Auslöser der Bestäubung

Begonnen von Felix, 19.Apr.14 um 17:51 Uhr

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Felix

Moin,

ich hab da mal eine Frage zur Bestäubung. Wenn der Pollen in die Narbe gelangt, löst das ja bestenfalls aus, dass sich die Narbe schließt und die Pflanze die Befruchtung vorbereitet.
Was genau im Pollen ist es denn jetzt, dass der Narbe eben diese Signale sendet?

Hintergrund der Frage ist, mit welchem Mittel man der Bestäubung nachhelfen könnte, falls etwa nicht genügend Pollenmaterial vorhanden ist, das sonst ja als natürlicher Auslöser der Bestäubung fungieren würde.

Felix

Ist die Frage dumm? Oder bin ich im falschen Fachbereich?

Ansonsten probiere ich selber mal aus.

Berthold

Zitat von: MCroche am 20.Apr.14 um 20:54 Uhr
Ist die Frage dumm? Oder bin ich im falschen Fachbereich?

Nein, ist nicht dumm, nur zu schwierig.

Das Pollenkorn keimt ja aus und der Pollenschlauch wächst durch die Narbe in den Fruchtknoten hinein und befruchtet. Was genau möchtest Du mit dem Mittel erreichen?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Das Ganze ist relativ kompliziert und noch nicht im Detail verstanden.
Hier ein paar Links die vielleicht weiterhelfen:

http://www.hhmi.org/news/identification-genes-may-tell-how-plants-recognize-pollen
http://www.hhmi.org/news/researchers-identify-key-molecular-signal-plant-pollination
https://en.wikipedia.org/wiki/Self-incompatibility_in_plants

Das Meiste wurde aber an A. thaliana beschrieben, inwieweit das auf Monocots wie Orchideen zutrifft ist eine andere Frage.

Felix

Zitat von: Berthold am 20.Apr.14 um 21:38 Uhr
Zitat von: MCroche am 20.Apr.14 um 20:54 Uhr
Ist die Frage dumm? Oder bin ich im falschen Fachbereich?

Nein, ist nicht dumm, nur zu schwierig.

Das Pollenkorn keimt ja aus und der Pollenschlauch wächst durch die Narbe in den Fruchtknoten hinein und befruchtet. Was genau möchtest Du mit dem Mittel erreichen?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass nicht immer die Narbe schließt, obwohl funktionstüchtiger, fortpflanzungsbereiter Pollen dort platziert worden ist. Manchmal schließt die Narbe, aber die Blüte fällt kurze Zeit später ab.
Das ist für mich oft ärgerlich, weil der Pollen mglw. selten ist oder die zu bestäubende Pflanze selten blüht. Es gibt schließlich genug andere Hürden, an denen die Züchtung scheitern kann.
Deshalb suche ich ein Mittel, das über diese anfängliche Hürde hilft.
Möglicherweise etwas, das zusätzlich zum Pollen in die Narbe geschmiert wird, die entsprechenden Signale aussendet, obwohl der Pollen evtl. zu klein für diese Signale ist. Aufgrund dieser Signale klappt die Bestäubung, Narbe schließt sich und der Pollen kann zur Befruchtung funktionieren.
Vielleicht ist es auch Ethylen, dass bei der Bestäubung an dieser Stelle wesentliche Signale sendet. Das werde ich noch ausprobieren und nachlesen. 

Die Hinweise von Ahriman (vielen Dank!), insbesondere zur Selbstinkompatibilität, haben mir aber klar gemacht, dass das Ganze wirklich "relativ kompliziert und nicht im Detail verstanden" ist.
Ich bitte, meine anfängliche Ungeduld zu entschuldigen, und werde erstmal tüchtig nachlesen. Vor allem das Stichwort heteromorphe sporophytische Selbstinkompatibilität verspricht Lösungsansätze für das Problem.  :classic

Interessant ist dabei mE auch dieser Auszug aus der Wikipedia: (hier)
ZitatEine Methode zur Umgehung der Selbstinkompatibilitätssysteme schlug M. Kroh 1955 vor, indem die Narbe entfernt und der Pollen direkt ins pollenschlauchleitende Griffelgewebe gebracht werden soll. In vielen Fällen können dadurch die Abstoßungsreaktionen umgangen werden, da sie vor allem in der Narbe stattfinden.

Berthold

Einige Orchideenzüchter bestäuben bei der Selbstung auch zusätzlich mit inkompatiblen Fremdpollen, was angeblich den Abstossungsmechanismus gegenüber dem eigenen Pollen reduzieren soll.

Ich bin aber unsicher, ob diese Technik sauber auf Wirkung untersucht worden ist. Das dürfte nicht einfach sein, denn eine gewisse Anzahl von Befruchtungen findet bei der Selbstung meistens statt. Und ob die Befruchtung von 0.05 auf 0.09% gesteigert werden konnte, ist schwer nachzuweisen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Felix

Zur Information: Ich hatte jetzt vor 9 Tagen die M Kroh- Methode an insgesamt 3 Phalaenopsis-Hybriden mit insgesamt 22 Blüten ausprobiert. Die Narbe wurde abgeschnitten und zerkleinerten Phalaenopsis-Pollen auf das Griffelgewebe (?) gedrückt. Alle Blüten sind in den nächsten Tagen abgefallen.
Zum Test habe ich je 1 Blüte an den 3 Pflanzen parallel auf den "normalen" Weg bestäubt, dort hat sich überall die Narbe geschlossen und der Fruchtknoten bereits angedickt.

Die nächsten Versuche sollen den Einsatz von Phytohormonen um die Narbe beinhalten, vielleicht lässt sich da eine "künstliche" Bestäubung herbeiführen.


orchitim

"da eine "künstliche" Bestäubung" - Ist nicht jede nichtnatürliche Bestäubung eine solche, insbesondere wenn dabei mit Tricks gearbeitet wird. Am Beispiel von D. cuthbertsonii zeigt sich doch, das es nicht immer Probleme bei den Pflanzen sind sondern die Ungeduld des Künstlichen Bestäubers Ursache für Nichterfolg ist. Was sollen eigentlich Phytohormone bringen dabei ?? :ka
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

stpo2009

Außerdem, seits doch froh das es diesen natürlichen Abstoßungsmechanismus gibt... 

Der Mensch muss nicht mit aller "Gewalt" die Natur überlisten.

Erfreu dich doch daran wenn eine Bestäubung geklappt hat und wenn nicht hat dies seine vorgegebenen, natürlichen Gründe!

Felix

Eine Diskussion über das, was "natürlich" sein soll, halte ich nicht für hilfreich. Deshalb auch "künstlich" in Anführungsstrichen. Der Mensch gehört meines Erachtens genauso zur Natur wie die bestäubenden Insekten.

Zu den Phytohormonen: Nachweislich hat Ethylen großen Einfluss auf die Fruchtentwicklung und Bestäubung, zudem habe ich auf Wikipedia zu IAA gelesen: Nach der Bestäubung regt IAA aus dem Pollen die Zellteilungen für den Fruchtansatz an, das spätere Streckungswachstum im Fruchtgewebe wird von IAA aus den sich entwickelnden Samen ausgelöst [...].

Demnach sei also IAA im Pollen vorhanden; es hätte dabei eine Signalwirkung zur Fruchtentwicklung.


orchitim

#10
Das Ethylen ein sog. hemmendes (echtes)Phytohormon ist hast Du dabei wohl vergessen. Was soll es also anregen wenn es eigentlich blockt?
Und IAA =

Funktionen in der Pflanze

    -In niederer Konzentration fördern Auxine das Streckungswachstum von Koleoptilen(verantwortlich für die Lichtdrehung bei Monocots.), der Sproßachsen und der Wurzel.

    -In hohen Konzentrationen werden Wurzel- und Sproßwachstum gehemmt, da die Produktion von Ethen gefördert wird.

    -Auxine wirken an der Differenzierung von Leitbündeln mit, sie kontrollieren den Blattfall

    -Auxine fördern das Aufbrechen von Baumknospen sowie das rasche Wachstum junger Triebe.

    -Sie steigern die Zellteilungsrate im Kambium und stimulieren damit das sekundäre Dickenwachstum

    -Sie fördern die Plasmaströmung

    -Auxine verzögern die Fruchtreifung

:ka
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Felix

Ich denke nicht, dass IAA nur die Fruchtreifung verzögert, insgesamt ist es für die Regulation der Fruchtreife zuständig.
So übernimmt in bestäubten Blüten der sich bildende Embryo die für die Fruchtbildung notwendige IAA-Synthese und so verhindert das Auxin abwärts strömend den Abwurf der Blüte.
Außerdem bewirkt IAA bei dem Vorgang der Zellstreckung eine Erhöhung der Plastizität der Zellwand, was vielleicht bei der Bestäubung wichtig ist, wenn dort Fruchtknoten und Narbe anschwellen.

Ethylen ist zwar ein "Stresshormon" und hemmt etwa das Wurzel- und Spoßwachstum, beschleunigt aber die Fruchtreife und andere Alterungsprozesse.

orchitim

Zitat von: MCroche am 29.Mai.14 um 20:14 Uhr
Ich denke nicht, dass IAA nur die Fruchtreifung verzögert, insgesamt ist es für die Regulation der Fruchtreife zuständig.
So übernimmt in bestäubten Blüten der sich bildende Embryo die für die Fruchtbildung notwendige IAA-Synthese und so verhindert das Auxin abwärts strömend den Abwurf der Blüte.
Ok, aber dafür muss erst einmal bestäubt sein, also ein Embryo entstanden.

Zitat von: MCroche am 29.Mai.14 um 20:14 Uhr
Außerdem bewirkt IAA bei dem Vorgang der Zellstreckung eine Erhöhung der Plastizität der Zellwand, was vielleicht bei der Bestäubung wichtig ist, wenn dort Fruchtknoten und Narbe anschwellen.
Erhöht aber nicht die Durchlässigkeit der Zellwand(hier angenommen Fruchtblatt, Eizelle), zumindest nicht zwingend sondern verformt nur irreversibel.

Zitat von: MCroche am 29.Mai.14 um 20:14 Uhr
Ethylen ist zwar ein "Stresshormon" und hemmt etwa das Wurzel- und Spoßwachstum, beschleunigt aber die Fruchtreife und andere Alterungsprozesse.
Fruchtreife ist aber nicht gleich Fruchtbildung, Alterungsprozess dürfte hier ja nicht zur Anwendung kommen.

Würde mich schon interessieren was bei Deinem Versuch rauskommt, nur sehe ich bei den genannten Optionen keine bisher bekannten, positiven Einflussfaktoren. Das wollte ich mit meiner Fragerei nur anmerken.

Aber vielleicht hilft Dir das hier etwas weiter, denn ich glaube das die Hemmung der Bestäubung bei manchen Partnern eine Frage der Ausbildung des Pollenschlauches ist. Temperatur ist ebenfalls ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung selbigens, leider auch für die ALterung der anzubohrenden Eizelle.

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/biuz.200810375/pdf
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Felix

Tja, da hast Du natürlich leider recht. Das meiste bezieht sich auf die Fruchtreife. Ein Alterungsprozess liegt aber möglicherweise beim Verwelken der Blütenblätter bei vielen bestäubten Arten vor.

Denkst Du also, dass die Phytohormone bei der Bestäubung nicht oder kaum relevant sind?

Danke für den Hinweis zu dem Pollenschlauch, das werde ich gerne noch nachlesen. Es wird ja auch gesagt, das hohe Temperatur (und hohe Luftfeuchtigkeit) wichtig bei der Bestäubung sind.

orchitim

Ein Mittelmaß an Temperatur ist wohl besser, weil sonst der Alterungsprozess ebenso schnell(oder schneller) vonstatten geht und die Bestäubung stecken bleibt(sozusagen). Es ist eben alles sehr fein eingespielt mit der Bestäubung.
Versuche es doch mal mit der Cuthbertsonii-Technik(Spucke hat sich sehr hilfreich erwiesen), die Pollinien vorher quellen lassen damit sie aktiv werden. Ich könnte mir sehr gut vorstellen das es diesen Trick nicht nur einmal in der Natur giebt. Sinn dahinter ist wohl, das die Pollinien erst vom Bestäuber eine Weile "getragen" werden müssen, sie sind hygroskopisch nehmen also Feuchtigkeit er Luft auf, um zu verhindern das es bei vorzeitiger Aktivität in dichten Artbeständen zur "Geschwisterbestäubung" (also Verringerung der genetischen Durchmischung) kommt.
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