Myanmar

Begonnen von Ahriman, 26.Dez.15 um 21:29 Uhr

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pierre

Zitat von: Berthold am 07.Mär.16 um 17:02 Uhr
Renate Künast, Ex-Bundesministerin von den Grünen, schreibt in der FAZ einen Beitrag über das wirtschaftliche Wachstum Myanmar.
Dabei erwähnt sie insbesondere den Ehrgeiz des Landes die Textilindustrie stark auszubauen.
Sie bedauert jedoch zu tiefst, dass es in absehbaren Zeit schwierig werden wird, die Gewerkschaften im Land aufzubauen und mit den selben Rechten zu versehen, wie sie in Deutschland gelten. Auch das Arbeitsrecht und die Umweltstandards seien viel schlechter für die Arbeitnehmer und die anderen Menschen als in Deutschland.
Sie ermahnt deshalb den deutschen Verbraucher auf Lieferanten aus Burma solange Druck auszuüben, bis mindestens deutsche Standards erreicht sind.

Ich lache mich kaput , Frau Kunast und die Textilindustrie , damals die Textilindustrie wurde vom Europa nach China verlagert , billiger Arbeitkraft . Danach  nach Viet Nam und Indien verlagert , weil dort der Lohnniveau noch günstiger als in China. Jetzt Myanmar ist noch billiger als Viet Nam und Indien. Gewerkschaften in Myanmar aufzubauen ? Und die Zehen lutschen?


http://bangladesch.org/bangladesch/wirtschaft-und-armut/textilindustrie/menschenunwuerdige-arbeitsbedingungen.html


Berthold

#31
Zitat von: pierre am 07.Mär.16 um 18:48 Uhr

Ich lache mich kaput , Frau Kunast und die Textilindustrie ,

Ja, Frau Künast hat wohl nicht verstanden, dass man ein Massenprodukt wie Textilien auf dem Weltmarkt nicht absetzen kann, wenn man es nach deutschen Lebens-, Rechts- und Umweltstandards produziert.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Ich habe vor ort bemerkt dass die Regenjacke welche ich vor der Abreise in Wien gekauft hatte Made in Myanmar ist.
Werde bei Sports Direct nachfragen ob deren Lieferanten das Menschenrecht der Arbeiter auf Youtube-Videos respektieren.

Am nächsten Tag gings frühmorgens mit der Turboprop- Maschine nach Mandalay. Ca. 1h Flug, die Maschinen sind ebenso wie die Autos sehr neu. Es gibt eine Reihe von Inlandsfluglinien die wie ein Bus eine Rundroute abfliegen. Kostenpunkt etwa 100USD. Nicht billig aber mit dem Bus wär es eine Tagesreise.
Mandalay ist mit ca. 1,6 Mio Einwohnern die zweitgrößte Stadt Myanmars und liegt in der Mitte des Landes. Das Klima ist deutlich trockener und kühler als in Yangon, obwohl Mandalay nur 80m hoch gelegen ist. Tagsüber etwa 25°C, nachts nur 12°C. Epiphyten gibt es nicht.
Die Stadt ist sehr weitläufig und zu fuß nicht zu erkunden, brauchbaren öffentlichen Verkehr gibt es auch nicht. Um die teuren Taxis zu meiden hab ich mir ein Fahrrad ausgeborgt und mich in den Tumult des asiatischen Verkehrs gewagt. Es ging erstaunlich gut obwohl ich kein Radfahrer bin. Die Leute fahren recht langsam und vorsichtig, im Gewusel der Innenstadt kann einem sowieseo nichts passieren weil sich alles nur im Schrittempo bewegt.

Die Stadt ist wie Yangon recht neu (um 1850 gegründet), ebenfalls schachbrettförmig angelegt und gruppiert sich um den ehemaligen Königspalast der später Britische und nun Burmesische Militärbasis ist. Mandalay wurde im 2. Weltkrieg stark zerstört, besonders der Palast. Alles was man sieht ist ein billiger Nachbau aus den 80er Jahren. Aber allen die größe des Areals ist beeindruckend, selbst mit dem Rad fährt man ewig um einmal rundherum zu kommen.


Ein Wachturm am Wassergraben der den Palast umgibt. Kantenlänge der quadratischen Anlage: ca. 2km (!)


Mandalay hill ist eine Klosteranlage auf einem Hügel am Nordrand der Stadt.


Man kann über zahlreiche Schreine und überdachte Treppen hinaufpilgern (natürlich barfuß) und hat dann einen schönen Ausblick über die Umgebung.
Unten die beiden Hauptpagoden, links Kuthodaw und rechts Sandamuni, umgeben von hunderten kleinen weißen Stupas die je eine Steintafel mit buddhistischen Texten enthalten. Am rechten Bildrand sieht man einen Teil des Wassergrabens der den Palast umgibt.


Mönch posiert für ein Foto


Die Luftverschmutzung durch das Kochen mit Holz sorgt für tolle Sonnenuntergänge


Kuthodaw Pagode
Wie der Rest der Stadt aus dem 19.Jh, die Pagode ist von über 700 weißen Stupas umgeben.



Jede enthält eine Steinplatte mit Texten die zusammen den gesamten Pali Kanon ergeben. Der großflächigste Text der Welt.


Gleich daneben liegt Sandamuni
Geringfügig jünger (um 1874) und umgeben von dichten Reihen von 1774 weißen Stupas die ebenfalls je eine Texttafel mit Kommentaren zum Pali-Kanon vom benachbarten Kuthodaw enthalten.





Die Pagode enthält auch eine ungewöhnliche Buddhastatue aus Eisen.


Der wichtigste Sakralbau Mandalays ist der Mahamuny Buddha Tempel die die gleichnamige Buddha-Statue enthält.



Der Mahamuny Buddha stammt ursprünglich aus dem Königreich Arakan in West-Myanmar und wurde um das Jahr 1000 geschaffen. Eroberer brachten die Statue im 17.jh nach zentral-Myanmar und schließlich nach Mandalay. Seitdem bekleben Massen von Pilgern den armen Buddha mit Blattgold was seiner Statur nicht gutgetan hat. Man schätzt das um Lauf der Zeit etwa 2-3t Gold aufgebracht wurden.

Ralla

Immer wieder faszinierend, solche Bilder zu sehen.
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Berthold

Heute wurde der erste Präsident in Myanmar demokratisch gewählt.  :thumb
Ich hoffe, es tritt endlich Stabilität in diesem exotischen, interessanten und immer noch fremden (ausser für Christian) Land ein.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Schweres Erdbeben in Myanmar
http://orf.at/stories/2355157/

Nicht so schlimm wie in Nepal, aber wiedermal hatte ich Glück noch einiges sehen zu können bevor es zerstört wurde.
Der restliche Reisebericht kommt natürlich noch, aber ich hab momentan einfach keine Zeit all die Bilder hochzuladen.


Ralla

Da balancieren sich aber gerade die Erdplatten erheblich neu aus. Erst Italien und dann Myanmar.
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Ahriman

Aung San Suu Kyi vom Militär abgesetzt und festgenommen
https://orf.at/stories/3199691/

Das war's dann erstmal mit dem Experiment Demokratie in Myanmar, jetzt regiert das Militär wieder uneingeschränkt.
Aung San Suu Kyi saß schon länger zwischen den Stühlen. Im Westen verpönt nachdem sie die Vertreibung der muslimischen Rohingya gebilligt hatte - genauso wie weiteste Teile der buddhistischen Gesellschaft. China ist sie als "Demokratin" sowieso suspekt, man will schließlich kein solches Erfolgsmodell in der Nachbarschaft. Der Westen hat wiedermal aus moralischen Dünkel verabsäumt einem Schwellenland bei der Festigung einer jungen Demokratie zu helfen. Unterdessen hat China Milliarden in die Infrastruktur investiert und ist wichtigster Handelspartner.

Mit einigen Jahren Verzögerung setzen wir nun aber meinen Reisebericht aus 2016 fort, wenn man schon sonst nirgens hinfahren kann...

Berthold

Aber allzu schlecht ging es den Burmesen angeblich unter der Militärdiktatur nicht, auch wenn es keine westlichen demokratischen Standards gab.
Die Ägypter haben mit dem zeitweisen Austausch der Militärregierung gegen eine islamistische Zivilregierung keine guten Erfahrungen gemacht.
In Griechenland und in Spanien hat es jedoch gut geklappt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Früher ging das zumindest für die buddhistische Bamar-Oberschicht der Zentralregion. Für Minderheiten in den Randgebieten und Bergregionen weniger lustig.

Heute kann man keine derartige Abschottung mehr betreiben. Myanmar hat im Gegensatz zu Nordkorea eine sehr gebildete und auch relativ wohlhabende Mittelschicht die genau weiß was auf der Welt los ist und reisen und konsumieren will. Diese Leute lassen sich das nicht mehr gefallen. Da geht es weniger um Politik als um persönliche Bewegungsfreiheit. Der Tourismus war vor der Krise auch immer wichtiger. Das Militär hat immer noch starken Rückhalt unter den Wohlhabenden und kontrolliert weite Teile der Wirtschaft und hat die Krise nun als Chance genutzt um zu putschen nachdem bei den Wahlen im November über 70% der Stimmen an Aungs Partei gingen und das Militär massiv Macht verloren hätte. Es kommt jetzt darauf an wie sehr die Militärregierung persönliche Rechte und das Internet einschränkt. Es soll jetzt 1 Jahr Ausnahmezustand gelten und dann "Wahlen" geben. Aber ich bezweifle dass das gut geht, selbst mit Chinas "Hilfe". Spätenstens wenn der Gesundheitsnotstand vorbei ist geht es dort rund.

Naja, gut dass ich das Zeitfenster damals 2016 genutzt habe.

Nächste Station - Sagaing, etwa 20km südwestlich von Mandalay. Mangels brauchbarer Busverbindungen blieb nur eine unverschämt teure Taxifahrt bei der ich den Fahrer auch noch mittels GPs dirigieren musste. Das Hotel war noch eine halbe Baustelle, die Essensmöglichkeiten in der Umgebung beschränkten sich auf einen Mini-Supermarkt mit ungenießbaren Chemie-Süßigkeiten.

Ahriman

Unmittelbar nach Ankunft machte ich mich zu fuß auf den wenige km weit entfernten Sagaing Hill am Irrawaddy Fluss mit seinen Pagoden zu erklimmen und von dort den Sonnenuntergang zu sehen.
Auch hier Trockenwald mit spärlich blühenden Plumerias. Keine Epiphyten, in der Trockenzeit auch keine Geophyten auffindbar. Dafür etwa 20cm lange Hundertfüßler die offenbar in der Dämmerung aktiv werden.

Ahriman

Die Tempel und der Boden sind rundum mit bunten spiegelnden Kacheln und Mosaiken verziert die das Sonnen- und nachts Kunstlicht reflektieren. Auffallend sauber. Nach Einbruch der Dunkelheit baseits der grell beleuchteten Tempel und Läden absolut finster.

Ahriman

Am nächsten Tag ging es per Fahrrad nach Inwa, die nahegelegene ehemalige Hauptstadt Burmas, im Westen auch als Ava bekannt. Sie war vom 14.- 19.Jh unter mehreren Dynastien Hauptstadt und wurde erst nach einem verheerenden Erdbeben 1839 aufgegeben.

Normalerweise erkunden Touristen die riesige Anlage in Pferdekutschen mit einem Führer, natürlich absoluter Touristen-Nepp. Mit dem Fahrrad zahlt man nichts. Leider war mein vom Hotel zur Verfügung gestelltes Gratis-Rad in ebensolchem Zustand wie dasselbe. Zwar neu quietschgrün lackiert dafür nur mit einer einzelnen wackeligen Bremsbacke am Vorderrad und ohne Gänge. Die doch 25km lange Tagestour wurde so 'interessant'. Gottseidank ist das Gelände komplett eben.

Es ging über die im vorigen Beitrag am Horizont zu sehende Irrawaddy-Brücke auf die andere Uferseite richtung Mandalay und dann mit einer kleinen Fähre über einen Flussarm. Die Fähre stoppte inmitten des Flusses damit die Besatzung einen riesigen tot im Wasser treibenden Fisch bergen konnte. Wohl das Mittagessen. Obwohl quasi am Stadtrand von Mandalay gelegen ist die Umgebung ländlich mit sumpfigen Flussufern und Reisfeldern.

Was ist diese blühende Wasserpflanze?
Froschbiß (Hydrocharis)?

Ahriman

Die Bäume waren zwar auch hier wie in Mandalay durch das kühl-trockene Klima epiphytenlos aber voller scheuer Hörnchen. Und auch einige Wiedehopfe waren unterwegs. Sonst wenig Tierwelt, ist doch relativ stadtnah. Flora großteils Allerweltsunkräuter wie leider fast überall.

Ahriman

Heute sind von der ehemaligen Stadt nur die Prunk-Tempel welche die Herrscher errichten ließen übrig. Da immer noch in Gebrauch und beständig renoviert sind die bedeutenden Tempel und Klöster in gutem Zustand während eher uninteressante Pagoden und Stupas langsam zerfallen. Egal was für ein Ruinenhaufen, man kann gerne darauf herumklettern, aber aus religiösem Respekt nur ohne Schuhe grins