Verschiedene Keimpilze

Begonnen von Claus, 01.Dez.10 um 15:55 Uhr

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Claus

So, die Pilze sind da, sie stammen wohl ursprünglich von der HOS oder von KEW, jetzt sind sie aber von http://www.johnsorchids.co.uk/

Den B1 hatte ich mitbestellt, weil hier immer wieder über Verunreinigungen diskutiert wurde. Ich werde den beim Vermehren genauer beobachten, ob es Unterschiede zu meinen Kulturen gibt.

Dann den A36, der für Gymnadenia, O. papilionacea und A. elegans (jetzt auch bei Anacamptis?) geeignet sein soll. Er stammt von Alan Dash, falls euch das was sagt.

Dann den Q414, der weniger kräftig sein soll und langsamer wächst, aber Serapias keimen soll. Erwin meint ja, dass der auch Pl. chlorantha und Aceras anthropophorum keimen sollte.

Alle drei keimen Dactylorhiza-Arten, Spiranthes-Arten und viele Anacamptis, nicht aber A. pyramidalis. Das deckt sich mit meinen B1-Erfahrungen.

Die Pilze kamen als Agarplatten in Plastik-Petrischalen und waren eingeschweißt. In den nächsten Tagen werde ich zunächst einmal alle drei Pilze vermehren, wobei das wahrscheinlich ein one-shot-Prozess sein wird; denn ich denke, nach dem Öffnen ist die Sterilität der Verpackung nicht mehr gegeben. Sicherheitshalber werde ich die äußere Verpackung desinfizieren, wer weiß, wer die alle angegrabbelt hat.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

Zitat von: Claus am 01.Dez.10 um 15:55 Uhr
Dann den Q414, der weniger kräftig sein soll und langsamer wächst, aber Serapias keimen soll. Erwin meint ja, dass der auch Pl. chlorantha und Aceras anthropophorum keimen sollte.
Dazu muss ich was erklären:
In Rasmussens Buch gibt es in Zusammenhang mit Keimung und Support von Platanthera chlorantha und Aceras anthropophorum eine dezidierte Referenz auf einen Pilz Namens D347. Sucht man nun beim CBS die entsprechende Nummer und sieht sich den Kommentar in diesem so referenzierten Datzensatz an, dann findet man die Bemerkung Kew F414. In einem Artikel aus 1993, der Teil eines Kew-Bulletins anlässlich des 10-jährigen Bestehens des dortigen Sainsbury Orchid Conservation Project ist, wird der F414 als der Pilz mit den eindrucksvollsten Fähigkeiten angepriesen, den dieses Projekt in den ersten 10 Jahren hervorgebracht hat.
Natürlich hat sich dort seither auch einiges weiterentwickelt, aber -soferne der Q414 = F414 ist, was anzunehmen wäre- ein derartiges Elaborat ist auf alle Fälle wert gewürdigt zu werden, nicht zuletzt aufgrund von Rasmussens Ergebnissen.
Ich jedenfalls bin gespannt wie eine Drahtseilbahn!

BTW: Dass er Aceras keimen und supporten soll macht Phantasie für mehr, denn Aceras steht genetisch dem Orchis militaris-Komplex nahe und hybridisiert auch häufig mit den zugehörigen Orchideen.

Claus

Am 3.12. habe ich also die 3 Pilze zwecks Vermehrung in Reagenzgläsern und Rundgläsern verarbeitet. Heute schon kann man eine kurze Aussage über das Pilzwachstum machen.

Alle 3 Pilze in allen Gläsern haben mit dem Wachstum begonnen, man kann das an den von der Impfstelle strahlig ausgehenden Hyphen erkennen.

Alle 3 Pilze bilden in diesem Anfangsstadium in allen Gläsern auch Lufthyphen. Wir haben das früher als eine Art Nachweis für Verunreinigungen der Pilze angesehen. Ich halte dies für einen Trugschluss. Die Pilze wissen ja in dieser ersten Phase des Wachstums noch nicht, wo etwas zu holen ist und wo nicht. Also machen sie sich in allen drei Dimensionen auf den Weg. Wenn sie dann gemerkt haben, dass in der dritten Dimension nichts zu holen ist, beschränken sich diese Symbiosepilze auf die Fläche und bilden sog. Langhyphen. Die Lufthyphen verschwinden dann auch; denn der Pilz kann Hyphen auch wieder abbauen.

Sobald die Hyphen an den Glasrand kommen, klettern sie ein paar cm nach oben. In der ersten Zeit ist die Dichte der Hyphen an der Glaswand sehr hoch, nach einigen Wochen sind sie kaum noch zu erkennen, auch sie werden wieder abgebaut.

Was passiert, wenn man ein Holzsubstrat animpft - hier noch nicht geschehen. Ein solches Substrat ist ja völlig ungeordnet, d.h. hier gibt es keine ebenen Flächen. Die Hyphen beginnen von der Impfstelle ausgehend in alle drei Dimensionen zu wachsen, und da sich das lohnt, bleibt es auch so. Wir haben es hier i.w. mit Lufthyphen zu tun, die das Substrat völlig durchwachsen. Die Charakteristik der Pilze bleibt aber erhalten, d.h. Wirkung und Spezifität bezüglich der keimenden Arten sind unverändert. Was sich aber ändert ist die Wachstumsgeschwindigkeit von Sämlingen auf diesen Substraten, sie steigt deutlich an.

So, wie unterscheiden sich nun die 3 Pilze aus England?

Der A36 ist ein sehr robuster Pilz, der sehr schnell wächst und dichte Hyphen bildet. Der B1 ist so wie wir ihn kennen. Der Q414 ist ein zarter Pilz, der zwar auch schon mit dem Wachstum begonnen hat, aber die Hyphendichte ist noch gering und der Durchmesser der infizierten Stelle im Vergleich zu den anderen deutlich kleiner. In den nächsten Tagen mache ich die erste Aussaat.
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Berthold

Zitat von: Claus am 05.Dez.10 um 22:28 Uhr
In den nächsten Tagen mache ich die erste Aussaat.

Claus, was willst Du aussäen?
Du hast bisher nur 2.5g Haferflockenagar geimpft, richtig?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 05.Dez.10 um 22:52 Uhr
Zitat von: Claus am 05.Dez.10 um 22:28 Uhr
In den nächsten Tagen mache ich die erste Aussaat.

Claus, was willst Du aussäen?
Du hast bisher nur 2.5g Haferflockenagar geimpft, richtig?

Erwin hat mir Samen von Platanthera chlorantha geschickt, die auf Q414 keinem sollten. Und wenn ich wieder größere Mengen an Gläsern habe, mache ich einen Querschnitt durch meine Samensammlung, so wie im vergangenen Jahr, da stehen noch über 100 Gsäser mit Sämlingen im Keller.

Ich war mutig und habe die Haferkonzentration auf 3 g/l erhöht. Und wie in der letzen Zeit sind 2 g/l Aktivkohle drin. Da hat sich in vielen Versuchen gezeigt, dass viele Sämlinge größer werden und gesünder aussehen.
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Berthold

Zitat von: Claus am 05.Dez.10 um 23:30 Uhr
. Und wie in der letzen Zeit sind 2 g/l Aktivkohle drin. Da hat sich in vielen Versuchen gezeigt, dass viele Sämlinge größer werden und gesünder aussehen.

Sehr merkwürdig. Hast Du eine Theorie dafür, Claus?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Ich könnte mir vorstellen, dass Stoffwechselprodukte von Orchidee oder Pilz, welche die Entwicklung hemmen, von der A-Kohle adsorbiert werden. Vielleicht wirkt die Kohle auch gegen eine schleichende Parasitierung, da ja Förderung durch den Pilz und der Versuch, den Sämling zu verspeisen, in einem labilen Gleichgewicht stehen. Dieses Gleichgewicht ist übrigens temperaturabhängig, so ab 25 Grad überwiegt je nach Art der Parasitismus.
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Charlemann

Vielleicht liegt es ja auch daran, dass der Pilz die Kohle auch verstoffwechselt und den Protokormen zusätzliche Nährstoffe anbieten kann.
Ich habe das damals auch schon mal versucht, konnte aber keinen nennenswerten Unterschied feststellen.

Claus

Michael,
die Kohle liegt als elementarer Kohlenstoff vor, da gibt es eigentlich nichts, was Pflanzen gebrauchen könnten. Es muss die große aktive innere Oberfläche der Kohle sein, die da wirkt, und da fällt mir nur die Adsorption ein. Die wirkt ja bei der asymbiotischen Kultur ja auch gegen Phenole.
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Charlemann

Zitat von: Claus am 06.Dez.10 um 09:42 Uhr
Michael,
die Kohle liegt als elementarer Kohlenstoff vor, da gibt es eigentlich nichts, was Pflanzen gebrauchen könnten.

Stimmt allerdings.
Vielleicht werde ich die Versuchsreihe nochmal aufleben lassen.

winwen

Claus,

das ist ja wirklich eine großartige Arbeit die Du Dir da angetan hast - vielen Dank!
Eine Frage nebenebei: Du hattest gute Keimung mit Platanthera bifolia?

Thx!
Erwin

Claus

Erwin,
bisher ist noch nichts zu sehen. Aber der Q414 ist auch ein schwach wachsender Pilz.
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winwen

Tschuldigung, ich bin im falschen Thread gelandet.

Die Frage bezog sich eigentlich auf die Liste der von Dir ergänzten B1-Keimungen in Deiner Übersetzung des culturesheet.org-Artikels.

Claus

Ach so, ja, die Übersetzung. Die Keimrate war bei Pl. bifolia nicht besonders aufregend, aber deutlich. Nach dem 2. Umlegen waren es ca. 25 Pflanzen, von denen allerdings, das kann man jetzt bereits sehen, nicht alle durchkommen werden.
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winwen

Aber grundsätzlich heißt das, dass es möglich ist Platanthera bifolia mit dem B1 symbiotisch auf Haferagar bis zur Pikierfähigkeit zu ziehen?
Wie lange hat die Keimung bzw. die Weiterentwicklung denn gebraucht?