Chile Region V

Begonnen von erdorchideen, 25.Dez.08 um 18:46 Uhr

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

erdorchideen

Hallo zusammen,
ich hatte schon länger vor, ein paar Zeilen zu meinem Chile-Aufenthalt Ende Oktober/Anfang November zu schreiben, aber wie immer die Zeit  :bag... Außerdem habe ich ja noch gar nicht alle Fotos durchforstet, geschweige denn mit Hilfe der Freunde aus Chile alle Pflanzen bestimmt, die ich abgelichtet habe.

Und wo fängt man an? Mit dem Expeditionsfahrzeug aus dem Botanischen Garten?


Das war natürlich praktisch, und Pato (=Patricio Novoa) hat mich schnell zu interessanten Pflanzen rund um Viña del Mar gefahren. Orchideen vor allem, aber auch Kakteen, Alstroemerias, Calceolarias...
Im Hintergrund des Bildes oben sind einige gelbe Büsche zu erkennen, das ist z.B. die allgegenwärtige Calceolaria thyrsiflora, vom Habitus etwas an Rosmarin erinnernd.

Besonders aufregend natürlich die Chloraea bletioides am Naturstandort, kommen in großer Zahl vor, aber nur an wenigen Plätzen:


Im gleichen Habitat, buschiges Gelände, relativ nah an bewohnten Gegenden und hier und da auch entsprechend als Müllkippe benutzt, findet man Chloraea chrysantha, aber man muss schon gut suchen, um die bis zu 80 cm hohen schlanken Stängel zu finden:


Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich etliche Tage in Quillota, einer Kleinstadt etwa 100 km nordwestlich von Santiago verbracht habe, einmal um dort mit den Orchideenvermehrern neue Projekte der Zusammenarbeit zu planen, aber auch um mir dir dortigen Pflanzen und das Labor mal anzusehen. Hier seht Ihr den Nachwuchs, vor allem die Löffel-Schilder lassen einen schmunzeln:


Es sind Naturformen, aber auch Hybriden, die für attraktive und haltbare Schnittblumen erzeugt werden. Also sind lange, feste Stiele und große Blüten ein Ziel. Chloraea crispa ist als Naturform da schon nah dran, und die blühenden Pflanzen (im Hintergrund etwa 200 Stück, vorne einzelne) echt toll anzusehen:


(auch wenn hier bei uns wohl keiner solche Schnittblumen kaufen würde...)

Außerdem ist Quillota ein zwar provinzielles, aber von netten Leuten bewohnter Ort, in dem es sich gut leben läßt. Ein Blick in die Straßen? Hier ein Blick ins das Stadtzentrum:


Etwas außerhalb, was selbst zu Fuß schnell geht, fand ich mich in einer Landschaft, die stark an einige mediterrane Landstriche erinnerte, wieder. Viele chilenische Pflanzen gab es zunächst aber nicht, weil an den Straßenrändern vor allem viele Kulturpflanzen verwildert sind. Proviant wie Wasser und Empanadas (Empanada pino sind meine Favoriten!) bekommt man in kleinen Läden, notfalls auch Pflaster, Blumenerde, gute Ratschläge und Süßigkeiten...:


An den Straßen weiter draußen blühten dann z.B. wilde Alstroemeria angustifolia pulchra in Massen und in verschiedenen Farbvarianten. Es müssen nicht immer Orchideen sein, oder?



Ich habe auch Halloween in Quillota erlebt, was dort weniger gruselig als bei uns gefeiert wird (nee, gefeiert kann man gar nicht sagen), da laufen die Kinder wie bei uns nach Süßigkeiten haschend durch die Straßen, in denen aber auch als Gegendemonstration die protestantische "Fiesta de la luz" mit Rockmusik und Umzug stattfindet. Das alles natürlich bei frühsommerlichen 20-25°C, und abends um 10 auch noch:


Neben der Vermehrung von Orchideen werden auch andere Projekte an der Uni in Quillota betreut. Da gibt es Zuchtprogramme für Citrusgewächse (Obstanbau!), ein klitzekleines Proteenprojekt (Na, Berthold,...?), und ebenfalls in den Bereich "Mejoramiento" (=Verbesserung) von Blüten ein Zuchtprogramm zu Leucocoryne, ein chilenisches Zwiebelgewächs, was ich wild immer wieder angetroffen habe, und wo es verschiedene Farbformen gibt. Meist sieht man die weiße Leucocoryne ixiodes:


Rund um Quillota gibt es Nationalparks und gute Trekkinggebiete, ich habe mir u.a. den Parque de la Campana ausgesucht, der mit dem Berg La Campana (ca. 1800 m) auch etwas andere Flora erwarten ließ. Von oben blickt man weit über die Region V, man ist aber auch ziemlich platt, weil der Aufstieg sehr steil ist und man sich abends am Ausgang des Parks wieder bei den Rangern melden muss:


Unterwegs fand ich natürlich eine Fülle von interessanten Tieren und Pflanzen, aber wie gesagt muss ich da noch sortieren. Puya chilensiscaerulea sollte man aber hier mal zeigen, oft umschwirrt von Kolibris, und eigentlich habe ich die nur in ganz freien, felsigen Gegenden und luftigen Höhen angetroffen:


Alles in allem ein erfolgreicher Besuch, mit neu vereinbarten Projekten, mit tollen Eindrücken und stark verbesserten Spanischkenntnissen. Über die Rückkehr in den dusteren norddeutschen November schreibt man dann eher in Depressionsforen  :heul...

Liebe Grüße und ein schönes Weihnachtsfest wünscht Euch allen
Frank







Liebe Grüße,
Frank

Claus

Hallo Frank,
also ich kann keine Fotos sehen.

Dennoch auch dir ein frohes Weihnachtsfest.

Liebe Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

erdorchideen

Moment, ich bastel noch an der Fotoeinstellerei, irgendwas geht da nicht... :ka
Liebe Grüße,
Frank

Claus

#3
Die ersten beiden Fotos sind schon da. Nr. 10 fehlt noch.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

erdorchideen

Na siehst Du, Claus, es geht doch ;-)
Liebe Grüße,
Frank

Claus

Ja,
es sind wunderbare Pflanzen.

Gerade lese ich das Buch "Growing Hardy Orchids" von John Tullock. Da beschreibt er, welche Hindernisse in Tennessee bei der Rettung von Orchideen vor den Bulldozern durch die Behörden gemacht werden, ähnlich wie hier. Von einem Biotop mit ca. 5.000 Cypripedium acaule konnte man immerhin 1.100 Pflanzen retten.

Hier in Walsrode sind innerhalb der letzten beiden Jahre vier Biotope von Epipactis helleborine (andere Arten gibt es hier nicht mehr) durch zum Teil völlig sinnlose Wegebauarbeiten bzw. Anbau am Gymnasium zerstört worden. Ich habe versucht, einige der ca. 40-50 Pflanzen am Gymnasium zu retten, habe aber wegen der sehr groben Baggerarbeiten keine einzige finden können, obwohl der Baggerfahrer sehr kooperativ war. Jetzt sind alle unter einer Schuttschicht begraben. Wenn wir im Juni alle sichtbaren ausgegraben hätten, wäre mir jetzt wohler.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: erdorchideen am 25.Dez.08 um 18:46 Uhr
Rund um Quillota gibt es Nationalparks und gute Trekkinggebiete, ich habe mir u.a. den Parque de la Campaña ausgesucht, der mit dem Berg Campaña (ca. 1800 m) auch etwas andere Flora erwarten ließ. Von oben blickt man weit über die Region V, man ist aber auch ziemlich platt, weil der Aufstieg sehr steil ist und man sich abends am Ausgang des Parks wieder bei den Rangern melden muss:



Frank, das wäre natürlich auch das richtige Gebiet für mich, mal nach anderen Pflanzen Ausschau zu halten. Leider kennt man anfänglich fast keine einzige Gattung der Pflanzen, die man vor den Füssen findet.

Wie werden in den Gewächshäusern die Schnittblumen ausgesät, symbiotisch oder asymbiotisch. Von Eltroplectris roseoalba und Ponthieva parvillabris hat Roman inzwischen asymbiotisch auch ganz hübsche Pflanzchen erzeugt.
Gruss Berthold
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

erdorchideen

Zitat von: Berthold am 27.Dez.08 um 12:23 Uhr

Frank, das wäre natürlich auch das richtige Gebiet für mich, mal nach anderen Pflanzen Ausschau zu halten. Leider kennt man anfänglich fast keine einzige Gattung der Pflanzen, die man vor den Füssen findet.

Das stimmt, es ist ziemlich viel Neuland dabei, vor allem auch weil man ja hierzulande kaum chilenische Pflanzen antrifft.

Zitat von: Berthold am 27.Dez.08 um 12:23 UhrWie werden in den Gewächshäusern die Schnittblumen ausgesät, symbiotisch oder asymbiotisch. Von Eltroplectris roseoalba und Ponthieva parvillabris hat Roman inzwischen asymbiotisch auch ganz hübsche Pflanzchen erzeugt.

Sowohl asymbiotisch als auch symbiotisch. Meine Kontakte bestehen vor allem zu den Pilzfreunden. Die Versuche sind aber dann am Ende, wenn Arten mit den zur Verfügung stehenden Pilzen nicht keimen wollen. Neue Pilze aus chilenischen Orchideen zu isolieren war bisher nicht sehr erfolgreich. Ein aktuelles Bipinnula-Projekt ergab keinen braucbaren Sysmbionten. Manche Arten lassen sich aber sehr gut heranziehen, ich hatte ja schon im Terrestrial Orchid Forum darüber berichtet. Und es gibt seit einigen Tagen ja auch schon wieder neue Keimungserfolge :whistle. Ich glaube, ich habe jetzt auch Bipinnula fimbriata im Griff.
Nachdem ich einige Pflanzen auch in Chile sehen konnte, muss ich evtl. meine Ergebnisse zu Chloraea chica revidieren, da hat mir wohl einer Kuckucks-Samen untergeschoben. Echte Chloraea chica sind vegetativ völlig anders als meine so benannten, und überhaupt soll diese Art nach aktuellen genetischen Ergebnissen gar keine Chloraea sein (auch eine mitgebrachtes Erkenntnis)...

Roman macht seine Sache sehr gut, darf ich ja öffentlich auch mal sagen, aus seiner Eltroplectris-Nachzucht habe ich mir auch welche schicken lassen, die Ponthieva habe ich ja schon :rot
Liebe Grüße,
Frank

Volzotan

Zitat von: erdorchideen am 27.Dez.08 um 13:39 Uhr
seine Sache sehr gut, darf ich ja öffentlich auch mal sagen,

Vielen Dank für das Lob,
Eltroplectris werde ich wieder viele heranziehen, wenn ich wieder Samen habe. Sonst bleiben die Südamerikaner aber dein Revier Frank, ich werde jetzt erstmal hauptsächlich Ophrys machen und mich weiter an Cypripedien versuchen.

Gruß Volzotan

erdorchideen

Zitat von: Volzotan am 27.Dez.08 um 15:09 Uhr
Sonst bleiben die Südamerikaner aber dein Revier Frank,

Ach, da gibt es auch immer wieder andere Liebhaber. Chile mache ich auf jeden Fall weiter, aber vielleicht müsst Ihr dann demnächst in der Rubrik "andere interessante Pflanzen" auch von mir über Nicht-Orchideen lesen  ;-), das war einfach zu umwerfend:


Liebe Grüße,
Frank

Niko

Hallo Frank,
verrätst Du uns auch, was da so knalloronge-feuerrot im Unterholz lodert?

Gruß Niko

PS: tolle Bilder, besonders die bletioides finde ich schick!

erdorchideen

#11
Na klar, das ist Alstroemeria ligtu, und das Unterholz besteht aus Bambus (z.B. dem stacheligen Quila chica, übersetzt kleiner Bambus = Chusquea cuminghi), Myrtaceen, manchmal Acacia caven, Trockengräsern und einigen Zwiebelpflanzen. Der Kaktus ist weitverbreitet in der Region V, fast schon eine Charakterpflanze auf etlichen Hängen, das ist Echinopsis chil(o)ensis.
Liebe Grüße,
Frank

erdorchideen

Hmmm, Michael, danke für die Anregung zum Nachdenken. Ich meine, dass Alstroemeria magnifica in deutlich trockeneren, fast Wüstengebieten - also Region VI und nördlich - wohnt, und dass wir in Chile drüber geredet haben, wie schwierig manchmal die Abgrenzung ist.
Ich lege mich aber mal noch nicht fest, vor allem weil auch Alstroemeria pulchra in meinem Reisegebiet vorkommen kann, die sieht auch so aus  :wacko. Das Bild allein sagt aber gar nicht viel, denn ich habe Blüten von fast reinweiß über hellrosa bis tiefpurpur gefunden, und es gibt nicht sooviele Arten dort. Mehr Info wenn ich Rückmeldung aus Quillota habe, die müssen ja wissen, was an Ihren Straßenrändern wächst...
Liebe Grüße,
Frank

erdorchideen

Zitat von: Charlemann am 29.Dez.08 um 18:08 Uhr
Hast Du uns denn ein paar Samen von den Strassenrändern mitgebracht?  O-)

Wer nach Chile reist, um blühende Pflanzen zu finden, muss bei Samen eher verzichten oder zwei Monate bleiben  :ka. Letzteres ging leider nicht...
Ein paar "Unkräuter" werde ich dennoch säen können, aber ob Ihr die haben wollt???
Liebe Grüße,
Frank

winwen

Hallo Frank,

die Bilder sind wirklich beeindruckend, Danke!
Nur zur Info: Osmani Baullosa verkauft Samen chilenischer Pflanzen (auch Orchideen!) unter www.chileflora.com

Eine Frage zu Chloraea crispa, die offenbar einen besonderen Rang in den Zuchtprogrammen einnimmt: Behält sie über den Winter die Rosette, oder ist sie laubabwerfend? Wie sind denn die Temperaturen in den Regionen, wo sie wächst? Fällt dort Schnee, gibt es Frost? Hat sie Pseudobulben oder einen Wurzelstock?

LG
WinWen