Orchi-Pack: Sonnenbrand?

Begonnen von etna, 28.Mai.18 um 20:08 Uhr

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etna

Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich bin noch recht neu im Forum und konnte mir bisher Fragen bei der Kultivierung meiner Orchideen immer durch fleißige Lektüre hier im Forum beantworten. Jetzt hoffe ich auf Hilfe:

Ich habe vor 11 Tagen ein Orchi-Pack Brassocattleya n.r. (Bee Suite x White Chinderella) bekommen. Seitdem wachsen die Pflänzchen fleißig. Sie stehen an einem sehr hellen Nordwestfenster, an dem ich auch Phalaenopsis-, Oncidium- und Dendrobium-Hybride erfolgreich kultiviere, eine Nelly Isler steht auch noch an diesem Fenster. Die Temperatur im Zimmer ist ziemlich konstant bei etwa 25°C (wohl etwas zu hoch für die Nelly Isler, aber das soll hier nicht Gegenstand sein :blush:), die Luftfeuchtigkeit im Zimmer ist konstant bei etwa 50% (wobei das für das Orchi-Pack eher keine Rolle spielen dürfte?). Abends steht auf dem Fenster für etwa 1-2 Stunden direkte Sonne (je nach Wetterlage).

Gestern Abend habe ich auf einem Blatt eines Pflänzchens einen größeren braunen Fleck bemerkt. Ich glaube er ist heute etwas größer geworden. An einigen anderen Blättern sind auch winzige kleine braune Flecken, die aber sehr schwer einzufangen sind.

Meine Frage: könnte es sich (vorallem bei dem großen braunen Fleck) um Sonnenbrand handeln oder könnte dahinter etwas anderes stecken, bei dem das Auspikieren der kleinen Pflänzchen empfehlenswert wäre? Ich hoffe das angehängte Bild zeigt zumindest den großen Fleck gut, die kleineren sind eher schwer zu erkennen.


(Bei den orangen bis gelblichen Flecken im Nährboden handelt es sich laut Aufkleber am Orchi-Pack um Bakterien, mit denen die Sämlinge in Symbiose leben, diese stellen also kein Problem dar.)

Uhu

von Bakteriensymbiose hab ich bei Orchideen noch nie was gehört.

Hat der Becher denn soviel Sonne bekommen das ein Sonnenbrand möglich wäre. So ein Fleck kann eine Infektion sein.
Grüße Jürgen

Ralla

Bei dem befallenen Medium würde ich sofort ausflaschen. Ausserdem wäre jetzt Wachstumszeit für die Dinger, ansich ein guter Moment. Etwas klein sind sie ja noch, aber irgendwann ist es halt soweit.

Sonnenbrand kann sein, wenn die Sonne draufscheint.
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

etna

Lieber Jürgen, liebe Carole,

vielen lieben Dank für eure schnellen Antworten.

Die Abendsonne schien etwa 1-2 Stunden täglich direkt auf das Orchi-Pack, deshalb habe ich mich über den Fleck gewundert. Ich dachte die Abendsonne ist unschädlich, nur Mittagssonne wäre schlimm für die meisten Orchideen und deshalb auch die Kleinen. Also lieber überhaupt keine direkte Sonne?

Bakteriensymbiose war mir auch neu, aber das steht eben so auf dem Aufkleber und da ich mich keinesfalls als Experten einschätzen würde, habe ich diese Bakterien nicht als Problem eingeschätzt, sondern diese Symbiose als gegeben betrachtet. Ich sende einmal ein "Beweisfoto" vom Aufkleber mit. Röllke-Orchideen gibt es ja schon recht lange, soweit ich das hier im Forum herauslesen konnte, deshalb gehe ich davon aus, dass der Züchter weiß, was er tut und keine Fehlinformationen gibt.

Mir geht es hier nur um den Fleck an sich und ob der nach Infektion oder Sonnenbrand aussieht. An sich finde ich die Sämlinge auch noch recht klein, deshalb würde ich sie lieber so lange wie möglich im Nährboden lassen.

Liebe Grüße
Nancy

Ralla

Hallo Nancy,

es gibt durchaus Orchideen, die in Symbiose mit anderen Lebenwesen (in der Regel Pilzen) leben. Bei der Aussaat von epiphytischen Orchideen wird diese Aussaatmethode aber normalerweise nicht angewendet. Da wird steriler Nährboden produziert und dann in einer sterilen Werkbank der meist gebleichte Samen (also hoffentlich sauber, nach der Bleichbehandlung) auf den Nährboden ausgebracht. Nach der Keimung muss dann noch vereinzelt werden (auch wieder steril), damit die kleinen Pflänzchen genug Platz zum wachsen haben. In deinem Orchipack sind vermutlich 4-5 Pflanzen, die sicher schon 1-2 Jahre als sind und den dritten Nährboden zwischen den Wurzeln haben. Bei jedem Vereinzeln besteht erneut die Gefahr der Infektion des Nährbodens. Der Nährboden in deinem Orchipack scheint einfach beim letzten Umlegen eine Infektion eingefangen zu haben oder der Pack ist nicht ganz geschlossen.

Die symbiotische Aussaat wird oft bei Erdorchideen angewendet, weshalb die Aussaatspezies hier im Forum auch eine fröhliche (hoffentlich weiterhin unverschmutzte) Pilzkultur daheim haben, die immer mal mit Haferflocken oder sowas gefüttert werden muss. Hier im Forum gibt es einen eigenen Bereich für diese Aussaattechnik.
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Berthold

#5
Ich denke auch, dass es Bakterien sind, die aber vermutlich nicht in Symbiose mit den Pflanzen leben, sondern genüsslich den Zucker im Nährboden verstoffwechseln.
Kurzfristig werden sie keinen Schaden anrichten, aber langfristig schon.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

FlorianO

Das kann auch ein Hefepilz sein.
Vielleicht kleben sie auf die kontaminierten Becher diesen Aufkleber um die Leute zu beruhigen. Viele Verschmutzungen schädigen die gesunde Pflanze aber erstmal nicht. Eine Symbiose ist das aber nicht, im besten Fall eine kurzfristige Koexistenz. Kann gut sein das noch mehr Bakterien die nicht so offensichtlich auf dem Boden sitzen für die faulen Flecken führen.
Normalerweise schmeiße ich Becher die so aussehen weg- Die Pflanzen sind aber groß genug zum Herausholen.

Matthias

Bei dem Bakterium kann es sich um Methylobakterium extorquens handeln. Dieses Bakterium ist einerseits sehr resistent gegenüber des Desinfektionsmittels Danclorix, tw. lebt es sogar in diesen Flaschen. H202 zerstört das Bakterium allerdings sofort. Einmal in einer Cleanbench eingenistet und auf Instrumenten etc. ist dieses Bakterium kaum zu eliminieren und man beimpft damit oft ungewollt weitere Becher, Medien, zumal das Bakterium auch durch eine hohe Hitzeresistenz auffällt. Auch ein Glasperlensterilisator war dem Bakt. oftmals egal.
Viele Orchideenlaboratorien sind mit diesem Keim kontaminiert. Eigentlich kenne ich keines, das kein Problem mit diesem Bakt. hat. Ausweg ist/war: bei der Mediumproduktion gießt man nach der Sterilisation des Mediums knapp vor dem Befüllen der Becher etwas 20% H202 in die Flasche. Man muss allerdings die richtige Mediumtemp. abwarten, damit H202 nicht sofort zerfällt.
Die gute Nachricht aber, ... ich würde jetzt nicht von einer klassischen Symbiose sprechen, jedoch das Bakterium produziert Phytohormone, es stört die Sämlinge im Regelfall nicht.
Ich habe vom bakteriologischen Institut in Regensburg mal einen reinen Stamm dieses Bakteriums bekommen und in Assoziation mit in-vitro Sämlingen getestet. Es bringt ... nichts. ;)
Das Bakterium ist auf hohe Feuchte angewiesen u stirbt schnell durch andere Keime oder die Trockenheit nach dem Deflaskieren.

Für mein Labor war es ein langer Weg, die unkontrollierte Verbreitung hintanzuhalten. Wer kauft schon Becher mit rot-orangen Pünktchen? Hübsch war diese Bakt.-Kultur ja anzusehen. Geschafft habe ich die Ausrottung durch Umstellung der Desinfektion von Chlor auf Wasserstoff. Zwar verwende ich jetzt Danclor wieder bei der Aussaat von Lilien, aber da ist Danclor nur Teil der Desinfektionskette und steht am Beginn. Die Samen werden nachher noch in Ethanol getränkt und danach kommen sie kurz in H202. Erst durch diese Prozedur, welche nicht alle Embryonen überleben (!), bleiben die Samen weitestgehend keimfrei. Orchideensamen würden diese Desinfektionsreihe nicht überleben, da reichte auch H202 vollkommen aus (ich glaube mich zu erinnern, ich desinfizierte damals 8 Minuten mit 2% H202 (also immer noch recht hoch)). Liliensamen sind jedoch robuster. Die Gefahr besteht also nicht im Bakt., sondern in der unkontrollierten Verbreitung im Labor.

Bzgl. des gezeigten Bechers ... die Sämlinge sollten wirklich heraus. Auch wenn ein Pilz/Bakterium nicht direkt schadet, es ändert gerne den pH des Mediums und dieses Milieu schleicht sich in den Pflanzenstoffwechsel mit oftmals gravierenden Folgen der Mangelernährung oder gar Intoxikation, Autolyse.
lg
m
Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.

etna

Ich danke euch allen für die Antworten. Jetzt hat sich auch noch ein Fleck an einem anderen Blatt vergrößert, obwohl die Pflanzen gestern und heute kein direktes Sonnenlicht abbekommen haben. Ich werde sie schnellst möglich rausholen, sehr gründlich abspülen und dann kommen sie ins Mini-Gewächshaus auf der gleichen Fensterbank.

So wie ich dich verstanden habe, Matthias, dürften die Bakterien ja absterben, nachdem die Pflanzen aus dem Becher raus sind. Fungizid oder so etwas würde ich jetzt nicht anwenden (habe ich auch nicht zu Hause).

Und ich dachte noch gutgläubig, dass es sich vielleicht um ein Bakterium in dieser Richtung handelt: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23014841

Nochmal vielen lieben Dank an alle.

Berthold

Das Blatt mit dem braunen Fleck solltest Du unbedingt im gesunden grünen Gewebe abschneiden.

Das Gefäss mit dem Bakterien-Agar solltest Du sorgfältig entsorgen, am besten im Lagerfeuer (nicht auf dem Grillkohlenrost) verbrennen.

Fungizide wirken nur gegen Pilze, nicht gegen Bakterien.
Gegen Bakterien wirken Antibiotika. Aber damit muss man sehr vorsichtig sein, denn durch die Antibiotika in der Umwelt entwickeln sich resistente Bakterien, die dem Menschen, Tieren und Pflanzen grosse Schwierigkeiten machen können.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

etna

Danke für die Hinweise Berthold. Ich werde sie berücksichtigen. Wobei das mit dem Verbrennen des Bechers eher nichts wird. Aber den werde ich ja sicher auf dem Sondermüll los.

Berthold

"Sondermüll" ist vielleicht etwas übertrieben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)