Definition der Arten nach ihren Bestäubern sinnvoll?

Begonnen von walter b., 27.Feb.13 um 23:35 Uhr

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Berthold

Zitat von: walter b. am 13.Okt.21 um 11:08 Uhr
Zitat von: Berthold am 13.Okt.21 um 10:39 Uhr
Es ist Tatsache, dass dieses Verfahren zur Verwirrung führt und damit haben diese Leute aus persönlichem Geltungsbewusstsein den eigentlichen Sinn der Einführung Systematik in der Biologie verfehlt.

Aber wieso unterstellst Du diesen Forschern Geltungsbewusstsein,
Lies Dir doch einmal die Arbeit von Dr. Hendrik Breitkopf durch, die Eveline dankenswerterweise hier verlinkt hat.

Es handelt sich um ein privates Hobby einiger Leute. Ihnen sei ihr Hobby gegönnt, aber es soll nicht auf Kosten oder sonstigen Lasten der Allgemeinheit geschehen.

Wir können hier im Forum auch nicht innerhalb der letzten Jahre 3 mal die Gattungs- oder Artnamen der Steinlaelien ändern.
Da halten wir uns lieber an Jay Pfahl. Er hat 24,079species in 866 genera zusammen getragen und kann nicht 4 Leute hauptberuflich beschäftigen, die regelmässig allen Namen kontrollieren, anpassen und die Pflanzen in seiner Datenbank umordnen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

FlorianO

Jay Pfahl Hat wissenschaftlich keinerlei Relevanz.
Ich würde eine Weiterentwicklung in dem Bereich die aufgrund der modernen Technik möglich ist nicht als eine Last bezeichnen, ganz im Gegenteil.
Ob es sinnvoll ist Arten nach Bestäubern zu benennen weiß ich nicht und hätte da auch meine Zweifel. da kenne ich mich zu wenig aus. Beziehe mich auf die molekularbiologischer Sicht.

Berthold

Zitat von: FlorianO am 13.Okt.21 um 19:33 Uhr
Jay Pfahl Hat wissenschaftlich keinerlei Relevanz.
.

Ja, aber er hat eine erhebliche Relevanz in der Praxis. Die Systematik wurde erfunden, um ein Lebewesen eindeutig zu identifizieren.
Da kann man nicht auf kaum nachprüfbare genetische Merkmale zurück greifen, zumal sich die Erkenntnisse auf diesem Gebiet auch laufend ändern. Deshalb ist die Zuordnung teilweise willkürlich.
Wieviele genetische Merkmale müssen überein stimmen, damit man von einer Art, Unterart, Rasse, Form oder Sippe ausgehen kann?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Manne

die füher übliche bestimmung von arten war praktisch und nach vollziehbar.
dabei sollte man es belassen. unsere orchideen sind nicht dazu da die minder-
wertigkeisprobleme einiger leute zu befriedigen.

FlorianO

Nur weil man einen Unterschied nicht direkt sieht als Laie oder er immer falsch interpretiert wurde heißt es nicht das es den Unterschied nicht gibt bzw. es wird auch nicht richtiger mit der Zeit. Und wo soll man eine Art denn sonst zuordnen und benennen wenn nicht im Artenname. Und wie geht man mit neu entdeckten Arten um? Sollen die einen veralteten Namen bekommen weil vergleichbare Arten in der Vergangenheit bewiesener Maßen falsch zugeordnet wurde? Das ist doch alles ein viel größeres Chaos.

FlorianO

Zitat von: Manne am 13.Okt.21 um 21:36 Uhr
die füher übliche bestimmung von arten war praktisch und nach vollziehbar.
dabei sollte man es belassen. unsere orchideen sind nicht dazu da die minder-
wertigkeisprobleme einiger leute zu befriedigen.

Es ist etwas komplizierter. du kannst aber die alten Namen auf deinen Schildern lassen, hat eh keine Relevanz, ansonsten sind die Namen nicht falsch sondern nur veraltet.

Manne

dachte ich auch so. den umbenannten kram brauche ich nicht.

walter b.

Zitat von: Berthold am 25.Mai.22 um 13:49 UhrEs gibt ja viele Arten, die viel leichter über Kreuz bestäubt werden können, als Dein Beispiel von insectifera und holoserica.
Deshalb ist Deine Schlussfolgerung nicht plausibel.


Magst Du vielleicht Beispiele nennen?
Ich sehe, ich bin an einen Fachmann für Ophrys geraten. Da können Hannes Paulus, Pierre Delforge und Konsorten einpacken...

Berthold

Zitat von: walter b. am 25.Mai.22 um 19:09 UhrDa können Hannes Paulus, Pierre Delforge und Konsorten einpacken...
Ich denke, da hat sich Hannes Paulus mit seiner Überbewertung der Bestäuber zur Bestimmung der Arten etwas verrannt.
Der Bestäuber ist sicherlich ein Merkmal zur Bestimmung der Art, aber kein hinreichendes.
Die vielen Vorkommen in der damailgen DDR bis zum heutigen Thüringen beweisen einfach das Gegenteil seiner Behauptungen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Zitat von: Berthold am 25.Mai.22 um 23:08 Uhr
Zitat von: walter b. am 25.Mai.22 um 19:09 UhrDa können Hannes Paulus, Pierre Delforge und Konsorten einpacken...
Ich denke, da hat sich Hannes Paulus mit seiner Überbewertung der Bestäuber zur Bestimmung der Arten etwas verrannt.
Der Bestäuber ist sicherlich ein Merkmal zur Bestimmung der Art, aber kein hinreichendes.
Die vielen Vorkommen in der damailgen DDR bis zum heutigen Thüringen beweisen einfach das Gegenteil seiner Behauptungen.

Diese Hybridpopulationen beweisen einfach, dass die Menschen die Mechanik der Bestäubung von Orchideen verstanden haben, sonst leider gar nichts.

Berthold

Zitat von: walter b. am 25.Mai.22 um 23:55 Uhr
Zitat von: Berthold am 25.Mai.22 um 23:08 Uhr
Zitat von: walter b. am 25.Mai.22 um 19:09 UhrDa können Hannes Paulus, Pierre Delforge und Konsorten einpacken...
Ich denke, da hat sich Hannes Paulus mit seiner Überbewertung der Bestäuber zur Bestimmung der Arten etwas verrannt.
Der Bestäuber ist sicherlich ein Merkmal zur Bestimmung der Art, aber kein hinreichendes.
Die vielen Vorkommen in der damailgen DDR bis zum heutigen Thüringen beweisen einfach das Gegenteil seiner Behauptungen.

Diese Hybridpopulationen beweisen einfach, dass die Menschen die Mechanik der Bestäubung von Orchideen verstanden haben, sonst leider gar nichts.

Das ist Unfug, weil sachlich einfach falsch.
Die Bewohner Thüringens hatten Besseres zu tun, als tausenden von Ophrys Hybride über 50 Jahre per Hand zu bestäuben.
Wer das behauptet, ist einfach nicht informiert. Da liegt Wien einfach zu weit entfernt von Thüringen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Zitat von: Berthold am 26.Mai.22 um 00:58 Uhr
Zitat von: walter b. am 25.Mai.22 um 23:55 Uhr
Zitat von: Berthold am 25.Mai.22 um 23:08 Uhr
Zitat von: walter b. am 25.Mai.22 um 19:09 UhrDa können Hannes Paulus, Pierre Delforge und Konsorten einpacken...
Ich denke, da hat sich Hannes Paulus mit seiner Überbewertung der Bestäuber zur Bestimmung der Arten etwas verrannt.
Der Bestäuber ist sicherlich ein Merkmal zur Bestimmung der Art, aber kein hinreichendes.
Die vielen Vorkommen in der damailgen DDR bis zum heutigen Thüringen beweisen einfach das Gegenteil seiner Behauptungen.

Diese Hybridpopulationen beweisen einfach, dass die Menschen die Mechanik der Bestäubung von Orchideen verstanden haben, sonst leider gar nichts.

Das ist Unfug, weil sachlich einfach falsch.
Die Bewohner Thüringens hatten Besseres zu tun, als tausenden von Ophrys Hybride über 50 Jahre per Hand zu bestäuben.
Wer das behauptet, ist einfach nicht informiert. Da liegt Wien einfach zu weit entfernt von Thüringen.


Das ist sachlich einfach falsch. Natürlich hatten die Menschen in Thüringen Besseres zu tun, so wie wir alle, aber eben nicht nur. So wurden zum Beispiel auch Bücher über tropische, siehe Walter Richter, sowie heimische Orchideen verfasst und verlegt, konkret von der "Neuen Brehm-Bücherei". Wie auch viel andere Fachliteratur, scheinbar hatten die Menschen in dem repressiven System gerade deswegen ihr Augenmerk verstärkt  auf die Natur gerichtet, da ihnen in der Politik keine Beteiligung möglich war.
Richter schreibt von vielen an Orchideen interessierten Menschen, auch innerhalb der damaligen DDR. Und die Ophrys-Standorte in Thüringen waren wohl auch einer ganzen Reihe von Menschen bekannt, spätestens seit den Berichten darüber in den zitierten ostdeutschen Werken.

Einige dieser Bücher  befinden sich seit Jahrzehnten auch in meiner Büchersammlung, unter Anderem auch die über Ophrys. Kennst Du diese Werke der "Neue Brehm-Bücherei" über die heimischen Orchideen? Sie sind sehr lesenswert, wenn auch nur mit Schwarz-Weiß-Abbildungen.

Berthold

Nach meiner Kenntnis gibt es in der Biologie kein einziges Merkmal, dass allein die eindeutige Zuordnung zu einer definierten Art beweist.
Deshalb die Behauptung, der Bestäuber bestimme eine Art einer Ophrys eindeutig, sachlich unrichtig.
Die Gründe dafür sind vielfältig und plausibel.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

#223
Zitat von: Berthold am 26.Mai.22 um 11:37 UhrNach meiner Kenntnis gibt es in der Biologie kein einziges Merkmal, dass allein die eindeutige Zuordnung zu einer definierten Art beweist.
Deshalb die Behauptung, der Bestäuber bestimme eine Art einer Ophrys eindeutig, sachlich unrichtig.
Die Gründe dafür sind vielfältig und plausibel.

Natürlich bestimmt nicht nur der Bestäuber die Ophrys, wie kommst Du denn darauf?
Da spielen selbstverständlich viele andere Merkmale, wie die Zugehörigkeit zu den verschiedenen Verwandtschaftsgruppen, mit. Interessanterweise haben sich diese unterschiedlichen Verwandtschaftsgruppen oft unterschiedliche Insektengruppen bzw. -gattungen "erobert". Die ursprünglichsten wie der insectifera- oder bombyliflora-Komplex (auch bei "bombyliflora" dürfte es sich um mindestens zwei Arten mit unterschiedlichen Bestäubern handeln, sie sind in der Blütengröße zu unterschiedlich um denselben Bestäuber zu teilen) "nutzen" beispielsweise Wespen als Bestäuber. Das wandelt sich dann weiter zu unterschiedlichen Bienen-Gruppen.
Wie wir ja auch wissen, werden einzelne Gruppen ja nur mit dem Abdomen, die meisten aber mit dem Kopf bestäubt. Diese Gruppen sind darauf auch ausgerichtet, so verläuft auch der Strich der Haare bei den abdominal bestäubten Gruppen (fusca- lutea-, iricolor-, atlantica und omegaifera-Komplex) von unten nach oben, um den Insektenmännchen die "richtige" Richtung vorzugeben.

Auch kommt es vor, dass Arten aus unterschiedlichen Gruppen und in unterschiedlichen Gebieten manchmal denselben Bestäuber "nutzen". So fliegen die Männchen von ein und dieselben Biene in Südspanien und Nordafrika Ophrys atlantica, in Italien die "echte" Ophrys bertolonii und in Griechenland Ophrys spruneri an. Niemand käme aber deshalb auf die Idee, diese drei Arten zu einer zusammenzufassen, gehören sie doch ganz eindeutig zu unterschiedlichen Gruppen unter den Ragwurzen, darüber hinaus wird Ophrys atlantica im Gegensatz zu den beiden anderen Arten abdominal bestäubt.
Ein weiteres Beispiel wären Ophrys cretica von Kreta und Ophrys kotschyi von Zypern, die denselben Bestäuber haben. Dabei gehört cretica zu einer kleinen Gruppe mit der nahe verwandten (aber durch den Bestäuber unterschiedenen) Ophrys ariadnae, Ophrys kotschyi hingegen ist eine Art aus der umbilicata-Verwandtschaft, die sich mit ihrer Färbung und Zeichnung (und natürlich dem Duft), um den Bestäuber anzuziehen, auf cretica-artig entwickelt hat.

Doch grenzen sich nahe verwandte Arten (wie beispielsweise cretica und ariadnae bzw. die unterschiedlichen Arten aus der tendhredinifera-Verwandschaft auch durch ihre unterschiedlichen Bestäuber klar voneinander ab.

Grundsätzlich muss man sich die Bestäubung der Ophrys als ein Schlüssel-Schloss-Prinzip vorstellen. Dabei haben sich die einzelnen Arten an (allermeist) einzelne Bienen- bzw. Wespen-Arten "angepasst" und müssen genau die Schlüsselreize wie Pheromon, Färbung, Behaarung oder Muster, die Form, ja selbst die Höcker (zum Festhalten) gehören dazu, "produzieren", damit die Männchen genau der einen Art darauf mehr als ein Mal hereinfallen, damit die Bestäubung einer Blüte einer Art mit dem Pollen einer Anderen derselben Art sicher gestellt ist.
Das ist zwar ein ziemlicher Aufwand, doch müssen sie dafür keinen Nektar oder Pollen zur "Belohnung" produzieren und sichern sich einen "exklusiven" Bestäuber, der den Erhalt als Art sicher stellt.



walter b.

#224
Zu den oben genannten Inhalten kann ich zur Aneignung von Wissen auf die Schnelle die hier verlinkte Arbeit empfehlen:

https://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=39359.0

ZitatBased of the 'evolutionary species concept' (Simpson 1951) and the 'ecological
species concept' (Van Valen 1076), a species can be defined as an evolutionary
unit occupying an ecological niche and an evolutionary role different from any
other closely related lineages. The only in deep investigated strong isolation
barrier in sympatric Ophrys is floral isolation imposed by different pollinators (Xu
et al. 2011). Therefore a modified ecological/evolutionary species concept for
Ophrys necessarily involving the mechanism of isolation by the pollinating insects
could be named 'ethological species concept'.
There is a steadily growing consensus among Ophrys researchers that an
'ethological species concept' seems most appropriate for the discrimination of
species. This concept means, that a species is defined by having mostly only one
single pollinator; it includes all morphologically similar populations (varieties);
morphologically nearly identical populations with different pollinators are
belonging to different species. But morphologically largely dissimilar populations
(mechanical isolation through differential pollinia placement or great size
differences) are different species, even if they share a pollinator. In short,
'species' can have gene flow, if they occupy an adaptive zone different from
other lineages (Van Valen 1976) and if they have an own evolutionary role
(Simpson 1951).


So können wir hinterher auf demselbem Niveau diskutieren.