In-vitro-Aussaat zum 1. Mal...

Begonnen von sigi, 10.Jan.14 um 20:35 Uhr

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sigi

Beitrag von Ramon
Dazu will ich folgendes sagen:
Zu den 10  bzw. 8 Jahre Erfahrung; ich habe über 30 Jahre Erfahrung im aseptischen Arbeiten mit sterilem Instrumentarium und zwar bezogen auf Verbände anlegen. Dieses wird nach wissenschaftlichen Kriterien (Pflegestandard) gemacht. Das habe ich schon so gemacht, da war In-vitro-Kultur in Deutschland noch kein Thema.

http://www.medizin.uni-greifswald.de/studmed/pdfdateien/anlage_4_verbandwechsel.pdf

http://www.imikro.uni-rostock.de/Doku/Hygiene/Ordnung/BHO/Verbandwechsel.pdf

,,Frank hat seine Arbeitsweise eben anders angepasst und er nimmt in Kauf das ein gewisser Prozentsatz an Aussaaten entweden teilweise, oder ganz in die Hose gehen."
Das glaube ich so nicht wenn es um die symbiotische Aussaat geht.
,,Als Anfänger ist es wichtig, zu versuchen ganz sauber zu arbeiten, weil man nur so eine vernünftige Arbeitsweise erlernt."
Ich arbeite sauber, wenn Du denn aseptisches Arbeiten mit sterilem Instrumentarium meinst.
,,Je mehr mögliche Kontaminationsquellen bestehen, desto schwerer lässt sich die Arbeitsweise anpassen. Wie willst du Fehler bei der Handhabung von Pinzette Skalpell und Spatel erkennen, wenn du von vorn herein die größte Kontaminationsquelle bei den Samen hast."
Das ist hier nicht das Thema. Das Thema ist , Samen bei der symbiotischen Aussaat zu desinfizieren, oder nicht. Um das Resultat beurteilen zu können müssen zwei Versuche laufen;
einmal mit desinfizieren, und einmal nicht.
Aus einer Arbeit von Dr. Gerfried Deutsch, Botanischer Garten der Universität Graz
habe ich folgentes entnommen:
,, Zusätzliche Bedeutung haben die Symbionten durch einen gewissen Schutzeffekt gegen pflanzenpathogene Pilze und Bakterien. Insgesamt kann bei symbiotischer Kultur oft auf ein gewisses Maß an Sterilität verzichtet werden, ohne den Kulturen zu schaden; im Gegenteil, oft wurden gerade bei unsteril ausgesäten Samen stärkere Keimraten erzielt. Die manchmal dabei auftretenden Infektionen wurden meist schon am Beginn vom Pilzpartner unterdrückt, und konnten sich nicht weiter ausbreiten. Nur in einzelnen Fällen war eine Übertragung der Protokorme als Rettungsmaßnahme auf frisches Medium notwendig."
Die vollständige Arbeit von Gerfried Deutsch kann als pdf-Datei eingesehen werden.

http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/PHY_41_1_0111-0128.pdf

Ich habe kein Problem damit, auf sachliche Weise zu streiten. Aber die Unterstellung von Claus, dass ich die Aussäer untereinander ausspielen würde, das hat mich schon betroffen gemacht. Jürgen und Frank werden von mir sehr geschätzt.

Der Thread kann geschlossen werden.
Sigi


Claus

Es ist ja dieser Satz, über den du dich aufregst: "Wenn du von andern lernen willst solltest du nicht versuchen verschiedene Aussagen gegeneinander auszuspielen."

Aber mit deinen Vergleichen hast du doch genau das gemacht und machst es immer noch. Ich würde nun nicht unbedingt sterile Verbände mit sterilem Arbeiten im Labor vergleichen.

Wir hatten dir da Ratschläge geben wollen. Ich habe aus meinen Fehlern beim sterilen Arbeiten gelernt und wollte dir helfen. Statt dessen beklagst du dich über unsere Aussagen. Egal was du an anderer Stelle heraus liest, ohne sauberes Arbeiten wirst du nur gelegentliche Erfolge haben.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: sigi am 28.Jan.14 um 13:02 Uhr
Ich habe kein Problem damit, auf sachliche Weise zu streiten. Aber die Unterstellung von Claus, dass ich die Aussäer untereinander ausspielen würde, das hat mich schon betroffen gemacht. Jürgen und Frank werden von mir sehr geschätzt.
Sigi

Sigi, da hast Du etwas missverstanden. Claus hat Dir in keiner Weise unterstellt, dass Du Aussäer gegeneinander ausspielen würdest.
Selbstverständlich werden Frank und Jürgen auch von Claus, von mir und von allen anderen Aussäern hier im Forum geschätzt. Wir haben in der Vergangenheit, in der Gegenwart und sicher auch in der Zukunft immer eng zusammen gearbeitet und viele Informationen ausgetauscht. Es gibt auch überhaupt keine widersprüchlichen Ansichten über das grundsätzliche Vorgehen bei der Aussaat.
Dieser Informationsaustausch ist sogar die Grundlage für die Aussaat-Rubrik dieses Forums und das soll auch unbedingt so bleiben.

Roman und Claus haben Dir lediglich empfohlen, das Risiko der Kontamination bei der Aussaat möglichst gering zu halten, weil sonst unübersichtliche Verhältnisse im Aussaatglas auftreten können. Dieser Rat ist absolut richtig und wird mit Sicherheit von niemandem hier in Frage gestellt, sicher auch nicht von Gerfried Deutsch.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

#33
Hallo Sigi

danke für den Link zur Arbeit von Gerfried Deutsch. Sehr interessant. Besonders wichtig finde ich den Hinweis auf möglichst frische Aussaat nach Samenernte. Frische Saat dürfte auch die besseren Keimraten ohne Desinfektion mit erklären. Möglicherweise geht durch die eher milde H2O2 Desinfektion bei symbiotischer Aussaat ein Teil der Samen kaput. Leider ist der Sommer meistens zu kurz um alles direkt frisch auszusäen. Gehr mir wenigstens so.

Ich habe bei meinen symbiotischen Aussaaten immer eine gewisse Zahl an Verpilzungen. Die Frage die man sich stellen muss lautet wieviel Aufwand will ich treiben, wieviel Ausschuss nehme ich in Kauf.
Du solltests Dich nicht angegriffen fühlen. Hier hat es in der Vergangheit einige neue User gegeben die von keimarmem, geschweige denn sterilem, Arbeiten wirklich keine Ahnung hatten. Daher kamen einige grundlegende Hygienetips, die Dir längst geläufig sind.
Aus all den Tips musst du tatsächlich deinen eigenen Weg herausarbeiten, auf dem du unter deinen Bedingungen auf schnellstem Weg pikierfähige Sämlinge heranziehen kannst. Dieser Austausch und Anregungen auf Fragen haben mir seinerzeit sehr geholfen um schneller zu befriedigenden Ergebnissen zu kommen. Ich hab 20 Jahre zuvor schonmal Erdorchideen ausgesät. Damals war ein Austausch wie hier im Forum noch nicht möglich. Das hat viel Zeit und Energie durch Ausprobieren und Fehlversuche gekostet.

Weiterhin viel Erfolg
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: sigi am 28.Jan.14 um 13:02 Uhr
"....Insgesamt kann bei symbiotischer Kultur oft auf ein gewisses Maß an Sterilität verzichtet werden, ohne den Kulturen zu schaden; im Gegenteil, oft wurden gerade bei unsteril ausgesäten Samen stärkere Keimraten erzielt. Die manchmal dabei auftretenden Infektionen wurden meist schon am Beginn vom Pilzpartner unterdrückt, und konnten sich nicht weiter ausbreiten. Nur in einzelnen Fällen war eine Übertragung der Protokorme als Rettungsmaßnahme auf frisches Medium notwendig."

Diese Aussage von Gerfried Deutsch, dass man auf eine sterile Aussaat verzichten kann, um eine stärkere Keimrate zu erzielen, halte ich allerdings für abenteuerlich.

Bei unsteriler Aussaat ist das Ergebnis undefinierter und eher vom Zufall abhängig. Es geschieht also genau das, was man bei wissenschaftlich systematischen Vorgehen versucht mit allen Mitteln zu vermeiden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Ich habe vor 10 Tagen Gläser geimpft mit B1 von Claus, der ca. 4 Monate im Reagenzglas im Kühlschrank gelagert hatte, und mit A36, der teils 18 Monate im Kühlschrank gelagert hat.
Der Impfprozess wurde erstmalig unter Sterilbedingungen durchgeführt. Früher wurde immer unter Küchenraumluft-Bedingungen geimpft.

Bei der B1-Impfung sind nur 3 von 8 Gläsern angegangen, bei dem A36 waren es 6 von 8 Gläsern.
Das bedeutet, dass die Keimpilze nicht sehr zuverlässig anwachsen.

Wenn jetzt in die Gläser mit schlecht oder garnicht angewachsenem Keimpilz unsterile Samen ausgesät werde, entwickelt sich in den Gläser eine völlig undefinierte Pilzmischung, die vielleicht einzelne Samen keimen lässt oder auch nicht.
Das Ergebnis kann man dann veröffentlichen im "Journal für nicht reproduzierbare Experimente"
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Volzotan

Zitat von: Berthold am 29.Jan.14 um 12:45 Uhr
Das Ergebnis kann man dann veröffentlichen im "Journal für nicht reproduzierbare Experimente"
Vieleicht kannst du ja auch den Verlag Ferdinand Berger und Söhne bemühen ;- )
Zumindest scheint man da nicht unbedingt zu püfen, ob wilde Behauptungen irgendwie verifiziert wurden.
Berthold, Claus - ich glaube wir sind etwas übers Ziel hinausgeschossen, es ist ein Hobby für die meisten hier und wie wissenschaftlich der Einzelne das betrachtet ist eben unterschiedlich.

Gruß Volzotan

Claus

Wenn die Samen einfacher Arten, z.B. Dactylorhiza fuchsii, von guter Qualität sind, dann keimt nach der Desinfektions-Methode mit 6 Minuten mit 0,5% NaOCl oder 3% H2O2 praktisch jeder einzelne Samen. Wie man da noch eine Verbesserung bei nicht steriler Aussat erreichen will? Ich bestreite einfach mal, dass man ohne Samendesinfektion stärkere Keimung hat.

Nun gibt es schwierigere Gattungen für die symbiotische Aussaat, z.B. Spiranthes oder auch Nigritella, die keimen ohnehin nicht in Massen, so oder so. Und dazu gibt es in der Literatur auch keine Erklärungen.

In der hier zitierten Arbeit steht: "Insgesamt kann bei symbiotischer Kultur oft auf ein gewisses Maß an Sterilität verzichtet werden, ohne den Kulturen zu schaden; im Gegenteil, oft wurden gerade bei unsteril ausgesäten Samen stärkere Keimraten erzielt." Die beiden "oft" habe ich markiert. Falls ich es nicht überlesen habe, hat der Autor bezüglich seiner eigenen Versuche keine Aussage zur Keimrate mit und ohne Desinfektion der Samen gemacht.
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Niko

Zitat von: sigi am 28.Jan.14 um 13:02 Uhr
... aseptischen Arbeiten mit sterilem Instrumentarium und zwar bezogen auf Verbände anlegen. Dieses wird nach wissenschaftlichen Kriterien (Pflegestandard) gemacht. Das habe ich schon so gemacht, da war In-vitro-Kultur in Deutschland noch kein Thema.

Hallo,
naja, die invitro-Kultur lässt sich eher mit dem orthopädischen OP mit laminar-flow und Helm mit Atemluftabsaugung als mit einem Verbandswechsel vergleichen...

ansonsten: die Widersprüche sind so groß nicht. Auch Frank hat früher mit bench und Samendesinfektion gearbeitet. Er hat sehr viel Erfahrung im sterilen Arbeiten und kann damit die Infektionsrate in einem erträglichen Rahmen halten. Aber vermeiden kann er Infektionen durch nicht sterilisieten Samen wohl auch nicht.
Höhere Keimraten bei nicht desinfiziertem Samen sind durch die fehlende Toxizität der Vorbehandlung gut zu erklären, die Frage ist halt ob höhere Infektionsraten diesen Vorteil im weiteren Verlauf nicht zunichte machen? Das wird nur im Einzelfall zu entscheiden sein, da die Saat einzelner Arten unterschiedlich empfindlich gegen NaOCl etc ist. Also: keine Dogmen, kein Grund beleidigt zu sein oder zu streiten  :freund

Gruß Niko

Berthold

#39
Zitat von: Niko am 29.Jan.14 um 14:54 Uhr
Höhere Keimraten bei nicht desinfiziertem Samen sind durch die fehlende Toxizität der Vorbehandlung gut zu erklären,....da die Saat einzelner Arten unterschiedlich empfindlich gegen NaOCl etc ist.

Gruß Niko

Deshalb nehme ich zur Desinfizierung der Samen für die symbiotische Aussaat kein NaOCl sondern 3% H2O2. Das scheint mir nicht ganz so giftig zu sein.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 29.Jan.14 um 15:02 Uhr
Deshalb nehme ich zur Desinfizierung der Samen für die symbiotische Aussaat kein NaOCl sondern 3% H2O2. Das scheint mit nicht ganz so giftig zu sein.

Geht beides gut.  :thumb Ich fand in der Keimung keine Unterschiede.

Aber bei der asymbiotischen Aussaat hat ja Roman gefunden, dass bei Eltroplectris, die wir vergeblich immer wieder mit NaOCl traktiert hatten, nur H2O2 funktioniert, und dann gab es Massenkeimung Daran sieht man, dass es sinnvoll ist, immer wieder einmal verschiedene Methoden zu testen.
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Claus

Im November 2015 habe ich wieder einmal symbiotisch auf A36 ausgesät:
Spiranthes australis
Anacamptis palustris
Spiranthes aestivalis
Dactylorhiza sphagnicola
Anacamptis papillionacea
Dactylorhiza fuchsii

Was mir wieder einmal vor dem zweiten Umlegen auffällt, bei Anacamptis palustris erhalte ich eine ganze Anzahl an Totalalbinos. Die sind völlig weiß neben normal grünen. Das hatte ich bereits bei Orchis-Arten und habe die dann bis zur Knollenbildung im Glas gelassen. Auspikiert konnten sie natürlich nicht überleben.
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Berthold

Zitat von: Claus am 09.Mär.16 um 14:21 Uhr
bei Anacamptis palustris erhalte ich eine ganze Anzahl an Totalalbinos. Die sind völlig weiß neben normal grünen. Das hatte ich bereits bei Orchis-Arten und habe die dann bis zur Knollenbildung im Glas gelassen. Auspikiert konnten sie natürlich nicht überleben.

Das trat doch auch oft bei Ophrys-Arten auf, Claus. Es wird wohl ein genetisches Problem der Samen sein, vermute ich.
In der Natur wird man die Albinos kaum sehen, weil sie trotz ihrer Pilzunterstützung wahrscheinlich deutlich schlechter wachsen.
Ich hatte das Problem bei der Aussaat von Orchis laxiflora, elegans und robusta nicht. Palustris habe ich nicht ausgesät.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)