Symbiotische Aussaat auf Wellpappe

Begonnen von winwen, 16.Mär.12 um 13:08 Uhr

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winwen

Herzliches Hallo, allen Pilzfreaks hier im Forum!
Nachdem mir beim Aufarbeiten diverser zuvor weniger beachteter Artikel in anderen Foren (www.terrorchid.org , www.srgc.or.uk) der (zumindest halb erfolgreiche) Versuch, Orchideen symbiotisch auf Wellpappe (corrugated cardboard) auszusäen ins Auge gestochen ist, wollte ich einmal die Diskussion darüber auch in unser Forum bringen und nachfragen, ob das hier schon jemand gemacht hat bzw. darüber berichten kann.

Was haltet ihr davon?

Dass es besser/schneller funkt als Haferagar bezweifle ich, aber der Vergleich mit Pflanzendetritus wäre interessant.

Mir kommt vor, dass das wirklich die einfachste und (ob des Mediums) sauberste auch ohne völlig sterile Arbeit auskommende Möglichkeit ist, selbst Orchideen generativ zu vermehren (vorausgesetzt man hat genügend sauber angesetzte Pilzbrut zur Infizierung der Pappe zur Verfügung).

Berthold

Das Keimen selber findet auf sauberem sterilisierten nur mit Keimpilz besetzten Haferflockenagar sicherlich besser und definierter statt (sofern der Keimpilz Haferflockenagar akzeptiert als Nahrungsquelle).
Das Umlegen der kleienn Protokorme auf infizierte Wellpappe könnte Sinn machen.

Claus legt die kleinen Dinger in ein Glas mit infiziertem Holz/Blätter-Gemisch.
Im Glas ist die Oberfläche nicht so gross aber man kann die Feuchtigkeit gut regulieren. Die Wellpappe müsste man in flache grosse verschiessbare Schalen legen.

Man muss einen Keimpilz haben, der Papier mag. Ich weiss nicht, ob das mit B1 gut geht.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Papier besteht ja zum großen Teil aus Cellulose, und der B1 kann Cellulose verstoffwechseln. Aber ohne Düngestoffe ist das Ergebnis sicherlich dürftig, ähnlich auf Holz ohne Zusätze.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)


Claus

Bletilla ist kein Beispiel, die Samen enthalten Reservestoffe und verhalten sich völlig anders als andere Erdorchideen-Samen.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: MarcS am 16.Mär.12 um 19:20 Uhr
Hier ein Link zum NOV-forum wo jemand erfolgreich Bletila samen auf Welpappe gekeimt hat. ( inkl. google tranlsate NL => De )

http://translate.google.nl/translate?sl=nl&tl=de&js=n&prev=_t&hl=nl&ie=UTF-8&layout=2&eotf=1&u=http%3A%2F%2Fwww.nov-orchidee.nl%2Fbb%2Fviewtopic.php%3Ft%3D2706

( original link: http://www.nov-orchidee.nl/bb/viewtopic.php?t=2706 )

Bletilla ist etwas anderes. Die hat so dicke Embryonen im Samen, dass sie keine Pilze zum Keimen braucht. Man kann Bletilla auch auf ein feuchtes Tschentuch aussäen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

paulw

Hallo,

Ich habe erfolgreich Dactylorhiza   fuchsii und mayalis  auf Pappe zum keimen gebracht.
Den Pilz hab ich durch Erdlösung (inklusive Dreck=Destruitis ) dazugebracht.
Die Dichte des Aufgangs war überraschend hoch, nahe 100 %!
Die Ergebnisse bis jetzt sind auf Forum Garten Pur gestellt.

Meiner Ansicht nach zumindest für manche Dactylorhiza eine gute Methode.
Solang man nicht tote Regenwürmer oder gammelige Früchte bei der Erde hat kann man wirklich "dreckig" arbeiten!




Berthold

Paul, wie ist es mit der weiteren Kultur gegangen? Wie gross sind die Sämlinge auf der Wellpappe geworden und wie hast Du sie dann weiter gepflegt?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

paulw

alle Dacty´s und Platanthera tot, Pleione sind 3 mm Bulben.

Claus

Bei unsteriler symbiotischer Aussaat auf Hafer oder Holz oder von mir aus auch Wellpappe muss sich der Pilz füher oder später mit Schimmelpilzem oder Botrytis auseinandersetzen, und da zieht der Symbiosepilz in den meisten Fällen den Kürzeren.

Ich hab ja nun inzwischen allen möglichen Unsinn ausprobiert. Wenn man zu faul ist zum recht häufigen Umlegen auf Haferboden dann kann ich nur mein Verfahren empfehlen auf sterilisierte Holzstücke im cm-Maßstab auszusäen, am besten Eiche oder Buche; Schlehe ging bei mir auch gut, Nadelholz geht schlecht. Man muss aber Düngestoffe zufügen, ich würde es einfach mal mit normalem Dünger oder Hefeextrakt versuchen. Der Pilz parasitiert nicht, das Holz reicht meistens bis zum Auspikieren, wenn man die Samen sehr dünn streut.
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paulw

Zitat von: Claus am 21.Feb.16 um 16:41 Uhr
Bei unsteriler symbiotischer Aussaat auf Hafer oder Holz oder von mir aus auch Wellpappe muss sich der Pilz füher oder später mit Schimmelpilzem oder Botrytis auseinandersetzen, und da zieht der Symbiosepilz in den meisten Fällen den Kürzeren.

Das kann er natürlich auch. Diese Methoden beruhen ja nicht auf einer überfütterten Reinkultur, sondern darauf ein Substrat zur Verfügung zu stellen welches besonders einen Keimfähigen Pilz(nicht unbedingt den B1) fördert.
Meine Pilze stammten ja aus unsterilen Erdaufschwemmungen mit Millionen von Keimen und Sporen.

Bei mir lagen die Probleme darin die Protokorme auf ausreichende Grösse zum Vernalisieren zu bringen.
Bei ca. 3mm stellten die meisten ihr Wachstum ein um sich etwas später zu verabschieden.
eventuell war die Anzahl / Substrat zu hoch oder es sammeln sich Abbauprodukte oder...
Zu viele Möglichkeiten.
Sichtbaren Schimmel gab es erst einige Zeit nach dem Absterben der Ersten Knöllchen.
Ich habe meine Versuche in diese Richtung dann aus Zeitmangel eingestellt.
Aber das Thema reizt mich noch immer.

Berthold

Zitat von: paulw am 21.Feb.16 um 20:49 Uhr
Bei mir lagen die Probleme darin die Protokorme auf ausreichende Grösse zum Vernalisieren zu bringen.
Bei ca. 3mm stellten die meisten ihr Wachstum ein um sich etwas später zu verabschieden.

Paul, ich denke, die Ernährung der Protokorme war einfach nicht ausreichen, weil der Pilz nicht mehr genügend zu fressen hatte.
Man hat das selbe Problem auf 2,5 g/l-Haferflocken-Agar. Darauf können die Pilze auch nur ca. 6 bis 8 Wochen die Protokorme ernähren. Dann gibt es Stillstand, wenn man nicht auf frischen Boden umlegt oder die Pilze nachfüttert.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

paulw

leuchtet mir ein,

aber wie schafft es der Pilz in der Natur so kräftig zu bleiben, gerade auf den ja kaum Organisches enthaltenden Rohböden wo Dactylorhizza ja teils sehr dicht, unter 5cm Abstand keimt?
Kann es sein das die Mineralische Komponente ausgeht?

Tyr

Da wird der Pilz ein gößeren Bereich besiedeln und so mit mehr Nährstoffe zur Verfügung haben.
Good manners don't cost nothing.
Ian Fraser ,,Lemmy" Kilmister

Berthold

Zitat von: paulw am 22.Feb.16 um 07:09 Uhr
aber wie schafft es der Pilz in der Natur so kräftig zu bleiben, gerade auf den ja kaum Organisches enthaltenden Rohböden wo Dactylorhizza ja teils sehr dicht, unter 5cm Abstand keimt?
Kann es sein das die Mineralische Komponente ausgeht?

Ja, die Frage habe ich mir auch schon gestellt.
Auch die Keimpilze für Ophrys und Himantoglossum leben in Böden mit extrem wenig organischem Material.
Ich denke, diese Pilze ernähren sich anders als unsere typischen Keimpilze B1 und A36. Wahrscheinlich nehmen sie viel mehr anorganische Nährstoffe auf.
Der B1 wird ja auch durch anorganische Nährstoffe gut gefördert, wie Claus bei der Aussaat auf Holz festgestellt hat. Das klappt ja nur, wenn man Dünger dazu gibt.

Wenn ein Pilz im Wesentlichen von anorganischen Nährstoffen lebt, hat er in der Natur viel Volumen, um sie zu erschliessen, wie Tyr erwähnt.

Wenn in situ viel organisches Material im Boden enthalten ist, keimen kaum noch Orchideen (Ausnahme sind jedoch Orchis pallens). Dort werden offensichtlich die normalen Orchideenkeimpilze dann von anderen Pilzen verdrängt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)