Aussaat Cypripedium calceolus

Begonnen von Claus, 25.Sep.08 um 23:10 Uhr

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Claus

Hallo,
vor längerer Zeit habe ich mich mit der Aussat von Cypripedien beschäftigt. Wie immer bei neuen Gattungen muss man erst etwas üben. Aussaat aus reifen Samen kann schwierig sein, besser ist Grünaussaat.

Inzwischen drängeln sich die Sämlinge in den Gläsern. Eigentlich wollte ich sie noch länger wachsen lassen, aber dazu müsste ich sie erst noch einmal umlegen; denn die Böden sind zwar noch nicht ausgelaugt, aber sie zeigen schon Zeichen von Phenolbildung, und da muss man den Boden wechseln.

Nun waren aber die Wurzeln - wie man sieht - schon recht lang und in den Gläsern sehr verworren. Da ich so viele Gläser mit Cypripedien habe - denn wenn es erst klappt, dann immer in Massen - habe ich gegen den Rat eines Freundes und gegen innere Überzeugung schon einmal zwei Gläser auspikiert. Hier sieht man den Stand:

Es fehlt der Cent, aber der Teller ist so groß wie bei Serapias cordigera abgebildet. Die kleinen Triebspitzen sind schon grün, und es haben sich teilweise schon viele Verzweigungen gebildet, das liegt an den Hormonen, die zur Keimung notwendig sind.

Auspikiert habe ich
1. auf Floraton 3
2. auf das schon genannte Cypripediensubstrat.

Die Töpfe stehen zunächst in einer geschlossenen Kunstoffbox in 100% Luftfeuchte. Sie bleiben über den Winter draußen auf dem Balkon und werden nur hereingeholt wenn Frost eintritt. Das passiert hier oben bei uns gar nicht so oft.

Andere Gläser werde ich in den Kühlschrank stellen.

Zur Zeit habe ich Sämlinge ähnlich den oben abgebildeten von C. reginae (Aussaat reifer Samen) und C guttatum (dito). C. macranthos (Grünaussaat und reife Samen) ist hartnäckiger, will entweder nicht keimen oder geht dann rasch wieder ein. Noch in den Aussaatgläsern habe ich einige wenige Sämlinge von C. flavum (reife Samen), deutlich mehr von C. tibeticum (Grünaussaat) und Massenkeimung von C. fasciolatum (Grünaussaat). Dank an die Spender der Samen!

Übrigens, die für Cypripedien oft empfohlenen Nährböden nach Bill Steele verwende ich nicht mehr, meine selbst gemixten haben sich besser bewährt. Ich glaube das liegt an der Stickstoffkombination von Caseinhydrolysat, Aminosäurelösungen und Nitraten.

Zur Zeit teste ich Böden zum Umlegen, die à la Svante Malmgren Kokoswasser, Ananassaft und/oder Kartoffelextrakt enthalten. Bei allen Arten, bei denen ich das schon probiert habe, sind die Ergebnisse sehr gut.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Hallo Claus!

ich wollte mal fragen wie es denn so aussieht.
Meine letztjährigen Aussaaten (alles reife Samen) verliefen ja alle nicht so toll.
Die einzige Art die man einigermaßen reif aussäen kann ist ja reginae.
Alles andere funktioniert fast gar nicht.
Meine Versuche mit Schwefelsäure brachten auch nicht die gewünschten Erfolge.
Dieses Jahr werde ich mich mehr mit Grünaussaaten befassen.
Leben denn von Deinen Aussaaten noch ein paar Pflanzen?
Bzw. haben sich Deine Substrate bewährt?

Claus

Hallo Michael,

von meinen Aussaaten sind C. reginae und guttatum aus den Gläsern genommen und träumen zur Zeit bei +4 Grad im Kühlschrank von besseren Zeiten. Einige calceolus folgen demnächst, allerdings kriege ich da nicht mehr die notwendigen 3 Monate Kühllagerung zusammen, da wir ja schon Mitte März haben.

Einige C. reginae, calceolus und guttatum sind bereits in Töpfen auf verschiedenen Substraten und stehen kalt auf dem Balkon. Da ist bisher kaum etwas eingegangen, und bei einigen zeigen sich bereits kleine Austriebe.

Sehr viele C. calceolus habe ich gerade umgelegt, die stammen von der Massenkeimung der Grünaussaat von August 2008. Dabei sind einige sehr schön große Exemplare, die jetzt Wurzeln entwickeln und die ich sicher Ende des Jahres in den Kühlschrank stecken kann.

In einigen Gläsern treiben - wie schon beschrieben - einige Pflanzen zur Zeit voll aus. Ich werde die herauspicken und auspikieren - da hilft ja nichts. Das kommt davon, wenn man die Gläser auf dem Balkon überwintert.  :-D

Dann habe ich noch in Reagenzgläsern ganz wenige Exemplare von C. flavum, reife Saat, die keimten fast nicht. Von C. passerinum (reif) habe ich 3 Protokorme! C. macranthos keimte unterschiedlich, aber die meisten Sämlinge gingen direkt nach dem Umlegen ein. Ich müsste mal schauen, ob noch etwas überlebt hat.

In Umlegegläsern sind außer den schon genannten noch C. tibeticum und C. fasciolatum, beides Grünaussaat mit guter Keimung (tibeticum) bzw. Massenkeimung (fasciolatum). 
Keine Keimung hatte ich bei C. arietum (reif), C. parviflorum (reif), C. montanum (grün war zu unreif, reife Samen keimten nicht, auch nicht nach H2SO4-Behandlung).

Als Nährböden kann ich weiterhin mein letztes Rezept sehr empfehlen und da immer wieder die Variante mit 10% Kokoswasser und 0,2 ppm BAP. Und die Grünaussaat ist unübertroffen in ihrem Erfolg, falls die Samen die richtige Reife haben. Das ist oft Zufall.

Ja, das ist der heutige Stand. Ich habe zwar mehr oder weniger gute Keimerfolge, aber die Bewährung mit dem Auspikieren steht ja noch aus. Was mir aber anhand der Pflanzen in den Töpfen schon jetzt klar ist, Neudohum wird es nicht sein.

Meine negative Einstellung zu Neudohum kennt ihr inzwischen bis zum Abwinken. Ich will damit nicht sagen, dass ich das zum Prinzip gemacht habe. Schließlich läuft Neudohum immer parallel mit und ich habe gerade wieder 70 l Pflanzerde gekauft.

Ich bin auch kein Dogmatiker, das kann niemand behaupten, ich suche immer den optimalen Prozess. Das habe ich auch in meinem Beruf immer wieder bewiesen, als ich chemische Prozesse kritisch untersucht habe, die Vor- und Nachteile verglichen habe, um schließlich ein Optimum zu erreichen. Dadurch durfte ich dann auch 32 Mio. für "meinen" neuen Betrieb ausgeben.

Bezüglich Neudohum will ich einmal versuchen, das auf hoffentlich neutrale Art zu erklären. Neudohum ist ganz stark organisch dominiert und durch seine stickstoffbetonte Aufdüngung ideal zum Antreiben von Pflanzen. Wenn man einmal die Standortböden von Erdorchideen betrachtet, so wird man dergleichen nicht finden.

Falls also die Pflanzen keine Infektion bekommen (oder von den Trauermücken attakiert werden), dann erreicht man typischerweise ein starkes Wachstum, und die Pflanzen machen ihren normalen jahreszeitlichen Rhythmus durch. Ob das mit den "Schutzpilzen" so seine Richtigkeit hat, kann ich nicht beurteilen, ich selbst habe diese Wirkung bisher nicht erlebt.

Neudohum ist gut, falls die Feuchte des Substrats optimiert wurde: Nicht zu feucht und nicht zu trocken - und das auf Dauer. Bei Kultur ohne Schutzfolie oder hohe Luftfeuchte im Gewächshaus trocknet das Material schnell aus und ist dann nicht mehr gleichmäßig anzufeuchten, es bildet dann nasse Nester. Ist es zu nass, faulen die Sämlinge mit traumwandlerischer Sicherheit, von daher stelle ich die "Schutzpilze" infrage. Ich werde aber eine ganze Reihe von Dacyts in den nächsten Tagen auf Neudohum legen und erwarte da eine gute Entwicklung, weil die Dacyts ein organisches Medium eher vertragen oder sogar wollen.

Nun ist die Frage nach dem optimalen Substrat immer noch offen. Meine früheren Gemische aus Seramis, Perlite, Rindenhumus, Kiefernrinde, Dolomit und zerrupftem Moos sind offenbar für Dactys und Pleionen gut geeignet, sonst offenbar für nichts. Perlite scheint mir auch nicht das Maß aller Dinge zu sein, vielleicht hält es auch nur die Feuchtigkeit zu stark, was dann zu Fäulnis führt.

Recht gut scheint dieses käufliche Cypripediensubstrat zu sein, eine Garantie ist es auch nicht. Wenn es trocken wird, sieht man die starken Salzausscheidungen, die können eigentlich nur aus dem anorganischen Anteil stammen, und das ist Bims. Merkwürdig. Oder ist es die Düngung?

Dann kommt Sand + Lehm. Ich bin noch nicht bei Manfred, dazu sind die Versuche noch zu kurze Zeit im Test. Allerdings zeigt das sterilisierte Gemisch von Sand + Lehm bisher recht gute Ergebnisse. Jetzt folgt ein großer Test mit vielen Arten und Löss + dem roten Sand von Manfred. Dabei ist natürlich wichtig, dass diese Gemische aufgedüngt werden, entweder mit eigener Rezeptur oder eben dem empfohlenen Compo oder Floragard Blühpflanzendünger. Jedenfalls hat die Analyse des Löss gezeigt, dass die Gehalte an Mangan sehr hoch sind - und das hat ja auch Otto Möller an Standortböden so gefunden.

Ich denke es reicht für heute. Euch sicher auch!  :wink

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann


Berthold

Zitat von: Claus am 10.Mär.09 um 23:06 Uhr
Was mir aber anhand der Pflanzen in den Töpfen schon jetzt klar ist, Neudohum wird es nicht sein.
Meine negative Einstellung zu Neudohum kennt ihr inzwischen bis zum Abwinken. Ich will damit nicht sagen, dass ich das zum Prinzip gemacht habe. ... Ich bin auch kein Dogmatiker, das kann niemand behaupten, ich suche immer den optimalen Prozess.
Viele Grüße
Claus

Claus, hast Du Dir mal die Geschichte von Martin Luther angeschaut?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Charlemann

Na, ich tippe der Claus hat ein Regulierungsproblem mit der Feuchtigkeit.
Wenn er das einmal in den Griff bekommen sollte, wird er auf den Stoff genauso schwören wie andere.

Volzotan

Ich kann Claus da sehr gut verstehen, bei mir funktioniert das auch nicht so reibungslos wie bei Rudolf.
Bis auf ein Rhizom sind mir letztes Jahr alle reginae in Neudohum abgefault, mit 30% Anorganischen zusätzen scheint sich das aber zu verbessern. Wenn mein Gewächshaus dann in den nächsten Wochen fertig wird werde ich sehr viel auspikieren und dann immer Sand+Lehm mit Blühpflanzendünger und Neudohum mit 30% Perlite+Seramis gegenüberstellen.
Es werden auch calceolus und parviflorum auspikiert. Ich zeige dann Bilder.

Gruß Volzotan

Claus

Wir sollten hier keine Politik wie zwischen NPD und DIE LINKE machen, das bringt ja nichts. Ich habe aus den letzten Jahren selbst auch positive Beispiele zu Neudohum. Aber das Substrat ist mir nicht sicher genug - ganz einfach. Und nur, um es zur Anzucht von Pflanzen zu nehmen, die ich dann gleich wieder umpflanzen muss, ist mir zu unpraktisch. Da lasse ich die Sämlinge lieber ein Jahr länger im Glas, dann bekomme ich auch große Pflanzen - ohne Risiko.

Viele Grüße
Claus

Dazu unten mal ein Beispiel:
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Was ist denn wenn wir Deinen Sand mit NeudoHum mischen?
Ich sag jetzt mal 1:1, könnte das denn funktionieren?

Claus

Du Michael,
ich habe gar keinen Sand, das ist eine Leihgabe von Manfred.  :whistle :whistle

Nee, im Ernst, ich muss hier mal zum örtlichen Sand- und Kieshändler fahren und mal sehen, was der so an Körnungen da hat. Ich denke, so ganz fein sollte er auch nicht sein. Die Sache mit dem Böhmesand hat mir gereicht.

Mir gefällt auch der Vorschlag von Manne in einem anderen Forum, wie man Dactys im Garten ansiedelt: 1/3 Lehm, 1/3 Sand, 1/3 Weißtorf in einer Grube von 25 cm Tiefe. Ggf. aufkalken. Das probiere ich einfach mal aus. Wenn es nicht funktioniert können wir ihn ja immer noch beschimpfen.  :tsts :tsts :tsts

Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Zitat von: Claus am 11.Mär.09 um 22:42 Uhr
Du Michael,
ich habe gar keinen Sand, das ist eine Leihgabe von Manfred.  :whistle :whistle

Mensch Claus, das geht ja gar nicht!

Ich hab´hier in der Erde so einen rötlichen Sand (Tonanteil?)
Sah so der Sand von Manne aus?
Wenn ja, kannst Du Dir gerne ein paar Eimer abholen kommen.

Berthold

#11
Zitat von: Claus am 11.Mär.09 um 22:42 Uhr
Mir gefällt auch der Vorschlag von Manne in einem anderen Forum, wie man Dactys im Garten ansiedelt: 1/3 Lehm, 1/3 Sand, 1/3 Weißtorf in einer Grube von 25 cm Tiefe. Ggf. aufkalken. Das probiere ich einfach mal aus. Wenn es nicht funktioniert können wir ihn ja immer noch beschimpfen. 
Grüße
Claus

Claus, das funktioniert bestimmt. Du kann sie aber einfach auch so in den Boden pflanzen, wenn es nicht gerade schwarzer aufgedüngter Gemüsebeetboden ist (darin wächst nur Dactylorhiza praetermissa und wenn er richtig nass ist auch noch Dact. majalis).
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Volzotan

Jetzt bin ich dran,
ich habe mir vom einem großen "Abraumberg" am Kloster Scheftlarn einen Sack Kies-Lehm gemisch mitgenommen, dürfte wohl auch recht viel Kalk enthalten, ist schließlich Alpenvorland.
Hab erstmal 7 Rhizome in einem Gemisch aus 4 Teilen Sand+ 1 Teil ausgesiebtem Lehm begraben.
Unten noch ein Bild von etwas mit der Hand zur Kugel gepresstem Lehm, es ist ein recht schweres dichtes Zeug. Ich habe Mauersand 0-2mm genommen das erschien mir besser als der ganz feine Saharasand.

Neudohum als Vergleichssubstrat kommt nächste Woche, ich hoffen im beschatteten Gewächshaus verhält sich das Neudohum besser als im Innenraum bzw im schnell überhitzenden Folienhaus.

Gruß Volzotan


Erwin

Hallo,
dieser Becher ist mir letzte Tage in die Hände gefallen. Was haltet ihr davon? Ich habe die Pflanzen gestern in mein Standard Substrat überführt.
Erwin

Berthold

sehen gesund und gut aus.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)