Ozonloch über der Arktis entstanden

Begonnen von Berthold, 27.Mär.20 um 11:05 Uhr

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Berthold

Inzwischen hat man auch über der Arktis ein Ozonloch entdeckt.
Es ist aber nicht durch den Ausstoss von FCKW der Menschen entstanden wie es angeblich bei dem Ozonloch über der Antarktis der Fall war, denn FCKW werden von den Menschen nicht mehr ausgestossen.
Die Ursache sollen lang anhaltende starke polare Winde in den letzten 2 Monaten sein.
Es sei ein besonderes Ereignis. Man rechnet damit, dass sich das Loch in einigen Wochen wieder schliesst.

Das Ozonloch über der Antarktis ist inzwischen weitgehend verschwunden.

Ich habe den Verdacht, dass schon immer über den Polen von Zeit zu Zeit Ozonlöcher entstehen und das ohne jegliches menschliches Dazutun.
Die Menschheit ist nur sehr aufgeschreckt, wenn sie mit der heutigen Technologie die Ozonlöcher erkennen kann.
Ich warte auf die "Erkenntnis" eines Weltenretters, der öffentlich behauptet, vor 200 Jahren hätte es noch keine Ozonlöcher gegeben. Die Menschheit sein schuld.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Najaa, das ist wie mit dem Waldsterben durch sauren Regen. Das ist auch ausgeblieben - dank radikaler Entschwefelung der Kraftstoffe. Dass die Freisetzung halogenierter Kohlenwasserstoffe weltweit stark reduziert wurde (China produziert immer noch FCKW) war jetzt sicher auch nicht verkehrt, nicht nur in Bezug auf das Ozonloch.

Es wäre interessant ob sich durch irgendwelche Indikatoren die historische Entwicklung der Ozonkonzentration in der Atmosphäre schätzen ließe aber ich wüsste dazu nichts. Höchstes indiekt über Effekte der UV-Strahlung aber da wird es dann sehr schnell esoterisch, da hast du recht...

Berthold

Christian, ich denke zwischen dem sauren Regen durch Schwefelverbrennung in den Kraftwerken und dem Waldsterben durch die Bodenversäuerung gibt es einen viel direkteren und klaren Zusammenhang als zwischen den Ozonlöchern und dem menschlichen FCKW-Ausstoß.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Hmm, aber Feuer und Vulkanausbrüche setzen auch enorme CO2 und SO2 Mengen frei, da ist der antropogene Ozonabbau deutlich einfacher zu erklären.

Natürlich gibt es auch biogene Quellen von halogenierten Kohlenwasserstoffen, etwa durch Pflanzen, Algen oder Vulkanausbrüche, verstärkt durch Stickoxide aber diese Faktoren waren in der 2. Hälfte des 20.Jh ebenfalls großteils anthropogen (Stickstoffeintrag durch Haber-Bosch-Verfahren, Rapsanbau und Brandrodung als Methylbromidquelle). Eine natürliche Quelle um den massiven Ozonabbau in der Antarktis (Halbierung der O3 Konzentration in den 80ern) hat noch niemand gefunden während die Produktion und das Verbot von FCKW sehr gut mit der Ab- und Zunahme der Ozonschicht korrelliert. Ein besseres Modell hat zumindest noch keiner gefunden. Selbst Reagan und Thatcher, beide nicht als Linksphantasten bekannt haben damals das Verbot unterstützt. Heute sind Stickoxide und Methan allerdings bedeutendere O3-Killer als FCKW. Aber eben nur weil man das Hauptübel beseitigt hat.

Berthold

Nach meiner Erinnerung war das Waldsterben durch sauren Regen beschränkt auf Bereiche der Erde, wo von der Industrie Schwefel freigesetzt wurde. Das bezieht sich im wesentlichen auf die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas.

Warum erzeugen die FCKW ein Ozonloch in der Antarktis und nicht in der Arktis?
Wenn spezielle Höhenwinde temporär ein Ozonloch über der Arktis erzeugen, warum sollten sie das nicht auch in der Antarktis können?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Naja, die Temperatur, Wind- und Wolkensituation der Atmosphäre wird durch Land- und Wassermassen beeinflusst. Die Antarktis ist aufgrund der vom Zirkumpolarstrom umgebenen hochgelegenen vergletscherten Landmasse klimatisch nicht mit der Arktis vergleichbar, eher das Gegenteil. Dort ist der arktische Ozean fast durchgehend von Land umgeben. Für den Ozonabbau wichtige polare Stratosphärenwolken die an ihren Eiskristallen in großem Maßstab Cl-Radikale aus FCKW bilden entstehen nur bei extrem tiefen Temperaturen und die gibts vorwiegend über dem eisigen Hochland der Antarktis. Die marine Arktis ist dagegen wesentlich wärmer, dort fällt das Thermometer auch im tiefsten Winter nie auf antaktische Werte. Aus diesem Grund ist das antarktische Ozonloch wesentlich massiver als irgenwo sonst auf der Welt.
https://en.wikipedia.org/wiki/Polar_stratospheric_cloud

In der Arktis kommen dagegen sehr wohl eine Reihe natürlicher Faktoren hinzu, etwa Sonnenwind oder extrem kalte Winter wie 2011. Trotzdem bleibt die Ozonkonzentration durch die höheren Atmosphärentemperaturen hier immer wesentlich höher als in der Antarktis.
https://en.wikipedia.org/wiki/Ozone_hole#Arctic_ozone_%22mini-hole%22

Natürlich gibt es nicht-menschengemachte Ereignisse die die Ozonschicht auch komplett zerstören können, etwa starke Sonneneruptionen, nahe Supernovae oder Supervulkanausbrüche aber in den 90er gab es kein auch nur annähernd starkes Ereignis welches die rapide aber nicht schlagartige Abnahme von O3 in der Antarktis erkläen könnte. Wie gesagt, hier sind FCKW und deren Verbot bei Weitem die plausibelste Hypothese. Historische Daten wären extrem interessant, sicher hat es die Ozonschicht immer wieder mal komplett zerlegt. Aber wie gesagt, schwierig.

Hier ein Nature-Artikel über troposphärische Ozonwerte der letzen 100.000 Jahre errechnet aus Eisbohrkernen. Aber auch sehr spekulativ.
https://www.rochester.edu/newscenter/ancient-ozone-levels-give-researchers-glimpse-future-effects-climate-change/

Heiliger Hein

Da ist nichts mehr spekulativ. Der Wiki-Eintrag beschreibt es oberflächig schon sehr gut. Es hat definitiv anthropogene Gründe und hier sind die FCKW ganz weit vorne. Die natürliche Halogenquelle mit nennenswerter Menge ist CH3Cl, dessen Lebensdauer in der Troposphäre aber so kurz ist, dass kaum noch was in der Stratosphäre ankommt. Bleibt nur noch N2O, dessen Konzentration aber auch nicht ausreicht. Die FCKWs katalysieren den Ozonabbau und etwa 10000 O3 Moleküle werden durch ein Chlor zerstört. Es gab auch schon einen Nobelpreis dafür. Ich halte die Maßnahmen für das FCKW-Verbot für eines der ganz großen politischen Leistungen. Der Unterschied zwischen Arktis und Antarktis liegt in der Tiefe und Dauer der Temperaturen. So können sich über der Antarktis deutlich länger Eiskristalle in der Stratosphäre bilden an denen dann die Chemie stattfinden kann. Aufgrund der zirkulierenden Winde gibt es auch keinen Stoffaustausch. Wenn diese für die Arktis untypischen Winde jetzt auch dort verstärkt aufgetreten sind, erklärt dies das Ozonloch.
Liebe Grüße

Oli 
Liebe Grüße

Oli

Berthold

Zitat von: Heiliger Hein am 29.Mär.20 um 00:01 Uhr
Der Unterschied zwischen Arktis und Antarktis liegt in der Tiefe und Dauer der Temperaturen. So können sich über der Antarktis deutlich länger Eiskristalle in der Stratosphäre bilden an denen dann die Chemie stattfinden kann. Aufgrund der zirkulierenden Winde gibt es auch keinen Stoffaustausch. Wenn diese für die Arktis untypischen Winde jetzt auch dort verstärkt aufgetreten sind, erklärt dies das Ozonloch.
Liebe Grüße

Oli
Oli, Du sagst, wegen der zirkulierenden Winde gibt es keinen Stoffaustausch und die Chemie hat in der Antarktis mehr Zeit Ozon zu spalten.
Jetzt scheint es in der Arktis ebenfalls diese zirkulierenden Winde zu geben. Aber die Menschen stoßen doch keine FCKWs mehr aus. Welche Chemie zerstört denn dann das Ozonloch über der Arktis?

Oder habe ich Dich falsch verstanden?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Heiliger Hein

Lieber Berthold,
es dauert etwa 20 Jahre bis freigesetzten FCKW die Troposphäre und vor allem die Tropopause durchwandern und in der Stratosphäre die Ozonschicht zerstören. Dies liegt am Temperaturprofil. In der Stratosphäre steigt die Temperatur mit der Höhe an, wodurch die Durchmischung erschwert ist. D.h. auch ohne Neuemission, die wir aber scheinbar in einer Fabrik in China haben, ist immer noch FCKW auf dem Weg zur Ozonschicht.
Liebe Grüße

Oli