Abweichende Wuchsform von Sämlingen

Begonnen von klaus, 05.Nov.22 um 16:53 Uhr

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klaus

Ich bin nicht sicher, ob das Thema nicht auch in die Rubrik "Vermehrung" passen würde, aber es geht um Cattleya.

Es wurde ja immer wieder schon mal gefragt, ob "mein Cattleya-Sämling/Jungpflanze tatsächlich die angebotene Art ist, weil die Anzahl der Blätter bei den Winzlingen nicht stimmt. Soll heißen, ein Sämling einer unifoliaten Art hat zwei oder drei Blätter an der Bulbe oder der von einer bifoliaten Species hat an den ersten Bülbchen halt nur ein Blatt. Wer sich länger mit der Aufzucht befasst, hat erfahren, dass die Anzahl der Blätter durchaus variabel ist.

Ich ziehe nun schon lange Sämlinge auf, aber dies hier hat mich doch erstaunt. Ein Freund hatte für mich ausgesät und als ich die Sämlinge auspikiert habe kam es mir schon gleich verdächtig vor: Das sollte eine Cattleya werden? Ich hatte ihn im Verdacht, mir versehentlich was Angraecoides gegeben zu haben.

klaus

Nach ein paar Jahren sah das ganze dann aber so aus:

klaus

Und bald kommt die erste Blüte.

Reinhold

Klaus, die Abfolge der Pflanze im Verlauf der Jahre (Jahre? Oh Gott. Jahre!) sieht seltsam aus.
Es werden immer weniger Blätter am Stängel. Mittlerweile könnte sie auch eine Encyclia sein.
Spannende Sache.
Im Forum steht alles; auch das Gegenteil.

klaus

Die Kreuzung ist ein elend schlechter Wachser und ich habe aus der ersten Aussaat fast alle Sämlinge verloren. Mein Freund hatte aber noch Samen eingefroren und die Aussaat wiederholt. Auch dabei sehen die Sämlinge wieder aus wie Angraecums, und das immerhin mit einer Blattspannweite von gut 10 cm. Diesmal werde ich die Entwicklung besser dokumentieren.

An der Veränderung der Wuchsform besteht kein Zweifel, da passe ich auf meine Etikettierung schon auf. Dennoch bin ich gespannt auf die erste Blüte. Die Kreuzung ist nämlich Cattleya Pearlouis x guttata, wobei Pearlouis C. bicolor x coccinea ist. Pearlouis ist kleinwüchsig mit einer knallroten Blüte.

Bei einer Abstammung von zwei großwüchsigen bifoliaten Cattleyen und einer "Sophronitis" sollte man doch erwarten, dass bei der Nachkommenschaft auch was Schlankes, Zweiblättriges dabei wäre; ist aber bei den wenigen, die ich noch habe, nicht der Fall. Oder ist "Sophronitis" wirklich derart dominant, was den Habitus angeht?

Nun hoffe ich mal, dass die Blüte noch aufgeht, bevor wir demnächst in Urlaub gehen...

Viele Grüße
klaus

Reinhold

Mitschleppen. Wie Kinder. Die läßt man auch nicht zu Hause.
Im Forum steht alles; auch das Gegenteil.

cklaudia

Sehr spannend, Klaus.
Ich denke, ich wäre eine Wette eingegangen, dass die Sämlinge nie und nimmer einer Cattleya entstammen können.  :weird

Lg Claudia

walter b.

Jedenfalls eine sehr interessante Kreuzung, Klaus! Ich bin sehr gespannt auf die Blüten!

chriseon

Daß Aussaaten nicht gleich wie Miniaturausgaben der erwachsenen Pflanzen aussehen, ist eigentlich nicht ungewöhnlich.

Aus dem Biologieunterricht in der Schulzeit kennen wir die biogenetische Grundregel von Ernst Heckel, die lautet: Die Ontogenese rekapituliert die Phylogenese.
Demonstriert wurde sie allerdings an Beispielen aus dem Tierreich oder der menschlichen Embryonalentwicklung, für Pflanzen gilt sie aber genauso.
Auch wenn sie heute nicht mehr als Regel gilt, unbestritten ist die oft zu beobachtende Tatsache, daß sich frühe Entwicklungsstadien verschiedener Arten ähnlicher sind als die erwachsenen Individuen.
Das liegt daran, daß sie dabei Merkmale gemeinsamer Vorfahren durchlaufen, die bei ausgewachsenen Exemplaren verloren gegangen sind.

Hinsichtlich der Orchideen und insbesonders der Cattleyen sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Robert L. Dresser in seinem Buch "Die Orchideen" interessant. Auf den Seiten 34 u. 35 werden die Wuchsformen nach einem Evolutionsmuster dargestellt und erläutert.
Man darf allerdings nicht nur die auf den Bulben sitzenden Blätter betrachten, sondern auch die blatttragenden Internodien berücksichtigen, die bei den heutigen Cattleyen zurück gebildet sind.


Gruß
Christian