Symbiotische Aussaat

Begonnen von Berthold, 13.Sep.08 um 12:57 Uhr

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Berthold

Zitat von: Eveline am 25.Jan.12 um 19:57 Uhr
Wie bringst Du denn die Sämlinge aus dem Kolben heraus? Stellst Du den Kolben auf den Kopf oder verwendest Du Schlüssellochchirúrgiebesteck?

mit einer langen Pinzette
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Claus am 28.Apr.14 um 09:54 Uhr
Fazit: Bei zu dichter Aussaat auf Pilz ist dieser offenbar überfordert und lässt gar nichts keimen.
Genau diese Feststellung habe ich auch gemacht mit Orchis laxiflora, Orchis morio und Dactylorhiza insularis.

Es bildet sich auf dem Medium eine Rasen mit dichten Rhizoiden, dann kommt die Entwicklung zum Stillstand. Es entwickeln sich also keine erkennbaren Protokorme.

Legt man einzelne kleine "Rasenstücke" auf neuen Pilz, geht die Entwicklung normal weiter.
Ein Nachfüttern des Rasens mit Haferflocken reaktiviert die Protokormentwicklung auch in gewissem Masse.

Bei zu dichter Aussaat kann also der Pilz nicht genügend Nährstoffe für die Entwicklung der einzelnen Samen heran schaffen. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Claus am 16.Jun.09 um 14:45 Uhr
Hallo Erwin,

obwohl ich inzwischen Hunderte von Gläsern mit Pilzkulturen hinter mir habe, kann ich dir deine Fragen so nicht beantworten.

Ich antworte mal mit ein paar mehr oder minder provozierenden oder auch trivialen Aussagen:

1. Weniger Pflanzen auf derselben Haferagarmenge werden größer als viele.
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6. Während ab ca. 5 g/l Hafer der Pilz zu parasitieren beginnt, tut er das beim Nachfüttern mit Hafermehl trotz der dann viel höheren örtlichen Konzentration überhaupt nicht.
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12. Oft stibt ein großer Teil des Sämlingskörpers nach dem Umlegen ab. Aber aus diesem absterbenden Protokorm kommt ein neues Protokorm heraus, das offensichtlich den Großteil des Nährstoffgehalts des alten Sämlings übernimmt. Manchmal vervielfältigt sich das Protokorm dort auch.

So etwa 2,5 bis 3g/l gemörserte Haferflocken ist die optimale Konzentration im Agar für die Keimpilze B1 und A36.

Ca. 6 bis 8 Wochen nach der Infizierung des Nährbodens nimmt die Förderung der Orchideenprotokorme merklich ab.
Durch das Nachfüttern des Pilzes kann man den Förderungszeitraum deutlich verlängern.

Bisher hatte ich zum Nachfüttern einzelne nicht germörserten Haferflocken auf den Nährboden zwischen die Protokorme gestreut. Die Ergebnisse sind voll zufriedenstellend, wenn man die Haferflocken sterilisiert hat und einigermassen steril arbeitet.

Kürzlich hatte ich nicht mit Haferflocken sondern mit fein verstäubtem Weizenmehr nachgefüttert. Wenigen Tagen später sind alle Protokorme (Orchis morio) auf dem Nährboden abgestorben.
Vielleicht werden die Pilze durch den feinen Mehlstaub zu gut ernährt, werde dadurch aggressiv und töten die Protokorme ab.
Ein ähnliches Problem tritt auf, wenn man die Anfangskonzentration im Haferflockenagar auf mehr als 5g/l Haferflocken steigert. Dann keimt praktisch nichts mehr.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Ich habe in den letzten erfgreichen symbiotischen Aussaaten keine Notwendigkeit für Nachfüttern gehabt.
Aussaat erfolgte stets auf 3g/l Haferagar, Umlage dann nach 4 Wochen auf 3g Hafer + 2g Zucker + 100mg Kaliumdihydrogenphosphat pro L.
In einer Flasche waren jeweils 8 Sämlinge auf 120ml Medium nach dem Umlegen ausgebracht.
Nach weiteren 8 Wochen wurden die Protokorme ins Obibeet gesetzt, in ein Substrat aus Holzspäne und Cocosfaser, wo sie auch überwintert haben.
VOR dem Austrieb wurde die Abdeckung entfernt , sodass die Blätter nie 100%iger Luftfeuchte ausgesetzt wurden. Die Pflanzen wuchsen rasch und normal. Bewässern sollte man im optimalen Fall von unten ( Docht oder Wettex).
Bei Platanthera bifolia und Dactylorhiza hat das super geklappt.

Berthold

Ja, Erwin, das ist sicherlich eine gute Methode.
Ich habe versucht, Arbeit zu sparen. Das klappt teilweise und wäre für den gewerblichen Betrieb der Aufzucht nicht gut genug geeignet.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Ich fürchte für kommerzielle Zwecke ist die symbiotische Methode generell nicht so gut geeignet und wenn, dann nur für Ausnahmefälle. Der Output pro Flasche ist einfach zu gering und die Pilze sind zu launisch.
Auf Amateurlevel sieht das schon anders aus, allerdings eben nur soweit, als auch passende Symbionten vorhanden sind.

Berthold

Zitat von: winwen am 09.Dez.15 um 12:47 Uhr
Ich fürchte für kommerzielle Zwecke ist die symbiotische Methode generell nicht so gut geeignet und wenn, dann nur für Ausnahmefälle. Der Output pro Flasche ist einfach zu gering und die Pilze sind zu launisch.

Ja, sehe ich ähnlich.
Erstaunlich ist jedoch, dass Beyrle angeblich nur symbiotisch vermehrt, vor allem auch Ophrys.
Uns ist es bisher nie gelungen einen geeigneten Keimpilz für Ophrys aufzutreiben.

Ein Isolierungsversuch des Pilzes aus den Wurzeln von hier im Topf gekeimten Sämlingen ist auch gescheitert.
Vielleicht ist es ein Pilz, der garnicht auf Haferflocken-Agar leben kann.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Ich habe das Substrat für die Umlegung der Sämlinge jetzt nicht mit 2,5g/l Haferflocken, sondern mit 3g/l Haferflocken und 3g/l Weizenmehl angesetzt. Die Pilze (hier A36) haben also mehr als da doppelte an Nährstoffen zur Verfügung.
Bei der Aussaat funktioniert das nicht, da die Pilze dadurch zu aggressiv werden und die Protokorme vernichten.
Für die Umlegung kann es vielleicht klappen. Die Pilze können dann die Sämlinge viel länger versorgen.
Bei 2,5g/l Haferflocken fällt die Sämlingsversorgung nach ca. 6 bis 8 Wochen rapide ab und die Sämlinge entwickeln sich nicht mehr weiter.

Hat schon jemand die höhere Nährstoffkonzentration für die Umlegung getestet?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

in der Form hab ich es noch nicht ausprobiert. Aber der Zusatz von etws zerkleinerten Birken- oder Haselblättern hat die Sämlinge bei mir gut gefördert. Wenn das Wachstum stockt füttere ich regelmmäßig sterilisierte Haferflocken nach.
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 13.Okt.16 um 22:36 Uhr
Wenn das Wachstum stockt, füttere ich regelmmäßig sterilisierte Haferflocken nach.
Ja, das ist sicherlich die einfachste Methode. Wenn man die Sämlinge aber vereinzeln will, bietet sich das Umlegen in ein neues Glas an.
Ich habe manchmal mit nicht sterilisierten Haferflocken nachgefüttert. Das geht oft schief.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Zitat von: Berthold am 13.Okt.16 um 22:13 Uhr
Hat schon jemand die höhere Nährstoffkonzentration für die Umlegung getestet?
Ja, Berthold.

Bei mir waren es zusätzlich zu den obligaten 3g Haferflocken 2g Zucker (alternativ auch 2g "Stärke löslich") UND 100mg Kaliumdihydrogenphosphat. Ich muss hinzufügen, dass ich Leitungswasser verwendet (30-40mg Ca + 5-10mg Mg) und mindetstens 15ml Medium pro umgelegten Sämling kalkuliert habe (Platanthera bifolia und Dactylorhiza maculata).
Nach 6 Wochen waren die Protokorme von 2-3mm auf 9-12mm Länge angewachsen und hatten jeweils eine 8-10mm lange Triebspitze.

Ich habe sie danach noch 2 Wochen unter Licht gestellt und sie bereits ins Obi-Beet auspikiert an geschützter Stelle draußen überwintert.
Das funktionierte hervorragend. Seltsamer Weise erschien mir der Stärkezusatz sogar besser zu wirken als der Zucker. Mit der Stärke ging es schneller. In beiden Fällen wurde der Pilz nicht aggressiv.

Ich gehe davon aus, dass v.a. Stickstoff einen Pilz dazu bringt, sich aggressiv zu verhalten. Kohlehydrate allein vermögen das nicht. Im gegebenen Fall enthalten 3g Hafer bereits 40-50mg N (lt. Bundeslebensmittelschlüssel). Das ist v.a. symbiotisch schon eine ganze Menge.

Uhu

Zitat von: Berthold am 13.Okt.16 um 23:51 Uhr
Ja, das ist sicherlich die einfachste Methode. Wenn man die Sämlinge aber vereinzeln will, bietet sich das Umlegen in ein neues Glas an.

IM Aussaatglas lasse ich die Sämlinge natürlcih nicht. Ich lege die Sämlinge 1x auf frische Böden um. Dabei kommen 5-6 in ein Marmeladenglas. Ich pikiere relativ früh. Dieses Jahr hab ich die ersten morios 12 Wochen nach Aussaat in Substrat gesetzt.

Mehl, Stärke und Zucker klingt interessant. Ich habe Probleme mit den schwächeren Sämlingen. Von denen möchte ich ebenfalls möglichst viel hoch kriegen. Vielleich klappt das damit besser. Ich versuche aus den Aussaatgläsern möglichst viele von den Schwächeren groß kriegen. Dazu pikiere ich über Wochen auf frische Böden. Derzeit habe ich dabei bis 30% Ausfälle. Ich werd es mal ausprobieren.
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 14.Okt.16 um 21:47 Uhr
Ich habe Probleme mit den schwächeren Sämlingen. Von denen möchte ich ebenfalls möglichst viel hoch kriegen.
Mir geht es ganz ähnlich, aber vielleicht ist es falsch, auch die Schwächlinge hochzuziehen. Eigentlich sollte man brutal genetische Auslese durchführen.

Zum Glück müssen wir uns keine ethisch moralische Gedanken dabei machen. :classic
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

Ich mache zur Zeit viele, dieses Jahr ausschließlich, Standortnachzuchten für ex-situ Kulturen. Da soll die Ursprungsgenetik möglichst breit erhalten bleiben. Beispielsweis von morio gibt es nur noch 2 Standorte im Landkreis. Einen davon haben Wildschweine vor ein paar Jahren beinahe vernichtet.

Die Sämlinge aus den Aussaatgläsern pikiere ich über Wochen auf frische Nährböden um, bis nichts mehr keimt. Ich versuche zwar möglichst viele auf neue Böden zu kriegen, habe dabei jedoch bis 30% Verluste. Die Schwachen werden in der Regel vom Pilz gefressen. Trotzdem habe ich dieses 250 kräftige morio-Sämlinge hoch gezogen. Ich werde mal ausprobieren, ob ich mit Stärkezusatz von den Schwächeren doch mehr in den Topf kriege.
Grüße Jürgen

Berthold

Nach der Umlegung der Sämlinge auf A36-Boden mit doppelter Nährstoffkonzentration:

Die Hyphen des Pilzes werden erheblich länger wie zu erwarten.
Manchmal schleicht sich auch eine hübsche rosa Infektion beim Umlegen ein.

Insgesamt habe ich festgestellt, dass der Pilz sehr inhomogen ist.
Schon bei der Erstaussaat unterscheiden sich die Gläser bei der Keimförderung erheblich. Leider kann ich nicht beurteilen, ob diese unterschiedliche Förderung durch genetisch leicht unterschiedliche Individuen des A36-Pilzes verursacht wird oder durch eine Mischung unterschiedlicher Pilzarten.
Es hängt vermutlich etwas von Zufall ab, welche der Pilzarten sich in einem bestimmten Glas durchsetzt und womit sich dadurch die Förderung der Orchideensamen auch zufällig unterscheidet. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)