Knollenorchideen im Kalthaus

Begonnen von manfred k, 01.Dez.08 um 08:23 Uhr

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Manne

Hallo allerseits,
da mich noch mal zwei Anfragen zu Knollenorchideen und Cypripedien im Kalthaus erreicht haben, möchte ich dazu ein kleinwenig weiter ausholen.
Mein Kalthaus ist in meinem Südhang vollständig in die Erde eingesenkt, nur das Dach aus Doppelstegplatten schaut aus der Erde. Man braucht nie zu heizen, die Erdwärme reicht völlig aus.  Meine Pflanztische sind gemauert und die Ränder von 20 cm Höhe aufbetoniert. So hat man ein großes, einheitliches mit Substrat gefülltes Beet, wo sich die Feuchtigkeit gleichmäßig verteilen kann. Ich arbeite also dort ohne Töpfe oder Kästen. Im Winter läuft ein Ventilator, so dass die Luft immer in Bewegung ist.
Also im Kalthaus verwende ich immer 90 % Sand und 10 % Lehm. Wenn die meisten Pflanzen der entsprechenden Arten ihre Winterblätter ausgetrieben haben (Anfang November) bekommen die Pflanzen einmal Blühpflanzendünger. Dann erst wieder Mitte März bis zum Einziehen alle 2 – 3 Wochen. Alle ohne Winterblätter ab Austrieb.
Ich kultiviere zum einen Ophrys und Orchis Arten (außer O. palustris) im Kalthaus, weil sie dort 6 – 8 Wochen früher blühen als im Freiland und weil man Versuche besser kontrollieren kann. Es macht aber auch einfach Spaß, schon so früh blühende Pflanzen zu haben. Einige Ophrys fusca fangen schon Mitte November an zu blühen und blühen bis April.
Dactylorhizen sollte man im Kalthaus auch so kultivieren. Auch Arten sehr nasser Standorte sollte man hier nur erdfeucht kultivieren. Hält man z. B. Dactylorhiza foliosa oder incarnata  zu nass, verfaulen sie leicht. Alle Cypripedien (außer acaule) welche ich bisher kultiviert habe, vertragen das Substrat auch sehr gut. Seit einigen Jahren kultiviere ich sie allerdings ausschließlich nur noch im Freiland. Auch Sämlinge kommen sofort ins Freie.
Mehr ist eigentlich nicht beachten. Im Sommer lasse ich die Pflanzen im Substrat. Die Fläche decke ich aber mit Styropurplatten ab.


Berthold

so Manfred, dann habe ich auch mal ein paar Tests gestartet:



Orchis elegans Sämling in Löss/Sand Mischung 50:50, auch andere Sämlinge und adulte Orchis sancta müssen jetzt hier in dieser Mischung einen Überlebensversuch starten.
Hast Du eine gute Haftpflichtversicherung?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

ich habe jetzt gute Vergleichsmöglichkeiten mit Pflanzen in Neudohum/Seramis Mischung 70/30. In letzterem Substrat kommen die Sämlinge sehr gut klar. Insgesamt ist die Art empfindlich gegenüber Fäulnis (ähnlich wie Orchis palustris).
Da bin ich ja mal gespannt. Die Sämlinge sind auf B1 Mykorrhiza-Pilz gekeimt (dieser Pilz wird schon verschwunden sein), aber ein Glomus aus dem Neudohum könnte noch an der Pflanze kleben.

Leider kenne ich die Bestandteile des Löss nicht. Er fühlt sich wie feines Mehl an und klebt kaum zusammen (geringer Tonanteil?). Diese Lössböden sind doch wohl durch Windflug entstanden, oder (Magdeburger Börde)? Sie gelten in der Landwirtschaft als sehr ertragreich, deutet das nicht auf einen insgesamt hohen Nähstoffgehalt (einschliesslich Stickstoff ) hin?

Gruss Berthold
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

#3
Berthold,

ich bin noch nicht dazu gekommen. Aber ich vermute, dass du in Richtung Mangan und Magnesium nichts zugegeben hast.?. Das wollte ich ja auf jeden Fall noch tun. Und bisschen Phosphat und Bor und Zink vielleicht. Und ein paar Tropfen meiner Spurenelementlösung.

Grüße
Claus

P.S. Ich werde noch mehr Sand untermischen. Und jetzt mache ich mal eine alte Batterie kaputt.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

purpurea †

Zitat von: Berthold am 07.Dez.08 um 18:06 Uhr
so Manfred, dann habe ich auch mal ein paar Tests gestartet:



Orchis elegans Sämling in Löss/Sand Mischung 50:50, auch andere Sämlinge und adulte Orchis sancta müssen jetzt hier in dieser Mischung einen Überlebensversuch starten.
Hast Du eine gute Haftpflichtversicherung?

Berthold, wie ging der Versuch aus??
Ist dein Garten jetzt voll mit dem Zeug??
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Berthold

#5
In diesem Löss ist alles sehr schnell abgestorben. Es ist ja auch sehr luftarm und es siedeln sich deshalb sehr schnell anaerobe Bakterien an, wenn das Substrat keine Mykorrhiza-Pilze enthält. Das kann auch nur gut gehen bei Arten, die als adulte Pflanzen wenig mykotroph sind. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

purpurea †

Mann Könnte aber doch auch die Pflanzen ersetzen. :whistle
So hat man doch auch einen gewissen Erfolg vorzuweissen. O-)
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Berthold

Wenn Du den Löss/Lehm vom Naturstandort holst, wo die Orchideenarten wachsen oder die Orchideen gleich mitnimmst, werden sie deutlich länger in der Topfkultur überleben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

orchis pallens

In der Topfkultur ist ein sehr luftdurchlässiges, rein mineralisches Substrat das Geheimnis für eine erfolgreiche Kultur, ich verwende eine Mischung aus Seramis, Perlite und Aqualit, da lassen sich auch schwierige Arten sehr gut kultivieren
Blumen sind das Lächeln der Erde

Berthold

Jan, es gibt auch eine genau entgegengesetzte Technik, nämlich die Kultur in fast reinem organischen Substrat, das mit geeigneten Bodenpilzen geimpft ist. Hier ist fast reines Katzenstreu aufgedüngt mit Neudohum genommen.
Es muss allerdings auch sehr luftig sein, denn sonst erstickt der Pilz.

http://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=1716.msg18130#msg18130

Hier wurde eine Comperia comperiana getestet. Man sieht die kleine Rosette im Vergleich zur Blütengröße, ein Zeichen einer sehr starken Düngung. Die Art ist sonst sehr empfindlich gegenüber Infektionen, fault hier aber nicht ab, weil die Wurzeln mit Pilzmyzel bewachsen sind und der Pilz Bakterien durch die Produktion von Antibiotika abtötet.
Die Technik funktioniert auch bei Cypripedien.

Es gibt aber Probleme bei dieser Kulturtechnik.
Man muss sehr sorgfältig darauf achten, dass der Pilz nicht abstirbt, denn sonst fallen blitzartig viel Bakterien und andere Pilze über das Topfsubstrat her und vernichten alles organische einschließlich der Orchideenwurzeln.
Ausserdem muss man einen Pilz wählen, bzw. den vorhandenen Pilz nicht zu sehr verwöhnen, damit die Wurzeln der Orchidee nicht zu dicht bewächst, den sonst können sie kein Wasser und keine Nährstoffe mehr aufnehmen und werden praktisch erdrosselt.

Ich habe verschiedene Pilze getestet, unsere Freunde aus Tschechien ebenfalls (z. B. Austernseitling). Aber wir haben noch nicht den geeigneten Pilz gefunden, der sich für den Alltagsgebrauch eignet. Die Zustände im Kulturtopf sind sehr labil und man kann leicht die Pflanze komplett verlieren, deshalb habe ich die Dinge nicht mehr weiter verfolgt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

orchis pallens

Sehr interessant. Aber ich bleibe lieber bei meinem Substrat, da ist die Kultur einfacher...
Blumen sind das Lächeln der Erde

Claus

Zitat von: orchis pallens am 22.Nov.15 um 14:06 Uhr
Sehr interessant. Aber ich bleibe lieber bei meinem Substrat, da ist die Kultur einfacher...

Würde ich auch empfehlen.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

#12
Ja, macht das nicht, denn sonst wachsen Euch die Orchideen noch über den Kopf, hier eine in Neudohum extrem stark gedüngte Orchis lactea, ca. 3-fache Biomase wie in der Natur. Ist aber nur etwas für Angeber :classic
http://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=1107.msg12914;topicseen#msg12914


Hier noch ein Beispiel für Extremdüngung mit Neudohum bei Barlia robertiana
http://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=2874.msg89697#msg89697

Sehr kleine Rosetten bei Starkdüngung in rein organischem Substrat, hier am Beispiel von Orchis papilionacea
http://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=1107.msg13493#msg13493
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

purpurea †

Zitat von: orchis pallens am 21.Nov.15 um 23:57 Uhr
In der Topfkultur ist ein sehr luftdurchlässiges, rein mineralisches Substrat das Geheimnis für eine erfolgreiche Kultur, ich verwende eine Mischung aus Seramis, Perlite und Aqualit, da lassen sich auch schwierige Arten sehr gut kultivieren

was ist das besondere an auqalit???
möchte eventuell auch mit der topfkultur anfangen.1mtr hohe himantoglossum in 11er töpfen, da ging doch was :garnichtda:blinzel
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

orchis pallens

Aqualit ist ein leichter Zuschlagstoff, der jede Menge Spurenelemente enthält.

Du wohnst doch in einer klimatisch sehr begünstigten Gegend, da brauchst Du die Himantoglossum doch gar nicht im Topf kultivieren. Und 11er sind für die eh zu klein
Blumen sind das Lächeln der Erde