Mykorrhizales Keimungspotential und Pilzreinkultur

Begonnen von winwen, 06.Mär.09 um 10:02 Uhr

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

winwen

Im Thread über die symbiotische Aussaat wurde einige male erwähnt, dass es zuweilen zu Problemen kommt, wenn man versucht alte Samen symbiotisch zu keimen und Claus erwähnte mir gegenüber, dass er schon beobachtet hätte, dass der B1 nicht in jeder Reinkultur sofort "anspringt".
Nun gab es zumindest für den ersten Punkt wohl Erklärungsversuche dahingehend, dass der verwendete Pilz verunreinigt gewesen sein könnte, allerdings sind in der Literatur (Rassmussen) durchaus Hinweise darauf zu finden, dass eine länger dauernde Reinkultur des Pilzes (konkret Tulasnella calospora aka Rhizoctonia repens) dessen Keimungspotential teils sogar drastisch vermindert. Deshalb wird vorgeschlagen in regelmäßigen Abständen den Pilz von erfolgreichen symbiotischen Keimungen zu re-isolieren.
Deshalb meine Frage nun: wie tut Ihr in Sachen Reinkultur des Pilzes? Welche Medien verwendet ihr, wie oft legt ihr um und wie geht es dem Pilz dabei? Wären evt. alternative Medien eine Lösung des Problems (es muss nicht immer Hafer sein)?

Claus

Hallo Erwin,

die Erfahrung habe ich natürlich auch schon gemacht: Man nimmt etwas infizierten Haferagar und gibt ihn auf nicht infizierten, aber der Farbton des neuen Agars ist nicht so schön hell wie man das eigentlich gewohnt ist. Ist da nun eine Fremdinfektion drin oder nicht?

In ganz seltenen Fällen infizierte der Impfagar gar nicht. Was war die Ursache? K.A.

Ich habe noch die Ausgangskultur, die ich 2005 von Frank bekam, und einmal war das die einzige Rettung. Im Gegensatz zu anderen Impfquellen war diese sehr zuverlässig und "zündete" sofort.

Nun habe ich mir angewöhnt, aus erfolgreichen Kulturen einen Sämling relativ rasch, nachdem ich sehe, dass er intensiv neue Rhizoide gebildet hat, als Infektionsquelle auf neuen Haferagar zu legen. Das scheint recht gut zu funktionieren; denn der Sämling trägt ja eine erfolgreiche "Variante" des Pilzes mit sich. Das würde ich auch empfehlen, man muss nur dran denken, dass in der Mitte des Glases eine andere Art sitzt.

Was ist noch nicht gemacht habe: Hyphen aus der Holzkultur auf Haferagar zurück zu übertragen. Das könnte evtl. einen Überraschungseffekt bringen; denn die Pilze sind auf dem Holz viel aktiver. So ist z.B. Dieters Pilz, den wir D1 nennen, auf Holz ausgesprochen aktiv, allerdings ist das nur eine seiner mindestens drei Komponenten, die ich wahrscheinlich nur zufällig rein isoliert habe. Dann gibt es aus England den T&M-Pilz, das ist ein ganz schwacher Typ, den ich eigentlich immer nur aus Barmherzigkeit :blume mit durchgefüttert habe. Der wird auf Holz ziemlich wild, bildet richtige Watte, was er alles keimt weiß ich noch nicht, aber die aufgelegte D. maculata keimt er.

Also Erwin, zum Erhalt des Pilzes solltest du immer mal ein gut wachsendes Protokorm auf frisches uninfiziertes Medium umlegen.

Wann Sämlinge umgelegt werden müssen, erkennst du im Laufe der Zeit. Einige wachsen irgendwann nicht weiter, andere bekommen im Protokormstadium braune oder schwarze Spitzen, dann ist es soweit. Normalerweise, wenn die Sämlinge gut im Wachstum sind, solltest du alle 6 - 8 Wochen umlegen.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 06.Mär.09 um 12:18 Uhr
Nun habe ich mir angewöhnt, aus erfolgreichen Kulturen einen Sämling relativ rasch, nachdem ich sehe, dass er intensiv neue Rhizoide gebildet hat, als Infektionsquelle auf neuen Haferagar zu legen. Das scheint recht gut zu funktionieren; denn der Sämling trägt ja eine erfolgreiche "Variante" des Pilzes mit sich.

So mache ich das auch inzwischen. Zwischendurch kann man ein so infiziertes Glas mit gut gewachsenen Protokormen mal in den Gühlschrank zur Langzeitaufbewahrung stellen.

Die Tatsache dass sich manchmal was braun oder grau färbt oder überhaut nicht keimt ist ein deutlicher Hinweis, dass wir meistens mit Pilzmischkulturen arbeiten, zumindest mit Mischkulturen aus keimenden und schlecht keimenden Pilzen der selben Art.


Zitat
Was ist noch nicht gemacht habe: Hyphen aus der Holzkultur auf Haferagar zurück zu übertragen. Das könnte evtl. einen Überraschungseffekt bringen; denn die Pilze sind auf dem Holz viel aktiver.
Viele Grüße
Claus

Claus, ich habe das mal mit Deinem B1-Eichhäxel gemacht und siehe da, auf dem Agar gab es tatsächlich wieder Orchis laxiflora Keimung. Die Sämlinge sind aber anfangs sehr langsam gewachsen, jetzt haben sie etwas aufgeholt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)