Bienensterben oder kein Bienensterben?

Begonnen von Berthold, 31.Dez.18 um 17:51 Uhr

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Claus

Pro kg Kerosin weden im Flugverkehr 6-20 g NOx emittiert. Das läppert sich ganz schön zusammen. Ich habe mich schon gewundert, dass die Stickstoff liebende Brennnessel in unseren Wäldern inzwischen flächendeckend auftritt und nicht mehr nur an den Pinkelplätzen, nach diesen Zahlen ist es aber kein Wunder, wir düngen mit unseren Urlaubsflügen die Landschaft aus der Luft.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Eine Überdüngung der Natur durch NOX als wesentliche Ursache für ein Absterben der Wildbienen zu sehen, kommt mir etwas abenteuerlich vor.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Muralis am 03.Jan.19 um 14:42 Uhr
Das Bienensterben in Frage zu stellen ist etwa so ähnlich, wie wenn Präsident Trump den Klimawandel in Frage stellt.
Insgesamt sollte man besser von einem Insektensterben reden. Ich bin jetzt immerhin schon alt genug, um mich daran erinnern zu können, wie mein Vater im Sommer regelmäßig die Windschutzscheibe seines Autos reinigen musste, weil sie nach wenigen Fahrten völlig von zerschmetterten Insektenleichen verkrustet war.

Trump stellt nicht den Klimawandel in Frage, sondern den Anteil des menschlichen Einflusses auf den Klimawandel. Viele Klimaschützer behaupten sogar, der Mensch sein der einzige Auslöser des Klimawandels.

Ich kann mich auch gut daran erinnern, dass man bei jedem Tanken auf der Autobahn auch eine Fliegenschwamm für die Windschutzscheibe einsetzen musste.
Ich kann mich aber auch daran erinnern, dass es vorher weniger Insekten gab und dass man immer häufiger neue Fliegenschwämme besorgen musste. In meinen ersten Autos gab es gar keinen Fliegenschwamm.

Deshalb möchte ich nicht ausschliessen, dass das Insektensterben eine Folge der "explosionsartiger" Vermehrung der Insekten vor dieser Zeit des Sterbens war.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

DieOrchidee

Berthold, wenn es um das Insektensterben geht, dann gibt es nicht eine wesentliche Ursache.
Es gibt die verschiedensten Gründe für das Insektensterben und erst deren Gesamtheit kann als wesentlich betrachtet werden.
LG Ben

Muralis

Zitat von: Berthold am 04.Jan.19 um 13:59 Uhr
Eine Überdüngung der Natur durch NOX als wesentliche Ursache für ein Absterben der Wildbienen zu sehen, kommt mir etwas abenteuerlich vor.

Nein, das ist eigentlich ganz logisch: Durch die Stickstoffdüngung aus der Luft werden nährstoffliebende, hochwüchsige Gräser auf Kosten von konkurrenzschwachen blühenden Kräutern gefördert. Somit gibt´s immer weniger zu futtern für die Bienen.
Kann ich in meinem Garten die letzten Jahre auch beobachten: Mühsam angesiedelte Wildkräuter aus der Umgebung, z.B. Wiesensalbei, verschwinden wieder, statt des erfolgreich angesiedelten Magerwiesengrases Aufrechte Trespe setzt sich zunehmend wieder Glatthafer durch usw. Die Bienenarten sind zurückgegangen.

Allerdings erkenne ich neben dem Stickstoffeintrag aus der Luft auch andere Ursachen wie exzessive Wintervogelfütterung, zunehmende Beschattung und humideres Kleinklima durch aufwachsende Heckensträucher und Bäume (z.T. inzwischen bereits geschlägert). Aber an dem Stickstoffeintrag aus der Luft ist sicher was dran.

Bei Trump wollte ich nicht ins Detail gehen, aber er liegt jedenfalls falsch, so wie in vielen anderen Dingen, von denen er nichts versteht.

Berthold

#20
Zitat von: Muralis am 04.Jan.19 um 17:02 Uhr
Kann ich in meinem Garten die letzten Jahre auch beobachten: Mühsam angesiedelte Wildkräuter aus der Umgebung, z.B. Wiesensalbei, verschwinden wieder, statt des erfolgreich angesiedelten Magerwiesengrases Aufrechte Trespe setzt sich zunehmend wieder Glatthafer durch usw. Die Bienenarten sind zurückgegangen.

Wolfgang, in meinen Gärten konnte ich noch nie erfolgreich Magerrasen-Arten ansiedeln. Sie sind immer sehr schnell von anderen Arten überwachsen und verdrängt worden. Ich musste lokal das Substrat austauschen, aber nach einigen Jahren war es auch wieder zu nährstoffreich und die Pflanzen sind wieder verschwunden.
Das liegt aber an dem Nährstoffgehalt des Gartenbodens, der sicherlich nur zu einem ganz geringen Teil durch Stickoxide aus der Luft erzeugt wird. Die selbe Luft weht auch über den Magerrasen und dort ist der Boden nicht überdüngt, sodass dort keine Magerrasen-Arten verschwinden.


Zitat von: Muralis am 04.Jan.19 um 17:02 Uhr
Bei Trump wollte ich nicht ins Detail gehen, aber er liegt jedenfalls falsch, so wie in vielen anderen Dingen, von denen er nichts versteht.

Wolfgang, Details bitte hier grins
https://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=37132.0
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Berthold

#21
Zitat von: Claus am 04.Jan.19 um 12:43 Uhr
Pro kg Kerosin weden im Flugverkehr 6-20 g NOx emittiert. Das läppert sich ganz schön zusammen. Ich habe mich schon gewundert, dass die Stickstoff liebende Brennnessel in unseren Wäldern inzwischen flächendeckend auftritt und nicht mehr nur an den Pinkelplätzen, nach diesen Zahlen ist es aber kein Wunder, wir düngen mit unseren Urlaubsflügen die Landschaft aus der Luft.

Claus, auf welchem Weg und in welchem Umfang werden die Stickoxide denn in eine pflanzenverwertbare Form des Stickstoffs umgewandelt?
Von einer Gefahr durch Überdüngung der Natur durch Stickoxide habe ich noch nie gehört.
Da ist die Jauchedüngung und die Kunstsdüngerausbringung der Übeltäter, der auch zur Nitratbelastung des  Trinkwassers führt.
Steuert die Landwirtschaft vielleicht auf das Paradies zu? 78% der Luft besteht aus reinem Stickstoff. Kann man den nicht direkt als Kunstdünger ein setzen? Einige Bakterien können das schon.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Du bringst jetzt etwas durcheinander. Es gibt natürlich keine Überdüngung mit Stickstoff aus der Luft. Aber dafür sehr gleichmäßig, siehe die Brennesseln, die sich jetzt stark verbreiten.

Das Prinzip ist einfach: NO + O2 = NO2 und NO2+ H2O = HNO3
Es rieselt also Salpetersäure vom Himmel, die wird im Boden quantitativ zu Nitrat und Nitrit, die sind für Pflanzen verfügbar.

Den Luftstickstoff kann man übrigens direkt in einem Lichtbogen direkt zu NO und NO2 oxidieren. Und auch im Benzin- oder Dieselmotor reagiert ja der Luftstickstoff zu nitrosen Gasen.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 05.Jan.19 um 11:49 Uhr
Du bringst jetzt etwas durcheinander. Es gibt natürlich keine Überdüngung mit Stickstoff aus der Luft. Aber dafür sehr gleichmäßig, siehe die Brennesseln, die sich jetzt stark verbreiten.

Claus, ich kenne keine Magerböden wie z. B. Naturschutzgebiete mit Magerrasen, auf denen sich durch Luftdüngung Brennnesseln ausbreiten. Das wäre vielleicht ein Fall für unsere Deutsche Umwelthilfe DUH.

Was schätzt Du, wie viel % des Kunstdüngers kann die Landwirtschaft in Deutschland einsparen durch die Luftdüngung?

Es gab vor langer Zeit mal eine Versäuerung der Böden durch den Schwefelausstoß der Kraftwerke.Aber die Zeiten sind vorbei.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Schwefel ist ja nur ein Spurenelement, die über das Land verteilte Schwefelsäure wurde von den Pflanzen nicht verarbeitet, verblieb im Boden und stellte ihn sauer.

Ein Überschuss an Salpetersäure wird aber von gewissen Bodenbakterien wieder in gasförmigen Stickstoff umgewandelt, von daher im Boden ungefährlich. Ein Teil wird aber auch zu N2O - Lachgas - verarbeitet, ein Klimagas.
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Berthold

Zitat von: Muralis am 04.Jan.19 um 17:02 Uhr
Zitat von: Berthold am 04.Jan.19 um 13:59 Uhr
Eine Überdüngung der Natur durch NOX als wesentliche Ursache für ein Absterben der Wildbienen zu sehen, kommt mir etwas abenteuerlich vor.

Nein, das ist eigentlich ganz logisch: Durch die Stickstoffdüngung aus der Luft werden nährstoffliebende, hochwüchsige Gräser auf Kosten von konkurrenzschwachen blühenden Kräutern gefördert. Somit gibt´s immer weniger zu futtern für die Bienen.

Wolfgang, wodurch wird die Luftdüngung den jetzt verursacht?
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Ahriman

Ich halte N-Deposition für einen gewichtigen Faktor, vor allem in relativ unberührten Gebieten wo Habitatzerstörung und -fragmentierung eine untergeordnete Rolle spielt.

Die größten Emmitenten sind natürlich Verkehr,
https://en.wikipedia.org/wiki/NOx

aber auch die Landwirtschaft setzt Im Zug der Denitrifizierung sehr viel NOx aus N-reichen Böden frei, besonders in warm-trockenen Gebieten.
https://www.nature.com/articles/ncomms9753.pdf?origin=ppub
http://advances.sciencemag.org/content/4/1/eaao3477

Was noch dazukommt ist Bodenerosion also das Verblasen von N-reichem Staub aus landwirtschaftlichen Gebieten ohne Bewuchs.

Hier die Daten für Kalifornien anhand 2 verschiedener Modelle errechnet.
A) Bruttoemmission durch die Mikroorganismen im Boden
B) berücksichtigt die Resorption von NOx durch die Biosphäre (Nettoemmission).
Man geht davon aus dass die Vegetation durchschnittlich 50% des emittierten NOx wieder resorbiert und speichert.


In Kalifornien ist der Beitrag der Landwirtschaft durch Klima und intensive Düngung sicher überdurchschnittlich aber mit 10-20% wird man global sicher rechnen können. Hauptverursacher bleibt aber bei Weitem der Verkehr.


Berthold

#27
Ich gehe eigentlich davon aus, dass Ammoniak in der Luft den grössten Beitrag zur Luftdüngung liefert.

Hier ein Bericht aus der Schweiz
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Claus

Zitat von: Berthold am 05.Jan.19 um 22:48 Uhr
Ich gehe eigentlich davon aus, dass Ammoniak in der Luft den grössten Beitrag zur Luftdüngung liefert.

Hier ein Bericht aus der Schweiz

Hier werden neben der Nutztierhaltung u.a. auch die Kfz als eine mögliche Quelle erwähnt, der Flugverkehr übersehen. Ich habe das ja auch nur als eine Möglichkeit beschrieben, wie pflanzenwirksame Stickstoffverbindungen aus der Luft auf den Boden gelangen können. Da mir keine Daten über den weltweiten Kerosinverbrauch vorliegen kann ich auch keine Rechnung aufmachen. Will ich auch nicht, weil wir uns vom grundlegenden Thema immer weiter entfernen.
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Berthold

Claus, ich durchschaue die Stickstoffchemie in unserer Umwelt nicht. Sie scheint auch recht komplex zu sein.
Dennoch möchte ich ein Gefühl dafür entwickeln, wie sehr NOX aus den Verkehrsabgasen unser Pflanzensystem düngt und sich dadurch positiv oder negativ auf das Bienensterben auswirkt.
Ich möchte nur über Stickstoff in Form von NOX sprechen. Lachgase, Ammoniak und anderes sei aussen vor.

Dazu meine Ausgangsthesen, die zu überprüfen wären:

1. NOX gelangt in die  Luft durch
1.1 Blitze
1.2 Vulkanität
1.3 Industrieabgase und andere Verbrennungen jeglicher Art
1.4 Verbrennungsmotoren
1.5 ???

2. NOX wird in der Luft durch Feuchtigkeit oder auch durch Wasser im Boden in Salpetersäure oder salpetrige Säure umgewandelt und regnet dann auf den Boden.
2.1 NOX wird auch direkt durch Blattgrün aufgenommen und verursacht dort Blattschäden

3. Die Salpetersäure schädigt das Wurzelsystem der Pflanzen und führt zur Versäuerung des Bodens.
3.1 Die Salpetersäure wird im Boden zu Nitraten umgewandelt und bildet dadurch eine Düngung der Pflanzen über das Wurzelsystem
3.2 Knöllchenbakterien im Boden kümmern sich nicht um NOX oder Salpeteresäure.


Jetzt meine Frage:
4.1 Kann man den Düngeeffkt nach 3.1 quantitativ abschätzen und in einen Vergleich setzen zu dem üblichen Düngereintrag der Landwirtschaft?
4.2 Gibt es andere Wege, auf denen NOX den Boden mit pflanzenverfügbarem Nährstoff versorgen kann?




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