Jahren sind die Orchideen wieder verschwunden.
Vermutlich sind die spezifischen Mykorrhiza-Pilze von andern Pilzen/Bakterien wieder vernichtet worden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

wölfchen

Ja danke, das Projekt kenn ich, und die Probleme auch... grins

Auch in vitro ist es nicht einfacher.
Ich hatte im Frühjahr einen Pilz isoliert,
der einiges gekeimt hat.
Leider hat der Pilz dann die Sämlinge alle verspeist...

Berthold

Zitat von: wölfchen am 17.Mai.23 um 14:04 UhrIch hatte im Frühjahr einen Pilz isoliert,
der einiges gekeimt hat.
Leider hat der Pilz dann die Sämlinge alle verspeist...

Wenn Du die Sämlinge offen stehen hattest, kann es auch ein anderer Pilz sein, der die Sämlinge vernascht hat oder der Keimpilz hatte zu gute Lebensbedingungen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

wölfchen

Wohl das zweite  !
Die Gläser waren zu...

Berthold

#7
Zitat von: wölfchen am 17.Mai.23 um 17:35 UhrWohl das zweite  !
Die Gläser waren zu...
Die Pilzhyphen wachsen in den Samen und die Protokorme hinein, um sie zu verspeisen.
Wenn die Orchidee clever ist, löst sie die Pilzhyphen rechtzeitig auf und baut sich aus den Teilprodukten ihre eigenen Kohlenhydrate und anderes auf.
Das ist ein sehr sensibler Prozess, der sich leicht in die eine oder andere Richtung verschieben kann, wenn sich die Umgebungsbedingungen ändern.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

Zitat von: wölfchen am 17.Mai.23 um 08:28 Uhr...
Was betreibt er denn für eine Pflege ?

letztlich imitiert er kurzrasige Standorte durch extensive Beweidung. Ob er die Ausläufer des rheinischen Schiefergebirges oder schon den hessischen Buntsandstein al Untergrund hat weiß ich nicht - ist durch ausgestreuten Kalk auch unerheblich.
Seine angepflanzten Orchideen haben sich von hergerichteten Kalkbeeten in Rasenflächen ausgebreitet. Dort zupft er die Gräser und andere Konkurrenzpflanzen von Hand weg; unter Schonung auch kleinster Orchideensämlinge. Dafür hat ein einen sehr selektiven Blick entwickelt. Er muss mehrere Stunden wöchentlich auf den Knieen zupfen. Im Laufe der Zeit kommen Orchideen an diversen Stellen. Ganz besonders gut funktioniert A. pyramidalis. Davon hab ich ein paar Jungpflanzen von ihm geschenkt bekommen. Bin mir aber nicht sicher ob ich die durch und zur Blüte kriege.
Grüße Jürgen

wölfchen

Danke Jürgen!
Ein Schaf auf dem Grundstück wäre wahrscheinlich einfacher.
Weißt du, was außer A. pyramidalis sonst noch bei ihm wächst?

Berthold

Zitat von: wölfchen am 17.Mai.23 um 14:04 UhrJa danke, das Projekt kenn ich, und die Probleme auch... grins

Auch in vitro ist es nicht einfacher.
Ich hatte im Frühjahr einen Pilz isoliert,
der einiges gekeimt hat.
Leider hat der Pilz dann die Sämlinge alle verspeist...

Wolfgang, wie hast Du den Pilz isoliert, auf welchem Medium?
Bist Du sicher, dass es nur ein einziger Pilz war oder kann es eine Mischung aus mehreren Pilz-Arten gewesen sein?
Ich hatte bei der Isolierung des Keimpilzes an einem Ophrys-Sämling später 4 verschiedene Pilze auf dem Haferflocken-Agar-Nährboden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

wölfchen

Ich hatte das normale Haferflockenmedium verwendet.
Differenzieren konnte ich den Pilz in dem Stadium nicht. Durchaus möglich dass es mehrere waren...

Uhu

Jungpflanzen von Himatoglossum hat er auch; wenige gekeimte morios. Das hat bei mir im Garten nie geklappt. Eine gepflanzte coriophora dazwischen ist wirklich eine Monsterrosette.
Grüße Jürgen

wölfchen

Jürgen, meinst du dein Bekannter wäre für einen Feldversuch offen?