Cypripedium-Samen mit Vakuum vorbehandeln

Begonnen von Claus, 18.Jan.12 um 18:21 Uhr

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Charlemann

Zitat von: Berthold am 22.Jan.12 um 23:35 Uhr
Zitat von: Claus am 22.Jan.12 um 23:21 Uhr
Da es eine Säure ist, muss man zum Lösen etwas Natron- oder Kalilauge nehmen.

geht nicht Alkohol?


Doch geht auch mit Alkohol.
gehtauch ganz ohne, dauert aber etwas da Gibberellinsäure nur schwer wasserlöslich ist, aber es geht.

Claus

Nach Datenlage löst sich Gibberellinsäure mit 125 g/l in Alkohol.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Mit genug rühren auch.
5g/l in Wasser.
Es dauert etwas, aber es geht.

ich würde diese Variante nehmen.

Claus

Nun habe ich ein ziemlich verrostetes Stativ aus alten Zeiten, als ich mich noch regelmäßig mit meinem Freund Justus Liebig austauschte, aus dem Keller geholt und die unten abgebildete Konstruktion ausprobiert.

Und ich muss sagen, das ist eine ganz hervorragende Lösung. Zunächst füllt man das 5 ml fassende Röhrchen mit den Samen mit 2,5 ml spülmittelhaltigem Wasser, dann schließt man bei noch geschlossenem Hahn oben den Vakuumschlauch an, startet dann die Wasserstrahl- oder Vakuumpumpe, hält das zu evakuierende Röhrchen unter den Gummistopfen, öffnet ganz vorsichtig den Hahn und legt damit ganz langsam den Unterdruck an. Das Röhrchen hält dann durch den Sog fest am Gummistopfen und wird mit der Stativklammer fixiert, damit es beim Belüften nicht herunterfallen kann.

Man muss den Unterdruck so steuern, dass die Samen, die ja auf der Oberfläche des spülmittelhaltigen Wassers schwimmen, nicht durch aufsteigende Luftblasen bis ganz nach oben gezogen werden, andernfalls schließt man den Hahn einfach wieder.

Belüften: Hahn schließen, Vakuumschlauch entfernen, Pumpe abstellen, den Hahn vorsichtig öffnen. Diese Reihenfolge ist wichtig!

Schon nach der ersten Behandlung sinkt der größte Teil der Samen zu Boden. Ich habe 3 x evakuiert, um auch die im Deckel haftenden Samen mit dem Wasser in Kontakt zu bringen. Dazu schüttle ich das geschlossene Röhrchen etwas, um auch diese Samen auf die Wasseroberfläche zu spülen. Zum Schluss bleiben je nach Art unterschiedlich viele oder wenige Samen auf der Oberfläche, ich denke, die sind taub.

Damit wäre das Problem gelöst. Ob man damit bessere Keimungen erhält muss ich sehen. Natürlich hängt die Keimung nicht von diesem Vakuumverfahren ab, aber man kann sicherlich auf diese Weise Reste von Bleichmittel durch das dreimalige Waschen mit Sicherheit entfernen - falls dies eine Ursache für abgetötete Embryonen sein sollte. Ich werde auch zu Beginn der Bleiche einmal Unterdruck anlegen.

Bitte denkt daran, dass das Röhrchen mit den Samen nach dieser Behandlung auch nach der Bleiche von außen kontaminiert bleibt. Ich tauche es nach der Bleiche in der Sterilbank einmal über Kopf in 0,5%ige Hypochloritlösung + Spülmittel und dann noch einmal aufrecht. Nach dem Absinken der Samen und Öffnen wische ich auch die Öffnung noch mit einem mit dieser Lösung getränkten Küchentuch ab.

Wenn man zunächst die klare Lösung mit einer Spritze abgesogen hat und dann die unten liegenden Samen beginnen auf die Spritzenöffnung zuzustreben, dann kann man die Spritze auch tief in dieses Samenhäufchen tauchen und saugen. Die vielen Samen an der Kanüle verstopfen diese so weit, dass praktisch keine Samen herausgesogen werden können - außer sie sind sehr fein. Aber die meisten Cypripediensamen sind sehr groß. Zu empfehlen ist für diese Phase in der Sterilbank ohnehin eine sehr feine Kanüle (blau und nicht gelb oder gar rot)

Michael machte ja ein paar Andeutungen über meine langen Berichte. Ich muss dazu sagen, dass ich mich immer über Veröffentlichungen geärgert habe, in denen Autoren entweder absichtlich oder auch fahrlässig nur Teile von Verfahren beschrieben haben. Dies ist leider in der Wissenschaft üblich geworden. Ein Beispiel ist auch die Angabe von Hormonkonzentrationen in Mikromol pro Liter (siehe van Waes). Das muss ja nicht sein; denn bei der Durchführung ging der Wissenschaftler von Konzentrationen in Milligramm pro Liter aus und rechnete die dann über das Molgewicht wieder um. Das gibt dann den Anschein von höheren wissenschaftlichen Weihen.  O-) O-) O-)

Ich versuche die Dinge immer so zu beschreiben, dass sie jeder nachmachen kann.  :thumb 
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Zitat von: Claus am 24.Jan.12 um 11:50 Uhr
Nun habe ich ein ziemlich verrostetes Stativ aus alten Zeiten, als ich mich noch regelmäßig mit meinem Freund Justus Liebig austauschte, ...

Mach Dich doch nicht immer älter als Du bist, Claus.
Außerden hieß er glaube ich "von Liebig", oder?

Zitat von: Claus am 24.Jan.12 um 11:50 Uhr
Michael machte ja ein paar Andeutungen über meine langen Berichte. Ich muss dazu sagen, dass ich mich immer über Veröffentlichungen geärgert habe, in denen Autoren entweder absichtlich oder auch fahrlässig nur Teile von Verfahren beschrieben haben. ...
Ich versuche die Dinge immer so zu beschreiben, dass sie jeder nachmachen kann.  :thumb 

Nein, Claus, das hast Du missverstanden.
Deine Beiträge imponieren mich regelmässig.
Da können sich 99,99998% unserer user eine Scheibe vin abschneiden.
War wirklich sehr positiv gemeint und nur als Beispiel für die Kleinschreiberei gedacht.

Claus

Zitat von: Charlemann am 24.Jan.12 um 12:30 Uhr
Außerden hieß er glaube ich "von Liebig", oder?

Er wurde erst 1845 zum Freiherrn von Liebig ernennt.

Michael, das waren ja keine Vorwürfe, ich wollte nur erläutern, weshalb ich oft klein-klein schreibe.
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Charlemann

Zitat von: Claus am 24.Jan.12 um 12:52 Uhr
Er wurde erst 1845 zum Freiherrn von Liebig ernennt.

Ich sagte ja schon, mach Dich nicht älter als Du bist.

Zitat von: Claus am 24.Jan.12 um 12:52 UhrMichael, das waren ja keine Vorwürfe, ich wollte nur erläutern, weshalb ich oft klein-klein schreibe.

Das ist auch gut so und als Vorwurf habe ich das nicht empfunden.

Claus

Ja, heute war Cyp. arietinum dran, und so wie Bill es beschrieb, hat es auch diesmal nicht funktioniert.

Zunächst sinken die Samen nach der Unterdruckbehandlung nicht ab sondern dispergieren gleichmäßig im Wasser. Das ist eigentlich immer die schlimmste Situation. Aber ich hatte vorgesorgt. Ich hatte mir zuletzt aus der Apotheke feinere Kanülen geholt, und eine Kanüle 0,40 x 20 mm lässt arietinum-Samen gar nicht passieren. Sie setzen sich an der Kanülenöffnung ab, und man kann das Wasser dann gut absaugen.

Nach Zugabe der Bleichlösung sanken die Samen dann ohne weiteres Zutun zu Boden. Diesen äquatorialen braunen Ring am Ende der Bleiche habe ich aber wieder nicht gesehen, dafür blieb wieder etwas brauner Farbstoff am Embryo auf der geschlossenen Seite der Testa übrig, und da habe ich die Bleiche abgebrochen. Laut Bill soll sie bis zu 2 1/2 Stunden dauern, aber hier waren es nur 45 min, beim letzten Mal 60 min. Die Wäsche verlief einwandfrei, Samen gingen dank der dünnen Kanüle nicht verloren. Ich habe noch eine Portion Samen von 2010, mit denen werde ich einen weiteren Versuch machen.

Nun stehen die Gläser völlig dunkel. Ich werde sie zwischen 5 und 10 Tagen im schwachen Licht auf Verkeimungen kontrollieren, ansonsten bleiben sie einige Monate im Dunkeln. Bill hat das so beschrieben, und inzwischen glaube ich ihm das auch; denn Protokorme, die ich umgelegt hatte und dann mehrfach bei hellem Licht begutachtet hatte, wuchsen nicht mehr weiter.

Ausgesät habe ich jetzt nach diesem Verfahren:
Cypripedium acaule   
Cypripedium unbekannt Kanada
Cypripedium macranthos   
Cypripedium flavum   
Cypripedium candidum   
Cypripedium passerinum   
Cypripedium guttatum   
Cypripedium kentuckiense   
Cypripedium smithii   
Cypripedium manchuricum   
Cypripedium calceolus   
Cypripedium fasciolatum x montanum
Cypripedium arietinum   

Es stehen jetzt noch zwei Kreuzungen zur Aussaat an, dann beginnt das lange Warten auf Keimung.

Cypripedium bardolphianum x reginae
Cypripedium fasciolatum x japonicum
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Charlemann

#53
Zitat von: Claus am 24.Jan.12 um 21:55 Uhr
Zunächst sinken die Samen nach der Unterdruckbehandlung nicht ab sondern dispergieren gleichmäßig im Wasser. Das ist eigentlich immer die schlimmste Situation.

Ich habe heute auch meinen ersten Testlauf mit ein paar Samen von calceolus gemacht Claus.
Den Effekt das alles frei im Wasser schwamm hatte ich schon beim ersten Versuch, jedoch kannst Du da etwas entgegen wirken, indem Du das Reagenzröhrchen mit einem Gummistopfen etwas unter Druck setzt. Dadurch wird der Druck auf die Samen erhöht und sie verlieren an Auftrieb und sinken ab. Sobald sie abgesunken sind, den Stopfen wieder vorsichtig lösen und die Flüssigkeit absaugen.

Ein zweiter Versuch steht morgen an, wieder calceolus, jedoch habe ich die Konzentration der Bleichlösung nochmal um da zehnfache herabgesetzt und lasse sie 24 std. einweichen. Morgen wird dann nochmal ganz kurz mit 0,5% NaOCL nachgebleicht und anschließend mit sterilen Wasser ausgewaschen. Vielleicht liegt die Wirkung bei den Amis ja wirklich an der Länge der Bleichzeiten, sozusagen der "Einweichzeit".

Berthold

Zitat von: Claus am 24.Jan.12 um 21:55 Uhr
Ja, heute war Cyp. arietinum dran, und so wie Bill es beschrieb, hat es auch diesmal nicht funktioniert.

Claus, ich denke, arietinum ist ähnlich wie montanum asymbiotisch als reifer Samen kaum zum Keimen zu überreden. Da helfen auch alle Zaubertricks von Bill Steele nicht.

Ich bin fest überzeugt, dass eine Grünaussaat von arietinum sofort klappt. Wie sich die Sämlinge allerdings später nach dem Pikieren verhalten, weiss ich nicht, hoffentlich ähnlich wie montanum.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Charlemann am 24.Jan.12 um 22:44 Uhr
Vielleicht liegt die Wirkung bei den Amis ja wirklich an der Länge der Bleichzeiten, sozusagen der "Einweichzeit".

Aber haben die Amis mit all ihren Zaubereien denn wirklich grössere Erfolge als Ihr hier ohne Vakuum-Pumpen?
Das scheint mir doch garnicht der Fall zu sein.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Zitat von: Berthold am 24.Jan.12 um 23:04 Uhr
Zitat von: Claus am 24.Jan.12 um 21:55 Uhr
Ja, heute war Cyp. arietinum dran, und so wie Bill es beschrieb, hat es auch diesmal nicht funktioniert.

Claus, ich denke, arietinum ist ähnlich wie montanum asymbiotisch als reifer Samen kaum zum Keimen zu überreden. Da helfen auch alle Zaubertricks von Bill Steele nicht.

Ich bin fest überzeugt, dass eine Grünaussaat von arietinum sofort klappt. Wie sich die Sämlinge allerdings später nach dem Pikieren verhalten, weiss ich nicht, hoffentlich ähnlich wie montanum.
Es ist bei arietinum nicht so, dass ausgetrocknete Samen überhaupt nicht mehr keimen, die Protokorme wurden bei mir nur in einem sehr frühen Stadium schwarz. Auch waren durchaus ein paar mehr Protokorme zu sehen.

purpurea †

moin Claus
Es gehört zwar nicht hierher aber die manschuricum ist nichts weiter als ein x ventricosum.Nur halt aus der Manschurei.( angeblich)
Gruss Rudolf
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Charlemann

Zitat von: Berthold am 24.Jan.12 um 23:08 Uhr
Aber haben die Amis mit all ihren Zaubereien denn wirklich grössere Erfolge als Ihr hier ohne Vakuum-Pumpen?
Das scheint mir doch garnicht der Fall zu sein.

Ich hab´noch kein amerikanisches Aussaaatglas zu Gesicht bekommen?
Vielleicht wirklich nur eine Legende, ein Mythos.

Claus

Um das einmal zusammenzufassen: Die Amerikaner bleichen wesentlich länger als wir. Sie waschen die Samen nach der Bleiche mit sterilem Wasser aus, im Beispiel 3 x 10 min. Sie verwenden Clorox, das nach Herstellerangaben 6% NaOCl enthalten soll, nach meiner eigenen Messung aber nur 4,5%.

Ich habe Fotos von keimenden Samen gesehen, danach waren das auch ganz anständige Keimraten, wobei man ja die Saatdichte nicht erkennen konnte.

Eine lediglich längere Bleiche mit den Daten von Bill brachte bei mir keine verbesserte Keimung - immer Cypripedien gemeint. Im Vergleich Clorox zu DanKlorix ergab sich auch kein Unterschied bei gleicher Konzentration - warum auch? Aber so ist es wenigstens überprüft worden.

Das notwendige Dunkelhalten der Aussaat von Cyp. arietinum glaube ich jetzt auch. Das Phänomen gibt es aber auch bei anderen Gattungen, selbst bei Dactylorhiza symbiotisch. Aber eine gewisse Keimung von arietinum hatte ich auch. Also, dass reife Samen nicht keimen, dass stimmt so nicht.

Über Hormone habe ich jetzt nichts weiter geschrieben. Bill verwendet Kinetin, früher 1 ppm, später 0,5 ppm, jetzt eher 0,3 ppm. Ich habe jetzt in allen Fällen m-Topolin verwendet, ein Tipp von Ahriman und auch einem Amerikaner.

Für reife Samen von Cypripedien gibt es noch den Hinweis von Svante Malmgren zur Vorbehandlung mit 2%iger Schwefelsäure. Ich habe das mal bei Cyp. montanum probiert, d.h. 5 min mit H2SO4 vorbehandelt und dann ohne Zwischenwäsche 15 min mit 0,5% NaOCl gebleicht und ohne weitere Wäsche ausgesät. Ausbeute: 7 gute Sämlinge aus 2 Reagenzgläsern. Ich gebe zu, die Ausbeute war schlecht, aber ohne diese VB keimte gar nichts.

Jetzt noch zu Platanthera ciliaris, auch so eine schwierige Art. Grünaussaat brachte nur auf Malmgrenboden mit 0,5 ppm Kinetin in einem Glas 5 Protokorme, auf dem speziellen van Waes-Boden in 4 Gläsern nichts evtl. war ja auch der Erntezeitpunkt falsch.

Bei reifen Samen gab es ebenfalls auf Malmgren-Boden mit 0,5 ppm Kinetin nach 6 min Bleiche mit 1,25% Ca-Hypochlorit mit 8 Protokormen die beste Keimung, auf anderen Böden war sie nur sporadisch mit 1-3 Protokormen.

Im Zusammenhang mit dem damaligen Zweifel an der Konzentration von Clorox habe auch auch 8 min mit 0,25% NaOCl gebleicht, da verschimmelten alle Gläser, die Konzentration war zu gering. Eine ähnlich geringe Bleichmittelkonzantration mit Clorox ergab teils verkeimte Gläser, aber auch 1 Glas mit 3 Protokormen.

Ich bekam jetzt eine Rezeptur aus USA, bei der möglichst kurz gebleicht wird und auf Hormone verzichtet wird. Die Keimung beginnt nach 8 Tagen, ein Foto (aus USA) 30 Tage nach der Aussaat davon anbei.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)