Fähigkeiten und Verhalten unserer Vormenschen

Begonnen von Berthold, 22.Feb.15 um 19:55 Uhr

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walter b.

Zitat von: Ahriman am 05.Mär.22 um 17:42 UhrDie Venus von Willendorf stammt möglicherweise aus Norditalien.

Die ca. 30.000 Jahre ate Figur besteht aus Jura-Oolith der rund um den Fundort in Niederösterreich nicht vorkommt. Bislang wurde eine Herkunft im Wiener Becken oder Tschechien vermutet doch Zusammensetzung und Alter des Kalksteins passen nicht zu neuen microCT Aufnahmen von winzigen Muschelschalen in der Figur.

Anhand von Vergleichsmaterial wurde nun Sega di Ala am Gardasee als wahrscheinlichster Ursprungsort des Gesteins bestimmt.
https://www.nature.com/articles/s41598-022-06799-z

Man muss bei solchen vergleichenden Studien allerdings sehr vorsichtig sein, man kann natürlich nur finden was man untersucht. Das hat sich peinlich beim Egtved-Mädchen, einer bronzezeitlichen Mumie aus Dänemark gezeigt. Anhand Strontium-Isotopenanalysen von Zähnen und Haaren hat man eine Herkunft im Schwarzwald angenommen und dann soll die arme Frau noch 2x im Jahr zwischen Mitteldeutschland und Dänemark hin- und hergewandert sein. Das ist natürlich unsinn, man hat dann wesentlich bessere Vergleichsproben nahe der Begräbnisstätte in Dänemark gefunden wo ihr Stamm vermutlich kleine Strecken zwischen einer Sommer- und Winterweide gewandert ist.

Somit ist auch bei der Venus von Willendorf nicht das letzte Wort gesprochen. Klar ist allerdings dass das Gestein nicht aus der Umgebung stammt.

Sehr interessant!

Aber ist die Geologie in Mitteleuropa nicht nahezu lückenlos bekannt?

Ahriman

Im Groben natürlich.
Im Bezug auf Feinstruktur oder gar Isotopensignaturen nicht, solche Untersuchungen sind sehr teuer weswegen man nur wenige aussichtsreiche Vergleichsproben untersuchen kann. Das Problem hat man in der modernen Wissenschaft leider immer. Man versucht natürlich die bestmögliche Vorauswahl zu treffen aber wie gesagt, wo man nicht sucht kann man nichts finden. So arbeitet man halt nach dem Ausschlussprinzip und kann wenigstens feststellen aus welchen Gesteinsformationen die Venus sicher nicht stammt.
Die Autoren schreiben ja auch dass sie die Gesteinsprobe vom Gardasee nicht von jenem der Figur unterscheiden konnten. Bei zukünftigen Forschungsarbeiten wird man vielleicht doch noch eine bessere Übereinstimmung finden bzw. andere Dinge welche das Gardaseegestein wieder ausschließen. Man könnte sich etwa stabile Kohlenstoff- oder Sauerstoffisotope der Proben ansehen -  was im Gegensatz zum microCT allerdings nicht zerstörungsfrei möglich ist. Aber zumindest ist der postulierte Herkunftsort im Gegensatz zum Egtved-Mädchen nicht völlig unplausibel.

Ahriman

Erfolgreiche Amputation eines Fußes vor 31.000 Jahren
https://www.nature.com/articles/s41586-022-05160-8

Einem Kind wirde vor 31.000 Jahren auf Borneo chirurgisch ein Fuß entfernt, es lebte danach noch 6-9 Jahre weiter. Zu diesem Zeitraum war Indonesien offenbar eines der fortschrittlichsten Gebiete der Welt, auch die ältesten bekannten Höhlenmalereien finden sich auf Borneo und Sulawesi - was allerdings mit den günstigen Karstformationen zu tun haben dürfte.

Berthold

Erstaunlich, aber im Grund ist es auch nicht so schwierig, wenn man nicht das Überleben eines jeden Patienten garantieren muss.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)