Symbiotische Aussaat

Begonnen von Berthold, 13.Sep.08 um 12:57 Uhr

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Dieter

#45
Zitat von: Claus am 10.Jan.09 um 13:40 Uhr
Zitat von: dieter am 10.Jan.09 um 10:31 Uhr
im übrigen glaube ich nicht,
dass das toresa bereits nach so kurzer zeit "verbraucht" ist,
auch der haferagar wohl eher nicht.
das "problem liegt irgendwo anders"
Hallo Dieter,
der Haferagar hat keine große Nährstoff-Kapazität. Im Vergleich zu zuckerhaltigem asymbiotischen Nährboden enthält er nur 1/8 der Energiemenge. Daher muss man oft umlegen.

Holz dagegen. verwendet als Nährboden hat eine fast unbegrenzte Kapazität, wenn der Pilz holzabbauend ist, und B1 ist es. Dann wachsen die Sämlinge nur im Zyklus des Jahres, d.h. sie machen nach dem Sommer eine Ruhephase, treiben aber nach dieser und entsprechender Kältebehandlung wieder aus.

Grüße
Claus

nun Claus, ich habe da meine zweifel.
die menge des agar oder toresa ist eher nicht das kriterium,
sonst könnte man das problem ja mit einem höheren nährstoffgehalt
(z.b. 50 gr haferflocken statt 3 gr.) beheben,
leider hilft das aber nicht.
auch 3 protokorme auf ein marmeladenglas
mit frischen toresa hilft nicht dauerhaft.

ich bleibe bis zum beweis des gegenteils bei meiner annahme,
dass "gewisse stoffwechselprodukte" des pilzes
ursächlich für die stagnation des wachstums sind....
der pilz geht in einen ruhezustand, und wird "geweckt",
wenn neues "nicht vergiftetes subtrat" zur verfügung steht.

also, umpikieren ist die einzige lösung...........


Überschrift geändert

Berthold

Zitat von: dieter am 10.Jan.09 um 14:02 Uhr
ich bleibe bis zum beweis des gegenteils bei meiner annahme,
dass "gewisse stoffwechselprodukte" des pilzes
ursächlich für die stagnation des wachstums sind

Interessante Anregung: Meinst Du das Wachstum der Pilze oder das Wachstum der Orchidee?
Wenn der Pilz stockt kann er keine Hyphen mehr in die Orchidee wachsen lassen, und damit käme die Orchidee auch zum Wachstumsstop.


Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Dieter

ich meine den pilz,
der stirbt zwar nicht,
aber er liefert irgendwie keine verwertbare nahrung
mehr an die protokorme, und die stellen dann das wachstum ein.

ich habe festgestellt, dass bei enger aussaat
die protokorme langsamer wachsen und auch kleiner bleiben.
und sie schliessen das wachstum früher ab,
machen die "kleine dunkle spitze" (bei dactys)
sobald man sie umpikiert oder von vornherein dünner aussät,
geht das wachstum länger und macht größere protokorme/sämlinge.
oder nach stagnation setzt es wieder ein.
bei dactys werden kleine grüne spitzen gebildet,
das ist dann beginn der winter ruhezeit.
nach 2 monaten kühle gehts weiter......
die orchis wachsen durch ohne ruhezeit bis zum nächsten "sommer".
und dann beginnt die korrekte ruhezeit und sie sind "im takt"
aber wem sag ich das eigentlich................

Claus

Zitat von: dieter am 10.Jan.09 um 14:02 Uhr
die menge des agar oder toresa ist eher nicht das kriterium,
sonst könnte man das problem ja mit einem höheren nährstoffgehalt
(z.b. 50 gr haferflocken statt 3 gr.) beheben,
leider hilft das aber nicht.

Dieter,
ab ca, 4-5 g Haferflocken pro Liter parasitiert der Pilz, das ist also nicht machbar. Das liegt entweder an der für den Pilz leicht verdaulichen Stärke, die ihn antreibt, oder die bei höherer Konzentration zu hohen Anteile an Eiweiß. Haferflocken enthalten ca. 13% Eiweiß, auch das könnte zum Parasitieren führen.

Bei Holz ist das offensichtlich anders, und Toresa ist auch nur Holz. Die Cellulose des Holzes kann der Pilz offenbar nur langsam verwerten, so dass kein Parasitieren erfolgt, außerdem enthält Holz nur ganz wenig Stickstoffverbindungen, die den Pilz antreiben könnten. Und genau das passiert in der Natur auch, da lebt der Pilz von der im Erdboden vorhandenen Cellulose der Wurzeln bzw. der Hemicellulosen, die weit verbreitet sind.

Und dann hat sich bei mir herausgestellt, das sich der Pilz auf diesen Holzgemischen völlig anders verhält als auf Hafer. Von daher ist es lohnend, dieses Verfahren mit verschiedenen Pilzen und verschiedenen Orchideen-Arten durchzutesten. Ich habe z.B. einen Pilz, der auf Haferagar kaum Hyphen bildet. Im Eichengemisch wuchert er dagegen ganz schön wild, scheint aber Protokorme nicht abzutöten.

Ich habe mich seinerzeit gewundert, als du über deine Versuche geschrieben hast, dass es so leicht möglich sein könnte, Samen zum Keimen zu bringen: Holzfaser + Dünger + ein paar Hormone (notwendig?) + ein Sück Orchideenwurzel + Wasser. Da hatten doch viele andere vorher schon unzählige Versuche auf Rinde gemacht, weitgehend erfolglos.

Also du bist der Erfinder der Methode.  :thumb :thumb :thumb

Mir schwebt vor, dass man auf diesem Wege auch die Arten symbiotisch vermehren kann, die sich sonst z.B. auf B1 nicht vermehren lassen. Allerdings gingen erste Versuche dazu bisher in die Hose, allerdings nur mit B1.

Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Dieter

nun Claus,
du bist unser "testspezialist"
also, ich hab gerade heut nachmittag ein kleines päckchen
mit toresa/D1 pilz und Ponerorchis sämlingen gepackt.
da kannst du sehen wie du damit fertig wirst.

also,
andere als morio und verschiedene Dactys hab ich bisher
nicht zum keimen gekriegt,
kein ophrys (verschiedene einschl apifera) kein platanthera,
keine epipactis, keine mascula, purpurea, pallens :-(

aber DU findest den trick, ich bin sicher.   :thumb

inzwischen habe ich auch einen grossen topf
mit morio sämlingen,
direkt auf meinen garten lehm ausgesät.
darin lebt also der gleiche D1,
den ich vorher auf Toresa isoliert hatte.
leider keimen aber apifera darauf (bisher) auch nicht.

Berthold

#50


Einige Dactylorhiza-Arten ( z.B. D sambucina und D. ochroleuca) keimen auf B1 in einem Medium aus 2,5 g/l Haferflocken recht gut. Nach ca. 8 Wochen kommt das Protokormwachstum allerdings zum Stillstand. Wenn man die Protokorme auf frischen sterilen Boden umlegt, beginnt das Wachstum für eine gewisse Zeit von neuem.

Hier wurde dem neuen Boden zerschnittene Eichenblätter zugemischt (ca. 2/3 Blatt pro 30 ml Nährboden). Die Protokorme sind auf dieser Bodenmischung nach 4 Wochen etwa doppelt so gross wie auf dem Standardboden mit nur Haferflocken.

Nach meinen Überlegungen sollen die Haferflocken dem Pilzwachstum eine gute schnelle Starthilfe bieten, während die Eichenblätter das längere kontinuierliche Wachsen des Pilzes garantieren sollen, da sie sich nicht so leicht vom Pilz komplett verstoffwechseln lassen.

Dem Substrat sind keine weiteren Mikronährstoffe zugesetzt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Ich rate dringend, vor der Aussaat den Samen zu desinfizieren!
Z.B. 10 Minuten 2% H2O2 ordentlich schütteln und dann einfach auf einem Stück Papier einen Tag trocknen lassen, damit der Samen wieder streufähig wird.

Bei Aussaat nicht desinfizierter Samen auf die Pilzkultur geht man ein erhebliches Risiko ein, eine Pilzmischkultur zu produzieren. Oft merkt man es überhaupt nicht, denn nicht immer ist der verunreinigende Pilz mit dem Auge erkennbar aber er kann trotzdem die Samenkeimung enorm behindern oder sogar völlig verhindern. Man wundert sich dann, dass in einem Glas der Samen gut gekeimt hat, im anderen aber nur schlecht oder gar nicht. Oder in einem Glas kommt das Protokormwachstum zum Stoppen, im anderen geht es weiter. Wenn man Glück hat, bildet der Fremdpilz grüne Porenständer oder eine dicke Schimmelschicht, dann weis man was los ist.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Dieter

ich verwende das papier von "teebeuteln",
schütte die teeblätter aus
und zerschneide das papier in mehrere teile,
um daraus dann kleine tütchen zu falten,
die mit den samen in dem gläschen mit H2O2 geschütttelt werden.

die tütchen werden dann getrocknet
und am nächsten tag zur aussaat verwendet.
sichtbare verkeimungen
habe ich seither nicht mehr beobachtet.   :thumb

Berthold

mein neues Kultursubstrat für Mykorrhiza-Pilze, 2,5g/l gemörsterte Haferflocken plus ein zerschnittenes Eichenblatt für 40 ml Agar, hier mit umgelegter Orchis laxiflora:



Nachteil: Manche Fremdinfektionen bilden braune Stelle im Nährboden, diese kann man durch die Braunfärbung der Eichenblätter nicht mehr erkennen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Das Sieht ja ganz prächtig aus, Berthold!
Wann wurden denn die Samen ausgebracht - will sagen: Wie lange dauert die Kultur dieser Pflanzen jetzt insgesamt schon?

Berthold

Die Samen wurden am 25.9.08 ausgesat. Nach ca. 10 Wochen kommt das Wachstum auf dem Aussaatpilz bei dieser Art zum Stillstand, deshalb setzte ich sie dann normalerweise in Neudohum, wo sie weiter wachsen. Diese Sämlinge hier habe ich aber zum Test im Aussaatglas gelassen und am 7.1.09, also vor 3 Wochen auf das neue Eichenmischsubstrat gesetzt. Das hat sie wieder zum Leben erweckt.
Kultur bei Zimmertemperatur, 4 Wochen nach Aussaat bei Licht.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Erbaulich!
Ist das eine eher schnellere oder langsamere Art (gemessen an Dactylorhiza maculata) und denkst Du, dass durch Zusatz von Nitraten (a la Claus) noch etwas gewonnen werden kann?

Berthold

#57
Zitat von: winwen am 28.Jan.09 um 15:17 Uhr
Ist das eine eher schnellere oder langsamere Art (gemessen an Dactylorhiza maculata)

Die Orchis laxiflora und auch elegans wachsen ca 10 Wochen auf dem ersten Pilz, die Dactylorrhiza etwa 4 bis 6 Wochen.
Es ist also nicht so sehr eine Frage der Schnelligkeit der Art, sondern wie lange klappt die Ernährung des Protokorms auf dem Mykorrhiza-Pilz.
Warum das Wachstum nach einer gewissen Zeit zum Stillstand kommt, darüber grübeln wir gerade schwer. Ich denke (vorläufig), die Abstossung des Pilzes nimmt mit stärker werdendem Protokorm zu und die Aktivität des Pilzes mit der Aufzehrung der Haferflocken ab.

Über die Nitrate habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Da testet Claus gerade.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 28.Jan.09 um 15:33 Uhr
Ich denke (vorläufig), die Abstossung des Pilzes nimmt mit stärker werdendem Protokorm zu und die Aktivität des Pilzes mit mit der Aufzehrung der Haferflocken ab.

Zur Zeit spricht viel dafür, dass nur eine abnehmende Aktivität des Pilzes für die Einstellung des Wachstums verantwortlich ist, weil der Haferagar nicht viel Nährstoffe enthält. Gibt man mehr parasitiert der Pilz, aber im Vergleich zu den asymbiotischen Nährböden mit 20 g/l Zucker hat er bei 2,5 g/l an Hafer nur 1/8 der Nährstoffmenge.

Wenn man die Holz abbauenden Rhizoctonia-Pilze auf holzhaltiges Substrat legt, haben sie praktisch unendlich viel Substanz abzubauen - im Vergleich zu Haferagar. Erstens werden sie dann viel aktiver, ohne zu parasitieren, zweitens scheint es zur Zeit so, dass sie die Protokorme viel länger fördern.

Ein Beispiel: D. maculata, am 4.12.08 auf Haferagar ausgesät, keimt so gegen den 27.12.08 massiv. Mitte Januar 2009 zeigen die Protokorme, dass sie in äußerst schlechtem Zustand sind. Sie werden auf neuen Haferagar umgelegt, wo sie sich schnell erholen und die in einem parallelen Glas auf dem Erst-Haferagar belassenen Protokorme rasch im Wuchs überholen.

D. maculata, am 4.12.08 parallel auf mit B1 infiziertem Eichen-Gemisch (das mit Nährsalzen - auch Nitraten -, Vitaminen und Spurenelementen imprägniert und steriliert war) ausgesät, zeigt ebenfalls am 27.12.08 erste Protokorme. Während die ersteren umgelegt werden müssen, bleiben diese auf dem Substrat, wachsen weiter, sehen gut aus und sind bereits größer als die auf Haferagar umgelegten.

Die Ernährung = Energiequelle ist im Falle der asymbiotischen Kultur Zucker, der zu Glucose und Fructose abgebaut wird, im Falle der Kultur auf Haferagar Stärke, die zu Glucose abgebaut wird und im Falle des Eichensubstrats Cellulose, die ebenfalls zu Glucose abgebaut wird. Grundsätzlich müsste auch Sägemehl gehen, allerdings fehlen dann wahrscheinlich die unbekannten Substanzen aus Blättern und Rinde. Berthold hat ja mit seinem Zusatz an Eichenblättern zum Haferagar auch schon Erfolge.

Übrigens kann man in beiden Fällen die Infektionsstelle des Protokorms deutlich in Form eines gelben Flecks gegenüber der gebildeten Spitze erkennen. Sonst sind die Protokorme noch rein weiß.

Ich schließe aus dem unterschiedlichen Wachstum, dass die Ernährungskapazität im ersten Fall bereits nach relativ kurzer Zeit zur Neige ging, während abzuwarten ist, wie lange die Protokorme auf dem Eichensubstrat bleiben können.

Zur Zeit bereite ich gerade neue Gläser mit Eichen- und Farn-Substrat vor, bei dem ich eine vereinfachte Imprägnierungsrezeptur einsetze: Ohne B-Vitamine, ohne Spurenelemente (außer Mn - natürlich, Manfred!!! - B und Zn). Da ich heute bei einem Spaziergang auch noch gefällte Kiefern fand, habe ich auch davon geschreddert und bin gespannt wie dieses Nadelholz dem Pilz schmecken wird.  :-p

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 28.Jan.09 um 18:19 Uhr
Zur Zeit spricht viel dafür, dass nur eine abnehmende Aktivität des Pilzes für die Einstellung des Wachstums verantwortlich ist, weil der Haferagar nicht viel Nährstoffe enthält. Gibt man mehr parasitiert der Pilz,
Viele Grüße
Claus

dann wäre es ja klug, wenn man dem Pilz eine Nahrung gibt, die er nicht sofort komplett verstoffwechseln kann (wie Haferflocken) sondern woran er länger aber gleichmässiger von zehren kann.

Da scheinen mir dann Eichenblätter gemischt mit Haferflockenagar als Starterkit doch schon in die richtige Richtung zu zielen.

Ich habe gerade auf eine solche Mischung ausgesät, mal schauen, ob die Protokorme länger wachsen als auf reinem Haferagar. 

Das "Nachfüttern" des Pilzes im Aussaatglas durch Zustreuen von frischen Haferflocken so etwa einen Monat nach der Aussaat ist auch eine Möglichkeit.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)