Sphagnum als Substrat

Begonnen von Muralis, 15.Nov.19 um 10:43 Uhr

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Muralis

Hallo,
ich habe seit einigen Jahren ein Dendrobium parishii, das ich anfangs in Kiefernrinde zu einer ganz phantastischen Blüte gebracht habe, die kleine Pflanze war an 7 Trieben übersät mit Blüten.
In der Folge hat sich die Pflanze kontinuierlich rückwärts entwickelt. Nach erfolgtem Frühjahrsaustrieb hat sie einfach kein gesundes Wurzelsystem mehr entwickelt und die Triebe wurden immer dünner und schwächlicher. Da half auch Umtopfen in frisches Rindensubstrat rein gar nichts. Die Pflanze wurde immer schwächer, sodass ich letztes Jahr, um den Exitus zu verhindern, sie in frisches Sphagnum steckte und dann kaum mehr weiter beachtete.
Sphagnum habe ich ja an der Hand, aus einer Quelle, die ich nachhaltig nutze und die dem User Orchitim damals nicht sehr behagte...

Im Herbst habe ich jetzt gesehen, dass es dem parishii offensichtlich getaugt hat. Die anfangs dünnen Triebe haben sich am Ende stark verdickt, sodass ich kommenden Frühling wieder mit Blüten rechnen kann. Selbst die vielen alten Triebe sind wieder angeschwollen. Die Blätter, die zu dieser Zeit allerdings bereits abfallen sollten, sind aber noch knackig frisch, weil eben das Torfmoos die Feuchtigkeit lange gehalten hat. Das Moos ist jetzt krachtrocken, die Orchidee hat aber den gesamten Topfraum durchwurzelt. Perfekt eigentlich!

Die Pflanze wird nun bis in den April keinen Tropfen Wasser erhalten und dann wohl blühen. Was aber mache ich dann? Kann ich die Pflanze in diesem nun toten Sphagnum lassen? Ich bin da sehr skeptisch, denn bei Masdevallia ist das prinzipiell schiefgegangen, man musste da regelmäßig das Moos tauschen. Ich denke, dass es wohl gescheit wäre, im Frühjahr das Moos zu tauschen...

Was meinen die Sphagnum-Kultivateure (Rüdiger,.....)?

Berthold

Ich gehe davon aus, dass im ursprünglichen Kieferrinden-Substrat eine Infektion im Wurzelbereich entstanden ist, die die gesamte Pflanzen im Laufe der Zeit hinrafft.

Durch das Umtopfen in lebendes Sphagnum wurden die Infektionskeime abgetötet und die Pflanze konnte sich wieder gut entwickeln.
Wenn das Sphagnum jetzt tot ist, kann eine neue Infektion im Wurzelbereich entstehen, genau so wie es im Kieferrinden-Substrat geschehen ist.
Ich würde die Kultur wieder auf Kiefernrinde umstellen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

wölfchen

Sehr lehrreich! Gibt´s da noch mehr Erfahrungsberichte ?


LG wölfchen

Muralis

Plausibel, Berthold. So hab ich es mir auch vorgestellt, drum kommen bei mir ja jetzt alle Patienten in Sphagnum.
Ich werde aber erst im Frühling verpflanzen, jetzt ist der Topfraum staubtrocken und federleicht, da sollten die Infektionskeime keinen Zugriff haben.
Meine Kiefernrinde ist an sich Premiumqualität, selbst gesammelt und frisch geschnitten. Die könnte ich wohl wieder probieren, ebenso gut könnte ich aber auch wieder frisches Sphagnum nehmen.

Berthold

Zitat von: Muralis am 15.Nov.19 um 12:02 Uhr

Meine Kiefernrinde ist an sich Premiumqualität, selbst gesammelt und frisch geschnitten.

Aber sie vermutlich nicht sterilisiert, oder?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Muralis

Zitat von: Berthold am 15.Nov.19 um 12:34 Uhr
Aber sie vermutlich nicht sterilisiert, oder?

Natürlich nicht. Es wird nur der innere, rote Teil verwendet. Darüber hinaus sind  das ausgesprochene Einzelfälle, wo es offensichtlich mit dem Substrat Probleme gibt. Wenn man sich dagegen manches käufliche Rindensubstrat ansieht...

Berthold

Ja, aber deshalb hat die selbst hergestellte Kiefernrinde ein höheres Risiko für eine Erstinfektion.
Nach meiner Kenntnis wird die im Handel angebotene Rinde und alle andere Gartensubstrate dampfsterilisiert.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ruediger

Zitat von: Berthold am 15.Nov.19 um 11:26 Uhr

Wenn das Sphagnum jetzt tot ist, kann eine neue Infektion im Wurzelbereich entstehen, genau so wie es im Kieferrinden-Substrat geschehen ist.
Ich würde die Kultur wieder auf Kiefernrinde umstellen.

Na da habe ich ja Glück, daß dies bei mir fast nie geschieht, und ich verwende nur totes Sphagnum aus Chile.
Lebendes habe ich nur als Intensivstation vorrätig.

Muß ich nun meine Kultur auf Rinde umstellen?

PS:

Ich würde das Dendrobium im Moos lassen, und dann immer wieder gießen, wenn das Moos fast ganz trocken ist.
Mein Den. parishii steht nun auch ganz trocken, nur 2 JP werden durchkultiviert.
Beste Grüße

Rüdiger

Ruediger

Zitat von: wölfchen am 15.Nov.19 um 11:50 Uhr
Sehr lehrreich! Gibt´s da noch mehr Erfahrungsberichte ?


LG wölfchen

Ja, ich habe schon viele abgegammelte Pflanzen damit bewurzelt, auch Importe fast ohne überhaupt lebendiges Wurzelwerk.

Pflanzen aus Rinde werde bei mir fast immer auf Moos umgestellt, das klappt bei mir gut, andere Leute haben mit Sphagnum aber Probleme.

Bei mir ist Wärme und Trockenheit ein Problem, mit Moos kann ich das lösen.

Rindenkultur und ein paar experimental Substrate habe ich auch, bei Rinde stehen die Pflanzen in Untersetzer, in dem im Sommer dann Wasser steht, im Winter natürlich nicht.
Beste Grüße

Rüdiger

Berthold

Zitat von: Ruediger am 15.Nov.19 um 17:39 Uhr

Muß ich nun meine Kultur auf Rinde umstellen?

Die Infektionsgefahr ist in toten Sphagnum grundsätzlich erheblich höher als in Pinienrinde.
In Sphagnum entsteht leicht Staunässe ohne Luft, was zur Ansiedlung anaerober Bakterien führen kann.
Frische Pinienrinde enthält Substanzen, die antibiotisch und fungizid wirken, ebenso wie lebendes Sphagnum.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Muralis am 15.Nov.19 um 10:43 Uhr
Sphagnum habe ich ja an der Hand, aus einer Quelle, die ich nachhaltig nutze und die dem User Orchitim damals nicht sehr behagte...

Dieser Blödsinn von Orchitim wurde inzwischen im Forum gelöscht, Wolfgang
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Muralis

Zitat von: Berthold am 15.Nov.19 um 19:59 Uhr
Frische Pinienrinde enthält Substanzen, die antibiotisch und fungizid wirken, ebenso wie lebendes Sphagnum.

Kann ich nur bestätigen. Denn in meinem selbst hergestellten Kiefernrindensubstrat (heimische Kiefern sind ja auch nichts anderes als "Pinien") ist bis jetzt noch alles gut angewachsen, auch ohne Dampfsterilisation. Die gefährlichen Keime gelangen wohl erst sehr viel später ins alternde Substrat und das geht dann auch bei sterilsiertem gekauftem Substrat.

Als Beispiel meine heuer gekaufte Laelia superbiens-JP - die hat sich in meinem Substrat gleich einmal super etabliert. Der angegebene Status "fast blühstark" war natürlich eine Übertreibung. Da ich schon mal eine blühende Pflanze hatte, schätze ich, dass es bei guter Kultur noch um die 3 Jahre dauern sollte, bis man an blühstark denken kann.

Was bei meiner parishii seinerzeit - vor 3 oder 4 Jahren substratmäßig schiefgelaufen ist, kann ich jetzt leider nicht mehr nachvollziehen. Vll. habe ich die Pflanze überdüngt und die Wurzeln sind abgestorben...

Aber mit Sphagnum kann man solche Dinge jedenfalls heilen. Als weitere Beispiele für Wolfgang meine Jungpflanzen von P. venustum und P. fairrieanum. Die wären nach Aufenthalt in normalem P.-Substrat schon längst tot, hatten absolut keine Wurzeln mehr. Jetzt wachsen sie wieder und sind auf Kurs.

Berthold

Zitat von: Muralis am 16.Nov.19 um 09:15 Uhr
Zitat von: Berthold am 15.Nov.19 um 19:59 Uhr
Frische Pinienrinde enthält Substanzen, die antibiotisch und fungizid wirken, ebenso wie lebendes Sphagnum.

Kann ich nur bestätigen. Denn in meinem selbst hergestellten Kiefernrindensubstrat (heimische Kiefern sind ja auch nichts anderes als "Pinien") ist bis jetzt noch alles gut angewachsen, auch ohne Dampfsterilisation. Die gefährlichen Keime gelangen wohl erst sehr viel später ins alternde Substrat und das geht dann auch bei sterilsiertem gekauftem Substrat.


ja, so muss man es sehen.

Die Infektionskeime sind immer vorhanden, aber sie können sich nicht ansiedeln, wenn dass Substrat Abwehrstoffen enthält.
Mineralische Substrate haben den Nachteil, dass sie nie Abwehrstoffe enthalten, aber auch den Vorteil, dass sie nie verrotten und dadurch die Ansiedlung von Infektionskeimen auch nicht fördern.
Man muss versuchen durch geeigneten Wasser- und Lufthaushalt im Substrat die Ansiedlung verhindern. Das hängt vom Gießverhalten, der Belüftung, der Luftfeuchtigkeit, der Belüftung und der Wärme ab.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ruediger

Zitat von: Berthold am 15.Nov.19 um 19:59 Uhr
Zitat von: Ruediger am 15.Nov.19 um 17:39 Uhr

Muß ich nun meine Kultur auf Rinde umstellen?

Die Infektionsgefahr ist in toten Sphagnum grundsätzlich erheblich höher als in Pinienrinde.
In Sphagnum entsteht leicht Staunässe ohne Luft, was zur Ansiedlung anaerober Bakterien führen kann.
Frische Pinienrinde enthält Substanzen, die antibiotisch und fungizid wirken, ebenso wie lebendes Sphagnum.

Den ersten Satz halte ich für völlig falsch, der Rest stimmt teilweise, auch bei totem Sphagnum vermutet man mikrobiozide Substanzen, die allerdings vermutlich mit der Zeit abgebaut werden.
Wie schnell das und unter welchen Bedingungen das passiert ist unklar, aber das gilt auch für Pinienrinde.

Bei lebenden Sphagnum weiß man, daß es diese Mikrobiozide produziert, daß ist natürlich noch besser als tote Substrate, nur ist dies mit der Kulturführung nicht immer vereinbar.

Interessant ist zumindest, daß so viele Pflanzen in Taiwan bei der Anzucht im Moos sitzen, eigentlich ist es zu teuer und die Topfung von Hand vermutlich recht arbeitsintensiv.
Ich gehe aber davon aus, daß die Gärtner sich dabei etwas gedacht haben. :-D

Nur ich finde Dogmen bei der Kultur von Orchideen ingesamt albern, sei es Substrat oder Dünger o.ä., zum Schluß zählt nur das Resultat.
Was bei einem wunderbar funktioniert, ergibt beim anderen nur traurige Verluste, da spielt die Kuturführung und doe Bedingungen eine wichtige Rolle.
Die Gattungen natürlich auch. grins
Beste Grüße

Rüdiger

Eerika

Ich habe nur totes Spaghnum benutzt und was da drin war, besonders die Draculas, wuchs wie auf dem Hefeteig.

Meine Dendrobien habe ich nie (ausser einige) im Moos kultiviert, nur in Rinde, meistens in grobe Rinde. Gedüngt habe ich sie eher selten und da ich sie im Sommer so gut wie jeden Tag gegossen habe, ist von Überdüngung gar keine Rede. Im Winter habe ich eh nicht zur Düngerflasche gegriffen.

Infektionen habe ich nie.

Ist die Kieferrinde nicht zu harzhaltig?  :ka