Neue Aufteilung der Gattung Anacamptis

Begonnen von Berthold, 26.Apr.16 um 00:21 Uhr

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Berthold

Delfroge hat aus der bisherigen Gattung Anacamptis die Art Anacamptis pyramidalis wieder abgespaltet und die restlichen Arten in die Gattungen Paludorchis, Anteriorchis, Herorchis und Vermeulenia verteilt.

Wir hatten schon lange den Verdacht, dass Anacamptis nicht in die Gattung der anderen passt, denn alle anderen lassen sich mit unserem Keimpilz B1 und A36 gut keimen, während A. pyramidalis sich nicht keimen lässt.
Es muss also eine deutlicher genetischer Unterschied bestehen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

johan

wird immer unübersichtlicher um nicht zu sagen chaotisch.
für mich ist alles gattung orchis und nur eine ist anacamptis pyramidalis
einfach und klar

lg
johan

Berthold

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

plantsman

Moin,

es kommt immer darauf an, wo in den Kladen der phylogenetischen Stammbäume man ansetzt um die Gattungen aufzuteilen. Sollen die Kladen morphologisch einheitlich sein, geht man so vor wie z.B. Delforge. Dabei sind oftmals viele Umbenennungen vorzunehmen. Das möchte aber ein Großteil der Phylogenetiker vermeiden. Es gibt ein paar Grundsätze, die sie sich, auf freiwilliger Basis, auferlegt haben:
- die Gattungen sollen Gemeinsamkeiten haben, die sie auch morphologisch definieren,
- es sollen so wenig Neukombinationen wie möglich zu machen sein,
- die einzelnen Kladen sollen eine hohe Unterstützung der statistischen Daten (Bootstrap-Support) besitzen,
- vermeiden zu vieler monotypischer Gattungen.

Bei Anacamptis pyramidalis ist es so, daß sie in allen Stammbäumen, die ich gesehen habe, in die neuen Gattungen von Delforge "eingebettet" ist. Das sie nicht auf eurem üblichen Pilzen keimt, sagt aber nichts über ihre Verwandtschaft aus. Es kann in der Evolution eine relativ sprunghafte Anpassung ("Shift") an einen anderen Keimpilz stattgefunden haben und trotzdem gehört sie zum selben Ast des phylogenetischen Stammbaums wie "Orchis" palustris und "Orchis" papilionacea.
Schlußendlich liegt es dann am bearbeitenden Botaniker, wie er dieses handhabt und Delforge hat sich entschieden, den Anacamptis-Kladen weiter aufzuteilen. Das ist sein gutes Recht und wer will, darf diese Namen übernehmen. Es ist auch das gute Recht von Johan, die Pflanzen weiter "Orchis" zu nennen, auch wenn sie phylogenetisch nicht sehr nahe miteinander verwandt sind. Ihre Namen unter Orchis sind aber gültig.
Für mich ist Delforge, ähnlich wie die australischen Botaniker Clements und Jones bei z.B. Pterostylis, ein wenig zu sehr ins Detail gegangen ("Splitter") und so folge ich weiterhin dem Konzept einer nicht monotypischen Gattung Anacamptis usw.
Tschüssing
Stefan

walter b.

ZitatDelfroge hat aus der bisherigen Gattung Anacamptis die Art Anacamptis pyramidalis wieder abgespaltet und die restlichen Arten in die Gattungen Paludorchis, Anteriorchis, Herorchis und Vermeulenia verteilt.

Hallo Berthold,

ist ja interessant!
Nur eine Frage: Welche Arten umfassen die einzelnen Gruppen oder hast Du vielleicht einen Link?
Paludorchis ist mir noch klar, Anterorchis ist mir als Modell in Erinnerung, aber bei den beiden anderen fehlt mir die Inspiration welche jetzt die Gruppe um morio ist (vermutet vielleicht Herorchis?) und was die andere wohl umfassen könnte...

Vielen Dank und beste  Grüße
Walter

sokol

Paludorchis palustris,
Anteriorchis coriophora,
Herorchis morio,
Vermeulenia papilionacea

Das chaotische für mich ist, dass er hier splittet aber bei an anderer Stelle nicht:
Orchis mascula und Orchis militaris, da gäbe es auch noch Androrchis mascula
Himatoglossum incl. Barlia und Comperia,
Neotinea incl. Orchis tridentata, dann lieber Odontorchis tridentata
Gymnadenia incl. Nigritella.

Das Ganze ist für mich noch zu sehr im Fluss, als dass ich mich auf eine der neuen Einteilungen festlegen will. Ich bleibe vorerst bei Orchis und vermutlich dauerhaft bei Barlia, Comperia und Nigritella.

Das Zusatzargument: "die Gattungen sollen Gemeinsamkeiten haben, die sie auch morphologisch definieren" halten ich nach den genetischen Erkenntnissen wichtig für die Einstufung und deren Akzeptanz. Nigritella unter Gymnadenia zu führen ist möglich aber nicht zwingend und so ziemlich jeder hat Akzeptanzprobleme damit. Also sollte man so was besser lassen.
LG Stefan

Berthold

Zitat von: walter b. am 27.Apr.16 um 06:23 Uhr

Nur eine Frage: Welche Arten umfassen die einzelnen Gruppen oder hast Du vielleicht einen Link?

Walter, von Manfred Blondke zusammen gesetllt:

Delforge reduziert die Gattung Anacamptis auf den Komlex A. pyramidalis. Daneben nennt er die Gattungen Paludorchis (mit P. palustris, P. laxiflora ...), Anteriorchis (mit A. coriophora, A. fragrans und A. sancta), Herorchis (mit H. morio, H. picta, H. syriaca, H. champagneuxii, H. longicornu, H. boryi und H. israelitica) sowie Vermeulenia (mit dem V. papilionacea-Komplex, V. cyrenaica und V. collina).
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Hallo Berthold, hallo Stefan,

vielen Dank für die Infos!

Das meiste war mir klar, es fehlte mir nur Vermeulenia.
Aber dass sich bei dieser starken Aufspaltung collina da unter die papilionaceas so problemlos eingliedern lässt. Wobei, cyrenaica dürfte da ja so eine Art Bildglied darstellen...

Viele Grüße
Walter

sokol

Naturhybriden gibt es, wenn wir bei der Delforge-Sicht bleiben zwischen seinen Gattungen Anacamptis, Paludorchis, Herorchis, Vermeulenia und Anteriorchis, sowie auch mit Serapias.
Zwischen diesen Gattungen und den anderen Orchis-Gattungen scheint es keine Naturhybriden zu geben, auch nicht zwischen Orchis und Androrchis, die Delforge nicht trennt.

Für mich ist das ein Indiz für den Verwandtschaftsgrad ohne in genetische Stammbäume zu schauen. Aus diesem Grund hätte Delforge aus meiner Sicht auch eine Trennung zwischen Orchis und Androrchis vornehmen müssen, um stringent zu sein.
LG Stefan

walter b.

Hallo Stefan,

über den Hybridisierungs-Graben zwischen den beiden Gruppen innerhalb der Gattung Orchis (nach jüngerem Verständnis) hatte ich mir auch schon Gedanken gemacht, ohne allerdings die Benennung als Orchis und Androrchis zu kennen.
Vielen Dank für die Erhellung!

Viele Grüße
Walter

Berthold

Ich werde mich nach der alten Aufteilung richten und alle Arten wieder Orchis nennen, die vor der Anacamptis-Abspaltung  Orchis zugeordnet waren.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Ich finde die neue Aufteilung interessant, weil sie ja wirklich recht einheitliche und gut abgegrenzte Gruppen umfasst.
Blöd ist es allerdings schon, wenn es zwischen Arten dieser Gruppen und noch dazu sogar ganz anderen (wie im konkreten Fall Serapias) zu Hybriden kommt. Das stiftet Verwirrung!

Viele Grüße
Walter

johan

wann mann jede gruppe eine gattungstatus gibt,würde ich dies als übertrieben empfinden.
gruppen sind gut über subspecies darzustellen.
sonst fängt diese abspaltungen bei ophrys vielleicht auch noch an,schöne aussichten

lg
johan

plantsman

Moin,

Ophrys ist kaum in Gefahr, weiter aufgeteilt zu werden. Die Gattung ist als monophyletisch erkannt.
"Schlimm" wäre es, wenn sie den Australieren Clements und Jones in die Hände fallen würde. Da kann man dann für nichts garantieren. Ok, das war polemisch, aber, wie ich meine, nicht unberechtigt.
Tschüssing
Stefan

johan

ja stefan,weil der mensch von natur aus ehrgeizig ist,davon sind botaniker auch nicht ausgenommen

lg
johan