Lebenserwartung von Orchideen

Begonnen von Ruediger, 28.Apr.11 um 21:55 Uhr

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Ruediger

Zitat von: Berthold am 28.Apr.11 um 02:00 Uhr
Wie alt sind eigentlich diese Pflanzen?

Meine braceana hatte mehrere Wurzeln von 50 bis 60 cm Länge. Da braucht die Pflanze doch vermutlich über 30 Jahre zu, oder?

Dann stellt sich die Frage, wie gross ist überhaupt die Lebenserwartung dieser Pflanzen.

Phalaenopsis haben meines Wissens prinzipiell eine unbeschränkte Lebenserwartung.
Ich hatte dies nur so mal am Rande gelesen. Oder weiß es jemand ganz genau?

Wobei viele Orchideeler sie sicher gut früher zu Tode bringen können.
Beste Grüße

Rüdiger

orchitim

Grundsätzlich wachsen sowohl die monopodialen als auch sympodialen unendlich. Sie bilden ja ständig neue Wurzeln, Phalis am Stamm, und verjüngen sich damit fortwährend. Da sie ja im Prinzip mit den neuen Wurzeln halt finden am Stamm, stirbt der Rückwärtige Teil irgendwann ab. Eigentlich kann man bei phalis sagen das sie ab dem 5./6. Blatt abwärts anfangen abzusterben, die darunter liegenden Wurzeln scheints auch nicht mehr weiterwachsen und irgendwann allenfalls den neuen, sie überwachsenden als Nahrungslieferant dienen. Da Phalis etwa zwischen dem 4./5. Blatt von oben ihre Blüten bringen ist dies das Ende dieses Vegetationsabschnitts, physiologisch gesehen. Bei Sympods ist dies ebenfalls mit der Blüte des ausgereiften Triebes soweit, dann dient er nur noch als Lager und erste Nährstatt für den NT.
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

Berthold

Zitat von: Ruediger am 28.Apr.11 um 21:55 Uhr
Phalaenopsis haben meines Wissens prinzipiell eine unbeschränkte Lebenserwartung.

das kann nicht sein, dann dürften sie sich ja nicht vermehren können, sonst wäre der gesamte Regenwald voller aphyllae-Phals.

Sie werden sicherlich an Alterschwäche, sprich an einer nur endlichen Anzahl des fehlerfreien Kopierens des Genmaterials, zu Grunde gehen. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ruediger

Zitat von: Berthold am 28.Apr.11 um 22:28 Uhr
Zitat von: Ruediger am 28.Apr.11 um 21:55 Uhr
Phalaenopsis haben meines Wissens prinzipiell eine unbeschränkte Lebenserwartung.

das kann nicht sein, dann dürften sie sich ja nicht vermehren können, sonst wäre der gesamte Regenwald voller aphyllae-Phals.


Na den Verlust durch Pilze, Bakterien, Schädlinge, Unwetter sowie Dürre o.ä. sorgen schon dafür, daß sie nicht übermütig werden.
Beste Grüße

Rüdiger

orchitim

Berthold, monopodiale sterben nur ab wenn sie hapaxanth blühen, d.h. endständig. So wie Agave oder Phormium oder Doryanthes etwa, oder Bromelis.
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

Berthold

Zitat von: Ruediger am 28.Apr.11 um 22:38 Uhr
Na den Verlust durch Pilze, Bakterien, Schädlinge, Unwetter sowie Dürre o.ä. sorgen schon dafür, daß sie nicht übermütig werden.


aber ich vermute, dass sie durch fehlerhafte genetische Reproduktion immer anfälliger werden für tödliche Infektionen. Und daraus ergibt sich auch eine endliche definierte Lebensdauer.
Die Äpfelbäume tragen immer weniger Äpfel, wenn sie älter werden

Dieses kollektive Zellabsterben nach der Blüte bei machen Pflanzen ist ein anderer Effekt, der hier sicher nicht auftritt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

orchitim

Ich denke da ist eher das Problem die fehlende genetische Diversität innerhalb der ARten. Weil immer weniger Individuen am Standort vorhanden sind, bzw. Brückenstandorte fehlen etc. Dadurch entstehen Inzuchpopulationen die auf Dauer nicht überlebensfähig sind.
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Berthold

Zitat von: orchitim am 28.Apr.11 um 23:12 Uhr
Ich denke da ist eher das Problem die fehlende genetische Diversität innerhalb der ARten. Weil immer weniger Individuen am Standort vorhanden sind, bzw. Brückenstandorte fehlen etc. Dadurch entstehen Inzuchpopulationen die auf Dauer nicht überlebensfähig sind.

Das ist sicher noch ein überlagertes Problem, das die mittlere Lebensdauer einer Einzelpflanze mit bestimmt.

Ich war jetzt allerdings von der theoretischen Basis ausgegangen, dass eine junger Sämling genetisch topfit ist und nicht schon durch Inzucht Schwächen zeigt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

orchitim

Dann kann er prinzipiell ewig leben, so zumindest die Theorie. Da sich Organismen aber auf Grundlage der Ernährungsqualität und anderer Umwelteinflüsse anpassen und verändern können, werden sicher Faktoren auftreten welche diese Lebenszeit Endlich werden lassen. Die älteste Sympodiale Orchidee steht wohl in Kew, eine Cattleya aus dem Anfängen der Importe. Ist ein rießiges Ding mit ettlichen hundert Bulben und ohne erkennbare Schwäche bei der Blütenbildung. Ich müsste mal den Link raussuchen wegen genauem Alter(in Kultur, davor hing sie ja schon irgendwo im Gebüsch rum).
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

Berthold

Zitat von: orchitim am 28.Apr.11 um 23:36 Uhr
Dann kann er prinzipiell ewig leben, so zumindest die Theorie. Da sich Organismen aber auf Grundlage der Ernährungsqualität und anderer Umwelteinflüsse anpassen und verändern können, werden sicher Faktoren auftreten welche diese Lebenszeit Endlich werden lassen.

Ich vermute eher, dass da grundsätzlich ein Beendigungsmechanismus eingebaut ist und die Lebensdauer nicht nur von Zufällen in der Umwelt abhängt.

Dass manche Orchideen sehr alt werden und vielleicht älter als wir widerspricht meiner Vermutung nicht.

Wie alt ist wohl die älteste lebende Orchidee?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

orchitim

Irgendwann aus dem Anfang 18.Jhd, steht in Kew Garden und weitere, Afrikaner auch aus Mitte des 18.
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

Ruediger

#11
Zitat von: orchitim am 28.Apr.11 um 22:44 Uhr
Berthold, monopodiale sterben nur ab wenn sie hapaxanth blühen, d.h. endständig. So wie Agave oder Phormium oder Doryanthes etwa, oder Bromelis.

Phalaenopsis, wenn sie aus dem Herz blüht, so macht sie Stamm- oder Basalkeikis.
Die Hauptpflanze macht keine neuen Blätter und wächst nicht weiter.
Stirbt aber nicht ab.


Zur Ergänzung, ein weitgereister Mann -Major-General Berkley- schreibt er ist überzeugt Pflanzen in der Natur gesehen zu haben, die über 100 Jahre alt waren. Gut das war 1893, eventuell gibt es aktuellere Erkenntnise.

Die Militärs damals haben womöglich immer etwas dick aufgetragen.
Beste Grüße

Rüdiger

orchitim

Zitat von: Ruediger am 30.Apr.11 um 14:12 Uhr
Zitat von: orchitim am 28.Apr.11 um 22:44 Uhr
Berthold, monopodiale sterben nur ab wenn sie hapaxanth blühen, d.h. endständig. So wie Agave oder Phormium oder Doryanthes etwa, oder Bromelis.

Phalaenopsis, wenn sie aus dem Herz blüht, so macht sie Stamm- oder Basalkeikis.
Die Hauptpflanze macht keine neuen Blätter und wächst nicht weiter.
Stirbt aber nicht ab.


Wenn sie keine weiteren Blätter macht, weil der Leittrieb tod ist, ist sie abgestorben, unabhängig von den Kindeln. Die Stammkindeln, sofern überhaupt noch welche kommen sind Reserveaugen die gelegentlich auch ohne abgestorbenen Leittrieb gebildet werden.
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

Ruediger

Irgendwie verstehe ich den Tod etwas anders
Hier bleiben die Blätter grün und es findet Assimilation statt.:wink.

Langfristig ist natürlich jede Pflanze irgenwann abgestorben. :lol
Beste Grüße

Rüdiger

Ahriman

Das theoretisch erreichbare Höchstalter eines Organismus hängt direkt mit der Qualität seiner Zell- und DNA Reparaturmechanismen zusammen, diese wiederum mit der Reproduktionstrategie (K versus r-Strategen).

Für Lebewesen welche in instabilen und potentiell gefährlichen Habitaten leben macht es wenig Sinn viel Energie in die Zellreparatur zu investieren wenn sie durch Umwelteinflüsse oder Feinde sowieso mit einem baldigen Ende rechnen müssen. Also lieber möglichst schnell alles in die Reproduktion stecken.

Hat man dagegen kaum Feinde und lebt unter stabilen Bedingungen lohnt es sich länger zu leben und zu wachsen bevor man sich das erste Mal reproduziert - und das viele Jahre hintereinander.

Bei Epiphyten hängt die Lebenserwartung in erster Linie davon ab wo sie wachsen. Große Arten die in Astgabeln oder an großen Ästen lebender Bäume wachsen können ein sehr hohes Alter erreichen und müssen das auch da viele Jahre vergehen bis sie sich das erste Mal reproduzieren können (epiphytisches Wachstum im Kronenbereich ist sowohl stark nährstoff- als auch wasserlimitiert). Zu Caularthron gibt es  Untersuchungen dass in situ bis zur Blüten schonmal mehr als 10 Jahre vergehen, vor allem Sämlinge wachsen elends langsam.

Zweigepiphyten wie viele Oncidiinae der Rodriguezia-Verwandtschaft oder Totholzbewohner wie Catasetinae dagegen leben auf Substraten die nicht sehr langlebig sind und müssen dementsprechend rasch wachsen und sich reproduzieren. Selbst unter optimalen Kulturbedingungen leben Pflanzen wie Mormodes oder Psygmorchis nicht sehr lange, letztere blühen oft sogar schon in der Flasche. Auch in natura ist Psygmorchis in 6 Monaten blühfähig älter als ein paar Jahre wird kaum eine Pflanze, muss sie aber auch nicht.

LG,
Christian