Keimpilzgewinnung von Erdorchideen

Begonnen von winwen, 16.Mai.11 um 11:11 Uhr

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Charlemann

Mal was anderes.

Ektomykorrhizapilze, wäre das hier mal einen Versuch wert?
Im Garten an Bäumen ausbringen und hoffen das daraus etwas wird.
Der Endomykorrhizapilzmix wäre für uns uninteressanter, da alle Endomykorrhizapilze im Ektomykorrhizapilzmix enhalten sind.

http://www.bonsai.de/shop/ektomykorrhiza-p-1366.htm

ich habe den Text mal heraus kopiert.

Zitat von: bonsai-ZentrumPilzsporen auf Torfsubstrat aufgebracht, zum leichten "Impfen" der Erde.

Als Mykorrhiza bezeichnet man eine Lebensgemeinschaft zwischen Pflanzen und Pilzen.
Das Myzel der beteiligten Pilze umschließt bei der sogenannten Ektomykorrhiza die Wurzelspitzen des Baumes und die Pilzfäden dringen in die äußere Rindenschicht der Wurzeln ein. Bei der Endomykorrhiza dringt der Pilz in die Wurzelzelle ein und ist für das bloße Auge nicht zu erkennen.
Hierdurch wird die resorbierende Oberfläche auf das Hundert- bis Tausendfache vergrößert, was die Leistungsfähigkeit in Bezug auf Wasser- und Nährstoffaufnahme deutlich steigert. Viele Untersuchungen belegen, dass mykorrhizierte Pflanzen Stresssituationen besser überstehen. So läßt sich die Trockenresistenz steigern und auch starke Fröste werden besser überstanden. Die Anfälligkeit für Krankheiten wird stark verringert. Außerdem sind durch Nährstoffmangel verursachte Schwächeerscheinungen nicht mehr zu erwarten.

Für die folgenden Bäume sind speziell Ektomykorrhiza wichtig:
Akazie
Birke (benötigt auch Endomykorrhiza)
Buche (benötigt auch Endomykorrhiza)
Douglasie
Edelkastanie
Eiche (benötigt auch Endomykorrhiza)
Esche (benötigt auch Endomykorrhiza)
Fichte
Hainbuche
Haselnuss
Hopfenbuche
Kiefer
Lärche
Linde (benötigt auch Endomykorrhiza)
Pappel (benötigt auch Endomykorrhiza)
Tanne
Ulme (benötigt auch Endomykorrhiza)
Walnuss
Weide (benötigt auch Endomykorrhiza)

Ektomykorrhiza enthält folgende Pilzstämme:
Amanita muscaria, Boletus edulis, Hebeloma crustuliniforme, Laccaria laccata, Paxillus involutus, Pisolithus tinctorius, Telephora terrestris, Xerocomus badius
sowie die Endomykorrhiza-Stämme:
Glomus etunicatum, Glomus intraradices, Glomus claroideum
(Enthält keine gentechisch veränderten Organismen.)

Endomykorrhiza-Einheiten (pro cm³ Substrat): 170
Ektomykorrhiza-Einheiten (pro cm³ Substrat): 95

Dosierung
20 bis 40 ml pro Liter Pflanzsubstrat.

pH-Wert: 6,7

Lagerung: 2 Jahre, kühl und trocken

Grundpreise
100 g: 50 EUR pro kg
1000 g: 38 EUR pro kg

Claus

Tja, Versuch macht kluch! Aber keiner der genannten Pilze ist ja wohl dafür bekannt, dass er Erdorchideen keimt und fördert. Also, ich werde die Zeit dafür nicht aufwenden. Ich hätte so viele Ideen, die ich selbst gar nicht alle verfolgen kann. Zur Zeit drängt schon wieder das Auspikieren und Umlegen. Und meine pH-Elektrode hat ihren Geist aufgegeben, so dass ich keine Böden kochen kann.  O-) O-) O-)
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Claus

So, wie ging es nun weiter?

Alexa schickte ein Päckchen mit 5 Erdproben von verschiedenen Stellen, d.h. ca. 1,8 kg. Da die Zahl der Versuche meine Möglichkeiten übersteigen würde, habe ich die Erdproben gemischt und zuvor von Gras und weitgehend von Moos befreit. Der Boden selbst ist ein krümeliger Lehmboden. Dazu lagen dem Päckchen die Überreste von drei BT mit unten anhängenden Wurzeln bei. Die Wurzeln sind ja immer oberhalb der Knolle. Die Pflanzen selbst hatten bereits vollständig eingezogen.

Die Graswurzeln habe ich möglichst im Substrat als Pilzfutter gelassen. Damit der Pilz doch etwas zu tun hat, habe ich eine Handvoll Obi-Holzfaser sterilisiert und zugemischt. Sterilisiert habe ich die Faser, weil im Sack mit der Holzfaser Erscheinungen eines gelben Pilzes vorhanden waren, da wollte ich kein Risiko eingehen. Dann habe ich das Substrat mit je ca. 20% Perlite und Seramis verdünnt. Durch diese trockenen Zusätze war es erforderlich Wasser zuzugeben, das habe ich auch sterilisiert, weil es aus einer Trocknungsanlage aus dem Keller stammt, wo man sicher Schimmelpilze in der Luft hat.

Das Substrat wurde dann in 9 große Kirschgläser je zur Hälfte gefüllt.

Heute kommt die Aussaat dran. Ich habe Samen von Him. hircinum (viel), adriaticum (wenig) und caprinum rumelicum (ganz wenig). Die Samen werden nicht mit Hypochlorit gebleicht, weil die Brechung der Keimruhe bei Keimung mit einem Pilz nicht notwendig ist. Ich nehme 3% H2O2 und desinfiziere 10 Minuten, wasche mit sterilem Wasser nach und säe dann auf die Oberfläche aus. Die Gläser kommen in den Heizungskeller, der ist vollständig dunkel, aber durch die Warmwasserheizung temperiert.

Jetzt etwas zu den Wurzeln. Da die Pflanzen bereits eingezogen hatten sind die Wurzeln natürlich schon am Absterben. Sie sind schon etwas matschig. Ich habe gerade von einem noch festeren Stück mit dem Skalpell dünne Scheiben geschnitten und unter dem Mikroskop untersucht. Es scheint vereinzelt noch mit Pelotons gefüllte Zellen zu geben, wobei ich sagen muss, das ist eine Vermutung; denn objektiv habe ich das bislang nie gesehen.

Leider habe ich keinen Mikromanipulator, mit dem ich diese Zellen gezielt herausholen könnte.Ich versuche daher die chemische Methode, d.h. Oberflächensterilisation mit konzentriertem H2O2, ich werde aber auch mal NaOCl testen. Zur Aufarbeitung habe ich 40 Rundgläser mit 1 g/l Hafer vorbereitet. Eine große Chance zur Isolierung sehe ich bei dem Zustand der Wurzeln allerdings nicht. Denn dann vermehren sich die in anderen Zellen bereits vorhandenen Schimmelpilze besser.
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Claus

Die Arbeit im Labor ist nun getan, nun muss die Natur arbeiten. Der Arbeitsvorgang war wie folgt:

2 der noch einigermaßen intakten Wurzelstücke wurden von dem eingezogenen Stängel abgeschnitten, gründlich mit Wasser gewaschen und einige Zeit im Wasser liegen gelassen. Dann wurden sie a) 5 min und b) 10 min in 0,25% NaOCl-Lösung gelegt und darin bewegt. Danach wurden sie ca. 5 min in sterilem Wasser bewegt, mit einem Skalpell in ca. 0,5 cm lange Stücke geschnitten und nochmals längs durchgeschnitten. Diese Stücke wurden mit den Schnittflächen nach unten auf Haferagar mit 1 g/l Hafer gelegt. Die Gläser wurden dunkel gestellt.

Dies ist der erste Teil, der davon ausgeht, dass NaOCl effektiver ist als H2O2 zur Abtötung von Bakterien und Oberflächenpilzen. Leider besteht die Gefahr, dass auch der Symbiosepilz damit zerstört wird. Ich habe damit bisher keine Erfahrung.

Der zweite Teil geht von der klassischen Methode mit H2O2 aus. 5 Wurzelstücke wurden wie oben gereinigt und dann folgender Prozedur unterzogen:

5 sek. in 30% H2O2 bewegen, 20 sek. in 20% H2O2 bewegen, dann in steriles Wasser legen. Das ist die übliche Methode.
10 sek. in 30% H2O2 bewegen, 20 sek. in 20% H2O2 bewegen, dann in steriles Wasser legen.
15 sek. in 30% H2O2 bewegen, 20 sek. in 20% H2O2 bewegen, dann in steriles Wasser legen.
20 sek. in 30% H2O2 bewegen, 30 sek. in 20% H2O2 bewegen, dann in steriles Wasser legen.

Die Wurzelstücke wurden dann in ca. 2 mm dicke Scheiben geschnitten und mit den Schnittflächen auf den Haferagar gelegt. Die Gläser wurden dunkel gestellt.

Warum habe ich wesentlich längere Zeit mit NaOCl bzw. H2O2 behandelt? Weil bei meinen früheren Versuchen i.w. Schimmelpilze überlebten und der Symbiosepilz davon nicht isolierbar war. Weil der Zustand der Wurzeln schlecht war und ich von bereits angelaufenen Infektionen ausgehen musste.

Ich bin etwas skeptisch über den Erfolg dieses Versuchs.

Wo könnte ich das Herauspuhlen der Pilz-Pelotons unter dem Mikroskop lernen?
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Charlemann

Zitat von: Claus am 20.Jun.11 um 22:30 Uhr
Wo könnte ich das Herauspuhlen der Pilz-Pelotons unter dem Mikroskop lernen?

http://www.fz-juelich.de/portal/DE/Home/home_node.html

Da sollte das möglich sein.
Vielleicht mal anfragen.

Claus

Michael, die machen doch keinen Privatpfusch, da müsste schon eine dicke Freundschaft vorhanden sein. Eine Hand wäscht die andere.  :whistle
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Claus

Also, bisher zeigt sich kein Schimmel bzw. seine üblicherweise vorlaufenden Hyphen. Das wäre schon mal sehr positiv; denn schimmel lässt sich ganz schlecht abtrennen.

In einigen wenigen Gläsern zeigen sich Trübungen um die eingelegten Wurzelstücke herum, die für eine bakterielle Infektion sprechen. Bei der Desinfektion von 5 min mit 0,25% NaOCl habe ich aber möglicherweise etwas eingefangen. Die typischen Langhyphen des B1 sind das aber nicht, mich erinnert das eher an das wilde Pilzgemisch von Dieter, mit dem ich letztlich aber nichts anfangen konnte. Das hydrophobiert zunächst die Oberfläche des Haferagars, so dass sich flache Kontinente und Inseln bilden. Später hydrolysierte der "Pilz" den Agar, so dass sich alles verflüssigte.

Ich werde in den nächsten Tagen das Glas in der Sterilbank mal öffnen und die Sache von oben betrachten. Wenn es eine denkbare Infektion in Richtung Symbiosepilz sein sollte, werde ich davon etwas weiter vermehren. 
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Claus

Nun hat sich die Sache einigermaßen "geklärt", ein großer Teil der Gläser hat dunkle Flecken im Agar, das ist ein Pilz, der sich dann später auch als Schimmel zeigt.

Dann gibt es einige Gläser, bei dem sich zunächst Lufthyphen zeigten, die haben jetzt dunkle Sporenköpfe gebildet, also auch eine Art Schimmel, nicht brauchbar.

Langhyphen zeigten sich überhaupt nicht.

Schließlich gibt es zwei Gläser, in denen die Oberfläche des Agars uneben geworden ist, sie ist wahrscheinlich etwas hydrophobiert, darauf stehen Wassertropfen. Ich würde auch den Inhalt dieser Gläser normalerweise wegwerfen, wenn sich der "Pilz" nicht genauso verhalten würde wie seinerzeit der von Dieter. Der funktionierte aber auf Agar auch gar nicht, Dieter entdeckte, dass er mit diesem Isolat Keimung auf vorgedüngter Toresafaser erreichte, sogar bei Anacamptis pyramidalis, falls ich mich noch recht erinnere. Ich habe damals versucht, den Pilz rein zu isolieren und stellte dabei fest, dass er aus mindestens 3 Komponenten bestand, davon war eine Komponente Schimmel. Auf vorgedüngtem Holzsubstrat wucherte er stark, hatte aber auch im Einzelfall gewisse Keimung geschafft. Ich habe das Pilzgemisch damals verworfen, weil ich wenig Chancen sah, damit etwas Besonderes zu erreichen.

Ich werde ihn diesmal etwas länger beobachten und auch verschiedene Keimversuche anstellen - falls er nicht nachträglich noch einen Schimmel entwickelt.

Die Gläser mit der Aussaat auf dem Standortboden im Keller sind unverändert, allerdings keimen Himantoglossum auch so schnell nicht.
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