Orchideenkultur

Fachbereich => Orchideenvermehrung und Kultur => Aussaat, symbiotisch => Thema gestartet von: winwen am 16.Mai.11 um 11:11 Uhr

Titel: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: winwen am 16.Mai.11 um 11:11 Uhr
Sagt mal, so ein Glücksfund von einem offenbar gut funktionierenden Habitat würde doch geradezu dazu einladen ein In-situ-Seedbaiting-Experiment zu starten, um den Symbiosepartner der Himantoglossums einzufangen.
Findet ihr nicht?
Alexa, wäre sowas aus Deiner Sicht dort durchführbar?
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 16.Mai.11 um 12:28 Uhr
Zitat von: winwen am 16.Mai.11 um 11:11 Uhr
Sagt mal, so ein Glücksfund von einem offenbar gut funktionierenden Habitat würde doch geradezu dazu einladen ein In-situ-Seedbaiting-Experiment zu starten, um den Symbiosepartner der Himantoglossums einzufangen.
Findet ihr nicht?
Alexa, wäre sowas aus Deiner Sicht dort durchführbar?


Zumal uns für Himantoglossum ohnehin bisher kein geeigneter Pilz bekannt ist.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Phil am 16.Mai.11 um 12:30 Uhr
Ich verstehe im Groben was ihr meint, aber wie genau soll die Durchführung ablaufen? Erst bei genauerer Detailkenntnis ist es möglich abzuschätzen ob dies durchführbar ist.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 16.Mai.11 um 12:41 Uhr
Ich habe das Verfahren bisher bei Epipactis mehrfach erfolglos probiert. In einem Stück aus einem Nylon/Perlonstrumpf wird Himantoglossum-Samen eingebunden und am Ort vergraben. Nach ein paar Wochen/Monaten gräbt man ihn aus und untersucht ihn auf gekeimte Protokorme. Falls dies eintritt ist eine Pilzisolierung notwendig, die zwar nicht ganz einfach ist, aber auch Laien durchaus möglich.

Meine eigenen Versuche litten evtl. an zu tief eingegrabenem Säckchen. Die Pilze brauchen viel Sauerstoff und sind daher eher in Oberflächennähe zu finden.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Phil am 16.Mai.11 um 12:43 Uhr
Das klingt ja nicht so schwer. Wer hat Samen?
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Berthold am 16.Mai.11 um 12:43 Uhr
Zitat von: Phil am 16.Mai.11 um 12:30 Uhr
Ich verstehe im Groben was ihr meint, aber wie genau soll die Durchführung ablaufen? Erst bei genauerer Detailkenntnis ist es möglich abzuschätzen ob dies durchführbar ist.

Man müsste einen oder mehrere möglichst kleine und junge Sämlinge mit etwas Substrat an den Wurzeln ausgraben.

In diesem Substrat steckt mit grosser Wahrscheinlichkeit neben 10 weiteren Pilzen der echte Keimpilz.

Diese Pilzmischung muss man in eine aufwendigen Fraktionierungs- und Selektionsprozess aufsplitten, dann alle separierten Pilze einzeln und in verschiedenen Kombination testen, ob sie Himatoglossum-Samen keimen können
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 16.Mai.11 um 12:48 Uhr
Aus dem Substrat wird man ihn nicht isolieren können, jedenfalls wir nicht. Die Fülle der möglichen Pilze übersteigt auch unsere Fähigkeiten. Dann aus einem Stück Wurzel, das wäre allerdings nicht legal.

Der Trick des Saatbaitings ist doch gerade, dass der richtige Pilz die richtigen Samen zum Keimen bringt, und dann hat man ihn im Protokorm. Dennoch folgt dann ein aufwendiger Reinigungsprozess.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Charlemann am 16.Mai.11 um 18:19 Uhr
Auch wenn man vor Ort versucht ein Stückchen Wurzel abzuknabbern und die Pflanze so wenig zu schädigen wie möglich?
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Berthold am 16.Mai.11 um 19:03 Uhr
Zitat von: Charlemann am 16.Mai.11 um 18:19 Uhr
Auch wenn man vor Ort versucht ein Stückchen Wurzel abzuknabbern und die Pflanze so wenig zu schädigen wie möglich?

Da musst Du aber eine ganz junge Pflanze erwischen, die noch nicht aus der Erde schaut, sonst ist der Keimpilz vielleicht schon wieder verschwunden, weil durch andere Pilze verdrängt.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Charlemann am 16.Mai.11 um 19:12 Uhr
Wahrscheinlich schon Berthold.
Jedoch an diesem Standort scheint etwas anders zu sein, da die Pflanzen dicht an dicht stehen. Wäre zumindest mal ein Versuch wert.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: winwen am 16.Mai.11 um 23:40 Uhr
Ich hätte da etwas besseres als Nylonstrümpfe anzubieten: Habe vor kurzem Nylon-Filtermesh mit 0.14mm Lochgröße gekauft. Das wirkt relativ stabil. Es wird zur Herstellung von u.a. Teebeutel verwendet und sollte sich ob der Lochgröße auch gut für unseren Zweck eignen.
Den Pilz einzufangen ist ein vielschichtiges Unterfangen: Die Jahreszeit zur Ernte sollte auch passen - Pilzaktivität ist im Herbst und Frühjahr besonders hoch. Die Samen (Claus hat es schon beschrieben) müssen eher hoch deponiert werden (schätze mal so etwa 2-6 cm tief). Vor allem aber muss man die vergrabenen Samen wieder finden nach 12-18 Monaten.
Danach folgt dann der Isolationsprozess. Soweit ich das verstanden habe, was mir ein Ex aus Kew geschrieben hat, machen die das dort mit iterativ fortgesetztem "windowing". Dabei plaziert man zunächst das Präparat auf magerem (Hafer-)Agar, welches von einer weiteren Portion magerem (Hafer-)Agar durch eine agarfreie "Barriere" getrennt ist, die vom Pilz kriechend überwunden werden muss. Danach infiziert man mit dem "bekrochenem" Agar weiter etc. Dazwischen macht man mit den jeweils neuen Isolaten immer wieder Keimungstests um zu sehen, ob der gesuchte Pilz noch dabei ist. Dass der Agar nicht fett sein sollte liegt daran, dass ein Mehr Nährstoffen eher den Kontaminationen zugute kommt, als den an sich  sehr bescheidenen Mykorrhizapilzen.
Oftmals isoliert man nicht bis zum einzelnen Pilz, sondern belässt es einfach bei einem gut funktionierenden Pilzgemisch. Oder -wie mir mein Informant erzählte: "Alleine um Joghurt zu machen braucht man schon zumindest 5 verschiedene Pilz-/Bakterienarten". Mit Orchideen scheint es nicht wesentlich anders zu sein. Offenbar muss manchmal einiges zusammenwirken.
Also: Sollte sich jemand finden, der dort was machen will, ich teile gern mein Nylon-Meshgewebe mit ihm (oder ihr). Bitte um PM diesbezüglich!
Ach ja, noch was: Warum sollte man als Samen dafür nicht gleich den an Ort und Stelle produzierten einsetzen?
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: knorbs am 23.Mai.11 um 10:52 Uhr
Zitat von: winwenDass der Agar nicht fett sein sollte liegt daran, dass ein Mehr Nährstoffen eher den Kontaminationen zugute kommt, als den an sich  sehr bescheidenen Mykorrhizapilzen.

ich habe ein verständnisproblem...wenn in dem vergrabenen samensäckchen keimungen stattfanden + unterstellt, die keimung wäre durch einen (oder mehrere) mykorrhizapilz(e) verursacht worden, dann kann doch eine weiterkultur auf was für einem medium auch immer nie funktionieren, da mykorrhizapilze als obligat biotrophe pilze zwingend auf eine symbiose mit einer photosynthese betreibenden pflanze angewiesen sind, denn nur so ist der stoffaustausch zucker gegen phospat, wasser (+ den einen oder anderen nützlichen nährstoff) gegeben. kappt man die mykorrhizahyphen von seinem symbiosepartner geht der entnommene rest des mykorrhizamyzels unweigerlich ein oder fällt in ein sporenstadium. die orchidprotokorme sind jedenfalls nicht der symbiosepartner des mykorrhizapilzes, das sie noch keine photosynthese betreiben können + dem pilz auch nichts "anbieten" können. diese beziehung ist doch - zumindest in dieser entwicklungsphase - eine rein parasitäre (protokorm auf pilzwirt). deshalb ist eine invitrokultur von mykorrhizapilzen ohne verbindung zu einer ammenpflanze nicht möglich.

was ich sagen will...bei einer erfolgreichen weiterkultur von pilzen aus dem samensäckchen auf haferagar (oder anderem toten organischen substanzen), kann es sich dann lpogischerweise nur um saprophytische pilze handeln. das schließt natürlich nicht aus, dass der "echte" keimpilz tatsächlich ein saprophyt sein könnte, aber die vorstellung, so einen mykorrhizapilz "einzufangen" kann m.e. nicht klappen.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Charlemann am 23.Mai.11 um 11:00 Uhr
Doch, doch, kann schon, dder Aufwand wäre extrem aber machbar.
Das Thema mit der Symbiose Wirtspflanze - Mykorrhizapilz - Orchidee ist wahrscheinlich. Aber auch dieses Szenario wird man unter künstlichen Bedingungen herstellen können.
Saprophyten gehen sowieso. Diese Pilze ernähren sich von abgestorbenen Pflanzenresten. Unser B1 wird aller wahrscheinlichkeit nach ein solcher Pilz sein.

Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: knorbs am 23.Mai.11 um 11:14 Uhr
michael, ich habe über die invitrokultur von mykorrhizapilzen schon mal gelesen. so wirklich verstanden hatte ich den kulturaufbau allerdings nicht. es ist wohl so (meine laienhafte vorstellung), dass sich in einem kulturgefäß eine lebende pflanze befindet, die mykorrhizapilze in den wurzeln enthält. daneben gibt es eine verbindung zu einem weiteren gefäß, in dem die "nahrung" des mykorrhizapilzes enthalten ist. über eine membran entwickelt der myikororhizapilz seine hyphen in dieses sterile gefäß + dann "hat man ihn", aber es muss eben die verbindung zur lebenden pflanze im anderen kulturgefäß erhalten bleiben! eine alleinkultur auf einem "toten" medium klappt nicht + wenn es klappt, ist es eben eindeutig ein saprophytischer pilz.

hier auf die schnelle aus einer wissenschaftl. arbeit (http://ub-ed.ub.uni-greifswald.de/opus/volltexte/2009/618/) aus der zusammenfassung:

"Dieser ,,in vivo" G. intraradices-Stamm konnte erfolgreich in eine monoxenische (in vitro) Kultur überführt werden. Die vereinzelten und sterilisierten AMykor–G. intraradices Sporen wurden zusammen mit sterilen, mit Hilfe von Agrobacterium rhizogenes transfizierten, Karottenwurzeln (Daucus carrota L. Belgien) auf Nährmedium kultiviert."

also es klappt wohl auch mit lebenden + sterilen wurzeln von pflanzen. wir reden hier aber nicht über einen robusten glomus intraradices stamm, sondern es wird überlegt aus einem unbekannten pilzgemisch aus der natur im worst case einen einzigen pilz zu isolieren, der in der lage ist eine oder mehrere orchideenarten zu keimen + sie soweit zu befördern, dass sie sich zu pikierfähigen sämlingen für die exvitro kultur entwickeln. für die methode "haferagar"-falle kann sich das eben nur auf saprophytische pilze beschränken. den mykorrhizaanteil erfasse ich dadurch nicht.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Charlemann am 23.Mai.11 um 11:25 Uhr
Stimmt Norbert,
ich sagte ja, nicht einfach aber machbar.
Und so steril braucht das bei der symbiotischen Aussaat später gar nicht zu sein. Ich habe auch schon symbiotische Gläser aufgemacht (einfach so in der Küche, unsteril), Pflanzen entnommen und wieder verschlossen, ohne das damit Fremdverkeimungen aufgetreten sind. Wenn der Mykorrhizapilz einmal das ganze Glas belegt hat wird es schwierig für andere Pilze.
ich stelle mit das so vor, ein sehr großes Glas in dem man normale Erde sterilisiert und Samen von einer Wirtspflanze ausbringt. Das sollte unter sterilen Bedingungen geschehen. Auch die Samen der "Wirtspflanze" sollten steril sein. Das dürfte aber kein Problem darstellen.
Jetzt heißt es warten. Irgendwann keimt nun die Wirtspflanze. Jetzt wird die sterile Erde mit dem Pilz infiziert z.B. aus einer Orchideenwurzel. das lässt man nun wieder weiter wachsen. Wartet zwei bis drei Wochen und gibt nun desinfizierten Orchideensamen dazu, jetzt sollte etwas keimen.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Alexa am 23.Mai.11 um 12:24 Uhr
Zitat von: winwen am 16.Mai.11 um 11:11 Uhr
Sagt mal, so ein Glücksfund von einem offenbar gut funktionierenden Habitat würde doch geradezu dazu einladen ein In-situ-Seedbaiting-Experiment zu starten, um den Symbiosepartner der Himantoglossums einzufangen.
Findet ihr nicht?
Alexa, wäre sowas aus Deiner Sicht dort durchführbar?


Im Prinzip schon.
Könnte mal nen Strumpf einbuddeln. Samen sind hier ja genug  :-D
Problem wird nur, dass ich nicht mehr lange hier vor Ort sein werde, kann also nicht regelmäßig danach schauen. Aber einmal alle drei Monate werde ich noch hier sein.
Könnt ihr mir dann nochmal genau erklären, was ich beachten muss?
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 23.Mai.11 um 17:08 Uhr
Die Diskussion von Norbert geht am Thema vorbei; denn wir reden hier nicht von Dreier-Beziehungen sondern von Zweier-Beziehungen. Von Himantoglossum ist nicht bekannt, dass sie analog zu Cephhalanthera rubra einen zugehörigen Baum benötigen, das ist letztlich natürlich aber auch nicht ausgeschlossen.

Bisher gehen wir aber davon aus, dass der Keimpilz am Ort der Himantoglossum ein Saprophyt ist wie auch der B1. Und der ließe sich durchaus auf Haferagar einfangen. Sollten die vor Ort befindlichen Hainbuchen eine Rolle spielen, hätten wir natürlich keine Erfolgsaussichten.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: knorbs am 23.Mai.11 um 17:27 Uhr
claus...diese einschränkung, dass es hier um die suche eines saprophytischen pilzes geht, erschloss sich mir aus dem startposting + dem weiteren diskussionsverlauf nicht. aus dem satz in winwens posting "Dass der Agar nicht fett sein sollte liegt daran, dass ein Mehr Nährstoffen eher den Kontaminationen zugute kommt, als den an sich sehr bescheidenen Mykorrhizapilzen." meinte ich herauszulesen, dass es ihm auch um das "einfangen" von mykorrhizapilzen ging. dass das mit "haferagar" nicht klappen kann, räumst du ja auch ein.

ich habe den eindruck, dass dieses besonderheit der mykorrhizapilze, obligat biotroph zu sein + es sehr schwierig + aufwändig wäre, diese invitro zu kultivieren, noch nicht recht verinnerlicht ist. darauf wollte ich mit meinem posting hinweisen. warum geht dieser hinweis am thema vorbei?  :ka


Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Charlemann am 23.Mai.11 um 17:34 Uhr
Naja, am Thema geht es nicht ganz vorbei, jedoch nimmst Du uns damit den Mut mal ein paar Versuche zu starten. grins

Wir hoffen das es sich bei dem Mykorrhizapilz um einen Saprophyt handelt, das wäre für uns erheblich leichter und würde eine ähnliche wenn nicht sogar selbe Kultur wie der B1 beinhalten.
Ein Saprophyt wird ja nur auf totes Material oder Haferagar gegeben und gut ist. Ein obligat biotropher Mykorrhizapilz würde uns es ziemlich schwer machen.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 23.Mai.11 um 17:42 Uhr
Zu den Mykorrhizapilzen gehören ja auch die als Endomykorrhiza bezeichneten Pilze wie z.B. der B1. http://de.wikipedia.org/wiki/Mykorrhiza Und nur danach suchen wir. Alles andere können wir gar nicht durchführen, sonst wären ja solche Vermehrungen wie z.B. Limodorum schon längst gemacht worden. Bei Herrn Bongers und mir schlummern aber asymbiotisch gekeimte Limodorum-Protokorme und warten seit einigen Jahren auf den passenden Pilz und die zugehörige Flaumeiche.

Erwin meinte, dass der Agar mager sein müsse, damit Konkurrenten, und das sind insbesondere Schimmelpilze, weniger gefördert werden. Die laufen sonst auf der Agaroberfläche schneller als der Nutzpilz, und dann kann man sie nicht trennen. Und nur bei einem Glücksfall schafft man es, auf Anhieb nur den Nutzpilz zu fassen. 
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Berthold am 23.Mai.11 um 18:55 Uhr
Zitat von: Claus am 23.Mai.11 um 17:42 Uhr
Erwin meinte, dass der Agar mager sein müsse, damit Konkurrenten, und das sind insbesondere Schimmelpilze, weniger gefördert werden.

Das scheint mir auch für Pilze zu gelten, die Ophrys-Samen keimen können.
In meinen Töpfen, in denen Ophrys neben der Mutterpflanze keimen, sind optisch kaum humose Bestandteile im Substrat zu erkennen.

Norbert, ich denke der Begriff "Mykorrhizapilz" bezieht sich nicht ausschliesslich auf Pilze, die auf der Aussenhaut der Wirtspflanzen existieren (Ektomykorrihza), sondern auch auf Pilze, die in die Pflanzen eindringen (Endomykorrhiza) wie das z. B. unser B1-Pilz macht.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 23.Mai.11 um 19:12 Uhr
In dem Zusammenhang möchte ich mal fragen: Hat mal jemand A. longicornu auf B1 wachsen lassen, und wie war dann das Ergebnis? Ich habe sie auf A36 wachsen lassen, und es ist eine Pracht, wenn man die auspikierten Sämlinge sieht. Liegt das nun am A36 oder ist die Art so wüchsig?

Das war bisher meine einzige Aussaat auf dem A36, und ich bin auch noch nicht zu weiteren Versuchen gekommen bis auf eine Grün-Aussaat von A. papilionacea, die aber noch nicht keimt. Mit der tut sich auch der B1 etwas schwer.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Berthold am 23.Mai.11 um 19:23 Uhr
Zitat von: Claus am 23.Mai.11 um 19:12 Uhr
In dem Zusammenhang möchte ich mal fragen: Hat mal jemand A. longicornu auf B1 wachsen lassen, und wie war dann das Ergebnis?

Ich habe 2009 longicornu auf B1 ausgesät und es ging sehr gut. Vielleicht blüht im nächsten Jahr ein Sämling. Die 2011-Saison ist abgeschlossen.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Uhu am 23.Mai.11 um 19:44 Uhr
longicornu hat bei mir letztes Jahr auf B1 auch recht gut geklappt.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: knorbs am 23.Mai.11 um 22:34 Uhr
Zitat von: Berthold am 23.Mai.11 um 18:55 Uhr
Norbert, ich denke der Begriff "Mykorrhizapilz" bezieht sich nicht ausschliesslich auf Pilze, die auf der Aussenhaut der Wirtspflanzen existieren (Ektomykorrihza), sondern auch auf Pilze, die in die Pflanzen eindringen (Endomykorrhiza) wie das z. B. unser B1-Pilz macht.

wir reden aneinander vorbei + ich will die diskussion auch nicht weiter damit behelligen...ich habe nicht auf die unterschiedlichen formen der mykorrhiza abstellen wollen. mykorrhiza ist erstmal eine symbioseform zwischen pilz + pflanze (verallgemeinernd...bei gehölz "ekto", bei staude "endo"; von anderen sonder- und übergangsformen mal abgesehen). diese pilze sind obligat biotroph, keine saprophyten. mykorrhizapilze egal welche form, sezernieren keine enzyme wie es saprophyten tun, die cellulose oder lignin aufspalten müssen um ihren energiebedarf zu decken. sie beziehen ihren zucker ja über ihren pflanzenpartner. deswegen sehe ich es als nicht korrekt an, einen saprophytischen pilz als mykorrhizapilz zu bezeichnen, auch wenn es sicherlich viele saprophytische pilze gibt, die verschiedenste orchideen keimen können. in diesem frühen stadium hat das aber nichts mit mykorrhiza zu tun, es ist schlichter parasitismus. später, wenn die orchidee photosynthese betreibt, geht sie eine mykorrhizabeziehung ein. es gibt ja eine spezielle orchideenmykorrhiza. ich behaupte nur, dass es sich dabei nicht um den keimungspilz handeln muss (es kann so sein). orchideen wechseln bekanntermaßen ihre pilzpartner im laufe ihres lebens + sei es nur um einen standortnachteil auszugleichen (z.b. wg. beschattung durch gehölze). wenn ihr saprophytische pilze sucht ist das das eine + dann ist die methode, die winwen beschreibt mit dem haferagar richtig. ich wollte mit meinem einwand nur insofern widersprechen, dass auf diese art keine mykorrhizapilze "eingefangen" werden können, die gleichzeitig auch einen orchideesamen keimen können. jetzt mich verstanden? :-D :classic :blume
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Berthold am 23.Mai.11 um 22:52 Uhr
Zitat von: knorbs am 23.Mai.11 um 22:34 Uhr
jetzt mich verstanden? :-D :classic :blume

Norbert, ich habe Dich verstanden und gehe mit Deiner Erläuterung konform:yes
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Charlemann am 23.Mai.11 um 22:57 Uhr
Zitat von: knorbs am 23.Mai.11 um 22:34 Uhr
deswegen sehe ich es als nicht korrekt an, einen saprophytischen pilz als mykorrhizapilz zu bezeichnen, auch wenn es sicherlich viele saprophytische pilze gibt, die verschiedenste orchideen keimen können. in diesem frühen stadium hat das aber nichts mit mykorrhiza zu tun, es ist schlichter parasitismus.

Oha, Norbert. Jetzt muss man sich fragen wo fängt ein Mykorrhizapilz an und wo hört er auf.
Fakt ist, das verschiedene Orchideenarten (z.B. Anacamptis) durch einen saprophytisch lebendem Pilz (B1) zur Keimung gebracht und auch weiter gefördert werden. In Gläsern habe ich hier z.B. Orchis palustris (anacamptis palustris) Die Pflanzen wachsen sind jetzt bis zu 10cm hoch und werden immer noch durch den B1 gefördert. Ich nehme sogar an, das zum Zeitpunkt der Asymilierung (Blattgrün) durch die Orchidee auch der Pilz seinen Nutzen hat. Welche Assimilate nun dem Pilz zugeführt werden ist nicht ganz klar.
Ntürlich gibt es auch Orchideen die ihr ganzes Leben lang parasitär leben (z.B. Neottia nidus-avis, Epipogium aphyllum oder Limodorum abortivum), jedoch ist das eher die Ausnahme.
Aber ansonsten gebe ich Dir vollkommen recht.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: winwen am 24.Mai.11 um 06:06 Uhr
Hallo,
das Thema ist an sich sehr diffizil.
So, wie ich es sehe (oder verstanden habe) gibt es ja gar nicht "die Mykorrhizapilze" als solche, sondern nur Pilze, die mykorrhizale Beziehungen eingehen können oder müssen (weil sie anders nicht existieren können). Rasmussen schreibt dann immer "...mykorrhiza was formed". Was ich so lese, dass der Begriff weniger auf den Pilz als vielmehr auf die Beziehung abzielt.
Unsere (als solche bezeichneten) Orchideen-Mykorrhizapilze haben i.d.R. die Eigenschaft auch saprophytisch leben zu können, ebenso jedoch mit Orchideen mykorrhizale Beziehungen eingehen zu können. Ein Beispiel für einen Speisepilz, der ebenso tut, ist die Morchel. Die kann auch mykorrhizal oder saprophytisch leben.
Die Frage, was denn die Orchideen-Mykorrhizapilze davon haben, ist wahrscheinlich noch schwieriger zu beantworten, denn wenn ich Rasmussen da richtig verstanden habe, gibt es bis dato keinen Beweis für die Translokation von Mineralstoffen, ja nichteinmal von Kohlenstoff von der Wirts-Pflanze zum Pilz. Deshalb geht da die Vermutung in Richtung Vitamine, Hormone und anderer komplexer Stoffe, die vom Pilz nicht synthetisiert werden können. Was C anlangt, so können sich den wohl die allermeisten Pilze aus Abbau von Detritus (Zellulose) selbst beschaffen - zumindest diejenigen, die eben auch als Saprophyten lebensfähig sind. Von Orchideenmykorrhiza spricht man also im Zusammenhang mit einer solchen Beziehung zwischen einem Pilz und einer Orchidee. Hier im Forum wird der Begriff häufig synonym für den Pilz alleine verwendet.

Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: winwen am 24.Mai.11 um 10:02 Uhr
@Alexa:
Ersteinmal Glückwunsch zur Hochzeit (soferne ich das richtig gelesen habe)!
Zum Zweiten: In situ ist seedbaiting natürlich immer ein Problem und wird i.d.R. nur dann gemacht, wenn das Grundstück unter engmaschiger Kontrolle und Beobachtung ist. Hier jedoch will mir scheinen, dass das Grundstück eher recht klein geraten ist, was bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit den Pilz mit Bodenproben zu fangen recht groß ist. Insoferne würde sich ex-situ-Seedbaiting anbieten.

Das geht so, dass man an Stellen, wo besonders viele junge Pflanzen stehen bzw. im engeren Umkreis junger Pflanzen zu Zeiten hoher fungaler Aktivität (also Oktober oder April) eine Anzahl Bodenproben zieht (150-200ml nicht tiefer als 10cm). Jede einzelne dieser Proben wird dann gestreckt (1:1 bis 1:2) mit einer sterilisierten Mixtur aus mineralischem und organischem Material, wobei ich darauf achten würde, dass v.a. der N-Gehalt des Streckungsmaterials auf 30-50mg/l beschränkt bleibt.
Dieses Gemisch kommt dann -gut befeuchtet aber nicht nass!- in ein verschließbares Behältnis, auf die Oberfläche drauf Patches aus Filtermaterial und darauf dann die Samen (wobei für guten Kontakt der Samen mit den Patches und der Patches mit dem Boden zu sorgen ist). Anschließend dann Behältnis verschließen und warten. Bei Erfolg sollte das ganze so aussehen:
http://www.flickr.com/photos/33037463@N05/3655551486/in/set-72157613100351649/

Die daraus gewonnenen Protokorme und Sämlinge sind relativ sauber und werden dann unter sterilen Bedingungen auf Mager-Haferagar gebettet, wo sich der Symbiosepilz rascher entwickeln sollte als Kontaminationen. In Kew lässt man diesen Pilz in vitro über agarfreie Zonen hin zur nächsten "Agarinsel" kriechen. Von dort zieht man dann Proben einerseits zur weiteren iterierten Isolation, andererseits um mit Keimungsexperimenten zu beginnen (zur Bestätigung, dass der Symbiosepartner nicht "wegisoliert" worden ist) sowie um festzustellen, ob noch Kontaminationen vorhanden sind. Dabei kann auch ein funktionierendes Pilzgemisch herauskommen - nicht notwendiger Weise muss am Ende ein einzelner Pilz stehen (das ist eher sogar der Ausnahmefall gemäß meinen Infos von einem ehemaligen Staffmember beim Sainsbury Orchid Conservation Project).

Das wär's in aller Kürze. Alles klar?
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 24.Mai.11 um 10:50 Uhr
Der Begriff Orchideen-Mykorrhiza bezieht sich in der Literatur in allererster Linie auf die Endomykorrhiza, und das sind Holz zersetzende Pilze, die in der Natur von der Cellulose des Holzes leben. Nur in wenigen bekannten Fällen sind das offenbar Dreier-Beziehungen, wobei man diese Pilze aber meines Wissens gar nicht kennt.

B1 ist z.B. ein Pilz, der Orchideensamen keimen lässt und die Protokorme fördert. Diese Pilze werden in der Literatur auch als Orchideenmykorrhiza bezeichnet. Und einen solchen Pilz suchen wir für Himantoglossum und keinen, der auch auf die dort stehenden Hainbuchen angewiesen ist. Mit dem könnten wir mit unseren Methoden nichts anfangen.

Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Charlemann am 25.Mai.11 um 14:17 Uhr
Mal was anderes.

Ektomykorrhizapilze, wäre das hier mal einen Versuch wert?
Im Garten an Bäumen ausbringen und hoffen das daraus etwas wird.
Der Endomykorrhizapilzmix wäre für uns uninteressanter, da alle Endomykorrhizapilze im Ektomykorrhizapilzmix enhalten sind.

http://www.bonsai.de/shop/ektomykorrhiza-p-1366.htm

ich habe den Text mal heraus kopiert.

Zitat von: bonsai-ZentrumPilzsporen auf Torfsubstrat aufgebracht, zum leichten "Impfen" der Erde.

Als Mykorrhiza bezeichnet man eine Lebensgemeinschaft zwischen Pflanzen und Pilzen.
Das Myzel der beteiligten Pilze umschließt bei der sogenannten Ektomykorrhiza die Wurzelspitzen des Baumes und die Pilzfäden dringen in die äußere Rindenschicht der Wurzeln ein. Bei der Endomykorrhiza dringt der Pilz in die Wurzelzelle ein und ist für das bloße Auge nicht zu erkennen.
Hierdurch wird die resorbierende Oberfläche auf das Hundert- bis Tausendfache vergrößert, was die Leistungsfähigkeit in Bezug auf Wasser- und Nährstoffaufnahme deutlich steigert. Viele Untersuchungen belegen, dass mykorrhizierte Pflanzen Stresssituationen besser überstehen. So läßt sich die Trockenresistenz steigern und auch starke Fröste werden besser überstanden. Die Anfälligkeit für Krankheiten wird stark verringert. Außerdem sind durch Nährstoffmangel verursachte Schwächeerscheinungen nicht mehr zu erwarten.

Für die folgenden Bäume sind speziell Ektomykorrhiza wichtig:
Akazie
Birke (benötigt auch Endomykorrhiza)
Buche (benötigt auch Endomykorrhiza)
Douglasie
Edelkastanie
Eiche (benötigt auch Endomykorrhiza)
Esche (benötigt auch Endomykorrhiza)
Fichte
Hainbuche
Haselnuss
Hopfenbuche
Kiefer
Lärche
Linde (benötigt auch Endomykorrhiza)
Pappel (benötigt auch Endomykorrhiza)
Tanne
Ulme (benötigt auch Endomykorrhiza)
Walnuss
Weide (benötigt auch Endomykorrhiza)

Ektomykorrhiza enthält folgende Pilzstämme:
Amanita muscaria, Boletus edulis, Hebeloma crustuliniforme, Laccaria laccata, Paxillus involutus, Pisolithus tinctorius, Telephora terrestris, Xerocomus badius
sowie die Endomykorrhiza-Stämme:
Glomus etunicatum, Glomus intraradices, Glomus claroideum
(Enthält keine gentechisch veränderten Organismen.)

Endomykorrhiza-Einheiten (pro cm³ Substrat): 170
Ektomykorrhiza-Einheiten (pro cm³ Substrat): 95

Dosierung
20 bis 40 ml pro Liter Pflanzsubstrat.

pH-Wert: 6,7

Lagerung: 2 Jahre, kühl und trocken

Grundpreise
100 g: 50 EUR pro kg
1000 g: 38 EUR pro kg
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 25.Mai.11 um 15:03 Uhr
Tja, Versuch macht kluch! Aber keiner der genannten Pilze ist ja wohl dafür bekannt, dass er Erdorchideen keimt und fördert. Also, ich werde die Zeit dafür nicht aufwenden. Ich hätte so viele Ideen, die ich selbst gar nicht alle verfolgen kann. Zur Zeit drängt schon wieder das Auspikieren und Umlegen. Und meine pH-Elektrode hat ihren Geist aufgegeben, so dass ich keine Böden kochen kann.  O-) O-) O-)
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 19.Jun.11 um 13:20 Uhr
So, wie ging es nun weiter?

Alexa schickte ein Päckchen mit 5 Erdproben von verschiedenen Stellen, d.h. ca. 1,8 kg. Da die Zahl der Versuche meine Möglichkeiten übersteigen würde, habe ich die Erdproben gemischt und zuvor von Gras und weitgehend von Moos befreit. Der Boden selbst ist ein krümeliger Lehmboden. Dazu lagen dem Päckchen die Überreste von drei BT mit unten anhängenden Wurzeln bei. Die Wurzeln sind ja immer oberhalb der Knolle. Die Pflanzen selbst hatten bereits vollständig eingezogen.

Die Graswurzeln habe ich möglichst im Substrat als Pilzfutter gelassen. Damit der Pilz doch etwas zu tun hat, habe ich eine Handvoll Obi-Holzfaser sterilisiert und zugemischt. Sterilisiert habe ich die Faser, weil im Sack mit der Holzfaser Erscheinungen eines gelben Pilzes vorhanden waren, da wollte ich kein Risiko eingehen. Dann habe ich das Substrat mit je ca. 20% Perlite und Seramis verdünnt. Durch diese trockenen Zusätze war es erforderlich Wasser zuzugeben, das habe ich auch sterilisiert, weil es aus einer Trocknungsanlage aus dem Keller stammt, wo man sicher Schimmelpilze in der Luft hat.

Das Substrat wurde dann in 9 große Kirschgläser je zur Hälfte gefüllt.

Heute kommt die Aussaat dran. Ich habe Samen von Him. hircinum (viel), adriaticum (wenig) und caprinum rumelicum (ganz wenig). Die Samen werden nicht mit Hypochlorit gebleicht, weil die Brechung der Keimruhe bei Keimung mit einem Pilz nicht notwendig ist. Ich nehme 3% H2O2 und desinfiziere 10 Minuten, wasche mit sterilem Wasser nach und säe dann auf die Oberfläche aus. Die Gläser kommen in den Heizungskeller, der ist vollständig dunkel, aber durch die Warmwasserheizung temperiert.

Jetzt etwas zu den Wurzeln. Da die Pflanzen bereits eingezogen hatten sind die Wurzeln natürlich schon am Absterben. Sie sind schon etwas matschig. Ich habe gerade von einem noch festeren Stück mit dem Skalpell dünne Scheiben geschnitten und unter dem Mikroskop untersucht. Es scheint vereinzelt noch mit Pelotons gefüllte Zellen zu geben, wobei ich sagen muss, das ist eine Vermutung; denn objektiv habe ich das bislang nie gesehen.

Leider habe ich keinen Mikromanipulator, mit dem ich diese Zellen gezielt herausholen könnte.Ich versuche daher die chemische Methode, d.h. Oberflächensterilisation mit konzentriertem H2O2, ich werde aber auch mal NaOCl testen. Zur Aufarbeitung habe ich 40 Rundgläser mit 1 g/l Hafer vorbereitet. Eine große Chance zur Isolierung sehe ich bei dem Zustand der Wurzeln allerdings nicht. Denn dann vermehren sich die in anderen Zellen bereits vorhandenen Schimmelpilze besser.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 20.Jun.11 um 22:30 Uhr
Die Arbeit im Labor ist nun getan, nun muss die Natur arbeiten. Der Arbeitsvorgang war wie folgt:

2 der noch einigermaßen intakten Wurzelstücke wurden von dem eingezogenen Stängel abgeschnitten, gründlich mit Wasser gewaschen und einige Zeit im Wasser liegen gelassen. Dann wurden sie a) 5 min und b) 10 min in 0,25% NaOCl-Lösung gelegt und darin bewegt. Danach wurden sie ca. 5 min in sterilem Wasser bewegt, mit einem Skalpell in ca. 0,5 cm lange Stücke geschnitten und nochmals längs durchgeschnitten. Diese Stücke wurden mit den Schnittflächen nach unten auf Haferagar mit 1 g/l Hafer gelegt. Die Gläser wurden dunkel gestellt.

Dies ist der erste Teil, der davon ausgeht, dass NaOCl effektiver ist als H2O2 zur Abtötung von Bakterien und Oberflächenpilzen. Leider besteht die Gefahr, dass auch der Symbiosepilz damit zerstört wird. Ich habe damit bisher keine Erfahrung.

Der zweite Teil geht von der klassischen Methode mit H2O2 aus. 5 Wurzelstücke wurden wie oben gereinigt und dann folgender Prozedur unterzogen:

5 sek. in 30% H2O2 bewegen, 20 sek. in 20% H2O2 bewegen, dann in steriles Wasser legen. Das ist die übliche Methode.
10 sek. in 30% H2O2 bewegen, 20 sek. in 20% H2O2 bewegen, dann in steriles Wasser legen.
15 sek. in 30% H2O2 bewegen, 20 sek. in 20% H2O2 bewegen, dann in steriles Wasser legen.
20 sek. in 30% H2O2 bewegen, 30 sek. in 20% H2O2 bewegen, dann in steriles Wasser legen.

Die Wurzelstücke wurden dann in ca. 2 mm dicke Scheiben geschnitten und mit den Schnittflächen auf den Haferagar gelegt. Die Gläser wurden dunkel gestellt.

Warum habe ich wesentlich längere Zeit mit NaOCl bzw. H2O2 behandelt? Weil bei meinen früheren Versuchen i.w. Schimmelpilze überlebten und der Symbiosepilz davon nicht isolierbar war. Weil der Zustand der Wurzeln schlecht war und ich von bereits angelaufenen Infektionen ausgehen musste.

Ich bin etwas skeptisch über den Erfolg dieses Versuchs.

Wo könnte ich das Herauspuhlen der Pilz-Pelotons unter dem Mikroskop lernen?
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Charlemann am 20.Jun.11 um 22:54 Uhr
Zitat von: Claus am 20.Jun.11 um 22:30 Uhr
Wo könnte ich das Herauspuhlen der Pilz-Pelotons unter dem Mikroskop lernen?

http://www.fz-juelich.de/portal/DE/Home/home_node.html

Da sollte das möglich sein.
Vielleicht mal anfragen.
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 21.Jun.11 um 09:14 Uhr
Michael, die machen doch keinen Privatpfusch, da müsste schon eine dicke Freundschaft vorhanden sein. Eine Hand wäscht die andere.  :whistle
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 24.Jun.11 um 23:11 Uhr
Also, bisher zeigt sich kein Schimmel bzw. seine üblicherweise vorlaufenden Hyphen. Das wäre schon mal sehr positiv; denn schimmel lässt sich ganz schlecht abtrennen.

In einigen wenigen Gläsern zeigen sich Trübungen um die eingelegten Wurzelstücke herum, die für eine bakterielle Infektion sprechen. Bei der Desinfektion von 5 min mit 0,25% NaOCl habe ich aber möglicherweise etwas eingefangen. Die typischen Langhyphen des B1 sind das aber nicht, mich erinnert das eher an das wilde Pilzgemisch von Dieter, mit dem ich letztlich aber nichts anfangen konnte. Das hydrophobiert zunächst die Oberfläche des Haferagars, so dass sich flache Kontinente und Inseln bilden. Später hydrolysierte der "Pilz" den Agar, so dass sich alles verflüssigte.

Ich werde in den nächsten Tagen das Glas in der Sterilbank mal öffnen und die Sache von oben betrachten. Wenn es eine denkbare Infektion in Richtung Symbiosepilz sein sollte, werde ich davon etwas weiter vermehren. 
Titel: Re: Keimpilzgewinnung von Erdorchideen
Beitrag von: Claus am 12.Jul.11 um 14:58 Uhr
Nun hat sich die Sache einigermaßen "geklärt", ein großer Teil der Gläser hat dunkle Flecken im Agar, das ist ein Pilz, der sich dann später auch als Schimmel zeigt.

Dann gibt es einige Gläser, bei dem sich zunächst Lufthyphen zeigten, die haben jetzt dunkle Sporenköpfe gebildet, also auch eine Art Schimmel, nicht brauchbar.

Langhyphen zeigten sich überhaupt nicht.

Schließlich gibt es zwei Gläser, in denen die Oberfläche des Agars uneben geworden ist, sie ist wahrscheinlich etwas hydrophobiert, darauf stehen Wassertropfen. Ich würde auch den Inhalt dieser Gläser normalerweise wegwerfen, wenn sich der "Pilz" nicht genauso verhalten würde wie seinerzeit der von Dieter. Der funktionierte aber auf Agar auch gar nicht, Dieter entdeckte, dass er mit diesem Isolat Keimung auf vorgedüngter Toresafaser erreichte, sogar bei Anacamptis pyramidalis, falls ich mich noch recht erinnere. Ich habe damals versucht, den Pilz rein zu isolieren und stellte dabei fest, dass er aus mindestens 3 Komponenten bestand, davon war eine Komponente Schimmel. Auf vorgedüngtem Holzsubstrat wucherte er stark, hatte aber auch im Einzelfall gewisse Keimung geschafft. Ich habe das Pilzgemisch damals verworfen, weil ich wenig Chancen sah, damit etwas Besonderes zu erreichen.

Ich werde ihn diesmal etwas länger beobachten und auch verschiedene Keimversuche anstellen - falls er nicht nachträglich noch einen Schimmel entwickelt.

Die Gläser mit der Aussaat auf dem Standortboden im Keller sind unverändert, allerdings keimen Himantoglossum auch so schnell nicht.