Erfahrungsbericht Gewächshaus-Dolchschnecke (Zonitoides arboreus) und Coffein

Begonnen von totepe, 17.Sep.15 um 23:12 Uhr

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totepe

Erfahrungsbericht Gewächshaus-Dolchschnecke (Zonitoides arboreus) und Coffein

Diese max 4mm große  Schnecke ist ein besonders gemeiner Vertreter ihrer Art. Sie frisst vor allem Löcher in frische Wurzelspitzen die dann aufgrund dieser oft nur geringen Beschädigung absterben.So schaffen es schon 2-3 Exemplare in einem mittleren Topf die gesamte Neubewurzelung einer Pflanze niederzumachen. Als auf diese Weise zwei sehr teure Cat. schilleriana niedergemacht wurden habe ich beschlossen zu radikalen Maßnahmen zu greifen.

Die herkömmlichen Mittel (gemahlenes) Schneckenkorn und Metaldehydstaub führten bisher nur zu einer vorübergehenden Verringerung der Population, nicht aber zu einer kompletten Ausrottung. Auch im Garten habe ich den Eindruck, dass Gehäuseschnecken eher unempfindlich gegen Schneckenkorn sind. Da sie im Garten aber bei mir, im Gegensatz zu den Nacktschnecken kaum Schaden anrichten und auch ganz hübsch anzusehen sind ist mir das ein eher willkommener Effekt.

Nun habe ich vor einer Weile gelesen daß Schnecken gegen 2%ige Coffein Lösung empfindlich sind. Bei Versuchen in Hawai wurden durch diese Lösung 95% der Gewächshaus-Dolchschnecken innerhalb von 2 Tagen abgetötet.
(https://www.sciencenews.org/blog/food-thought/slugging-it-out-caffeine )
Da reines Coffein mittlerweile recht günstig zu bekommen ist (500g für 18€ über´s Internet) beschloß ich diese Methode auszuprobieren. Ein Probeauftrag dieser Lösung auf frische Cattleya Wurzeln brachte keine Schäden, so dass ich 5 Tage später loslegte. Alle Pflanzen wurden dafür in 2% Coffein Lösung getaucht.
Beim umtopfen einer großen Laelia anceps 6 Tage später fand ich 22 tote und nur 2 lebende Schnecken. Dieses etwa 10:1 Verhältnis toter zu lebender Schnecken bestätigte sich auch nachher beim Umtopfen anderer Pflanzen. Gleichzeitig setzte nach 6 Tagen ein Absterben frischer Wurzelspitzen ein, massiv in feuchtigkeitsspeichernden Substraten, in groben Substraten schwächer und später.
Besonders Spaghnum roch dabei nach Amoniak. Da Coffein eine stickstoffhaltige Verbindung ist, vermute ich dass es von Mikroorganismen zügig unter Amoniakbildung abgebaut wird- Gießen mit  2% Coffein Lösung könnte also einen ähnlichen Effekt auf die Wurzeln haben wie Gießen mit  Amoniaklösung- keinen guten!
Dafür, dass das Coffein an sich nicht so gefährlich ist spricht, dass schnell abtrocknende Wurzeln zunächst keine Schäden zeigten, obwohl  dort Coffeinkristalle anhafteten.
Nach 1 Woche wiederholte ich die Behandlung, goss diesmal aber nach 2 Tagen gründlich mit reinem Wasser um möglichst viel Coffein wieder auszuspülen. Gleichzeitig topfte ich soviel Pflanzen wie möglich um, um so evtl. vorhandene Eier möglichst auch zu reduzieren. Alle Pflanzen konnte ich aber nicht umtopfen. Dabei bestätigte es sich, dass zahlreiche Wurzelspitzen, vor allem im feuchten Substratinneren abgestorben waren. Phalaenopsis hatten dabei die geringsten Schäden davongetragen- die werden bei mir aber auch kaum von Schnecken geschädigt. Die Wurzeln oberhalb der Spitzen waren weitgehend intakt, im späteren Verlauf gab es aber auch bei Ihnen Schäden, wenn auch meist kein vollständiges Absterben.
Um evtl. aus Eiern nachschlüpfende Schnecken zu erwischen wiederholte ich die Behandlung nach dreieinhalb Wochen noch einmal.
Insgesamt hat diese Behandlung also erhebliche Nebenwirkungen, sinnvoll wäre sie nur wenn man die Dolchschnecken damit tatsächlich komplett ausrotten kann- dann wären die Schäden so erheblich sie sind kleiner als die, die die Schnecken langfristig verursachen.
Möglich ist das wahrscheinlich nur bei einer kleinen Sammlung (bei mir 50 Pflanzen), außerhalb eines Gewächshause in dessen Ecken sich weiter Schnecken verbergen können. Und neue Pflanzen müssen  bei Erhalt sofort unter kompletten Substratwechsel umgetopft werden, da die Schädlinge leider häufiger mitgeliefert werden. Im Garten konnte ich bisher keine GWH-Dolchschnecken entdecken (die Art stammt ursprünglich aus Amerika, soll aber stellenweise schon ausgewildert sein).
Die Behandlung ist jetzt ca 1 Jahr her, nach einem und nach vier Monaten habe ich noch einmal je 1 Jungschnecke gefunden und die betroffenen Pflanzen frich getopft- seitdem ist Ruhe.

Die Bilanz: 5 Pflanzen sind eingegangen (Catt. MendeliiJP, laelia aurea, Cattleya walkeriana (eine von 6),cycnoches cooperi, Catastum ariquimense. Von den übrigen 50 hatte ca. die Hälfte diese Jahr mehr oder weniger deutliche Wachstumsverzögerungen durch die Wurzelschäden. Gar keine Schäden hatten Phalaenopsen und die als eher empfindlich geltende Laelia jongheana.
Da die Schnecken jetzt seit 8 Monaten verschwunden sind schien die Behandlung erfolgreich gewesen zu sein. Angesichts der erheblichen Nebenwirkungen wäre die bessere Methode aber wahrscheinlich, alle Pflanzen unter kompletten Substratwechsel umzutopfen. Auch wenn man zur kompletten Substratentfernung dabei Wurzeln beschädigen muss, dürfte das schonender sein als die Coffein Behandlung.
Hier noch ein link zu einem interessanten Artikel zu diesen Schnecken(in englisch):
http://www2.ctahr.hawaii.edu/oc/freepubs/pdf/mp-1.pdf





Berthold

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)