Antibakterieller Nährmedeinzusatz

Begonnen von Charlemann, 07.Okt.08 um 21:25 Uhr

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Charlemann




Phil

#1
Schon mal an eine Testreihe mit sowas hier gemacht?

http://de.wikipedia.org/wiki/Benzalkoniumchlorid

Könnte man im mmol-Bereich in den Nährboden mischen und schauen wie es wirkt. Stellt sich nur die Frage, wie gut die Protokorme das Zeug vertragen, denn Algen werden durch diese Verbindungen auch abgetötet. Wie es bei höher entwickelten Pflanzen ist, weiß ich nicht. Habe dazu auch nix gefunden.

100g >95% Reinheit (sollte reichen) kosten bei Aldrich 14 Euro. Ist ja nicht so viel.
Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen sind zwei verschiedene Gaben.
Franz Grillparzer

grünblatt

#2
Vor nicht allzu langer Zeit bin ich auf eine Seite gestossen, in der die Rede davon war, was man so alles dem Nährboden zusetzen kann, damit er weniger oder gar nicht kontaminiert wird...
habe leider den Link nicht gespeichert. Wohl, weil mir das nicht ganz geheur war, bin ja kein Chemiker.

LG
Katha

Hab auf die Schnelle noch das hier gefunden: http://www.orchidsasia.com/flasking002.htm

Berthold

Diesen weissen Schleim habe ich auch manchmal auf dem Pilznährboden. Wenn ich den Wattestopfen eines Erlenmeyerkolbens mit Mikrozid AF einsprühe, ist die Kontaminationsgefahr zwar geringer aber der Mykorrhiza-Pilz auf dem Nährboden stirbt von den Alkoholdämpfen im Kolben sofort ab.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Charlemann am 08.Okt.08 um 00:02 Uhr
Mal `ne Frage an unseren Claus, kann man Mikrozid AF und NaOCl miteinander mischen?
Der Claus ist noch in den Bergen aber ich glaube Phil kann ihn schon ganz gut vertreten.

Ich denke, so aktivierter frei werdender Sauerstoff aus dem NaOCl und der 70%tige Alkohol, das könnte schon Potenzial haben. Michael, Versuch macht kluch (aber bitte nur in ganz kleinen Mengen)
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Phil

#5
Mikrozid AF Liquid besteht aus 35% Propan-1-ol und 25% Ethanol. Der Rest wird wohl Wasser sein. Rein chemisch sollte dort keine Reaktion möglich sein. NaOCl-Lösung ist ja eigentlich Chlor das in Natronlauge "gelöst" ist. Solange man das nicht mit UV-Licht bestrahlt sollten keine radikalischen Chlorierungen an den Alkoholen stattfinden, bei denen wahrscheinlich starke Tränenreizer entstehen würden.
Ob ein Gemisch die Wirksamkeit steigert weiß ich nicht.
Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen sind zwei verschiedene Gaben.
Franz Grillparzer

Ahriman

Hallo!

Ja, das Thema ist nach wie vor aktuell...
Das Problem ist allgemein dass gerade Samen oder kleine Protokorme normalerweise viel empfindlicher sind als die Kontamination. Größere Sämlinge kriegt man ja vergleichsweise einfach wieder steril.
Ich hab mich schon mit vielen Zusätzen gespielt, keiner war wirklich überzeugend.
Ich habe ja auch immer wieder mit besagtem weißen Zeug zu kämpfen, weiß nicht ob es das gleiche ist aber jedenfalls ist es gegen so ziemlich alles resistent. Gegen 3%H2O2, NaOCl samenverträglicher Konz., gegen Breitspektrumantibiotika, selbst gegen PPM Biozid in mittleren Konzentrationen. Da sind Samen und Protokorme längst tot.
Das einzige was jemals halbwegs brauchbar funktioniert hat war akasept, ein Guanidinhydrochlorid - Gemisch dass beim Billa als nichttoxisches Desinfektionsspray verkauft wurde. Gibts aber schon länger nicht mehr, konnte auch die Herstellerfirma nicht eruieren. Angeblich wegen Prouktionsfehler der Spraydosen nichtmehr erhältlich  (!)

Was ich gern noch probieren würde wäre Kathon LXE, ein Thiazolon-basierends Biozid dass in Farben eingesetzt wird und invitro angeblich sehr gute Erfolge bringt.
http://www.rohmhaas.com/wcm/products/product_detail.page?product=1010126&application=1120101
Leider wohl nur von Rohm&Haas zu bekommen, keine Ahnung ob die Haushaltsmengen an Privatpersonen abgeben.


Als low-tech Variante fallen mir noch Benzoe- oder Sorbinsäure ein.
Wäre das eine brauchbare Möglichkeit?
Oder schadet das den Planzen auch mehr als den Kontaminationen...


LG,
Christian

Claus

Ich denke ihr seid mit diesen Ideen auf dem Holzweg. Bedingt durch meine Anfängerfehler habe ich auch über solche Methoden nachgedacht und auch einge Versuche durchgeführt, vor allem mit den Estern der p-Hyroxybenzoesäure, die man auch Lebensmitteln zusetzt. In allen Fällen wurden die Sämlinge stark geschädigt, und falls man sie nicht rechtzeitig auf Böden ohne solche Zusätze umlegte bis zum Exitus.

Kommerzielle Verarbeiter von Nährböden setzen oft Antibiotika zu, vor allem Streptomycinsulfat, aber Antibiotika helfen ja nur gegen Bakterien, während wir es hier vor allem mit Hefen und Schimmelpilzen zu tun haben.

Ein Gemisch aus Mikrozid AF und Hypochlorit kann ich nicht empfehlen, obwohl ich die Reaktion so aus dem Kopf heraus nicht abschätzen kann. Da Hypochlorit aber sehr reaktiv ist, nehme ich an, dass der enthaltene Sauerstoff die Alkohole zu den Aldehyden oder sogar Carbonsäuren oxidiert und somit das Mikrozid unwirksam macht. Ich habe mal versehentlich die wasserklaren Lösungen von H2O2 und Hypochlorit zusammengeschüttet. Dabei schäumte das Gemisch heftig unter Sauerstoffentwicklung auf. Man nennt das Katastrophenchemie und landet dann leicht als Meldung in der nächsten Tageszeitung.

Solche Maßnahmen sind aber überhaupt nicht erforderlich, falls man wirlich steril arbeitet. Ich habe im Orchideenforum im Januar 2008 meine Methode beschrieben, Sterilbank, vor allem auch umzulegende Gläser sowie Geräte mit 0,5%iger NaOCl-Lösung zu desinfizieren. http://www.forum.orchideen-forum.de/showthread.php?t=30490 Das Echo war relativ negativ nach dem Motto: Ist ja gar nicht nötig so zu arbeiten! Und dann glitt die Diskussion rasch vom Thema ab - wie so oft in Foren. Aber der Erfolg gibt mir Recht. Versucht es doch einmal!

Das beschriebene Verfahren habe ich inzwischen noch ein wenig abgewandelt, und ich arbeite damit sehr erfolgreich. Zur Zeit stehen bei mir hunderte von Umlegegläsern in den Regalen, und davon verkeimen mir nur noch extrem selten welche. Da ich grundsätzlich immer in mehrere Gläser umlege, spielen diese Einzelfälle dann auch keine Rolle. Ich muss nicht mehr retten, ich schmeiße dann einfach weg.

Falls einige natürlich über Wasserdampf oder in einer einfachen Sterilbox arbeiten werden sie immer auch Verkeimungen haben. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wie man verfilzte Sämlinge über Wasserdampf mit krummem Rücken in akzeptbler Zeit umlegen kann und die Kulturen dann noch steril bleiben.

Die 0,5%ige Lösung greift die melaminbeschichteten Spanplatten nicht an. Nur das Hepafilter darf mit dieser Lösung nicht in Kontakt kommen. Das gilt aber auch für Mikrozid und eventuell sogar Wasser; denn die Filterschicht besteht aus mit Polymeren beschichteten Glasfasern, und diese Beschichtungen sind empfindlich.

In der nächsten Zeit werde ich den Teil 2 für Anfänger schreiben und darin die Methode nochmals genauer und mit Fotos darstellen.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Volzotan

Hi Claus,
ich hoffe du fühlst dich nicht auf den Schlips getreten, weil ich damals einfach lachs geschrieben habe, dass es zu viel Aufwand wäre. Ich wollte dich da auf keinen Fall kompromitieren.
Ich schrieb, dass ich die Gläser nur mit Ethanol einsprühe, ich mache das immernoch, allerdings desinfiziere ich die Gläser aus denen die Sämlinge entnommern werden auf die Art und Weise. Alle Gläser mit neuem Nährboden werden nicht eingesprüht, das ist auch nicht nötig, da ich sie noch heiß mit desinfizieren Handschuhen in die Bench stelle.
Eine Sache, die du beschrieben hast habe ich allerdings übernommen. Auch ich spüle jetzt Spatel und Pinzetten wärend des Arbeitens öfter mit NaOCl. Das ist vor allem bei längeren Auftragsarbeiten notwendig. Da kann ich mir keine Schlamperei erlauben.

Gruß Volzotan

Berthold

Zitat von: Claus am 26.Okt.08 um 11:12 Uhr
Kommerzielle Verarbeiter von Nährböden setzen oft Antibiotika zu, vor allem Streptomycinsulfat, aber Antibiotika helfen ja nur gegen Bakterien, während wir es hier vor allem mit Hefen und Schimmelpilzen zu tun haben.
Viele Grüße
Claus
Wenn man nur gegen Pilze kämpfen will, kann ich Mikrozid AF empfehlen.
Wenn man der Wattestopfen eines Erlenmeyerkolbens mit Mikrozid AF einsprüht sterben in kurzer Zeit alle Mykorrhizapilze auf dem Nährboden ab (nur von den Dämpfen) und meist machen sich anschliessend Bakterien breit.
Die Hyphen von B1 zumindest sind sehr empfindlich gegenüber den Dämpfen. Wie das bei Schimmelhyphen ist, die auf zuckerhaltigem Substrat wachsen wäre zu testen.

Da ich über Dampf sauber arbeiten kann (Kleinserien natürlich nur) ist mir die Problematik mit der Kontamination etwas fremd. grins 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)