Kanarische Pflanzen

Begonnen von plantsman, 26.Jan.14 um 20:33 Uhr

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Ralla

Ich habe noch einmal meine Madeira-Fotos durchsucht. EIN Bild ist mit dabei, aber es ist mies.
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

plantsman

#46
Moin,

als Herr Linné die Art Jasminum odoratissimum beschrieben hat, hat er seine Nase wohl nur tagsüber in die Blüten der ihm bekannten Arten gesteckt oder kannte J. officinale nur als Herbar-Exemplar. Diese makaronesische Art (Kanaren und Madeira) duftet zwar ganztägig und auch angenehm, kann in der Intensität aber niemals mit den weißen Ostasiaten mithalten. Der Artname ist also nicht ganz zutreffend......... nicht das erste Mal bei Linné. Es sei ihm aber verziehen, es gab ja nur Briefverkehr........
Am Standort wächst die Art an feuchteren Stellen im Sukkulentenbusch und kann ganz ordentliche Ausmaße annehmen. Hier bei "mir" fängt der Strauch jetzt wieder mit der Hauptblüte an. Insgesamt ist er aber das ganze Jahr dabei, wäre durch diese Eigenschaft, incl. des Duftes, also eine lohnende Kübelpflanze.

Neuere Arbeiten zeigen jedoch, daß die gelbblütigen Jasminum mit wechselständigen Blättern einen eigenen Verwandtschaftskreis bilden und nicht näher mit den gegenständig belaubten Arten verwandt sind. Deshalb wurden für sie die neue Gattung Chrysojasminum aufgestellt......... als wenn es Linné gewusst hat. Jetzt ist er doch der am stärksten duftende seiner Gattung grins.
Tschüssing
Stefan

plantsman

#47
Moin,

ein in den Schauhäusern ausgepflanztes Echium wildpretii hat vorher, im Anzuchtgewächshaus, mal Wasser ins Herz bekommen. Das war vor meinem Arbeitsantritt 2013. Dabei ist der Vegetationspunkt ausgefault. Was sollte ich mit so einem Dingelchen machen. Matschig-schwarze Blätter und ein paar kleine Seitentriebe....... ab damit und auspflanzen. Es hat sich, wie ihr unten seht, fein entwickelt und, wenn man die Pflanze mit den Wildlingen meines letzten Teneriffa-Urlaubs (1. Foto) vergleicht, braucht es sich inzwischen nicht mehr verstecken. Nächstes Jahr wird es aber wohl blühen. Ob dann alle Rosetten gleichzeitig im Flor stehen? Könnte richtig Klasse werden.

Mit der Jungpflanzen-Anzucht hab ich bisher keine Probleme. Mein Substrat besteht zu 65% aus einem mineralischen Untersubstrat für Innenraumbegrünung und 35% TKS 1. Ab einem Alter von ca. 3 Monaten darf man sie aber nicht mehr über die Blätter gießen.
Regen bekommen sie in der Natur nur im Herbst. Im Winter, so ab November, schneit es dort und der Schnee bleibt ziemlich lange liegen. Im Frühling taut dieser dann ziemlich schnell und das Schmelzwasser versickert. Über den Sommer ist es rappeltrocken. Die Blätter müssen also nur kurze Zeit im Jahr mit Wasser klarkommen. Der ständige Wind und die Sonne sorgen in den feuchteren Phasen immer für eine gute Abtrocknung.
Am Standort ist der Boden nach der Schneeschmelze in der Tiefe gut mit Wasser versorgt. In Töpfen schlappen sie deshalb sehr schnell, weil diese dem intensiven Wurzelwerk nicht einen derart großen Wurzelraum bieten können. Man muss sie deshalb immer mäßig feucht halten sowie etwas düngen, also gut im Wachstum halten! Gerne auch öfter umtopfen. Zur Zeit verwende ich für die getopften Pflanzen die schmalen Kunststoff-Rosentöpfe. Wenn man dafür sorgt, daß kein Wasser auf die Blätter kommt, können sie auch im Topf zu schönen, größeren Exemplaren heranwachsen und erst blühen, wenn sie schon größer sind.
Trockenstreß und Hunger verursachen fast immer eine Notblüte.
Tschüssing
Stefan

Berthold

Mir ist es bisher nie gelungen, wildpretii nach der Aussaat zu so schönen dicken Rosetten zu ziehen. Sie haben hier meist 2 oder 3 Jahre nach der Aussaat eine Blüten gebildet und sind danach abgestorben. So haben sie nur knapp ein Meter Höhe erreicht und nicht drei Meter wie eigentlich gewünscht.
Wie verhindert man, dass die Pflanzen schon in jungen Jahren blühen wollen?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

plantsman

Moin,

@Berthold, Deine Frage habe ich versucht im unteren Absatz meines letzten Beitrags zu beantworten. Der Trick ist, sie immer, außer im Winter, im Wachstum zu halten (wässern, düngen, umtopfen). Streß verleitet monocarpe Pflanzen zu früherer Blüte und Samenbildung. Eigentlich ein logischer Prozess.
Andererseits werden sie nicht älter als 2 oder 3 Jahre. Man muss sie nur groß genug bekommen und damit sind wir wieder beim Punkt Wachstum.

Vor ca. 7 Wochen habe ich Echium simplex, den großen weißen, von 13er Kunststoff-Töpfen in Kübel von 7,8 Litern umgetopft. Da hatten die Rosetten eine Durchmesser von ungefähr 20 cm. Nach dem Umtopfen sind sie explodiert und dürften jetzt sicher schon 50 cm haben. Die ausgepflanzte Jungpflanze ist sogar noch größer geworden. Die Pflanzen, die ich damals übernommen hatte, standen nur in 5-Liter-Containern und haben auch schnell geblüht. Die jetzigen Pflanzen sind aus Handbestäubungen der Mickerlinge hervorgegangen.
Tschüssing
Stefan

Berthold

Danke, Stefan. Kannst Du bitte etwas Samen von wildpretii für mich reservieren. Ich möchte es nach Deinem Rezept noch mal probieren, auf Deine Verantwortung.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

plantsman

Moin,

auch wenn Berthold seine Canarina immer woanders vorstellt, gehört sie doch auf die Kanaren.

Bei uns blüht nun auch der erste Sämling. Er hat ca. 2 Jahre gebraucht. Ein wenig blaß um die Nase ist er schon. Das liegt aber am Standort im Schauhaus-Lorbeerwald. Das ist eine der schattigsten Ecken im ganzen Komplex.
Meine Kollegen haben sie die Jahre vorher immer versucht im Sommer zu gießen und im Winter trocken zu halten. Kein Wunder das es nix geworden ist und die Rüben Ruckzuck verfault waren. Nagut, man kann nicht alles wissen und "Winterregen-Gebiet" ist ein Fremdwort für sie gewesen. Aber man wird ja nicht unbedingt dümmer.
Tschüssing
Stefan

Berthold

Zitat von: plantsman am 31.Jan.16 um 17:38 Uhr
Ein wenig blaß um die Nase ist er schon. Das liegt aber am Standort im Schauhaus-Lorbeerwald. Das ist eine der schattigsten Ecken im ganzen Komplex.

Stefan, es gibt aber gelblich und mehr rot blühende Pflanzen. Im bot. Graten auf Gran Canaria wuchsen die gelblichen und nur eine rote. Vielleicht sind die gelblichen eine Art Albiono-Form.
Der schattige Standort ist doch sehr gut, denn es ist eine Pflanze des dichten und dunklen Lorbeerwaldes.
Ich habe auch eine gelbliche Pflanze ausgesät, aber sie blüht noch nicht. Ist nicht schlimm, denn die rote gefällt mir besser. :yes
Stefan, melde Dich, wenn Du rotblühende Pflanzen brauchst, es sind einige kg verfügbar.
Ich gebe eine Farbgarantie unabhängig vom Standort.  :yes
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

plantsman

Moin,

@Berthold, ich warte nochmal darauf, was die anderen Sämlinge machen. Danach können wir ja über rote Canarina reden.

Ein Lokal-Endemit Teneriffas ist Silene lagunensis. Sie kommt nur als Chasmophyt, also Felsspalten-Bewohner im Anaga-Gebirge vor. Am Standort ein kleiner Halbstrauch, hat sie bei mir in Kultur noch keine Stämme gebildet. Noch ist sie kompakt.
Wie es bei Silene so ist, blühen sie hauptsächlich nachts. Deswegen sehen die Blüten so zerfleddert aus. In einem botanischen Garten wird nur sehr selten nachts gearbeitet. So habe ich die offene Blüte und auch den wohl köstlichen Duft noch nicht mitbekommen. Oder ich mache was falsch, denn im Netz sind durchaus Bilder offener Blüten bei Tageslicht zu finden.......
Die Art gehört bei den Besuchern in die Kategorie "zu Hause im Garten hätte ich sie rausgerissen". Zugegeben, die Pflanze ist tatsächlich eher von botanischem Interesse.
Tschüssing
Stefan

plantsman

Moin,

die kanarischen Margeriten kennt wohl jeder als Elternpflanze der Margeritenbüsche des Sommers. Es gibt aber noch mehr Arten als die Argyranthemum fruticosum-Abkömmlinge. Eine Art der Lorbeerwälder La Gomeras und Teneriffas ist Argyranthemum broussonetii. Von dieser Pflege ich die gomerische Unterart, ssp. gomerense.
Es ist ein recht groß werdender Busch mit flächigeren Blättern und einer Blütezeit, die in Kultur erst jetzt beginnt. Auf La Gomera war sie Ende Februar schon in voller Blüte.
Tschüssing
Stefan

plantsman

Moin,

letztes Jahr war ich im botanischen Garten Bonn und hab mir dort mal die Sammlung von südafrikanischen Fynbos-Sträuchern angesehen sowie mir Kulturtipps geholt. Wie es aber so ist, fährt man nicht ohne Pflanzen nach Hause. Der Tausch zwischen den Gärten ist eine feine Sache und die Kollegen geben gerne was ab, wenn es geht.
Eine Pflanze, die entsorgt werden sollte, weil sie viele Jungpflanzen haben war ein etwas hochbeiniger Strauch von Sideritis infernalis. Der Name ist schon klasse, kommt aber vom Standort des Erstfundes der Art, dem Barranco del Infierno auf Teneriffa. Es gibt, laut IUCN, noch ca. 2000 Pflanzen an 5 Standorten auf einer Fläche von gerade mal 8 km². Sie wird deshalb als gefährdet bzw. "verletztlich" eingestuft.
Der Strauch ist gut angewachsen und blüht dieses Jahr reichlich.
Was aber interessanter ist, ist der Duft der Blätter. Eines Tages hab ich mal alte Blätter an der Pflanze entfernt und dachte ich spinne. Wenn man sie etwas stärker reibt kommt ein Aroma von Nagellackentferner aus den Blättern. Ich hab ja schon so einiges gerochen, aber das war mir noch nie untergekommen. Jetzt lasse ich für Führungen immer ein paar alte Blätter dran, damit ich mit den Besuchern einen Geruchstest machen kann. Die Überraschung ist wirklich groß und je bunter die Fingernägel der Damen, umso eher wissen sie, die Ausdünstungen einzuordnen. Macht auch mir richtig Spaß die Leute dabei zu beobachten.

Da wir nur die eine Pflanze besitzen, hoffe ich, nach Handbestäubung, bald Samen ernten zu können. Die anderen Sideritis machen da bei Selbstung jedenfalls keine Probleme.
Tschüssing
Stefan

Ralla

Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Irina

Stefan, das klingt spannend! Schade, dass man sie nicht im Garten bei uns einpflanzen kann bzw. muss sie drin überwintern.
"Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen"
(Johann Wolfgang von Goethe)

Berthold

Zitat von: plantsman am 25.Apr.16 um 22:09 Uhr
Jetzt lasse ich für Führungen immer ein paar alte Blätter dran, damit ich mit den Besuchern einen Geruchstest machen kann. Die Überraschung ist wirklich groß und je bunter die Fingernägel der Damen, umso eher wissen sie, die Ausdünstungen einzuordnen. Macht auch mir richtig Spaß die Leute dabei zu beobachten.

Hast Du mal ein Blatt auf den Fingernägeln einer solchen Dame zerrieben?
Das klassische Lösungsmittel für Nagellack ist Aceton (C3H6O). Ich kann mir jedoch kaum vorstellen, dass die Pflanze in den Blättern Aceton produziert.

Ich werde die Sideritis hier im Garten genauer untersuchen müssen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

plantsman

Hätten wir das ausprobiert, hätten mich einige der Damen mit ihren Nagelstudio-Nägeln sicher gelyncht. Welcher chemische Stoff für diesen Duft zuständig ist, kann ich nicht sagen, Aceton wird es aber sicher nicht sein.
Tschüssing
Stefan