Lebenserwartung von Orchideen

Begonnen von Ruediger, 28.Apr.11 um 21:55 Uhr

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orchitim

Beim Meister steht eine die hat Latschen so um 80cm würde ich schätzen. Bei Lehradt hingen mal drei die hatten zwischen 90 und einen Meter. Und Wlodarczyk hat ebenfalls welche die ähnliche Ausmaße hatten.
Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

Reinhold

Die Frage wird gelegentlich gestellt: wie alt werden eigentlich Orchideen?
Ich denke jetzt besonders an sympodiale Pflanzen, also z.B. Cattleyen.
Also Pflanzen mit einem Rhizom.
Vorne wächst der neue Trieb und hinten geht die letzte Bulbe ein bzw. trocknet zusammen.
Geht dieser Prozeß unendlich so weiter?
Im Prinzip ja?
Sofern die Umweltbedingungen das zulassen.
Also, wenn der Baum, auf dem die Orchidee sitzt, aus Altersschwäche umstürzt, dann ist es auch um die Orchidee geschehen. Nehme ich mal an.
Frage an die Orchideensammler und -pfleger: wie alt sind denn eure Pflanzen?
Ich habe diese Frage heute einem Fachmann gestellt, der Jahrgang 28 ist! Und immer noch vollkommen fitt und beweglich.
Er sagt, in seinem Wintergarten hat er eine Pflanze aus der Zeit der ersten Meristemvermehrung, ca. 1960!
Das ist seine älteste.
Viele andere habe er aber auch nicht mehr. Das läge aber daran, daß Pflegefehler zu Schäden und zum Absterben der Pflanzen führten.
Zum Beispiel habe er mal seine Hydrokultur vom Standarddünger auf ein neues Präparat umgestellt  und zu spät bemerkt, daß der Salzgehalt unzulässige Werte erreichte und seine Pflanzen aufgearbeitet habe.

Und so liegt es also tatsächlich an uns, wie lange unsere Pflanzen durchhalten...
Meine älteste? Ist vielleicht 10 Jahre alt. O je, älter nicht?

Beste Grüße
Reinhold

Im Forum steht alles; auch das Gegenteil.

Alexa

Meine älteste wird im November auch 10 Jahre alt

Herbert

Hallo,

In unserer Gruppe pflegt einer eine Cattleya trianae 'Backhousiana', die aus der Rothschild-sammlung in Wien stammt. Der Typ ist sicher über 100 jahre in Kultur.
Hybriden aus der Rothschild-sammlung findet man noch recht verbreitet - z.B. in den Wiener Reservegärten in Schönbrunn - von da aus strahlen sie dann auch in Liebhabersammlungen aus.
Pflanzen , die vor über 30 Jahren persönlich gesammelt wurden und noch immer kräftig wachsen, finden sich zahlreiche bei unseren Mitgliedern (Lemboglossum, Euchile, Lycaste....)!
Liebe Grüße aus Linz!
Herbert

Berthold

Zitat von: Charlemann am 24.Okt.12 um 17:49 Uhr
Eigentlich haben solche Pflanzen ein unbegrenztes Lebensalter.


Nein, natürlich nicht, denn der Reproduktionsprozess bei der Zellteilung verläuft nicht 100%tig fehlerfrei. Dadurch schleichen sich im Laufe der Zeit immer mehr Fehler in den Genpool ein, bis die Pflanze nicht mehr existensfähig ist.

Die Kopierfehler entstehen zufällig. Nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik führt dieser Effekt zum Absterben der Pflanze und nicht zu einem Individuum mit ganz tollen Blüten.

Ein Mensch mit etwas Lebenserfahrung weiss das aber doch. Er weiss auch, dass man ein Kartenspiel nicht durch Mischen des Blattes in die richtige Reihenfolge der Farben und Kartenwerte bekommen kann.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Volzotan

#50
Das mit den Kopierfehlern macht für mich keinen Sinn, denn Pflanzen sind in der Lage kleinere Kompierfehler auszugleichen.
Fehler in Bereichen deren Gene eventuell in einem Gewebe nicht abgelesen werden, fallen auch nicht ins Gewichet.
Mal ein Beispiel, am apikalen Meristem bildet sich ein Blattprimordium, bei der Teilung der Meristemzellen tritt ein Fehler auf, der ein Gen betrifft das zum Beispiel bei der Bildung des Velamen radicum beteiligt ist, das juckt das Blatt dann nicht.

Andere Fehler können in Bereichen, die zwischen den Genen liegen auftreten, das fällt mitunter auch nicht ins Gewicht, man ist sich da aber noch nicht so sicher, viel dieses vormals als Junk DNA titulieren Raums hat eben doch eine Funktion.

Große Mengen DNA sind sich im gleichen Mustern wiederholende Sequenzen, zum Beipiel in Promotorregionen, Telomere, Transkriptionsstopsignalen, ehemalige Transposons etc. da fallen kleinere Fehler auch nicht ins Gewicht.

Soviel zu kleineren Fehlern bei der Mitose, mal zur Veranschaulichung für das Menschliche Genom sind 18 Millionen SNP´s (single nucleotide polymorphism) bekannt das sind alles kleine Punktmutationen, sicher hat nicht jeder jeden SNP und einige von denen haben auch Auswirkungen auf unsere Gesundheit, die allermeisten aber nicht.

Nehmen wir mal an bei der Mitose kommt es zu einem Fehler, ein Chromosom wird bei der Zellteilung nicht "mitgeschleppt" das Ergebnis wäre sicher der Tod von zumindest einer der Zellen die bei der Teilung entstehen, wie reagiert die Pflanze darauf, tja wahrscheinlich garnicht eine benachbarte normale Zelle füllt einfach diese Lücke in dem Gewebe und gut iss.

Ich hatte ja schon eingeworfen das es bestimmt auch bei Pflanzenzellen Alterungsprozesse gibt die igendwann zum Tod der ganzen Pflanze führen könnten, begründen kann ich diese Annahme nicht wirklich, ich äußere diese Vermutung eventuell nur weil mit mein Verstand sagt nichts hat das ewige Leben.
Ich sagte Telomerverschleiß, wie bei Menschen, könnte ganze Gewebe einer Pflanze irgendwann dahinraffen, wie es auch beim Menschen der Fall ist.
Nun ist es aber so das Meristematische Gewebe der Pflanzen tatsächlich totipotent sind und auch wenn es so scheint das die immer komplett neu mitgebildet werden ist es aber so das einige Zellen in zum Beispiel apikalem Meristem sich nur selten teilen, die meiste Zeit machen die garnichts. Das umliegende Gewebe teilt sich viel schneller.

Ein ganz schwieriges Thema, ich hoffe ich konnte einiges beitragen.

Gruß Volzotan

Berthold

Zitat von: Volzotan am 24.Okt.12 um 18:44 Uhr

Ich hatte ja schon eingeworfen das es bestimmt auch bei Pflanzenzellen Alterungsprozesse gibt die igendwann zum Tod der ganzen Pflanze führen könnten, begründen kann ich diese Annahme nicht wirklich, ..
Gruß Volzotan

Kleine Kopierfehler summieren sich in Laufe vieler Teilungen grundsätzlich zu fatalen Fehler, die dann zum Tode führen. Da helfen Redundanzen und Reparaturmechanismen immer nur eine kurze Zeit aber nie auf Dauer.
In der Physik heist dieser Prozess "die Zunahme der Entropie". Und genau deshalb gibt es kein unendliches Leben eines einzelnen Individuum.  Gegenmassnahme der Evolution ist z. B. die generative Vermehrung.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

orchitim

Die älteste Pflanze, eine Cattleya, steht wohl in Kew. Sie soll noch aus den ersten Importen von Anno Dunnemal sein und ein wahres Monster. Angeblich wurde sie auch nie geteilt. Genaures dazu findet man in einschlägigen Foren/Webseiten.

Meine ältesten Exemplare sind von 1857 und bestens in Kondition. Es sind uralte Hybriden mit Paphiopedilum insigne, welche immer nur über Ableger vermehrt wurden und so in den Anfängen des vorigen Jahrhunderts zu tausenden Verbreitung in den Blumenschnitt-Betrieben standen. Die letzten großen Bestände waren wohl noch bis zur Wende in der DDR-Produktion vorhanden, diese fanden aber fast über Nacht nahezu vollständig ein Plätzchen auf dem Komposthaufen.
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Volzotan

Nur mal so im Gedankenexperiment. Das Apikale Meristem einer Vanda wird nach Jahrzehnten guter Dienste dahingerafft, weil ihm die Telomersequenz zu kurz wird.
Da findet sich dann eventuell in irgendeinem Fitzelchen der Pflanze ein Restmeristem das noch ein bisschen Telomer übrig hat, das fühlt dich dann aufgund von Auxinschwund dazu veranlasst wieder auszutreiben, es bildet sich ein Stammkindel und da sind vieleicht noch Telomere für 10 weitere Jahre übrig.
Ich halte sowas für möglich, aber ich kenne kein Paper das sich mit sowas beschäftigt.

Der Telomerschund ist nur dann direkt ausschlaggebend wenn er viele dieser sich sehr langsam teilenden Zellen betrifft aus dem sich das Wachstum am Meristem ursprunglich ergibt. Wann tritt das ein? Ich weiß es nicht, die frage wäre ob sich diese Zellen alle gleichmäßig sehr selten teilen, oder ob es da auch noch unterschiedliche Taktung gibt.

... bitte hinterfragen, das sind nur so ein paar Gedanken von mir, wahrscheinlich mit Fehlern behaftet.

Gruß Volzotan

Reinhold

#54
Zitat von: Berthold am 24.Okt.12 um 19:08 Uhr
Kleine Kopierfehler summieren sich in Laufe vieler Teilungen grundsätzlich zu fatalen Fehler, die dann zum Tode führen. Da helfen Redundanzen und Reparaturmechanismen immer nur eine kurze Zeit aber nie auf Dauer.
In der Physik heist dieser Prozess "die Zunahme der Entropie".

Woher weiß die Physik das? Und was sagen die Biologen dazu?
Und was ist mit dem Vorgang der Zellverschmelzung bei geschlechtlicher Vermehrung?
Was sagt Darwin dazu? Die Fittesten überleben? "Repariert" das defekte Gene? Von 1.000.000 Samen einer Orchidee treiben 100 (?) aus. Und davon überleben 2 (?) ???

Der praktische Aspekt ist jedenfalls so, daß eine ordentlich gepflegte Orchidee uns leicht überlebt.
Stimmst Du zu, Berthold?

Ehm, die Entropie in meiner Wohnung nimmt immer wieder mal zu. Aber ich arbeite dagegen an. Bisher ist mir noch immer gelungen, das finale Chaos zu verhindern. Ehm.

BG
reinhold
Im Forum steht alles; auch das Gegenteil.

orchitim

Da bei Eukarioten die Telomerase den Telomerschwund ausgleichen kann und die Pflanzen doch eher zu der Gruppe der schnellwüchsigen gehören, Telomerase scheint da ja einen Einfluss zu haben, dürfte die Vanda ebenfalls zu den Ewigen gehören. Die ist zum einen nicht anders interpretiert für die monopodialen und wegen der eigentlich allgegenwärtigen Möglichkeit der Kindelbildung sind sie wohl eher clusterbildende Individuen. Gehören damit zur Gruppe der monopodial-sympodial wachsen Pflanzen, wie z.B. viele Monstera- und Philodendronarten. An denen wurde diese spezielle Ausprägung des Triebes nämlich auch entdeckt, unterschiede in den Segmentenden der Rhizomabschnitte welche einmal monopodial weiterwachsen und und gelegentlich ein sympodiales Ende bilden. Der monopodiale Wuchs ist ja ansich auch nur ein aufrechter, fortschreitender Wuchs, also defacto sympodial. Wesentlich sind nach meiner Meinung nicht die wahrnehmbaren Erscheinungen(aufrecht, kriechend) sondern der in sich abgeschlossene Wachstumsrhytmus der Abschnitte. Wird eine Vanda im "alten Holz" gekürzt, so ist die bewurzelungsfähig und damit selbstständig überlebensfähig.
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orchitim

Zitat von: Reinhold am 24.Okt.12 um 19:32 Uhr
Woher weiß die Physik das? Und was sagen die Biologen dazu?
Und was ist mit dem Vorgang der Zellverschmelzung bei geschlechtlicher Vermehrung?
Was sagt Darwin dazu? Die Fittesten überleben? "Repariert" das defekte Gene? Von 1.000.000 Samen einer Orchidee treiben 100 (?) aus. Und davon überleben 2 (?) ???

Dafür ist ja wie erst kürzlich erkundet die bisher als Nutzlos geltende, quasi "dunkle" Materie in unseren Genen verantwortlich. Sie hat wohl die Blaupausenkopien und ander nützliche Dinge parat um im Falle des Falles den Monteur zu schicken.
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Volzotan

Bei der Geschlechtlichen Vermehrung ist es so wie bei uns, Mutationen in den Gameten führen entweder zu Veränderungen des Phänotyps die keine Folgen für das überleben der Pflanze haben. Beispiel veränderter Wuchs: Zwergformen, Korkenzieherweide, Albinos oder bei Polyploidisierung auch mal besonders große Blüten.

Mutationen können tötlich sein, oder beeinträchtigen Funktionen die eventuell nicht überlebenswichtig sind wie zum Beispiel Blühen und Fruchten.

Mutationen können den Phänotyp schwächen, wenn zum Beispiel Gene ausfallen deren Funktionen von anderen nur bedingt übernommen werden können, von vielen Genen sind mehrere Versionen vorhanden, Stichwort (CNV copy number variation).

Was letal ist, zu schwach oder sich nicht vermehren kann wird aus dem Genpool ausgesondert. Es sei denn es findet sich ein Mensch, der das dann durch vegetative Vermehrung erhält wie etwa diese hässlichen Weiden mit den im Durchschnitt flachen Ästen.

Reinhold

Ob das Universum physikalisch gesehen zunehmender Entropie unterliegt, das sei mal so oder anders. Diese galaktischen Ereignisse betreffen uns nicht.

Derweil wir unserem Hobbie nachgehen, kann also festgestellt werden, Orchideen leben praktisch unendlich lang.
Wenn sie das nicht tun, dann liegt es an unserer Pflege (oder anderen letalen Umweltbedingungen wie Krankheit, Schädlingsbefall, ...).

BG
Reinhold
Im Forum steht alles; auch das Gegenteil.

Berthold

Zitat von: Reinhold am 24.Okt.12 um 19:59 Uhr

Derweil wir unserem Hobbie nachgehen, kann also festgestellt werden, Orchideen leben praktisch unendlich lang.

BG
Reinhold

Nein, auf keinen Fall, Du hälst die meisten Knollenorchideen nicht länger als 10 Jahre am Leben, dann sind die Knollen einfach nicht mehr hinreichend robust und faulen ab. Es gibt da Aussreisser nach unten und oben, so blüht eine Ophrys apifera meist nur 2 mal, während eine Orchis militaris deutlich älter als 10 Jahre werden kann.

Wenn man Ophrys im Garten kultiviert, muss man ständig nachzüchten, sonst sie sie irgendwann alle weg.

Es ist mir unverständlich, warum hier einige plötzlich ans ewige Leben glauben wollen. Es ist doch allgemein bekannt, dass es auch unter den Stauden sehr langlebige und kurzlebige gibt, aber es gibt keine, die ewig leben.

Eine Daumenregel besagt, je schwerer eine Art keimt, desto langlebiger ist sie.

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)