Aussaat von Platanthera ciliaris

Begonnen von Claus, 20.Sep.11 um 18:51 Uhr

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Claus

In der Literatur sind keine positiven Ergebnisse der Aussaat von Platanthera ciliaris zu finden, jedenfalls gelang mir das nicht. Es gibt nur Hinweise auf Versuche mit Symbiosepilz, ohne dass ich die Information über Keimerfolge dazu finden konnte.

Ich hatte jetzt Gelegenheit sowohl eine Grünaussaat als auch eine Aussaat von reifen Samen durchzuführen. Da das nur wenige Tage her ist, kann ich natürlich noch nicht über Erfolge sprechen, nur über die Verfahren.

Die grünen Kapseln sind klein und sehr zart. Da ihre Oberfläche desinfiziert werden muss ist mit entsprechender Vorsicht vorzugehen. Ich benutzte DanKlorix in voller Konzentration mit ein paar Tropfen Spülmittel und bewegte die Kapseln 5 min vorsichtig in dieser Lösung.

Man geht dann am besten so vor, dass man in der Sterilbank zunächst Vorder- und Hinterteil der Kapseln mit einem Skalpell abschneidet, weil dort oft noch nicht abgetötete Keime sitzen, z.B. in den Blütenresten oder unter den Resten der Tragblätter. Dann schneidet man die Kapsel längs durch. In diesem Fall zerfielen die Kapseln schon beim Abschneiden des Vorderteils in die einzelnen Leisten, das bedeutet imemr eine gewisse Infektionsgefahr, weil sich unter den Längsleisten auch lebende Keime erhalten können.

Die Samen waren von unterschiedlicher Färbung, hell ocker bis braun, ein Teil war fast reif, in einer Kapsel erschien mir der Zustand optimal, noch hell und noch nicht völlig lose. Der Inhalt der einzelnen Kapseln war unterschiedlich groß, offenbar abhängig von der übertragenen Pollenmenge.

Ausgesät habe ich auf modifiziertem Malmgren-Boden mit 0,5 ppm Kinetin und auf van Waes-Boden mit 10% Kokos und 0,2 ppm BAP.

Bei den reifen Samen hatte man die Kapseln offenbar etwas früh geerntet und dann nachreifen lassen, ein Hinweis dazu waren die zum Teil noch fest an den Schalen anhaftenden Samen. Ich musste die Kapseln daher zerkrümeln, was natürlich Kapselreste in die Samen einmischt. Den größten Teil kann man zwar entfernen, eine gewisse Menge verbleibt aber, zumeist kann man die aber bei der Bleiche ebenfalls desinfizieren. Die Samen waren gelbbraun.

Die Bleiche erfolgte zunächst mit 1,25% Ca-Hypochlorit. Dabei dispergierten die Samen in der Bleichlösung, so dass die Bleichlösung durch ein winziges Stück steriles Klopapier abgesaugt werden und eine Nachwäsche unterbleiben musste. Es hat den Anschein, dass bei dieser Konzentration die Embryonen sehr rasch bleichen. Das kann an der zu frühen Ernte liegen. Ich wollte eigentlich nur 6 min bleichen, aber das Absaugen der Bleichlösung dauerte dann sehr lange, so dass die Gesamtzeit bei 16 min lag.

Ich habe daher die zweite Charge mit 0,25% Na-Hypochlorit gebleicht. Hier dispergierten die Samen überhaupt nicht, so dass ich nachwaschen konnte. Auch hier erscheint mir die Bleichzeit mit 8 min recht kurz.

Als Nährböden habe ich mod. Malmgren mit 0,5 ppm Kinetin bzw. 0,2 ppm BAP sowie den obigen van Waes-Boden verwendet.

Nun bin ich gespannt auf die Ergebnisse. Die Grünaussaat ist jetzt 6 Tage steril geblieben, normalerweise verkeimen infizierte Gläser nach 2 - 4 Tagen. Es besteht also Hoffnung.  :-D
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Niko

Hallo Claus,
Literatur findet man dazu zwar keine, im Web aber doch einen Hinweis darauf, daß eine asymbiotische Aussaat funktionieren könnte:
https://lab.troymeyers.com/flasking/founditems.php?view=by-name&hunt=platanthera+ciliaris

Gruß Niko

Claus

Ich sage zu dem Link nur: "sold out, not available, completely reflasked, not yet" deuten nicht gerade darauf hin, dass die Basis der dort offenbar angebotenen Pflanzen eine Vermehrung aus Samen war.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Stick †

Wenn man sich bei Troy Meyers umschaut, so sind seine Erfolge mit Platanthera sehr bescheiden. Über die Jahre hat er sehr wenige Platanthera zum Keimen gebracht.Platanthera grandiflora zum Beispiel hat noch nie jemand in vitro vermehrt, auch nicht die wahren Experten im BoGa Missouri. Aber jetzt weiss ich von einem Herrn aus Michigan der die in vitro Vermehrung von ciliaris gemeistert hat. Aber alles ist noch Betriebsgeheimnis, da er ein Gewerbe anmelden will. Auch Bill Steele hat schon erfolgreich ciliaris in vitro vermehrt aber noch sehr wenige. Er sagte mir dass sein Problem ist, dass er noch nicht die richtige Bleichzeiten gefunden hat. Er konnte noch nicht mehr experimentieren wegen zuwenig Samen. Aber heuer hat er genügen Samen und er kann mehr Bleichzeiten ausprobieren , wie Claus auch.
Die Blöden rennen, die Schlauen warten, die Guten gehen in den Garten.

Berthold

Zitat von: Stick am 21.Sep.11 um 10:01 Uhr
Er sagte mir dass sein Problem ist, dass er noch nicht die richtige Bleichzeiten gefunden hat. Er konnte noch nicht mehr experimentieren wegen zuwenig Samen. Aber heuer hat er genügen Samen und er kann mehr Bleichzeiten ausprobieren , wie Claus auch.

Er sollte sich im Klaren sein, dass es für manche Arten gar keine richtigen Bleichzeiten gibt.

Wenn die Vergiftung des Embryos durch das Bleichmittel schneller geht als die Aufhebung der Keimhemmung, ist ein Bleichen überhaupt nicht möglich.
Dann kann man noch etwas mit der Konzentration variieren aber eigentlich muss an ein anderes Bleichmittel verwenden, vielleicht H2O2 wie bei vielen Epiphyten.

Bei Cypripedien scheint der Königsweg ja die Grünaussaat zu sein. Da sollte man sich das ganze Theater mit den Bleichzeiten und -Konzentrationen ersparen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Einen Hinweis auf erfolgreiche Keimung von ciliaris fand ich im Buch "Growing Hardy Orchids" von John Tullock. Dort weist er auf Seite 78 auf eine Arbeit von Lawrence Zettler von 1996 hin: "Symbiotic Seed Germination of Terrestrial Orchids in North America during the Last Decade: A Progress Report."

Soweit ich weiß arbeitete er mit einem Mykorrhiza-Extrakt aus ciliaris.
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Claus

Zitat von: Berthold am 21.Sep.11 um 10:20 Uhr
Dann kann man noch etwas mit der Konzentration variieren aber eigentlich muss an ein anderes Bleichmittel verwenden, vielleicht H2O2 wie bei vielen Epiphyten.

Vom Verhalten der reifen Samen während der Bleiche kam mir auch in den Sinn: Was bei Eltroplectris den Durchbruch brachte, nämlich die Desinfektion mit H2O2, sollte man bei ciliaris auch mal versuchen und übrigens bei Calypso auch. H2O2 hat beim Zerfall über das Sauerstoff-Singulett offenbar ein geringeres Energieniveau. Jedenfalls ist es bei weitem nicht so aggressiv wie Hypochlorit, das ebenfalls über das Sauerstoff-Singulett zerfällt.

Eveline, du kannst doch immer so schön schlau schreiben: Kann es Sauerstoff-Sínguletts mit unterschiedlichem Energieniveau geben, z.B. durch unterschiedliche chemische Umgebung ím Molekül? Ich habe dazu in der Literatur nichts finden können, und auch meine physikalische Ehefrau wusste keinen Rat.
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Eveline†

 :garnichtda:blinzel

Claus, vor lauter Schreck ist mir beinahe der Spirituskocher explodiert. Huch!
Du wirst mich sicher wieder schimpfen:

Frei nach Schrödinger und Bohr gibt es zwei  Sauerstoff-Singuletts . Am leichtesten erhält man Sauerstoff-Singuletts, indem man Wasserstoffsuperoxid  mit Hypochlorit mischt.

Stick †

Was vielleicht noch zuerwähnen wäre, dass sie die platanthera anschliessend noch 4 Monate in den Kühlschranck stellen.Warum, um die Keimhemmung zu beseitigen???
Die Blöden rennen, die Schlauen warten, die Guten gehen in den Garten.

Claus

Zitat von: Stick am 21.Sep.11 um 11:59 Uhr
Was vielleicht noch zuerwähnen wäre, dass sie die platanthera anschliessend noch 4 Monate in den Kühlschrank stellen.Warum, um die Keimhemmung zu beseitigen???

Das ist ja ein bewährtes Verfahren bei Cypripedien. Aber auch andere schwierigere Arten reagieren darauf manchmal positiv. Manchmal auch nicht.  :-D Wahrscheinlich gaukelt man den Embryonen vor, dass nun ein Winter stattgefunden hat und sie aufwachen können. Die Keimhemmung selbst sollte schon durch die Bleiche behoben sein.

Aber das ist wieder eine philosophische Frage. Sind es nun Stoffe im Embryo oder in seiner Hülle, welche die Keimhemmung bewirken? Oder hat Svante Malmgren recht, der immer sagt, die Keimhemmung besteht nur aus einer undurchlässigen Hülle, und die macht man mittels Bleichmittel durchlässig?

Ich tendiere zur ersten Variante.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 21.Sep.11 um 14:19 Uhr
Sind es nun Stoffe im Embryo oder in seiner Hülle, welche die Keimhemmung bewirken? Oder hat Svante Malmgren recht, der immer sagt, die Keimhemmung besteht nur aus einer undurchlässigen Hülle, und die macht man mittels Bleichmittel durchlässig?

Ich tendiere zur ersten Variante.

Ich auch, denn wenn es die undurchlässige Hülle wäre, könnte man die Enbryonen mörsern.
Dann würden einige zequetscht, andere völlig unberührt belieben und bei einigen würde sicher der Carapace, die Hülle, brechen oder anreissen und dann käme Nährstoff bequem an den Embryo und er würde keimen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Eveline am 21.Sep.11 um 11:28 Uhr
:garnichtda:blinzel

Claus, vor lauter Schreck ist mir beinahe der Spirituskocher explodiert. Huch!
Du wirst mich sicher wieder schimpfen:

Frei nach Schrödinger und Bohr gibt es zwei  Sauerstoff-Singuletts . Am leichtesten erhält man Sauerstoff-Singuletts, indem man Wasserstoffsuperoxid  mit Hypochlorit mischt.

Ich schimpfe gar nicht, bin nur unzufrieden mit meinem Wissen. In Wikipedia findet man unter Sauerstoff u.a.: "Die beiden Singulett-Zustände unterscheiden sich dadurch, ob sich die beiden Elektronen in einem (Termsymbol: 1 Δg) oder beiden π*-Orbitalen (Termsymbol: 1 Σg) befinden. Der 1 Σg-Zustand ist energetisch ungünstiger und wandelt sich sehr schnell in den 1 Δg-Zustand um."

Danach entsteht offenbar zunächst die energetisch höhere Anregung, die sich dann rasch in die energetisch niedrigere Form umwandelt. Nun sieht das aber gar nicht danach aus, dass aus H2O2 die energetisch niedrigere Form gebildet wird und aus Hypochlorit die energetisch höhere.

Oder zerfällt H2O2 gar nicht in Singulett-Sauerstoff sondern in Hydroxyl-Radikale? http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000002510/08_kap8.pdf;jsessionid=A6756E976671664C8A4C5EDEBD747083?hosts=

Das wären dann sicher zwei energetisch völlig unterschiedliche Zustände und würden auch die mildere Wirkung des H2O2 gegenüber Hypochlorit erklären.

Oder auch hier beschrieben: www.chids.de/dachs/expvortr/678Wasserstoffperoxid_Krempel.doc

Der Zerfall wird initiiert durch die Bildung von OH-Radikalen:

HOOH -->  2 HO∙            ∆H° = 211 kJ/mol   
HO∙ + H2O2 -->  H2O + HO2∙
HO2∙ + H2O2 -->  H2O + O2 + HO∙

Man müsste mal einen Hochschulprofessor fragen. Aber wenn der es auch nicht weiß, dann wird man mit der Aussage gar nichts anfangen können.  O-) O-) O-)
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Zitat von: Berthold am 21.Sep.11 um 14:47 Uhr
wenn es die undurchlässige Hülle wäre, könnte man die Enbryonen mörsern.
Dann würden einige zequetscht, andere völlig unberührt belieben und bei einigen würde sicher der Carapace, die Hülle, brechen oder anreissen und dann käme Nährstoff bequem an den Embryo und er würde keimen.

Und was wäre mit eines Schwefelsäurebehandlung 2%ig 5min.?
Damit würde die Carapace bei allen Samen gleichmässig beschädigt.

Berthold

Zitat von: Charlemann am 21.Sep.11 um 14:54 Uhr
Zitat von: Berthold am 21.Sep.11 um 14:47 Uhr
wenn es die undurchlässige Hülle wäre, könnte man die Enbryonen mörsern.
Dann würden einige zequetscht, andere völlig unberührt belieben und bei einigen würde sicher der Carapace, die Hülle, brechen oder anreissen und dann käme Nährstoff bequem an den Embryo und er würde keimen.

Und was wäre mit eines Schwefelsäurebehandlung 2%ig 5min.?
Damit würde die Carapace bei allen Samen gleichmässig beschädigt.

das wurde ja bereits mit einigem aber undefiniertem Erfolg getestet. Aber man kann nichts auf die Fragestellung schliessen, denn man weiss nicht, ob die Schwefelsäure nur den Carapace durchlässiger macht oder in der Biochemie des Embryo mitwirkt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Erwin

Nun läuft ja auch parallel auch die Grünaussaat, somit hat Claus ja alle Möglichkeiten abgedeckt. Jetzt warten wir nur noch auf den Erfolg.