Mykorrhiza-Pilz B1, was kann er?

Begonnen von Berthold, 04.Okt.08 um 16:31 Uhr

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Berthold

Zitat von: Claus am 07.Okt.09 um 10:00 Uhr
Berthold,
A. morio auf B1 ist stets zum alsbaldigen Verbrauch bestimmt. Von daher stimmt 27.09.2009 schon.

Claus, bei mir sind sie auf 3g/l Haferflockenagar
- nach 3 Wochen ca. 1 mm Protokorme
- nach 6 Wochen ca. 3 mm Protokorme mit einem einzelnen 15 mm Blättchen

dann kommen sie raus, weil sie ohne Umlegen kaum noch weiter wachsen. Bei Dir machen sie in den nächsten 3 Wochen mehrere 50 mm lange Blätter und eine dicke Knolle.

Wie sieht bei Dir das Anfangsstadium der Keimung aus?. Wie lange brauchen sie, um das erste 15 mm lange Blatt zu produzieren? Wo verliere ich die Zeit?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold,
die Aussaat war am 27.7., die Keimung durchweg am 5.8. Dann war ich drei Wochen in Urlaub, und bei Rückkehr waren bereits Blättchen da. Wie lang weiß ich nicht. A. morio brauchen ja zum Austrieb ähnlich wie die Mittelmeerorchis keine Kühlphase sondern legen gleich los.

Ein Problem  mit der Aussaat auf Holzsubstrat besteht darin, dass man keine trockenen Samen einsetzen kann, weil die sich in den ungeründlichen Tiefen des Glases verkrümeln. Ich will das demnächst so ändern, dass ich auf die Oberfläche vielleicht Sägemehl bringe, damit ich eine relativ glatte Oberfläche bekomme.

So habe ich die 4 min mit 0,6% Ca-Hypochlorit desinfizierten Samen in feuchtem Zustand in kleinen Klümpchen aufgebracht, und so gibt es jetzt Büschel von Sämlingen.

O. morio hatte ich bisher nicht auf Holz ausgesät, und nun muss ich abwarten wie die weitere Entwicklung sein wird. Auspikierbar wären sie zur Zeit nicht, weil die Protokorme trotz der großen Blätter noch winzig sind. Sie beginnen aber bereits mit der Wurzelbildung.

Die Pilze unterscheiden sich krass: B1 am besten, gleich gefolgt von L1. Im Mittelfeld 3707, da ist das komplexe Medium besser, nur je 1 Sämling bei CP und D1.

Da ich dies auch in allen anderen Fällen bisher so erlebt habe, wird mein sehr breit angelegter Test von Arten nur mit B1 erfolgen a) mit einfachem Haferagar und b) modifiziert.

P.S. Bei der Aussaat von Spiranthes spiralis vom 13.9.09 gibt es jetzt Keimung auf B1 und 3713 (der aber leider auch fremd infiziert ist), bisher nicht auf L1, alle auf Haferagar. Asymbiotisch ist mir das bisher nicht gelungen, aber ich habe die gleichen Samen parallel auch asymbiotisch ausgesät, man wird sehen. 
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 08.Okt.09 um 12:06 Uhr
Bei der Aussaat von Spiranthes spiralis vom 13.9.09 gibt es jetzt Keimung auf B1 und 3713 (der aber leider auch fremd infiziert ist), bisher nicht auf L1, alle auf Haferagar. Asymbiotisch ist mir das bisher nicht gelungen, aber ich habe die gleichen Samen parallel auch asymbiotisch ausgesät, man wird sehen. 

Claus, sind das frische Samen oder noch die alten aus Frankreich von Lothar?
Ich habe auch noch ein paar frische Samen im Garten stehen, die könnte ich ev. auch mal auf B1 testen. Wenn es klappt wüssten wir wenigstens, dass der Samen dieser Art schnell altert.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold,
das sind frische Samen von diesem Jahr. Achim sei Dank!  :blume :blume :blume
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Berthold

Orchis robusta, 11 Wochen nach der Aussaat, vor 4 Wochen mit sterilisierten Haferflocken nachgefüttert.


Das Sämlingswachstum ist wieder deutlich beschleunigt worden und dieser Sämling ist schneller gewachsen als die Brüder und Schwestern, die vor 5 Wochen aus diesem Kolben in Neudohum pikiert worden sind.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

Hallo Berthold,

prächtig; ich habe da auch ein paar Kandidaten zum nachfüttern. bisher habe ich vom Aussaatglas vereinzelt und den Pilz nicht nachgefüttert. Irgendwo hier war es schon mal Thema - finde ich aber nicht auf die Schnelle.

Die Flocken zum nachfüttern sollten, wenn ich mich richtig erinnere, in der Mikrowelle sterilisiert werden. Wie lange brätst Du denen eins über? Ist es besser die Haferflocken vorher anzufeuchten oder kann ich einfach trockene nehmen.

gruss jürgen
Grüße Jürgen

Claus

Hallo Jürgen,
ich nehme feines Hafermehl, das ich in meiner Getreidemühle hergestellt habe. Dieses Mehl fülle ich in ein Schraubglas und sterilisiere es 30 min im Sicomatic. Dabei verklumpt es nicht, weil der Dampf "trocken" ist. Haferflocken haben möglicherweise den Vorteil, dass sie länger brauchen, ehe sie vom Pilz konsumiert werden, d.h. die Phase des Pilzwachstums dauert evtl. länger.

Aber das ist schon eine sehr gute Methode.  :blume :blume :blume Die Oberfläche sieht nur nicht so klassisch sauber aus.

Grüße
Claus
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Berthold

Zitat von: Uhu am 09.Okt.09 um 16:45 Uhr
Wie lange brätst Du denen eins über? Ist es besser die Haferflocken vorher anzufeuchten oder kann ich einfach trockene nehmen.

gruss jürgen

Jürgen, ich sterilisiere im Dampftopf im offenen Glas, da werden die Haferflocken nicht angefeuchtet. Der Dampf bringt die Temperatur in die Flocken.

In der Mikrowelle müssen sie ja nass sein, denn da werden nur die Wassermoleküle von der Mikrowelle in thermische Bewegung versetzt. Aber einfacher und definierter ist es im Drucktopf. Dann kann man die Haferflocken auch besser trocken auf den Nährboden krümeln.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

#68
Danke Euch,

am WoE ist der Steri sowieso unter Dampf, dann kann ich etwas Futter mit sterilisieren.

Inzwischen bin ich der Meinung, dass bei begrenzten Saatgutmengen seltener Arten aus den Gattungen Anacamptis (neue Definition), Dactylorhiza und Spiranthes eine Aussaat auf B1 der asymbiontischen vorzuziehen ist.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

winwen

Eigentlich ist es ja eine rein technische Sache, jedoch hilfreich im Kontext symbiotischer Aussaat auf nicht Agar-basierten Substraten: Wie sterilisiert man kostengünstig mehrere Liter Substrat in einem Durchgang, ohne es außerhalb des Druckkochtopfs der freien Luft auszusetzen?

Anleihe nehmend bei den "Fungi perfecti"-Kultivateuren habe ich Bratsäcke versucht, jedoch halten da die Nähte nicht stand.

Bestanden haben -erstaunlicher Weise- die billigen, knisternden (blauen) Gefriersäcke (Alufix - gibt's bei Intersp@r). Nach Sterilisieren von >2l Substrat war der Sack nachher immer noch dicht (Probe mit Wasser). Vielleicht nicht ganz überraschend, zumal auch die autoklavierbaren Vernichtungssäcke im Spezialhandel aus demselben Material (HD-PE) sind. Es besteht also kein Grund teure PP-Säcke zu kaufen, die 6l Alufix-Säcke (umgerechnet 7 Cent pro Sack) tun's auch! Wer ganz sicher gehen will, kann auch 2 Säcke ineinander nehmen.

Uhu

#70
Heute  konnte ich die ersten Anacamptis palustris auspikieren

Aussaat 30.07.2009
am 21.09. auf Haferagar mit Birkenblättern umgelegt.

kann oder muss die Art etwas angepökelt werden? Dem Nährboden hatte ich keine Salze zugesetzt.
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 08.Nov.09 um 23:38 Uhr
kann oder muss die Art etwas angepökelt werden? Dem Nährboden hatte ich keine Salze zugesetzt.


Jürgen, an welche Salze denkst Du? Bei mir werden dem Haferflockennährboden nie Salze zugesetzt (ausser denen im Leitungswasser).

Die Sämlinge kommen bei mir in diesem Zustand in reines Neudohum mit Plastiktüte drauf und stehen dann hell bei Zimmertemperatur. Sie wachsen teils schneller weiter als auf dem Pilzagar. Die kleinsten Sämlinge würde ich abtöten, schweren Herzens.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

Die Samen stammen aus Thüringen; die Sumpfwiese hatte am trockenen Besuchstag auf dem Boden deutlich sichtbare kleine Salzkrusten. Irgendwo bei Eisenach muss eine riesige Halde von dem Salz rumliegen.

Die Keimung war so dicht, dass ich nicht einzeln pikieren konnte. Habe jeden Pulk in einen Topf mit Neudohum gesetzt und zunächst hell und kühl aufgstellt. Wenn sie dann besser wachsen hol ich die Töpfe nächste Tage ins Warme. Die Sämlinge von Beryle kultiviere ich immer mit nassen füßen. Berthold, machst Du das mit palustris, laxiflora etc auch so?
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 08.Nov.09 um 23:59 Uhr
Habe jeden Pulk in einen Topf mit Neudohum gesetzt und zunächst hell und kühl aufgstellt. Wenn sie dann besser wachsen hol ich die Töpfe nächste Tage ins Warme.
Jürgen, sie wachsen nur besser, wenn sie warm stehen.

ZitatDie Sämlinge von Beryle kultiviere ich immer mit nassen füßen. Berthold, machst Du das mit palustris, laxiflora etc auch so?
Die Sämlinge von Beyrle habe ich nur in leicht feuchtem Substrat stehen. Sie sind ja auch schon älter.
Nur wenn die Sämlinge aus der Flasche kommen sollten sie in gut durchnässtes Substrat kommen und einmalig mit dem Gel am Protokorm etwas eingeschlemmt werden. Dann dichte Tüte drauf.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

#74
Am 27.10., 4.11., 5.11. und 22.11.09 habe ich Samen von insgesamt 52 Arten auf B1 Haferagar gelegt. Einen Teil des Nährbodens hatte ich mit Calciumphosphat, Kaliumdihydrogenphosphat, Magnesiumsulfat, Eisen, sonstigen Spurenelementen, einer zusätzlichen Menge Mangan und B-Vitaminen modifiziert. Stickstoff enthaltende Stoffe sowie Zucker hatte ich nicht verwendet, weil sich das in früheren Versuchen als negativ auf die Entwicklung zeigte.

Das wesentliche Keimungsgeschehen ist inzwischen gelaufen, und man kann jetzt schon Aussagen über Keimung und nachfolgendes Wachstum machen. Alle gekeimten Arten wurden inzwischen ab 14.12.09 schon umgelegt. Falls das modifizierte Medium besser war, ist ein ,,m" angegeben, falls das unmodifizierte besser war ein ,,u" und falls sie etwa gleich waren ein ,,g". Leider ist es nicht so, dass das modifizierte Medium grundsätzlich besser war. Dennoch scheint es so, dass auf längere Zeit in den meisten Fällen das Wachstum auf  dem modifizierten Medium besser wird.

Hier die positiv verlaufene Keimung von 21 Arten (immerhin ca. 40 %):
Dactylorhiza elata, u, keimt schlechter als foliosa, saccifera, iberica
Dactylorhiza foliosa, g
Dactylorhiza iberica, m, Massenkeimung
Dactylorhiza maculata, m, Spezialfall einer geringen Keimung
Dactylorhiza markusii, g, Massenkeimung
Dactylorhiza purpurella, m, Massenkeimung, schneller Wuchs
Dactylorhiza romana, g, rel. geringe Keimung
Dactylorhiza saccifera, g, Massenkeimung
Dactylorhiza sambucina, u, rel. geringe Keimung
Dactylorhiza sphagnicola, g, Massenkeimung
Anacamptis morio, Massenkeimung, schneller Wuchs
Goodyera oblongifolia, m, Massenkeimung
Gymnadenia conopsea, m (deutlich stärkere Keimung), Massenkeimung, recht langsamer Wuchs
Nigritella nigra, kein mod. Medium eingesetzt, keimt spät und gering
Orchis elegans, m (deutlich), geringe Keimung, diese Art ist einmalig schnell im Wuchs
Orchis boryi, m, schneller Wuchs
Orchis laxiflora, g, Massenkeimung, schneller Wuchs
Orchis papilionacea, m, Massenkeimung
Platanthera bifolia, m, geringe Keimung
Spiranthes romanzoffiana, g, Massenkeimung
Spiranthes spiralis, kein mod. Medium eingesetzt

Von vielen Arten war das ja schon bekannt.

Vielleicht wichtiger deshalb die Arten, die nicht keimten. Davon gibt es einige, die anderswo bereits keimten, bei mir aber nicht, wahrscheinlich wegen des nicht mehr keimfähigen Samens:
Spiranthes cernua
Orchis palustris
Orchis palustris var robusta

Die anderen sind:
Anacamptis pyramidalis
Corallorhiza maculata
Corallorhiza trifida   
Cephalanthera longifolia
alle Cypripedien (8 Arten)
Habenaria dilatata
Himantoglossum hircinum
Leucorchis albida
Neottia nidus-avis
Orchis anatolica
Orchis collina? Unsicher ob es die Art ist
Orchis lactea
Orchis langei
Orchis mascula
Orchis militaris
Orchis pallens
Orchis prisca
Orchis provincialis
Orchis purpurea
Orchis scopulorum
Platanthera chlorantha

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Symbiosepilz B1 sich speziell für Dactylorhiza und ähnliche Arten besonders gut eignet. Einige offenbar miteinander verwandte Orchis keimt er ebenfalls gut. Die Arten ohne Chlorophyll keimt er erwartungsgemäß nicht, Cypripedien natürlich auch nicht, hier läuft parallel ein Versuch mit dem Pilz CP, der Cypripedien aber auch nicht keimt.

Einige Arten konnten wegen massiver Keimung nur in zusammenhängenden Stücken umgelegt werden, daraus muss ich in Kürze die besseren Sämlinge nochmals auslesen.

Interessant wäre es gewesen, wenn parallel auch der Pilz L1 hätte getestet werden können. Aber diesen Aufwand konnte ich nicht betreiben. Ich werde aber einzelne Sämlinge auf eine bereits infizierte L1-Oberfläche legen. Es hatte sich ja gezeigt, dass ein solcher Wechsel möglich ist. Ich vermute aus dem Versuch mit Spiranthes spiralis, dass der L1 die einzelnen Arten gegenüber dem B1 unterschiedlich gut wachsen lässt.

Interessant ist auch, dass etliche Arten, die asymbiotisch ganz schlecht keimten, symbiotisch zum Teil Massenkeimungen ergaben, z.B. Goodyera oblongifolia oder Spiranthes romanzoffiana.

Gewundert habe ich mich über die Keimung von Nigritella nigra, aber die ist ja mit Gymnadenia conopsea verwandt. Es hätten noch keimen müssen Platanthera chlorantha und Leucorchis albida, vielleicht waren die Samen schon zu alt.

Ich werde das fortsetzen, indem ich die weitere Entwicklung der Sämlinge beschreiben werde.



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