Das neue deutsche Selbstbestimmungsgesetz

Begonnen von Berthold, 30.Apr.23 um 12:30 Uhr

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Berthold

Irgendwie unglaublich


Streit um Selbstbestimmungsgesetz  - Ein Sprengsatz der Koalition mitten ins Leben


Der Entwurf zum neuen ,,Selbstbestimmungsgesetz" ist ein weiterer Anschlag auf den inneren Frieden des Landes. Mit Bestimmungen zum Hausrecht und Elternrecht sowie bizarren Strafandrohungen werden grundlegende Regeln des menschlichen Zusammenlebens außer Kraft gesetzt.

VON JENS PETER PAUL am 30. April 2023
Jens Peter Paul war Zeitungsredakteur, Politischer Korrespondent für den Hessischen Rundfunk in Bonn und Berlin, und ist seit 2004 TV-Produzent in Berlin. Er promovierte zur Entstehungsgeschichte des Euro: Bilanz einer gescheiterten Kommunikation.

Wir wissen nicht, wann es passiert ist, wie und warum. Ob einige FDP-Frauen zu Marco Buschmann gingen und ihm klarmachten, was er anzurichten im Begriff ist mit diesem extremen Projekt, dem irgendwer einst den Titel ,,Selbstbestimmungsgesetz" verpasst hat. Ob einige Transpersonen dem Justizminister nicht mehr nur auf Twitter, sondern auch persönlich so richtig dumm gekommen sind. Oder ob er sich mit Verspätung zwischen den Jahren endlich einmal gründlich mit dem Thema einer angeblichen ,,sexuellen Identität" auseinandergesetzt hat, um festzustellen, dass es den Akteuren aus den Reihen der Grünen und Linken um Lisa Paus und Sven Lehmann schon längst nicht mehr nur darum geht, das veraltete Transsexuellengesetz zu modernisieren und an die gesellschaftliche Entwicklung der zurückliegenden 40 Jahre anzupassen, Transpersonen ihre Würde zurückzugeben, die ihnen der Staat genommen habe. 

Tatsache ist, dass um Weihnachten und Silvester 2022 herum dem Mann ein Licht aufgegangen sein muss, dass es so harmonisch wie im besonders linksgrünen Teil der Koalition erhofft nicht gehen kann. Dass er, anders als noch bei der Vorstellung eines Eckpunktepapiers im Sommer 2022, ins Detail gehen und dann auch Stellung beziehen muss, allen erwartbaren Konflikten zum Trotz. ,,Transfrauen sind Frauen – kein weiterer Erörterungsbedarf" – nie lag Frau Paus schiefer als hier, und das will etwas heißen.
 
Debatte gegen den Willen der Grünen
Vor vier Monaten also platzte der schöne Plan der Bundesfrauenministerin und ihres sogenannten Queerbeauftragten, das neue Gesetz ohne großes öffentliches Aufsehen und möglichst ohne nennenswerte Debatte in den Bundestag und wenige Wochen später dann ins Bundesgesetzblatt zu bringen, am liebsten pünktlich zum dritten Advent, als goldiges Weihnachtspräsent für die so lange schon darbende Trans-Community. 

Paus und Lehmann kapierten jedenfalls sofort die Bedeutung des Interviews, das Buschmann der Zeit am 4. Januar 2023 gab und in dem er ein wenig kleinlaut berichtete, er habe ,,wahrgenommen, dass es Sorgen gibt, die sich auf die Rechtsfolgen des Geschlechtswechsels beziehen". 

Miserables Erwartungsmanagement 
Buschmann versuchte nun mit einem halben Jahr Verspätung, nachzuholen, was er von Anfang hätte tun müssen: die Hoffnungen, Forderungen und Erwartungen der Grünen und der Transgender-Lobby auf ein realistisches Maß zu reduzieren, gehe es hier doch ,,in Wahrheit in erster Linie um das Verhältnis zwischen Bürger und Staat – um die Änderung eines Eintrags in einem staatlichen Register" – das ,,lediglich" muss man sich dazudenken.

Mit diesem Wörtchen ,,lediglich" hätte er seine Gegner aber noch schneller auf die Palme gebracht, als es dann in den Folgetagen geschah. Denn von seinem Kernsatz, mit dem er eine wesentliche Phantasie der Transgender-Lobby am vierten Tag des neuen Jahres einzufangen versuchte, freien Zugang überall ohne Ansehen der Person, wollte er seither nicht mehr abrücken:

,,Die Betreiberin einer Frauensauna soll auch künftig sagen können: Ich will hier dem Schutz der Intimsphäre meiner Kundinnen Rechnung tragen und knüpfe daher an die äußere Erscheinung eines Menschen an. Die Betreiber dürfen dann beispielsweise nicht dem Risiko einer Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ausgesetzt sein. Das müssen wir sauber regeln. Das ist technisch anspruchsvoll und muss gründlich erarbeitet sein."
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Fortsetzung:

Vergesellschaftung von Konflikten
Seit Donnerstag liegt nun der gemeinsam von den Ministern Paus und Buschmann und ihren Häusern erarbeitete Entwurfstext vor. Was der Bundesminister der Justiz eine ,,gründliche Erarbeitung" nennt, hält bereits einer ersten Prüfung nicht stand. Vielmehr wird das künftige SBGG mit hoher Wahrscheinlichkeit ein flächendeckendes Durcheinander verursachen und bisher privat beziehungsweise bilateral mit Behörden auszutragende Konflikte vergesellschaften bis in den letzten Sportverein hinein. 

Transpersonen könnten sich schon bald zu jenem Zustand zurücksehnen, den sie heute noch so beklagen: dass zwei Fachleute (!) ihren tatsächlichen Status erkunden und beurkunden. Diese schwierige Aufgabe delegieren Buschmann und Paus mit ihrem neuen Gesetz an zehntausende Laien (!) überall im Land: an Bademeister, an Betreiberinnen von Frauensaunen, an Trainer und Vorstände von Sportvereinen, an Betreiberinnen von Frauenhäusern, wo Frauen Schutz suchen vor gewalttätigen Ehemännern und Lebenspartnern. Nichts wird besser, alles mögliche wird schlimmer.

Bizarre Strafandrohungen bis 10.000 €
Dieses Gesetz trägt schon im Entwurf den Charakter eines Sprengsatzes mitten in den Alltag von 82 Millionen Deutschen hinein. Es handelt sich – kongenial zum Wirken des grünen Wirtschaftsministers – um einen weiteren Anschlag auf den inneren Frieden des Landes. Die bizarren Strafandrohungen von bis zu 10.000 Euro tun ein übriges.

Folgende Punkte fallen im einzelnen aus juristischer Sicht besonders auf – einer so heikel und konfliktträchtig wie der andere:

Es wird mit dem Geschlechtseintrag neben dem Geschlecht und der Geschlechtsidentität nun sogar noch eine dritte rechtliche Kategorie aufgemacht. Deren Konsequenzen fallen unter diesem Gesetz weitgehend, aber eben nicht vollständig mit dem Geschlecht zusammen. Es sind also Zustände denkbar, nach denen Personen männlichen Geschlechts und nonbinärer Geschlechtsidentität – was immer das sein mag – den Geschlechtseintrag ,,weiblich" er- oder behalten. Die unheilvolle Vermischung von sex und gender wird mit dem SBGG zementiert. 

§ 6 Abs. 1 enthält allerdings eine interessante ,,Öffnungsklausel": Der neue Geschlechtseintrag soll im Rechtsverkehr lediglich maßgeblich sein, ,,soweit auf die personenstandsrechtliche Geschlechtszuordnung Bezug genommen und durch das Gesetz nichts anderes bestimmt ist". Der Gesetzgeber drückt sich hier um seine Kernaufgabe und regelt erkannte Konfliktfälle nicht selbst, sondern will erst einmal abwarten, wie sich das in der Praxis entwickelt und ob sich Handlungsbedarf für -zig weitere Gesetze entwickelt. Wenn etwas besonders akut oder öffentlich wird, könne man ja immer noch nachjustieren. 

Gerichtliche Zustimmung als Regelfall
Immer noch zu wenig beleuchtet: Die Stellung der Ab-14-Jährigen im Falle einer Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen. Hier sieht der Entwurf in § 3 Abs. 1 vor: Diesen Wunsch kann nur das Kind selbst äußern. Der gesetzliche Vertreter hat dann zuzustimmen. Stimmt er nicht zu, ,,so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung dem Kindeswohl nicht widerspricht". Hier steckt der Teufel ebenfalls im Detail: ,,ersetzt" ist eine Vorgabe, leitet also das Ermessen des Gerichts. Es steht nicht: ,,kann ersetzen". Und diese Ersetzung wird vorgenommen, wenn es dem Kindeswohl nicht widerspricht – ein weites Feld. 

Darin steckt die implizite Annahme und als Regelfall, dass dem Kindeswohl grundsätzlich durch die vom Kind verlangte Änderung am besten gedient sei. Lediglich der abweichende Fall, also die Verweigerung, wird für das Gericht detailliert begründungsbedürftig, macht ihm also deutlich mehr Arbeit, als den Wunsch einfach per Beschluss durchzuwinken. Das nennt man eine affirmative, also von vornherein positiv eingestellte Herangehensweise, die heute bereits im Ausland aus gutem Grund höchst umstritten ist. Auf Seite 39 des Begleittextes des Justizministers heißt es zu den Unter-14-Jährigen:
 
,,Liegt auf Grund der Nichtabgabe der Erklärung eine Gefährdung des Kindeswohls vor, kann das Familiengericht die Erklärung des Sorgeberechtigten ersetzen oder den Sorgeberechtigten das Sorgerecht für diese Angelegenheit teilweise entziehen (§ 1666 Absatz 3 Nummern 5, 6 BGB). Gegebenenfalls gibt ein zu bestellender Ergänzungspfleger dann die Erklärung gegenüber dem Standesamt ab. Ein gerichtliches Verfahren zur Prüfung einer Kindeswohlgefährdung setzt keinen Antrag voraus. Das Familiengericht kann jederzeit von Amts wegen oder auf Anregung der Beteiligten (des Minderjährigen, der Eltern) wie auch Dritter (dem Jugendamt, Beratungsstellen, Vertrauenspersonen) tätig werden."

Die Bundesregierung sagt im Begleittext, sie wolle die Beratungsangebote insbesondere für minderjährige Personen ausbauen und stärken. Gut und schön, aber eine Beratungspflicht ist nicht vorgesehen. Und wenn ein 14-Jähriger sich nicht beraten lassen möchte, weil er – mitten in der Pubertät, also gerade eher ein wenig beratungsresistent – längst fest entschlossen ist, sein Geschlecht zu wechseln, dann endet dieser Plan bereits. Vielen Eltern stehen schwere Zeiten bevor. Viele Eltern werden Gerichte und damit eine zentrale staatliche Macht als Feinde erleben.
Wehe dem Elternteil, der sich verweigert

Endgültig tückisch wird es im Falle von getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern. Der Begleittext zum Gesetzentwurf macht auf Seite 38 ein subtiles Drohungsszenario auf. Es läuft darauf hinaus, dass der die Transition unterstützende Elternteil in Zukunft mit dem alleinigen Sorgerecht rechnen darf.

Das Hausrecht in § 6 Abs. 1 ist als Zankapfel maximal im Unklaren gelassen. Laut Begleittext ist dessen Ausübung auf ,,einzelne Personen" beschränkt. Es ,,kann nicht pauschal auf die Geschlechtsidentität abgestellt werden". Offen bleibt, ob die Anatomie (sprich: das Vorhandensein oder Fehlen männlicher Genitalien) als Kriterium erlaubt ist oder ob nur konkrete Belästiger mittels Hausrecht hinausgeworfen werden dürfen. Die standen dann aber bereits in der Damenumkleide oder saßen bereits voll ausgestattet in der Frauensauna. Ein Teufel, der Frauen und Männer gegeneinander aufbringen will, hätte sich keine geeignetere Regelung ausdenken können. Es ist eine Zumutung – die Privatisierung eines staatlich ausgelösten Dauerstreits.

Streit vor der Tür oder erst im Haus?
Sportverbände und Sportvereine sollen selbst sehen, wie sie zurechtkommen, wie sie es konkret an Ort und Stelle regeln und mit der neuen Situation leben und arbeiten. Weisen sie als Männer erkennbare Personen sofort ab, haben sie den Ärger an der Tür, lassen sie es auf einen Versuch ankommen, wird eventueller Streit in die Gruppen und Räume hinein verlegt. 

Erfahrungsgemäß ist es einfacher und weniger gefährlich, jemanden erst gar nicht hineinzulassen, als ihn hinauszuwerfen. Das weiß jeder Türsteher und jeder Clubgast, und es gilt als zwar im Einzelfall kränkende, aber insgesamt anerkannte, weil vernünftige Regel. Der Schaden soll möglichst erst gar nicht entstehen. Und wenn es Krawall gibt, ist es immer noch besser, er spielt sich vor der Tür ab als in einer unbeteiligten und ahnungslosen Menschenmenge. Aber Buschmann und Paus wollen die Vereine mit dem Problem alleine lassen; sie sozialisieren den Konflikt, um selbst den vermeintlichen Ruhm für eine ,,zeitgemäße" Neuregelung zu genießen. Diese Rollenverteilung werden die Vereine und Verbände kaum akzeptieren.   

Medizinische Maßnahmen richten sich nach § 6 Abs. 4 nach dem biologischen Geschlecht. Biologisch unverändert voll ausgestattete Transfrauen haben also im Fall des Falles Anspruch auf eine Prostata-Behandlung beim Urologen ihres Vertrauens. Unklar bleibt, was mit den Statistiken geschehen, wie diese künftig bestückt werden sollen. 

Brauchbarkeit von Gender-Forschung in Gefahr
Wenn sich demnächst jeder sein Wunschgeschlecht aussuchen kann – wie wirkt sich das auf medizinische Daten aus, etwa bei den Nebenwirkungen der Covid-Impfung von Astrazeneca, die überproportional Frauen betroffen haben, etwa im Hinblick auf das erhöhte Thrombose-Risiko bei jungen Frauen? Geschlechtergerechte Medizin und Forschung werden durch das neue SBGG nach jetzigem Stand einen herben Rückschlag erleiden, weil Statistiken und Daten nicht mehr zu trauen ist.

Im Verteidigungsfall bleibt der Mann dann doch ein Mann. Wer sich nicht spätestens zwei Monate vor dem Einberufungsbefehl zur Frau umdeklariert, hat Pech gehabt und muss an die Waffen und ins Feld. Minister Buschmann leicht pikiert angesichts der an dieser Stelle besonders hämischen Kritik von allen Seiten: ,,Es geht hier um den Fall, dass ein Änderungsantrag in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Spannungs- und Verteidigungsfall gestellt wird."

Offenbarungsverbot: Hier wurde die Vervierfachung des ursprünglich geplanten Bußgelds auf 10.000 Euro dem Vernehmen nach von Buschmann gegen die Streichung der Bezugnahme auf die alte ,,Geschlechtszuordnung" angeboten und von Paus akzeptiert. Nunmehr soll ,,nur" die ,,Ausforschung" und die ,,Offenbarung" bußgeldbewehrt sein. Das eröffnet interessante Folgefragen.

Offenbarungsverbot als Falle
Laut Seite 57 des offiziellen Begleittextes aus dem Justizministerium kann niemand etwas offenbaren, wenn es sich um eine bereits bekannte Tatsache handelt. Wenn Person X heute als Frau gelesen werden möchte, aber das ganze Land weiß, auch aufgrund eigener jahrelanger Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache, dass es sich zuvor um einen Mann handelte, soll danach niemand eine Bestrafung zu befürchten haben. Nur: Ist damit nur die konkrete Vergangenheit einer Person gemeint oder auch der offenkundige Augenschein an einem konkreten Tag? 

Müssen Gerichte eine mehr oder weniger gelungene ,,Geschlechtsangleichung" von Transpersonen beurteilen mit dem Ergebnis, dass die einen weiter ungestraft ,,misgendert" werden dürfen, während andere nach erfolgreicher (und entsprechend kostspieliger) plastisch-chirurgischer Intervention diesem Frevel entgehen, weil es andernfalls teuer wird? Wir erfahren es nicht. 

Journalisten müssen sich in Acht nehmen
Deutlich dargelegt ist auf Seite 58 des Begleittextes, dass ein eventuelles öffentliches Interesse an einer Berichterstattung durch die Presse, etwa, wenn diese über angebliche oder tatsächliche Gefahren berichten will, die das Selbstbestimmungsgesetz hervorbringt, strikt restriktiv auszulegen ist und Journalisten dann immer ein Bußgeld droht. Der Schutz einer weit gefassten Intimsphäre wird der Pressefreiheit deutlich übergeordnet. Eine Klarstellung im Sinne von ,,Artikel 5 Grundgesetz bleibt unberührt" ist nicht vorgesehen.

Eine ganz neue Ausnahme gilt für Ehegatten, Verwandte in gerader Linie (also Kinder und Enkel) und Elternteile der Betroffenen. Diese bekommen mit § 13 Abs. 2 eine eigene Ausnahme vom Offenbarungsverbot, müssen also zum Beispiel von ihrem Mann nicht als ihrer Frau reden. Hier wird auf Seite 58 ausdrücklich auf deren Recht an ,,Teilen ihrer Lebensgeschichte" und deren wahrhaftiger Erzählung Bezug genommen. 

Für Geschwister, sonstige Verwandte und erst recht bloße Freunde und Bekannte gilt das offenkundig nicht. Diese müssen ihre Lebensgeschichte, ihre Begegnungen und Erlebnisse mit dem Antragssteller gegenüber Dritten sofort und gründlich umschreiben, um nicht mit einem potentiell fünfstelligen Bußgeld belegt zu werden. 

Staatliche Amnesie-Pflicht
Der Gesetzgeber ist also unter freidemokratischer Federführung im Begriff, allen Ernstes verschiedene, aber gleichzeitig nebeneinander existierende Wirklichkeiten zu konstruieren, weil sich andernfalls jemand gekränkt fühlen könnte, wenn er an seine eigene Vergangenheit erinnert wird, und sei sie erst 14 Tage her. Ein staatliches Amnesie-Gebot.

Nicht das Offenbarungsverbot selbst, aber der Bußgeldtatbestand wird durch das Erfordernis einer ,,Schädigungsabsicht" eingeschränkt. Klingt wieder lediglich klar, ist es aber nicht. Es mag Konversionen über den Gartenzaun schützen, mutmaßlich aber nicht etwa eine Stellungnahme in sozialen Medien oder eine Beschwerde zum Zwecke des Rausschmisses unter Nutzung des Hausrechts, wenn zum Beispiel ein Bademeister sagt: ,,Ich weiß doch, dass Sie neulich noch Otto hießen, und ich habe sie auch im FKK-Bereich gesehen. Alles noch dran – mich können Sie nicht täuschen!" Was dieses Hausrecht unter diesem Aspekt noch wert sein kann, ist offen.

Lieber gar nichts sagen als etwas Falsches
Die bizarren Strafandrohungen dürften dazu führen, dass große Teile der Bevölkerung, die nicht bereit sind, alle Details des neuen SBGG auswendig zu lernen, um nichts verkehrt zu machen, um jeden einen großen Bogen machen und jedes Gespräch verweigern werden, der ihnen irgendwie aus der Ferne anhand laienhafter, aber gängiger, weil in Jahrhunderten eingeübter Kriterien ,,trans" vorkommt (Gang, Größe, Kleidung, Schulterbau, Stimme, Kinn). 

Das alles klingt nicht nach einem Fortschritt, nach einem Zugewinn an Menschenwürde, nach Selbstbestimmung. Jeder einzelne Bußgeldfall wird in den Medien und erst recht auf Facebook und Twitter ein riesiges Echo erfahren und breite Diskussionen auslösen. Skeptiker sehen hier schon – zu Recht oder zu Unrecht – ein neues Geschäftsmodell wachsen: 3000 Euro Privatzahlung (,,Schmerzensgeld") anstelle Anzeige und 10.000 Euro Bußgeld.       

Was den weiteren Zeitplan angeht nach Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung (die soeben begann) und Expertenanhörungen (die demnächst folgen werden), sind Marco Buschmann und Lisa Paus ein weiteres Mal bescheidener geworden. Neuerdings werde lediglich ,,ein Kabinettbeschluss noch im Sommer angestrebt". Von einer ersten Lesung im Bundestag oder gar einer finalen Beschlussfassung vor der Sommerpause ist also keine Rede mehr. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Fortsetzung:

Gesetzgeber baut ein Gedächtnisloch
Der Versuch, eine breite Auseinandersetzung um dieses Gesetz zu verhindern, ist – siehe oben – krachend gescheitert. Vielmehr ist nunmehr Schadensbegrenzung angesagt. Es gehe darum, ,,die Bevölkerung mitzunehmen". Das wird angesichts der oben beschriebenen Konfliktpunkte nicht gelingen, selbst nicht nach – eher unwahrscheinlichen – gravierenden Änderungen. Denn selbst wenn am Ende nur 20 Sätze dieses Gesetzentwurfs übrigbleiben und vom Bundespräsidenten unterschrieben werden sollten – der Kernpunkt ,,Frau ist, wer sich zur Frau erklärt", wird bleiben wie auch der absichtlich nebulöse Begriff einer ,,Geschlechtsidentität". 

Diese Wortschöpfung ist von Orwell'scher Willkür je nach Machtverhältnissen. ,,Idem", lateinisch: ,,derselbe", soll genau das eben nicht mehr sein, sondern im Extremfall jährlich ein anderer. Ganoven eröffnet das ganz neue Möglichkeiten. Missbrauch ist systemimmanent und wird auch durch noch so viele Beschwörungen nicht verhindert werden können.

Der Mensch von 2023 kann nach eigener Beschlussfassung ein anderer werden als der von 2024 und dieser wiederum ein anderer als der von 2022 oder 2025. Wesentliche Merkmale wie Namen und Geschlecht werden austauschbar. Dieser Irrtum ist, einmal vom Gesetzgeber in Gang gesetzt, nicht mehr heilbar. Das Offenbarungsverbot wird zum Gedächtnisloch, in der die Vergangenheit einer Person für immer verschwindet, sofern diese das wünscht. Ein FDP-Justizminister öffnet die Büchse der Pandora.

Grundlegende Regeln des menschlichen Zusammenlebens werden beliebig und außer Kraft gesetzt. Das wird den Urhebern und Nutznießern dieser Verirrung sogar als Werkzeug dienen für einen neuerlichen Versuch einer Grundgesetzänderung im Hinblick auf ein angeblich schützenswertes Gut namens ,,sexuelle Identität". Darunter wiederum sollen die abenteuerlichsten Vorlieben und Eigenschaften fallen. Weitere Kapitel dieser ,,großen gesellschaftlichen Transformation" sind bereits in Arbeit. Buschmanns nie ausgesprochenes, aber sehr laut hinzugedachtes Wörtchen, es gehe doch ,,lediglich" darum, wie der Staat seine Bürger anspreche, ist leider eine Lüge. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

#3

Selbstbestimmungsgesetz : Abschaffung des Geschlechts


Die Selbstdefinition der eigenen Geschlechtszugehörigkeit, welche die Ampel einführen will, ist vollkommen beliebig. Das geplante Selbstbestimmungsgesetz überfordert vor allem Jugendliche maßlos.

Eigentlich sollte das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz aus dem links-grünen Familienministerium und dem liberalen Justizministerium schon in der vergangenen Woche im Kabinett beschlossen werden. Doch es befindet sich noch in der Ressortabstimmung. Offenbar gibt es Einwände verschiedener Ministerien. Denn das Gesetz, das Transidentität nicht als medizinische Diagnose, sondern als menschenrechtlich begründete Selbstbestimmung sieht, macht den Versuch, die Kategorie ,,Geschlecht" juristisch abzuschaffen, obwohl sie biologisch wie sozial Realität bliebe.

Die ausschließliche Selbstdefinition der eigenen Geschlechtszugehörigkeit ist vollkommen beliebig. Sie entspringt der Vorstellung, über das Körperliche, Psychische und Soziale vollständig selbst verfügen und sich von sämtlichen Normen befreien zu können. Das hat unweigerlich verwirrende gesellschaftliche und rechtliche Folgen. Denn aus der personenstandsrechtlichen Änderung des Geschlechts folgt nicht etwa der Anspruch, überall im neuen Geschlecht anerkannt zu werden. Das gilt etwa für den Sportunterricht. Die Länder haben das Recht, die Bewertung unabhängig vom Geschlechtseintrag zu regeln. Auch im Schwimmbad oder in der Sauna können die Betreiber eigene Hausrechte festlegen, die sich am natürlichen Geschlecht orientieren und nicht am Eintrag im Geschlechtsregister.


Ich denke, das geplante Selbstbestimmungsgesetz ist der größte Unsinn und für die Bürger das größte Ärgernis der Ampel-Regierung.
Vermutlich kostet es die Ampel weitere 5% der Wählerstimmen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold


Nancy Faeser blockiert Selbstbestimmungsgesetz - Im Kern schlicht irre

Mit dem geplanten ,,Selbstbestimmungsgesetz" würde der Staat einen praktisch voraussetzungslosen Identitätswechsel ermöglichen. Dies könnten sich auch Kriminelle zunutze machen und ziemlich mühelos untertauchen. Diese Erkenntnis ist endlich auch bei Bundesinnenministerin Faeser angekommen. Jetzt hat das Schwarze-Peter-Spiel begonnen für den Fall, dass das ganze Gesetz scheitert.

VON JENS PETER PAUL am 9. Juli 2023
Autoreninfo

Jens Peter Paul war Zeitungsredakteur, Politischer Korrespondent für den Hessischen Rundfunk in Bonn und Berlin, und ist seit 2004 TV-Produzent in Berlin. Er promovierte zur Entstehungsgeschichte des Euro: Bilanz einer gescheiterten Kommunikation.

Wenn ein Gesetzentwurf zum dritten Mal im letzten Moment von der Tagesordnung der wöchentlichen Kabinettssitzung genommen werden muss, weil sich erneut ein Ministerium quergelegt hat, dann stimmt entweder mit dem Gesetz etwas nicht oder mit dem Kabinett. Im Falle der amtierenden rot-grün-gelben Koalition trifft beides zu, was bedeutet: Weder das Gesetz ist zu retten noch diese Koalition. Es fragt sich, was noch alles passieren muss, bis die Beteiligten wenigstens eine von beiden Tatsachen anerkennen und die Konsequenzen ziehen. Mit den kognitiven Fähigkeiten dieser Regierung ist es allerdings bekanntlich nicht allzu weit her. Ganze Elefantenherden im Raum zu übersehen, ist ihre leichteste Übung.

Anhaltspunkte lieferte die vergangene Woche wiederum zur Genüge. Aber was die Zerstörung des gesellschaftlichen Friedens angeht, hat das sogenannte ,,Selbstbestimmungsgesetz" (SBGG), auch wenn man es zunächst nicht glauben mag, sogar noch mehr Potential als das soeben dank Karlsruhe wenigstens um zwei Monate verschobene Gebäude-Energie-Gesetz des Wirtschafts- und Klimaministers Robert Habeck.
 
Letzte Winkel der Gesellschaft durchdringen
Das SBGG soll in seinen Folgen als Teil einer großen ,,Transformation" den allerletzten Winkel der Gesellschaft durchdringen vom Säugling bis zum Greis, unter anderem dadurch – ein Novum in der Gesetzgebung der Bundesrepublik –, dass es Menschen unter Strafandrohung bis zu 10.000 Euro verpflichten will, angesichts von als ,,Mann" erkannten oder sogar bekannten Personen bewusst zu lügen und Erfahrungswissen zu ignorieren.

Es wird bereits spekuliert, ob der personelle Umbau des Bundesverfassungsgerichts weit genug in Richtung links-grün-woke fortgeschritten ist, dass die Mehrheitsverhältnisse in den beiden Senaten irgendwann ausreichen werden, um absehbare Verfassungsklagen abzuschmettern, aber als sicher gilt das selbst in den federführenden Ministerien für Frauen und für Justiz nicht. Hier liegt eine wesentliche Ursache für jene Nervosität und Geheimniskrämerei, mit der auch dieser Gesetzestext behandelt wird, und für den grünen Frust, dass es nicht gelang, das Gesetz bis Ende 2022 diskret unter dem Radar der Öffentlichkeit durchzusetzen.

Dass Pädophile ungeniert frohlocken, nach der Verabschiedung des SBGG werde eine Ergänzung von Artikel 3 des Grundgesetzes um den Schutz einer wie auch immer gearteten ,,sexuellen Identität" folgen, wovon sie auch das Ausleben ihrer speziellen Bedürfnisse künftig unter den Schutz der Verfassung gestellt sehen, macht die Sache für die Bundesregierung nicht einfacher. Sie tut so, als sehe und höre sie nichts, einige Grüne geben sich empört, sie in diesen unanständigen und kriminellen Zusammenhang zu stellen. Aber die Debatte läuft nicht nur, sie gewinnt an Fahrt.

,,Falckensteinkeller" und seine Opfer
Hier bahnt sich ein Konflikt an, den die einschlägig vorbelasteten Grünen (bis 1993 in Berlin noch ,,Alternative Liste") noch viel weniger gewinnen können als jenen um die Beschaffenheit von politisch korrekten Heizungsanlagen. All das sollte eigentlich niemand besser wissen als die in Berlin beheimatete Ministerin Lisa Paus. Sie kennt die kriminelle Geschichte des Kreuzberger ,,Falckensteinkellers" und seiner ungezählten Opfer, doch sie unternimmt nichts gegen aktuelle Okkupationsversuche von Männern, die mit dem SBGG vor Augen öffentlich wieder ,,freie Liebe" zwischen Erwachsenen und Kindern propagieren, sie sogar als Menschenrecht betrachten von wegen ,,freier Entfaltung der Persönlichkeit", was nun endlich auch im Grundgesetz verankert gehöre. Dabei berufen sie sich auf den SPD-Grüne-FDP-Koalitionsvertrag vom Dezember 2021, in dem es tatsächlich auf Seite 121 heißt:

    ,,Wir wollen den Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 GG) um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität ergänzen."

Mit ,,sexuelle Identität" wurde absichtlich eine beliebige, schwammige und damit maximal missbrauchsanfällige Wortschöpfung verwendet, meilenweit von jeder Allgemeinverbindlichkeit, Nachvollziehbarkeit, Wissenschaftlichkeit und Empirie entfernt. Das beginnt sich jetzt schon zu rächen.

Kreuzen Figuren, die sich selbst als ,,Minor Attracted Persons" bezeichnen (Personen, die sich zu Minderjährigen hingezogen fühlen), weswegen man sie seit jeher unterdrücke und nicht zu Wort kommen lasse, sogar auf Christopher-Street-Day-Paraden auf wie 2022 in Köln geschehen, laufen mit, errichten eigene Stände, so versuchen die Veranstalter peinlich berührt, sie irgendwie unsichtbar zu machen, um jedes Aufsehen zu vermeiden. Gegen sie aktiv und wirksam vorzugehen, trauen sie sich nicht. Die Verantwortlichen belassen es bei der windelweichen Feststellung, man weigere sich, diese ,,Meinung" zu akzeptieren. 

Entwurf im dritten Versuch gescheitert
Umso wichtiger wäre es aus Sicht der Trans-Aktivistin Lisa Paus und ihres ,,Queer-Beauftragten" Sven Lehmann gewesen, den Gesetzentwurf am Mittwoch endlich im dritten Anlauf, also gerade noch vor der parlamentarischen Sommerpause, durchs Kabinett zu bringen. Die erste große Hürde nehmen und bis September ein wenig Gras über das Projekt wachsen lassen – das war ihr Plan.

Er scheiterte wenige Stunden vor der Sitzung, in der Nacht zum Mittwoch, durch eine von Paus offensichtlich völlig unerwartete Intervention: Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP schien endlich Ruhe zu geben, doch nun legte überraschend und auf den allerletzten Drücker die Bundesinnenministerin Veto ein und blockierte nun ihrerseits jene Ressortabstimmung, ohne die es kein Gesetzentwurf auf die Tagesordnung schafft, weil die Vorhaben dort als zuvor ,,geeint" gelten müssen.

Kampfabstimmungen unter Vorsitz des Bundeskanzlers, obwohl in Paragraph 24 der Geschäftsordnung der Bundesregierung durchaus vorgesehen, wären höchst ungewöhnlich. In aller Regel wird vorab in unterschiedlichen Konstellationen solange verhandelt, notfalls unter Leitung des Bundeskanzlers, bis die Sache spätestens am Dienstagabend entscheidungsreif ist.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Fortsetzung:

Was denkt sich die Ministerin?
Die Vorgeschichte des Vetos von Innenministerin Nancy Faeser ist so seltsam wie alles, was mit diesem Gesetzesvorhaben zusammenhängt. In der Welt am Sonntag, erstes Vorzeichen, erschien am vergangenen Wochenende ein so lapidarer wie bedeutungsschwerer Satz:

    ,,Das Bundeskriminalamt hat darauf hingewiesen, dass mit dem behördlichen Entstehenlassen einer ,neuen Person' und rückwirkenden Änderungen aller Dokumente für Kriminelle die Möglichkeit entstünde, sich auf diesem Weg der polizeilichen Verfolgung zu entziehen."

Wer das gesagt oder geschrieben haben soll, am Ende vielleicht BKA-Präsident Holger Münch persönlich, wurde nicht erwähnt. Cicero wandte sich deshalb am Montagvormittag an die BKA-Pressestelle: ,,Das wüssten wir doch gerne ein bisschen genauer, möglichst zitierfähig mit Ihrem Präsidenten als Quelle." Daraus wurde nichts. Geschlagene anderthalb Tage später meldete sich das Bundeskriminalamt zurück und hisste die weiße Flagge:

    ,,Da sich das Gesetz in einer laufenden Ressort-Abstimmung bei den Ministerien befindet, würde ich Sie darum bitten, Ihre Anfrage direkt an das Bundesinnenministerium beziehungsweise die federführenden Ministerien für Frauen und für Justiz zu richten. Ich bitte diesbezüglich um Ihr Verständnis."

Redeverbot für BKA-Präsidenten?
Für diese Antwort gab es am Dienstagabend aus hiesiger Sicht nur eine plausible Erklärung, und diese bot Cicero denn auch dem BKA an – quasi als Test und als eine Möglichkeit, vor einer Veröffentlichung zu widersprechen:

    ,,Ihre Antwort erlaubt nur einen Schluss: Ministerin Nancy Faeser hat dem BKA-Präsidenten zu diesem Thema Redeverbot erteilt. Ein Redeverbot durch die Chefin eines Verfassungsressorts. Bei einem Gesetzesvorhaben, das intensiv den Kompetenzbereich des BKA betrifft, wenn Identitäten dank eines Bundesgesetzes in Zukunft beliebig geändert werden können, sogar die Geschlechter, und all das sogar alle zwölf Monate. Plus Strafandrohung bei Nennung eines früheren Namens oder Geschlechts unabhängig von der Faktenlage."

Ein Widerspruch aus Wiesbaden blieb aus. Statt dessen schaltete sich zur selben Stunde in Berlin Ministerin Faeser nun selbst in die Auseinandersetzung um das SBGG ein. Einer ihrer Sprecher schildert diesen Vorgang folgendermaßen, erkennbar darum bemüht, ihn möglichst harmlos klingen zu lassen:

    ,,Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) im Rahmen der regulären Ressortabstimmung beteiligt und um Stellungnahme gebeten. Das BMI hat den Gesetzentwurf geprüft und hierzu seine Stellungnahme abgegeben. Es begleitet dieses Vorhaben konstruktiv."

Rätsel über Anlass der Intervention
Ein Jahr nach Vorstellung der ,,Eckpunkte" durch die Minister Buschmann und Paus, aus denen der eigentliche Knackpunkt bereits hervorging, die Möglichkeit des beliebigen Geschlechts- und Namenswechsels, und zwei Monate nach der Veröffentlichung des Referentenentwurfs im Wortlaut fällt der Bundesinnenministerin auf, dass ein zentraler Punkt die freie Wahlmöglichkeit des Geschlechtseintrags ist. Einschließlich der Vornamensänderung, und sie soll jeder Person offenstehen. Sie muss lediglich vor dem Standesbeamten erklären, dass ihr Personenstandseintrag von ihrer Geschlechtsidentität abweicht. Der Staat ermöglichst also einen praktisch voraussetzungslosen Identitätswechsel.

Das hat die Bundesinnenministerin gemerkt, und diesen Erkenntnisgewinn lässt sie seit Mittwoch unter Medienvertretern streuen, will aber selbst nicht als Urheberin genannt werden. Sogar anonyme Zitate aus ihrem Haus sind unerwünscht. Aber es ist ihr wichtig, dass die Hauptstadtjournalisten erfahren und durch sie die Bevölkerung: Nancy Faeser hat verstanden, dass das sogenannte ,,Selbstbestimmungsgesetz" dazu führen kann, dass Personen ziemlich mühelos und mit amtlicher Hilfe untertauchen können.
 
Abtauchen mit SBGG leicht gemacht
Und Faeser hat noch etwas mit einjähriger Verzögerung verstanden: Dass es hier keineswegs nur um trans- oder intersexuelle Menschen geht, sondern zum Beispiel auch um straffällig gewordene Personen, Personen mit Waffenschein oder auch Schuldner, die eine solche rechtliche Möglichkeit für sich nutzen, um ihre Identität zu verschleiern. Schlussfolgerung der Bundesinnenministerin an die Adresse der Kollegen Buschmann und Paus:

    ,,Daher besteht hier noch Änderungsbedarf."

Wie sie sich diese ,,Änderungen" vorstellt, ohne den Kern des Gesetzes, die beliebige SelfID, zu zertrümmern, liegt einstweilen im Dunkeln. Da wird jemand sein ganzes rhetorisches Talent aufbieten müssen, um den Pelz des Gesetzes zu waschen, ohne dass es nass wird. Faesers ganzes Vorgehen in der Sache ist rätselhaft. Wie man es auch betrachtet – es erscheint inhaltlich und strategisch ohne Sinn.

Dem Chef der wichtigsten deutschen Sicherheitsbehörde verpasst sie offenbar einen Maulkorb, um am selben Tag intern der Kollegin Paus last minute, aber dafür umso heftiger dazwischen zu grätschen mit der Folge, dass das Gesetzesvorhaben ein weiteres Mal von der Tagesordnung fliegt, was nur deswegen keinen Aufschrei verursacht, weil am selben Tag alles über den Bundeshaushalt spricht und das Chaotisierungstalent der Frau Paus in Sachen ,,Kindergrundsicherung".

Womit auch die letzte Gelegenheit vor der Sommerpause verloren ist, es wenigstens regierungsseitig als erledigt abzuhaken und dem Bundestag zuzuleiten. Irgendjemand im BMI oder im BKA muss seiner obersten Chefin gesagt haben: Frau Ministerin, wenn Sie jetzt nicht intervenieren, fliegt am Ende Ihnen dieses Ding um die Ohren, nicht den Grünen und nicht den Liberalen. Sie müssen wenigstens so tun, als hätten Sie rechtzeitig gemahnt und versucht, Schaden abzuwenden. Zu retten, das wissen die klügeren Beamten im BKA und im BMI längst, ist dieses Gesetz auch durch noch so clevere Wortkosmetik nicht, weil sein Kern schlicht irre ist.

Baff über Faesers Friendly Fire
Lisa Paus muss völlig baff gewesen sein. Mit allem hatte sie gerechnet, nicht aber mit Friendly Fire von Faeser. Bis Freitagabend war von der Frauenministerin keine Silbe zu diesem Vorgang zu vernehmen. Wahrscheinlich war sie insgeheim froh, dass die Karlsruher Klatsche wegen Missachtung der Parlamentsrechte alles überlagerte.

Es blieb ihrem Staatssekretär Lehmann überlassen, seiner Translobby zu beichten, dass es wieder nichts geworden ist, das Projekt somit möglicherweise nicht mehr zum 1. Januar Gesetzeskraft erlangen wird. Eine Erklärung für den neuerlichen Stopp hat er nicht. Anscheinend hat wieder einmal niemand mit ihm geredet.

Eventuell ist das SBGG, das Faeser doch ,,konstruktiv begleitet", wie sie beteuert, sogar vollends vom Scheitern bedroht, wie Lehmann zwischen den Zeilen anzudeuten sich genötigt sieht:   

    ,,Das Selbstbestimmungsgesetz muss und wird kommen! Dass ein Beschluss in der Bundesregierung vor der Sommerpause nicht möglich war, ist aber enttäuschend. Die Zeit ist überreif und die Menschen warten schon viel zu lange drauf."

Auf den FDP-Justizminister als Schuldigen einzudreschen nach mehrmaliger Vertagung – das war seit Januar die leichteste Übung von SPD und Grünen. Bei einer scharf linken SPD-Innenministerin gestaltet sich das schon deutlich schwieriger, was die umfassende Sprachlosigkeit in der Koalition erklärt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Fortsetzung2:

,,Queerbeauftragter" als Watschenmann
Selbst die FDP hält bisher den Mund, will sie doch das zarte Pflänzchen des Erkenntnisgewinns von Nancy Faeser nicht zertreten (endlich sind die Liberalen nicht mehr auch bei diesem Thema der Buhmann) und vor allem nicht die Frage erörtert sehen, warum Marco Buschmann nicht schon längst als Justizminister dieselben Vorbehalte öffentlich geltend gemacht hat.
Vorbehalte, die, wie gesagt, den Kern des Vorhabens treffen. Sie lassen sich also nicht wegverhandeln, ohne den Sinn des Gesetzes insgesamt, freie Wahl von Namen und Geschlecht, einmal jährlich nach Belieben wechselbar, in die Tonne zu treten. Die Dresche bekommt jetzt auf Twitter Sven Lehmann stellvertretend für seine Chefin:

    ,,Hätten Sie handwerklich und demokratisch gut gearbeitet, hätten wir vielleicht schon ein Gesetz. Aber Sie wollen unbedingt ohne demokratische Debatte und mit feindseligen Aussagen Maximalforderungen durchsetzen, die selbst von vielen Transpersonen als falsch kritisiert werden."

    ,,Wir brauchen kein SBGG! Was transsexuelle Menschen brauchen, ist Akzeptanz und Anerkennung. Was wir nicht brauchen, ist ein ,Sven Lehmann' – und dass jeder seinen Personenstand ändern darf anstelle nur derjenigen, die auch wirklich betroffen sind."

Kommentar aus der Koalition zum Ende dieser Woche: ,,Dass uns jetzt Nancy Faeser derart dazwischenfunkt, hätte niemals passieren dürfen."

Dealer werden spontan zur ,,Frau"
Unterdessen machen sich in Berlin im Vorgriff auf das ,,Selbstbestimmungsgesetz" nach glaubwürdigen Schilderungen aus der Polizei Dealer und andere Verdächtige heute schon einen Spaß daraus, sich nach vorläufiger Festnahme spontan zur ,,Frau" zu erklären und darauf zu bestehen, dass nur eine Beamtin sie entkleidet sehen, abtasten und Körperöffnungen untersuchen darf.

Die Damen und Herren Verdächtigen können sich dabei nach Schilderungen von Polizeigewerkschaften berufen auf neue ,,Qualitätsstandards (QS) zur Durchsuchung, Beschlagnahme und Sicherstellung". Danach haben von polizeilichen Maßnahmen betroffene trans- und intergeschlechtliche Personen das Recht, ,,die Durchführung der Durchsuchung von einer Person gleicher geschlechtlicher Identität vornehmen zu lassen". Diese Regelung müsse ,,sofort aufgehoben und praxisnah gestaltet werden", sagt Bodo Pfalzgraf von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Alles andere sei den Beamtinnen nicht zumutbar und diskriminiere sie. Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei sekundiert, es müsse unter allen Umständen verhindert werden, dass Kolleginnen mit einem Disziplinarverfahren bedroht werden, sollten sie sich weigern, einen Mann zu untersuchen. Zwar sei ihm ein solcher Fall noch nicht bekannt, aber die Gefahr, so Jendro, liege auf der Hand, spätestens mit Inkrafttreten des ,,Selbstbestimmungsgesetzes".

Auf den Berliner Wachen wird bereits als Lösung diskutiert, jederzeit einen männlichen Beamten vorzuhalten, der bereit ist, sich im Bedarfsfall spontan zur Frau zu erklären. Denn: ,,Es wird sich ja wohl keine Transperson unterstehen, die Selbstdefinition des Beamten anzuzweifeln."
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

#7
Nicht die Biologie, sondern das Gefühl

In dieser Woche soll das umstrittene Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet werden. Das Vorhaben der Ampelregierung ist ein entscheidender Schritt in ein postfaktisches Geschlechtersystem, in dem biologische Realitäten wie Mann und Frau geleugnet werden.

VON BEN KRISCHKE am 21. August 2023

.
Die Emma-Herausgeberin wirft Queer- und Transaktivisten etwa vor, Frauen unsichtbar machen zu wollen, indem sie diese neuerdings unter ,,FLINTA" subsummieren, was für ,,Frauen, Lesben, Inter, Nichtbinäre, Trans- und Agenderpersonen" stehen soll.



Man sollte zu einer Person, die äußerlich einen weiblichen Eindruck erweckt, nicht sagen "Guten Tag, Frau Linda", sondern "Guten Tag Flinta Linda".

Ich denke, hier handelt es sich um eine große Verirrung der Grünen in Deutschland.

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Kabinett beschließt Selbstbestimmungsgesetz.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Bundestag alle Neuregelungen, wie z. B. über die jederzeitige freie Wahl der Geschlechtszuordnung billigen wird.

So dürfte ein verurteilter Frauen-Vergewaltiger sich nach dem Urteil entschieden, eine Frau zu sein und damit Anspruch auf die Unterbringung in einem Frauengefängnis geltend machen.

   
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Rüdi

Sehr interessant sind auch danach die Kommentare  :yes
Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
        :: Kǒng Fū Zǐ  孔夫子 :: 推手 ::

Ruediger

Ich finde das nicht schlimm, warum gibt es nicht einfach ein Einheitsgeschlecht?

Somit spart man sich alles, jeder ist ein ein Neutrum und niemand kann überhaupt diskriminiert werden.

Frauenbeauftragte und ähnliches Gedöns kann weg, einheitliche Haftanstalten, Gynäkologe und Androloge wird abgeschafft, selbst Medikamente gibt es nur nich für das Neutrum.

Der neuere Blödsinn Medikamente explizit für Männer und Frauen auf ihre ggf. unterschiedliche Wirkung zu untersuchen, kann einfach weg, das spart Zeit und Geld.

Der Fortschritt ist unaufhaltbar  :star


PS:
Man muß nur noch die deutsche Sprache endlich neutral machen, der Geschlechterunsinn muß beseitigt werden. Alte Bücher besser gleich konfiszieren.
Beste Grüße

Rüdiger

Berthold

Man sollte nur noch über Gentechnologie produziert Zwitter-Embryonen zu Austragung freigeben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ruediger

Nein, wichtig ist erstmal, daß Menschen ohne Gebärmutter endlich nicht mehr diskriminiert werden und auch schwanger werden können.

Diese Diskriminierung durch die Biologie ist unerträglich.
Jeder darf schwanger werden!

Der Wahnsinn wird zur Normalität, ausdenken kann man sich das nicht mehr.
Aber hey, die wollen alle ernst genommen werden, sogar die Minister.😂
Beste Grüße

Rüdiger