Bienensterben oder kein Bienensterben?

Begonnen von Berthold, 31.Dez.18 um 17:51 Uhr

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Claus

Zunächst einmal: "Als Düngemittel kann direkt eine wässrige Lösung von Ammoniak (Ammoniakwasser) verwendet werden, meistens wird Ammoniak aber weiterverarbeitet und in Form von Ammoniumsalzen, Nitraten oder Amiden zum Düngen eingesetzt." Aus: https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/chemie-abitur/artikel/verwendung-von-ammoniak

Also NH3 nicht zu vergessen. Bodenbakterien wandeln Ammoniak direkt um in Nitrite, andere machen daraus Nitrate.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Claus

Dann: "Salpetersäure wird technisch seit 1908 nach dem Ostwaldverfahren hergestellt. Es handelt sich dabei um die katalytische Oxidation von Ammoniak. Das Ammoniak-Luft-Gemisch wird rasch (1/1000 s Berührungszeit) durch heiße Platin-Rhodium-Netze (Katalysator) geleitet. Bei 800 °C entsteht Stickstoffmonoxid, das beim Abkühlen mit überschüssigem Sauerstoff zu Stickstoffdioxid und dann in Rieseltürmen mit Wasser zu etwa 60%iger Salpetersäure reagiert."
Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Salpeters%C3%A4ure

Weltweite Produktion (2007) 700 - 800 Mio. Tonnen. Nicht zu vergessen: benötigt für Sprengstoffe!

Dann: Vulkangase enthalten allenfalls Ammoniak als Stickstoffverbindung.

Und: Die Salpetersäure aus der Luft dürfte das Wurzelsystem von Pflanzen nur in Böden schädigen, die überhaupt keine Pufferwirkung haben, also z.B. reiner Sand.

Zu einer quantitativen Abschätzung des N-Eintrags aus der Luft fehlen mir die Zahlen. Wenn man z.B. den weltweiten Kerosinverbrauch wüsste, dann wäre man einer Abschätzung schon näher, ob es nun ein Fliegenschiss ist oder bedenklich. Auch aus dem weltweiten Verbrauch an Diesel und Benzin könnte man die Mengen ermitteln, die dadurch in nitrose Gase umgewandelt werden.

zu 4.1: nein, es gibt ja in der Atmösphäre keine Rückspaltung in N2.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

#32
Zitat von: Claus am 06.Jan.19 um 14:08 Uhr
Zunächst einmal: "Als Düngemittel kann direkt eine wässrige Lösung von Ammoniak (Ammoniakwasser) verwendet werden, meistens wird Ammoniak aber weiterverarbeitet und in Form von Ammoniumsalzen, Nitraten oder Amiden zum Düngen eingesetzt.

Ja, mein Vater, damals Leiter des Stickstoffwerkes Hibernia, hat im Jahre 1947 einen Zug mit 20 20000l-Wagons Ammoniak von Wanne-Eickel nach Buldern geschickt, damit die Bauern ihre Felder düngen konnten. Die Bauern aus weiter Umgebung kamen mit ihren Güllewagen zum Bahnhof in Buldern und haben sich gefreut. Zur Belohnung wurde unsere Familie mit Schinken und den aller feinsten Lebensmittel versorgt, die  man damals auf dem Land produzieren konnte.

Das Ammoniak wurde normalerweise zu Salpetersäure und dann weiter zur Kunstdünger aus verschiedenen Nitraten verarbeiten. Der Wasserstoff für die NH3-Herstellung stammte aus dem Kokereigas.
Aber damals waren die Anlagen zum grossen Teil zerstört und mein Vater meinte, jetzt im Frühjahr Ammoniak auf die Felder ist besser für Bevölkerung als in 2 Jahren richtigen Kunstdünger.
Ich war als Kind auf voller Erkenntnishöhe der Kunstdünger-Hersteller mit alle Temperaturen, Drücken und Katalysatortypen nach dem Haber-Bosch-Verfahren (Ammoniak). Am meisten haben mich die riesigen Maulwurfpumpen beeindruckt. Die Platinkatalysatoren für die Salpetersäureherstellung wurde auch mal vom leitenden Betriebs-Chemiker unterschlagen. Das gab 2,5 Jahre Zuchthaus. Er war sonst ein feiner Mann und bei den Frauen im Tennisclub beliebt.

Es gab auch Versuchsfelder, auf denen verschiedene Dünger an verschiedenen Pflanzen getestet wurden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Berthold, siehe hier zum menschlichen Einfluss auf den Stickstoffkreislauf
https://en.wikipedia.org/wiki/Human_impact_on_the_nitrogen_cycle

Quelle 1.5 wie gesagt Landwirtschaft. Sowohl Ammonium als auch in Folge Nitrate können von Mikrroganismen zu NO bzw. N2O umgesetzt werden die aus dem Boden ausgasen. Besonders unter trocken-warmen Bedingungen und fehlendem Pflanzenbewuchs.

Hier zur Auswirkung von NO und NO2 auf den Pflanzenwuchs - als Phytohormon:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4091254/

3.1 Jein. Du kannst leicht den atmosphärischen Gesamteintrag von Stickstoff messen. Der umfasst aber nicht nur NOx. Man geht davon aus dass 30% der anthropogenen atmosphärischen N-Deposition auf Düngemittel und 70% auf Verbrennungsprodukte zurückzuführen ist. Natürlicher Eintrag durch Blitzentladungen ist da vernachlässigbar.
https://www.soil-journal.net/1/381/2015/soil-1-381-2015.pdf

Wir reden hier wieder über extreme Schwankungsbreiten aber man rechnet mit irgendeiner Hausnummer zwischen 5 und 80kg N / ha / y Gesamteintrag. Für die Studie in Kalifornien waren es etwa 25-30 kg N / ha / y was schon relativ extrem ist. Der emittierte Stickstoff scheint relativ nahe an der Quelle wieder abzuregnen. Deshalb findet man auch in den Tropen relativ wenig, in EU/USA/Asien punktuell sehr viel.
https://www.fs.fed.us/psw/publications/fenn/psw_2018_fenn002_sickman.pdf

Das ist im Vergleich zu den ca. 100kg N / ha / y die in ein intensiv gedüngtes Farmland jährlich eingebracht werden recht wenig aber man bedenke dass ein alpiner Magerrasen eben kein Farmland ist. Man sagt dass es ab etwa 10kg zu merklichen Verschiebungen der Artenzusammensetzung kommt aber das ist wieder sehr verschieden. In empfindlichen Ökosystemen wahrscheinlich deutlich weniger.

Wie immer - es ist nicht zu befürchten dass alle Ökosysteme wegen massivem N-Eintrag oder daraus folgernder Übersäuerung kollabieren. Es reicht aber schon ein geringer N-Eintrag in stark nährstofflimitierte Systeme aus damit viele Spezialisten nicht mehr konkurrenzfähig sind. Denn die existieren ja nur in diesen Lebensräumen weil N eben entsprechend rar ist. Auf jeder Wiese kann man ausprobieren mit wie wenig Dünger sich der Artenreichtum beeinflussen lässt. Irgendwann bleiben nur konkurrenzstarke Allerweltsarten übrig.

Berthold

Das Bienensterben soll zumindest hier in Marl ein Ende haben.
Nicht nur in Berlin sondern auch bei den Schneckenhausmauerbienen herrscht Wohnungsknappheit.
Ich sammle jetzt alle Gehäuse von Weinbergschnecken und vermiete sie an Osmia bicolor.
Die Art soll weit verbreitet sein, doch es fehlt oft an Wohnraum.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Eveline†

Sehr interessantes Video, danke, Berthold! Ich hatte darüber schon gelesen und seither die leeren Schneckenhäuschen nicht mehr eingesammelt. Ich habe sie halt umgedreht, wenn die Öffnung nach oben gerichtet war. Die Bienen machen dies jedoch selber, wie man im Video sieht. Bisher ist mir noch kein besetztes Häuschen aufgefallen.

Ahriman

Nein, hab ich leider auch noch nie gesehen obwohl es hier tonnenweise Weinbergschneckenhäuser gibt und der Lebensraum für O. bicolor an sich ideal ist.

Ruediger

Zitat von: Berthold am 07.Apr.19 um 12:06 Uhr

Ich sammle jetzt alle Gehäuse von Weinbergschnecken und vermiete sie an Osmia bicolor.
Die Art soll weit verbreitet sein, doch es fehlt oft an Wohnraum.

Oh je, die armen Bienen, bisher frei unterwegs nun in Schuldknechtschaft bei einem Immobilienhai in Marl. :heul
Du könntest bei Schneckenhäuser auch auf die Miete verzichten,  Kosten laufen keine auf, wirft halt keinen Profit ab.
Das wäre mal eine gute Tat.
Beste Grüße

Rüdiger

Eveline†

Rüdiger, Du vergißt die Kosten der Instandhaltung. Zumindest diese - mit einem kleinen Aufschlag für die nicht unerhebliche Mühewaltung - müßten abgegolten werden.

Ruediger

Die fleißigen Bienen sind doch nützlich, Berthold müßte sonst seine Obstbäume mit der Hand befruchten.

In China gibt es das schon, dort hat man mit Pestiziden alles Leben ausgelöscht, nun klettern die menschlichen Bienen in den Bäumen rum.

Ob das fortschrittlich ist?
Beste Grüße

Rüdiger

Berthold

Zitat von: Ruediger am 08.Apr.19 um 19:08 Uhr
Die fleißigen Bienen sind doch nützlich, Berthold müßte sonst seine Obstbäume mit der Hand befruchten.

In China gibt es das schon, dort hat man mit Pestiziden alles Leben ausgelöscht, nun klettern die menschlichen Bienen in den Bäumen rum.

Ob das fortschrittlich ist?

Nein, Rüdiger, ich würde nicht per Hand bestäuben sondern wie die Chinesen Hummeln für die Bestäubung einsetzen.

Die Hummeln arbeiten am Tag doppelt so lange wie die Bienen und das ohne Frühstückspause und ohne Gewerkschaft.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

doc snyder

Aber Hummelvölker

sind nicht so individuenstark!

Und, sie fliegen auch fremd, mal hier, mal da.

Dann schon eher Pelobates oder Osmia einsetzen. Die haben einen Pelzmantel und fliegen bei Temperaturen, bei denen

Honigbienen nicht vor die Tür fliegen. Dann wollen aber auch die Obstbäume keinen Sex haben, zu kalt.
Schere das Schaf und töte den Bären, nie umgekehrt.

Berthold

Ja, ich denke, da ist noch einiges zu optimieren. Aber solange die Honigbienen noch im Einsatz sind, lohnt offensichtlich kein weiterer Forschungsaufwand.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Wie ich heute erfahren habe, ist Wien die Welthauptstadt der Wildbienen.
Hier sollen 456 Wildbienenarten leben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)