Myanmar

Begonnen von Ahriman, 26.Dez.15 um 21:29 Uhr

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Ahriman

Wie man sieht war der gesamte Komplex nahezu menschenleer. Wie überall in Myanmar - Touristen waren rar und wenn dann meistens Einheimische. Ich habe in dem gesamten Komplex während vieler Stunden nur eine handvoll Westler gesehen.

Das Maha Aungmye Bonzan Kloster wurde 1818 erbaut aber schon 1839 bei dem schweren Beben mit einer geschätzten Magnitude jenseits von 8 zerstört. Bereits 1872 wurde es als eines der wenigen Bauten der nun verlassenen Stadt wiederaufgebaut und weiterhin als religiöse Bildungsstätte verwendet.

Die älteren Yadana Hsimi Pagoden wurden dagegen nicht wieder aufgebaut und zerbröseln seitdem in anmutiger Schönheit.

Rüdi

Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
        :: Kǒng Fū Zǐ  孔夫子 :: 推手 ::

Ahriman

Gegen Mittag wurde es unerträglich heiß, ganz im Gegensatz zu den kalten Nächten.
Nach Mittagessen in einem weitgehend leeren, teuren aber guten Touristenrestaurant (sonst gibt es dort nichts) und ausgiebiger Rast unter den Pagoden ging es am Nachmittag mit der Fähre zurück und mit dem Rad mühsam weiter zur historischen U Bein Holzbrücke.

Die 1,2 km lange Fußgängerbrücke überspannt den Taungthaman See. Anfang Jänner in der Trockenzeit führt sie großteils über Sumpfland das bewirtschaftet wird. Man kann den Wasserstand in der Monsunzeit aber am Holz erahnen. Die Brücke wurde um 1850 erbaut und seitdem beständig erneuert. Trotzdem ist mit losen Holzbalken und weit herausstehenden Nägeln sowie aufdringlichen Verkäufern zu rechnen. Leider war die Gegend um die Brücke total mit Plastik vermüllt da die Leute einfach alles achtlos wegwerfen.

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Auch hier waren fast nur einheimische Touristen deren beliebtestes Fotomotiv nicht die Brücke sondern ich war. So viel Aufmerksamkeit von jungen Damen die unbedingt abwechselnd ein Gruppenselfie mit mir machen wollten hatte ich selten :yes
Bilder davon die natürlich sofort auch mit mir geteilt wurden erspare ich euch. Mein schon damals hoffnungslos veraltetes Smartphone wurde eher müde belächelt.

Am gegenüberliegenden Ende der Brücke befindet sich eine kleine Klosterschule. Die Kinder tragen traditionelle Thanakha-Gesichtsbemalung die man verbreitet durch alle Gesellschaftsschichten sieht, vorwiegend aber bei jungen Frauen. Es ist eine Art Gesichtscreme aus Baumrinde die sowohl als Zierde als auch Sonnen- und und Insektenschutz getragen wird und kühlend wirkt. Ich habe es nicht ausprobiert.

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Die Wegstrecke hatte ich massiv unterschätzt und so kam ich mit meinem "Spezialrad" erst spätabends und komplett fertig zurück im Hotel an. Sicher die längste Radtour meines radunerfahrenen Lebens...

Rüdi

Zitaterst spätabends und komplett fertig zurück im Hotel an.

die Quälerei hat sich aber gelohnt, wie man an den bezaubernden Bildern erkennt.
Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
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Ja, es war aber grenzwertig. Das Rad hat gequietscht und geächzt und ich habe mich gefragt was ich mache wenn es 10km vom Hotel entfernt und nachts auseinanderfällt. Nach Einbruch der Dunkelheit ist in dem Land kaum jemand unterwegs, Beleuchtung gibt es abseits von belebten Straßen nicht. Das ist schon ein Nachteil wenn man völlig allein unterwegs ist.

Am nächsten Morgen geht es um 6h früh mit einem modernen Sammeltaxi-Bus nach Monywa, dem nördlichsten Punkt meiner Reise. Entfernung ca. 130 km. In der Umgebung gibt es Höhlen voller buddhistischer Statuen und Malereien doch die Handelsstadt liegt abseits der üblichen Touristenrouten. Die Straßen sind dank chinesischer Infrastruktur-Investitionen in exzellentem Zustand. Nur bei kleinen noch nicht ausgebauten Stücken merkt man wie mittelalterlich es vor wenigen Jahren noch ausgesehen haben muss. Das via Internet gebuchte Hotel in Monywa ist erstaunlich luxuriös mit Pool aber komplett leer. In der Nachbarschaft werden 3 ähnliche Hotels hochgezogen. Für wen?

Ahriman

Kurz nach Ankunft in Monywa geht es mit einer vom Hotel bereitgestellten Taxi-Limousine zu den ca. 25 km entfernten Phowintaung Höhlen. Der freundliche ältere Taxifahrer spricht kein Wort Englisch und fährt erstmal heim zu seiner Familie um sich umzuziehen. Mangels Kommunikationsmöglichkeit frage ich mich ob er weiß wo er mich hinbringen soll. Das Misstrauen wird noch bestärkt als er auf das Gelände einer chinesischen Kupfermine einfährt deren bewaffneter Sicherheitsdienst das Tor öffnet. Während ich mir überlege wie ich den Leuten erkläre dass ich Tourist und kein westlicher Spion bin wird klar dass es sich um eine Abkürzung durch das Minengelände handelt. Auch interessant, fotografieren traue ich mich lieber nicht.

Bei den Höhlen angekommen schläft der Fahrer im Wagen während ich etwa 3h auf einem Rundweg die Gegend erkunde. An die tausend Nischen und kleine Höhlen wurden zwischen 14.-18.Jh in den Fels geschlagen. Auch hier ausgeprägte Trockenwald-Savannenlandschaft. Keine Orchideen.

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Von außen ist nicht zu erkennen wie groß die jeweiligen Nischen sind und was sich darinnen verbirgt, ob Malereien unzählige Buddha-Statuen oder auch nichts. Auch hier, kein Eintritt, kaum Touristen. Und ebenfalls viel Müll. Und Affen. Weite Teile der Anlage sind aber abseits des von Touristengruppen begangenen Pfades verfallen und völlig menschenleer, man hätte die kleineren Statuen auch unbemerkt ausräumen können. Beleuchtung gibt es natürlich auch nicht, nur Blitz und Taschenlampe.

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Sehr gut erhaltene Malereien

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Teilweise wurden auch ganze Tempel aus dem Fels geschnitten.


Ahriman

Nach Rückkehr ins Hotel abends (wieder durch die Mine) und schwimmen im Pool unter Aufsicht des Hotelmanagers dem mangels Gästen sichtlich langweilig war und der sich sehr über meine Gesellschaft freute gabs zum ersten Mal seit Tagen ein warmes Abendessen im Hotel, ebenfalls mit dem Manager. Sonst war dort offensichtlich wirklich niemand. Er meinte dass in Zukunft viele einheimische Touristen nach Monywa kommen würden um die Thambuddhe Pagode zu besuchen. Angesichts der westlichen Hotelpreise und Konkurrenz durch Neubauprojekte sowie der kurzen Fahrzeit nach Mandalay ist das eher fraglich.

Zudem liegt Monywa noch tiefer als Mandalay in einem Trockental in dem es von Frühjahr bis Herbst extrem heiß wird, mit durchschnittlichen Tageshöchstwerten weit jenseits der 30°C und Spitzenwerten jenseits der 45°C. Außerhalb der Wintersaison kommt da kein Tourist, schon gar nicht um dort zu übernachten... :wacko

Berthold

Wie sieht es mit der Verständigung aus, wer spricht englisch?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Burma war britische Kolonie und in dem streng buddhistischen Land haben Bildung und Disziplin einen extrem hohen Stellenwert. Das Schulwesen ist vergleichsweise gut, abgesehen von extrem armen Leuten in ländlichen Regionen hat man keinerlei Sprachprobleme, man blamiert sich eher mit seinem Englisch. Vor allem die Kinder und Jugendlichen im städtischen Raum sprechen ein exzellentes Britisches Englisch. Die allgegenwärtigen Mönche ebenso, ich hatte eigentlich nie Verständigungsprobleme, der Taxifahrer war wirklich eine Ausnahme. Gottseidank, birmanisch verstehen oder gar lesen kann man vergessen.

Trotzdem wird von Touristen erwartet zumindest einige Gruß- und Dankesformeln auf birmanisch zu beherrschen wenn man nicht als Wilder angesehen werden will. Was man als Nichtbuddhist dort sowieso immer bis zu einem gewissen Grad ist. Ungewaschene Hippie-Rucksacktouristen sind unerwünscht. Immer mit sauberem Hemd und Hose unterwegs zu sein wie empfohlen hat sicher zu meiner schon fast unheimlichen Popularität beigetragen.
Aber allgemein sind die Leute extrem kommunikativ und noch von einer kindlichen Naivität. Sie freuen sich ehrlich wenn da ein exotischer Tourist kommt mit dem man sich unterhalten und den man fotografieren kann. Mehr dazu später.

Am nächsten morgen ging es erneut um 6h mit dem im Hotel reservierten Sammeltaxi-Bus weiter nach Bagan. Man wollte mich am Busbahnhof erst in das falsche Taxi zurück nach Mandalay stopfen was für Touristen naheliegend wäre. Kaum jemand nimmt den Landweg nach Bagan, die meisten Touristen fliegen von Yangon. So war ich bis auf einen schweigsamen etwas autistischen älteren Briten mit dem ich schon von Sagaing nach Monywa gereist war der einzige Westler in dem Bus. Nur Einheimische. Preise lächerlich, ein paar Dollar inklusive Frühstück in einer Raststätte.
Trotz der guten Straßen musste sich eine Frau aus dem Fenster übergeben und kassierte dafür vom Busfahrer ein paar Klapse mit der Zeitung wie ein unfolgsamer Hund. Bei der nächsten Tankstelle musste sie zur Strafe den Bus waschen auf dessen Top-Zustand der Fahrer sichtlich großen Wert legte. Die Straßen und der Bus made in China waren wie gesagt nagelneu und so war die ca. 150 km lange Strecke nach Bagan in der Hälfte der im Reiseführer angegebenen Zeit erledigt.

Ahriman

Bagan war sicher ein Highlight der Reise.
Das UNESCO Weltkulturerbe besteht aus einer weiten Ebene am Ufer des Irrawaddy Flusses in der zwischen dem 11. und 13. Jh. über 10.000 Tempel und Pagoden dicht an dicht errichtet wurden. Etwa 2200 davon stehen noch heute. Es gilt als die Haupt-Touristenattraktion Myanmars und besitzt einen eigenen Flughafen. Bis vor kurzem lebte dort außer ein paar Bauern niemand, mittlerweile haben die Touristen etwa 200.000 Siedler angezogen die in einfachen Verhältnissen zwei Straßendörfern am Rande der archäologischen Stätte hausen. Eine wirkliche Stadt gibt es nicht.

Anders als sonstwo ist hier alles auf Touristen ausgerichtet und dementsprechen wird man auch ausgenommen wenn man nicht aufpasst. Normalerweise ist ein relativ saftiger "Eintritt" bei Anreise zu bezahlen der aber nur am Flughafen eingehoben wird. Für mich als Busreisender hat sich keiner interessiert. Mein Hotel lag am Rande der Zivilisation nahe des Flughafens was täglich einen etwa halbstündigen Fußmarsch ins Dorf erforderte um sich dort ein Rad zu leihen mit dem ich die kommenden Tage frei in der riesigen Anlage die über 100 km² (!) umfasst unterwegs war. Auch hier verliefen sich die Touristenströme abseits der Hauptattraktionen völlig. Ich traf aber zumindest beim Essen erstmals wirklich westliche Touristen, sowie Händler die mir alles mögliche andrehen wollten.