Der optimale Standort

Begonnen von Felix, 05.Jan.15 um 20:10 Uhr

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Felix

Zitat von: Berthold am 05.Jan.15 um 19:27 Uhr
Es können ja nur kultivierte Pflanzen bewertet werden. Das hat mit Naturnähe absolut nichts zu tun.
In der Natur leben die Individuen an ihrer Existenzgrenze, aber bei der Kultur kann man ihr durch Selektion und beste Kulturbedingungen den optimalen Habitus ankultivieren und der macht Eindruck.

Eine Pflanze von Naturstandort würde bei einer Tischbewertung nie eine Medaille gewinnen können, denke ich. Oder gibt es eine Kategorie "Leben an der Existenzgrenze"?

Die Pflanzen in der Natur sehen ja oft so aus, als wenn man sie in der Pfeife rauchen könnte. Einmal im Jahr machen sie dann vielleicht eine einzige hübsche Blüte.

Das kannst Du so nicht verallgemeinern.

Eerika

Zitat von: Berthold am 05.Jan.15 um 19:27 Uhr
In der Natur leben die Individuen an ihrer Existenzgrenze,
In der Natur haben die Orchideen nicht die Existenzgrenze, sondern optimale Bedingungen.
Existenzgrenze haben sie sehr oft bei dir im Kalthaus  grins

Oder nennst du das Existenzgrenze? :rofl

https://www.flickr.com/photos/andreaskay/7119933275/in/set-72157629298402008

https://www.flickr.com/photos/andreaskay/6924282271/in/set-72157629298418540

https://www.flickr.com/photos/andreaskay/8118724495/in/set-72157629298418540

usw....

Berthold

#2
Zitat von: Felix am 05.Jan.15 um 20:10 Uhr
Zitat von: Berthold am 05.Jan.15 um 19:27 Uhr
Es können ja nur kultivierte Pflanzen bewertet werden. Das hat mit Naturnähe absolut nichts zu tun.
In der Natur leben die Individuen an ihrer Existenzgrenze, aber bei der Kultur kann man ihr durch Selektion und beste Kulturbedingungen den optimalen Habitus ankultivieren und der macht Eindruck.

Eine Pflanze von Naturstandort würde bei einer Tischbewertung nie eine Medaille gewinnen können, denke ich. Oder gibt es eine Kategorie "Leben an der Existenzgrenze"?

Die Pflanzen in der Natur sehen ja oft so aus, als wenn man sie in der Pfeife rauchen könnte. Einmal im Jahr machen sie dann vielleicht eine einzige hübsche Blüte.

Das kannst Du so nicht verallgemeinern.
Sondern?




Zitat von: Eerika am 05.Jan.15 um 21:14 Uhr
Zitat von: Berthold am 05.Jan.15 um 19:27 Uhr
In der Natur leben die Individuen an ihrer Existenzgrenze,
In der Natur haben die Orchideen nicht die Existenzgrenze, sondern optimale Bedingungen.
nein, sie leben an ihrer Existenzgrenze. Aber das hatten wird doch schon genau besprochen.
Wenn sie besser leben würden, würden sie sich ausbreiten und hätten schon alles überwuchert. Wenn sie unterhalb der Existenzgrenze leben müssten, würden sie aussterben. Das stabile Gleichgewicht der Existenz ist nur an der Existenzgrenze möglich.

Das einzige Lebewesen, das nicht an seiner Existenzgrenze lebt, ist zur Zeit der Mensch
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

FlorianO

Zitat von: Berthold am 05.Jan.15 um 21:23 Uhr
Das einzige Lebewesen, das nicht an seiner Existenzgrenze lebt, ist zur Zeit der Mensch
und die meisten seiner Kulturfolger...

Felix

Berthold, auf manche Pflanzen mag deine Aussage zutreffen, auf manche aber auch nicht.
Man kann da nicht sagen "Die Pflanzen in der Natur". Das ist einfach unsachlich.

Ich unterschreibe hierbei auch vollends Eerikas Beitrag.

orchitim

Natürlich steht für mich für nicht selectierte Blüten, diese Mutationen würde die Natur selbst ausselektieren, sie würden nicht tielhaben am Kreislauf der genetischen Durchmischung. Für viele Liebhaber sind dies aber gerade die welche sie mit extremen Preisen bezahlen. Carsten würden sicherlich monstermäßige 4N Cuthis besser gefallen, haben ja so schön große Blüten.
Und eerika, auf wievielen Bewertungen warst Du schon? Eine Vanda von 3 m Länge mit extragroßen Blüten und 8-10 Blütenständen dran ist sicherlich nicht "normal" gepflegt und solche Bretter werden regelmäßig vorgestellt und bestens prämiert.
Vor diesen Blütenmonstern würde jeder Bestäuber reisaus nehmen.
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

Berthold

Zitat von: Felix am 05.Jan.15 um 22:29 Uhr
Berthold, auf manche Pflanzen mag deine Aussage zutreffen, auf manche aber auch nicht.
Man kann da nicht sagen "Die Pflanzen in der Natur". Das ist einfach unsachlich.

Meine Aussage trifft auf alle Pflanzen in der Natur grundsätzlich zu.
In der Natur existierte eine Pflanze immer so, dass sie gerade nicht abstirbt und sich nicht vermehrt. Darauf ist auch ihre Blühfreudigkeit und Vermehrungsqualität abgestimmt. Langlebige Pflanzen blühen selten bzw. säen sich schwer aus. Kurzlebige Pflanzen blühen üppig, oft nur einmal.
Deshalb ist es schwierig, Pflanzen aus dem natürlichen Habitat bei einer Tischbewertung zu beurteilen.

Die DOG-Tischbewertung macht nur Sinn für Kulturpflanzen, denke ich.


Zitat von: Felix am 05.Jan.15 um 22:29 Uhr
Ich unterschreibe hierbei auch vollends Eerikas Beitrag.
Das kannst Du gerne tun, aber Du kommst dadurch der Wirklichkeit nicht näher.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

plantsman

Moin,

aus pflanzenökologischer Sicht ist das mit der Existenzgrenze nicht ganz präzise. Eine Pflanzenart lebt dort, wo sie nach ihren Ansprüchen leben will/muss. Aber nur dort, wo besser angepasste/stärkere sie hin verdrängen und wo sie selber schlechter angepasste/schwächere ebenfalls verdrängen kann. Das würde ich eher als suboptimal bezeichnen. Wenn ein Ideal-Standort dann mal von einer "stärkeren" Art bereinigt wurde, kann sie Exemplare entwickeln, wie Eerika sie verlinkt hat...... aber auch an suboptimalen Standorten ist eine Pflanze in der Lage viele Blüten zu bilden. Das sind dann manchmal einfach klonale Unterschiede in einer Population. Ein schönes Beispiel ist auch die Massenblüte des Weidenblättrigen Weidenröschen auf Windbruchflächen. Die Sukkzession holt sie dann irgendwann wieder ein und sie wartet auf die nächste Großchance.

Das Riesenblüten einen Bestäuber verscheuchen glaube ich nicht. Es gibt ja solche Monster wie Solandra maxima, Brugmansia-Arten und Rafflesia. Wenn die Schlüsselreize des Bestäuber gegeben sind, dann ist ihm die Landfläche, denke ich, ziemlich egal.

Aber auch ich halte von der Blütenbewertung bei Naturformen nicht so viel. Viel ist einfach Geschmackssache und deshalb sollten nur Kreuzungen/Hybriden einer Blütenbewertung unterzogen werden weil da der Züchter eventuell ein bestimmtes Ziel vor Augen hatte. Naturformen sollten, egal wie die Blüte ist, nur nach Kultur bewertet werden. Alleine das zeigt das Können des Kultivateurs.
Tschüssing
Stefan

Felix

Ich empfehle Berthold auch, sich gründlichst mit dem entsprechenden Bereich in der Ökologie zu beschäftigen.
Stefan hat im ersten Absatz wesentliches dazu erläutert.
Es gibt Pflanzen(arten), die leben in für sie nicht-optimalen Bereichen. Es gibt auch Pflanzen(arten), die leben in für sie so ziemlich optimalen Bereichen. Hier zählen auch die Wechselbeziehungen zwischen den Arten (interspezifische Konkurrenz).
Eine Aussage "In der Natur leben alle Pflanzen an ihrer Existenzgrenze" ist falsch. 


Berthold

Zitat von: Felix am 05.Jan.15 um 23:03 Uhr
Ich empfehle Berthold auch, sich gründlichst mit dem entsprechenden Bereich in der Ökologie zu beschäftigen.
Stefan hat im ersten Absatz wesentliches dazu erläutert.
Es gibt Pflanzen(arten), die leben in für sie nicht-optimalen Bereichen. Es gibt auch Pflanzen(arten), die leben in für sie so ziemlich optimalen Bereichen. Hier zählen auch die Wechselbeziehungen zwischen den Arten (interspezifische Konkurrenz).
Eine Aussage "In der Natur leben alle Pflanzen an ihrer Existenzgrenze" ist falsch.

Aber Felix, ich habe doch sehr sorgfältig über die Ökologie nachgedacht, deshalb kann ich inzwischen allgemeingültige Aussagen treffen, bzw. die Formulierungen verallgemeinern.
Der Begriff "optimal" ist von Euch nicht definiert, deshalb ist sein Gebrauch in diesem Zusammenhang nicht zielführend.

Man kann den Begriff aber so definieren: Der optimale Bereich für eine Pflanze im stationären Habitatzustand ist die Existenzgrenze.
Die Existenzgrenze ist der schmale Grad des Gleichgewichtes zwischen absterben und vermehren.

Es gibt natürlich Situationen, in denen sich bestimmte Arten dramatisch ausbreiten, aber da hat sich noch kein stationärer Zustand, das Gleichgewicht der interspezifischen Konkurrenz, eingestellt
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Felix

Nein Berthold. Nur weil Du denkst, lange genug darüber nachgedacht zu haben, heißt es nicht, dass Du darüber eine richtige allgemeingültige Aussage treffen kannst. Es gibt leider viele Menschen, die so denken und dann hanebüchene Aussagen treffen.

Es gibt Arten, die im stationären Zustand in der Natur an ihrer Existenzgrenze leben. Oft sind das konkurrenzschwache Arten.  Es gibt nämlich auch Arten, deren Realnische zumindest sehr nahe an ihrer Fundamentalnische ist, eben weil sie konkurrenzstark sind.

plantsman

#11
Vielleicht sollten wir diese Diskussion aus dem Bewertungs-Thread rausnehmen.

ZitatMan kann den Begriff aber so definieren: Der optimale Bereich für eine Pflanze im stationären Habitatzustand ist die Existenzgrenze.

Ne, das ist nicht korrekt. Als Beispiel kann ich den Spitz-Ahorn (Acer platanoides) anführen. In all seinen Ansprüchen und Vorlieben ist er der Rot-Buche gleichzusetzen. Die Rot-Buche ist ein sehr anspruchsvolles Gehölz das sein Optimum auf durchlässigen, aber gleichmäßig mit Wasser versorgten Mullböden im mäßig warmen, atlantischen Klima hat. Genau diese Standort würde der Ahorn ebenfalls gerne besiedeln, denn das ist auch sein Optimalstandort (H. Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 5. Aufl., Ulmer, Stuttgart 1996). Das Problem ist nur, daß er als Sämling etwas licht- und wärmebedürftiger ist als sein Konkurrent. So kann sich die Buche im kühleren Schatten des Sekundär- bzw Unterbewuchses besser durchsetzen. Aus diesem Grund wird der Ahorn an seinem Optimal-Standort durch kleine Schwächen benachteiligt. So lebt er jetzt auf feuchteren Böden, die den Buchenwurzeln nicht genug Luft bieten, mit denen er aber noch gut klarkommt. Dort ist er dann aber wieder durch andere Eigenschaften gegenüber weiteren Baumarten im Vorteil die dort ihren optimalen Standort hätten z.B. die Erle. So geht das dann weiter, bis wir irgendwann z.B. bei den Mini-Moosen oder Flechten auf absolut mageren, stark sauren, trockenen Sandböden angekommen sind.
Insgesamt ist die Rot-Buche eine zwar anspruchsvolle, aber an Mitteleuropa perfekt angepasste Pflanzenart, die hier zur Zeit der beherrschende Baum wäre, wenn der Mensch nicht eingegriffen hätte.

Der optimale Standort für eine Pflanze in der Natur ist immer ein "besserer" als der den sie gerade hat. Das gilt nur nicht für Arten, die das Endstadium einer Sukkzession darstellen und sich dort, wenn sie nicht gestört werden, behaupten können (wie Fagus sylvatica). Das ist dann natürlich wieder standortabhängig.

Wahrscheinlich würde Dendrobium cuthbertsonii gerne in dem etwas feuchteren, wärmeren Moospolster rechts von ihr wachsen. Sie kommt da aber nicht ran, weil vielleicht eine Liparis dort einfach schneller wächst und deshalb das kleine Cuthi nicht zulässt. Glücklicherweise kann sie ihren jetzigen, noch annehmbaren Standort aber gegen die kleine Phreatia behaupten, die deshalb mit dem fast mooslosen Zweig am Ende des Astes vorlieb nehmen muss. Aber auch die kommt damit klar, weil sie es noch kann. Es ist aber nicht ihr Existenzminimum.
Falls die Liparis nun von einem Affen gefressen wird und das Cuthi die Möglichkeit hat, an der freien Stelle ihre Samen auszustreuen, werden ihre Kinder dort besser wachsen als an Muttis Plätzchen....... bis sich wieder eine Liparis einschleicht.

Das ist von mir zwar nun alles etwas vereinfacht dargestellt, aber so habe ich es durch das zitierte Buch und einen Professor für Pflanzensoziologie von der Uni Hamburg gelernt.
Tschüssing
Stefan

Eerika

Berthold, z. B. wächst Ophrys insektifera von Skandinavien bis Miteleuropa, bis Ural hin.

Ist dieses riesiges Gebiet mit verschiedenen Klimazonen wirklich überall eine Existenzgrenze.

Orchitim, das ist eine 4 N  Pflanze.
Ich war zwar nur auf vier Bewertungen, kenne aber auch die prämierte Pflanzen von den Ausstellungen.

So weit ich weiss, wird bei der Botanische Art nicht nur das aussehen der Blüte bewertet, sondern es sind mehrere Kriterien.

Und es müssen keinesfalls immer Monsterpflanzen sein. Schau mal in das Jahres - Zusatzheft rein.....

Felix

Bei den Waldbäumen ist die Rotbuche wirklich ein ausgezeichnetes Beispiel. Ich habe gerade noch eine Grafik dazu herausgekramt, dort geht es um Fundamental und Realnische bezüglich des pH-Werts und der Bodenfeuchtigkeit bei den Waldbäumen Waldkiefer, Rotbuche und Stieleiche. Im Prinzip stellt es das dar, was Stefan erläutert hat.


orchitim

Zitat von: plantsman am 05.Jan.15 um 22:55 Uhr
Moin,
Das Riesenblüten einen Bestäuber verscheuchen glaube ich nicht. Es gibt ja solche Monster wie Solandra maxima, Brugmansia-Arten und Rafflesia. Wenn die Schlüsselreize des Bestäuber gegeben sind, dann ist ihm die Landfläche, denke ich, ziemlich egal.

Das dem so ist beweisen werbeträchtige "Auswilderungen" von selektierten Phalis im Auftrag des thailändischen Königshaus, diese Bestände gingen dahin und nicht eine einzige hat eine Kapsel angesetzt, ogwohl dies der ehemals natürliche Standort war.
Wie kannst Du Äpfel mit Durian vergleichen, bekannt ist ja wohl auch Dir das Orchideen jeweilige bestimmte oder wenige bestimmte Bestäuber haben und Dein vergleich daher sicher ziemlich abwegig ist. Da viele der Abhängigkeiten noch garnicht bekannt sind, bekannt aber ist das sehr viele Orchideenblüten für den Bestäuber Täuscherblumen sind, also optische Orientierung vorliegt, ist kaum zu erwarten das Bestäuber auf überproportionale Abbilder abfahren. Dieses ist übrigens auch hinlänglich durch Versuche mit Abbildungen etc. nachgewiesen.
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.