Artenschutzbestimmungen

Begonnen von Uhu, 05.Jan.09 um 13:15 Uhr

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Uhu

Hallo,

unsere Schützlinge, Pfleglinge und "Nachkommen" unterliegen dem Artenschutz. Ich möchte mit diesem Thema Eure bisherigen Erfahrungen diesbezüglich nachfragen. Meines Wissens nach sind dafür die Oberen Naturschutbehörden bei den Regierungspräsidien zuständig. Ich habe vor meine Bestände und Nachzuchten dort anzumelden. Kurz zum Hintergrund.

Die untere Natruschutzbehöde (Kreisebene) hat mich im letzten Frühjahr im Rahmen eines Nachzuchtprojektes mit der Samenentnahme und Aussaat an neuen/erloschenen Standorten, sowie in vitro der hier vorkommenden Anacamptis morio beauftragt. Die Aussaat ist so gut aufgegangen, dass ich nicht alle Sämlinge aus Zeitmangel weiterbringen konnte. Ich hätte gerne zum Erdorchideentag in Stukenbrock einige "Überschüsse" mitgenommen und an Interessierte weitergegeben. Da hieß es von Seiten der UNB: geht nicht, muss die ONB genehmigen.

Ich habe auch in Zukunft vor Nachzuchten durchzuführen und Überschüsse abzugeben. Zunächst werde ich mal meine Kaufbescheinigungen über erworbene Mutterpflanzen von bekannten Gärtnern zur ONB schicken. Falls jemand diesbezüglich Erfahrungen gemacht hat, wäre mir das hilfreich. Insbesondere die rechtliche Stellung des Samentauschs würde mich interessieren.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

Dieter

hallo Jürgen,
eigentlich wollte ich zu dem thema schweigen,
weil es "notfalls sehr delikat" werden kann.

ich halte mich an eine lebensweisheit meiner oma:

wecke keine schlafenden hunde.   :spinnt

alllerdings sind die dafür zuständigen leute
alle im beamtenstatus und deshalb ziemlich überlastet.
insofern ist keine gefahr im verzuge.............

aber ich wünsch dir viel glück,
von erfolg reden wir später............


Erwin

@Jürgen
Grundsätzlich gelten die: Verordnung (EG) Nr.338/97 vom 9.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels
und
Verordnung (EG) 1808/2001 vom 30.8.2001 mit Durchführungsbestimmung zur Verordnung(EG) Nr. 338/97 des Rates über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels.
In dieser Verordnung und der dazugehörigen Durchführungsbestimmung steht im Artikel 32 b) und im Artikel 8 (6) das künstlich vermehrte Pflanzen und deren Nachwuchs von den Bestimmungen ausgenommen sind. Das ist kein Zitat sondern eine Zusammenfassung von mir, dort steht selbstverständlich viel mehr.
Also der Gärtner der eine künstlich vermehrte Pflanze erwirbt, sie kultiviert, den Nachwuchs vermehrt, unterliegt nicht den WA-Richtlinien.
Weiteres ist bei Bedarf in den beiden Verordnungen nachzulesen.  :-D

Erwin


Charlemann

Zitat von: Erwin am 09.Jan.09 um 17:47 Uhr
Also der Gärtner der eine künstlich vermehrte Pflanze erwirbt, sie kultiviert, den Nachwuchs vermehrt, unterliegt nicht den WA-Richtlinien.

Genauso ist es!
Wenn ich also meine Orchideen in meinem Garten ernte und aussäe, kann ich damit machen was ich will.
Heikel wird es erst, wenn ich Samen von Orchideen aus der Natur nehmen würde.
Dieses ist aber ohnehin verboten!

Es ist diese Grauzone, die einiges so undurchsichtig macht.

Uhu

#4
danke allen für Anregungen und Kommentare zu diesem besonderen Thema

Zitat von: dieter am 09.Jan.09 um 17:01 Uhr
...
wecke keine schlafenden hunde.   :spinnt

alllerdings sind die dafür zuständigen leute
alle im beamtenstatus und deshalb ziemlich überlastet....

nee, keine Sorge; ich befürchte nicht zukünftig aus rechtsstaatlischer Obhut hier lesen und schreiben zu müssen.

Ich bin in der Gegend auch wegen meines Hobbys gut bekannt. Habe in den 80er Jahren meine Dactylorhiza Zucht bei der ONB angemeldet, da ich bevor Obi und Gärtner Pötschke diese im Angebot hatten Nachzuchten weitergegeben habe. Zu der Zeit war ich Leiter der BUND-Ortsgruppe. Ich war dadurch auch immer mit Biotoppflege befasst und wollte falschen Verdächtigungen vorbeugen.
Die ONB war 1x in meinem Garten und hat sich alles angeschaut. Ich sollte ein Zuchtbuch führen, darin alle Abnehmer namentlich aufführen. Zu der Zeit hat auch Erich Maier mal für kurze Zeit notiert, wem er welche Pflanzen abgegeben hat. Danach habe ich von der oberen Naturschutzbehörde nie wieder etwas gehört und nichts mehr hingeschickt. Da auf Raritätenmärkten/-börsen in den letzten 3 Jahren nie jemand meinen Namen als Käufer aufgeschrieben hat, dürfte sich in der praktischen Handhabung gesetzlicher Vorgaben einiges geändert haben.

Ich will die meine Nachzuchten auch deshalb anmelden, da ich inzwischen mehrfach Samen vom Naturstandort im Auftrag ausgesät habe - bei Gelingen erhalte ich davon 30% für mich grins grins grins
Neuerdings möchte mich der Botanische Garten mit Aussaaten von Erdorchideen beauftragen. Da darf ich mir zunächst wünschen, welche in Hessen besonders gefährdete Arten ich säen will. Die Chance kann ich mir doch nicht entgehen lassen. Mit einer Meldung und Genehmigung durch die ONB dürfte ich später Samen und Pflanzen davon weitergeben.

Meine Unterlagen müssten bei der Behörde angekommen sein. Ich halte Euch über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 10.Jan.09 um 13:26 Uhr
Da darf ich mir zunächst wünschen, welche in Hessen besonders gefährdete Arten ich säen will.
Gruß Jürgen

Jürgen, hat es nicht mal Orchis robusta in Hessen gegeben oder sind die schon ausgestorben oder Orchis palustris?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

Zitat von: Berthold am 10.Jan.09 um 13:38 Uhr
... hat es nicht mal Orchis robusta in Hessen gegeben oder sind die schon ausgestorben oder Orchis palustris?

:-D :-D :-D

muss vor der letzten Eiszeit gewesen sein; vielleicht wehen ja mit einem kräftigen Südwestwind mal wieder ein paar Samen rüber und bleiben am Steilhang der Sandgrube hängen; dort gibt es seit wenigen Jahren Anacamptis pyramidalis.

Der Garten in Soller hat letztes Jahr auf eine Anfrage leider nix rausgerückt. Wie sagte schon immer Dieters Oma:
steter Tropfen höhlt den Stein :thumb

A.palustris ist in Hessen vor 1900 ausgestorben. In Rheinland-Pfalz gibt es angeblich nur noch einen Standort. Ich kenne diesen jedoch selbst nicht, dort soll auch noch Gladiolus palustris wachsen. Samen von dort ständen aber ganz oben auf meiner Wunschliste. Insbesondere da die Gattung ANacamptis auf dem von mir verwendeten "Allerweltsboden" P6668 gut keimt und sich entwickelt.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 10.Jan.09 um 13:50 Uhr
A.palustris ist in Hessen vor 1900 ausgestorben. In Rheinland-Pfalz gibt es angeblich nur noch einen Standort. Ich kenne diesen jedoch selbst nicht, dort soll auch noch Gladiolus palustris wachsen. Samen von dort ständen aber ganz oben auf meiner Wunschliste. Insbesondere da die Gattung ANacamptis auf dem von mir verwendeten "Allerweltsboden" P6668 gut keimt und sich entwickelt.

Gruß Jürgen

A. palustris machst Du besser auf B1, das geht ganz einfach. kannst Du sogar während des Bereitschaftsdienstes machen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

#8
Hallo,

inzwischen hat sich die ONB bei mir gemeldet und meine Pflanzen in Augenschein genommen. Pflanzen spielen bei der oberen Naturschutzbehörde nur eine Nebenrolle. Dort ist man mit den Reptilien-, Papageien- und Wildvogelzüchtern gut ausgelastet.
Alle Orchideen aus künstlicher Vermehrung unterliegen nicht den Ausführungen der Artenschutzgesetze. CITES wird nach Washingtoner Artenschutzgesetz nur für die Einfuhr in die EU benötigt.
Unserer Erdorchideen können wir nach Lust und Laune kultivieren und vermehren. Es wäre jedoch nicht schlecht sich bei Käufen Nachweise des legalen Erwerbs aus Nachzucht geben zu lassen. Es besteht KEINE Melde- und/oder Buchführungspflicht. Also keine lästige Dokumentation der Pflanzen- und Samenabgaben :classic

Die Behörden in diversen Bundesländern handhaben das anscheinend sehr unterschiedlich. Es hat in der Vergangenheit anscheinend schon Hardliner-Beamte gegeben, die Pflanzenbestände beschlagnahmt haben. Ich hoffe mit meinem Vorstoß in sofern einen Präzidenzfall geschaffen zu haben. Bei Problemen mit Naturschutzbehörden dürfte mit Hinweis auf die praktische Handhabung in Hessen ein Anspruch darauf bestehen, nicht anders behandelt zu werden. Grundlage sind schließlich die europäische Artenschutzverordnung und das Bundesnaturschutzgesetz.

Zitat von: Uhu am 10.Jan.09 um 13:26 Uhr

Ich will die meine Nachzuchten auch deshalb anmelden, da ich inzwischen mehrfach Samen vom Naturstandort im Auftrag ausgesät habe - bei Gelingen erhalte ich davon 30% für mich grins grins grins


Bei Nachzuchten von Naturstandorten war ich jedoch zu optimistisch. Eine Samenentnahme ist nur für wissenschaftliche Zwecke oder Wiederansiedlung erlaubt. Ich darf also nichteinmal Kinder/enkel der von mir erzeugten Nachzuchten behalten. Aus der A.morio-Nachzucht werde ich also endgültig ein "wissenschaftliches" Projekt machen. Ein Vergleich der Lebensdauer des einzelnen Individumms bei Topf- und Freilandkultur fehlt bei diesem Standort noch :-D

Für die Genehmigung einer Samenentnahme vom Standort ist die Untere Naturschutzbehörde zuständig. Falls es sich bei dem Standort umd ein Naturschutz- oder FFH-Gebiet handelt, ist die ONB zuständig.
Die bei mir zuständige ONB ist sehr umgänglich. Für mein neu beantragtes Projekt wurde ein Prüfungs/Genehmigungsverfahren ohne unnötige Schwierigkeiten in Aussicht gestellt. Die UNB hat mich für dieses Jahr ebenfalls mit einer weiteren Nachzucht der örtlichen Morios beauftragt.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

Claus

Zitat von: Uhu am 22.Feb.09 um 14:15 Uhr
Ich darf also nichteinmal Kinder/enkel der von mir erzeugten Nachzuchten behalten.

Jürgen, die werden auch ganz genau abgezählt!  :yes :whistle :yes :whistle

Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Uhu

Na klar, genau gezählt und dokumentiert; falls ich Samenansatz nicht verhindern kann kommt Manfreds Rohbodenthese zum Zuge. Von wem Aussamungen abstammen kann ich dann leider :-p nicht mehr sagen
Grüße Jürgen

Alexa

Danke für die Info Jürgen. Interessant...

purpurea †

Zitat von: Uhu am 22.Feb.09 um 17:23 Uhr
Na klar, genau gezählt und dokumentiert; falls ich Samenansatz nicht verhindern kann kommt Manfreds Rohbodenthese zum Zuge. Von wem Aussamungen abstammen kann ich dann leider :-p nicht mehr sagen
Hallo Jürgen
Nichts gegen Herr Mannes These.
Aber ich glaube es denken nicht alle so darüber.
Ich möchte hier ganz kurz Otto Möller zitieren.
Nachzulesen in der DOG Heft 1 Jahrgang 2001
"Möchte man Orchideen über lange Zeit im Garten kultivieren und sollen dabei auch Jungpflanzen aufwachsen können, müssen bei Knollenorchideen geeignete Grässer und Kräuter, sowie Büsche und Bäume bei den Cypripedien den Boden durchwurzelt haben. Durch dauernden Schnitt kann man diese Bäume zwergig halten damit sie nicht so viel Platz weg nehmen."""
Ich habe noch mehrere Artikel vorliegen.
Sollte das Argument kommen wie es mit Sämlingen steht die Herr Möller nicht angesprochen hat so muss ich sagen das ich nicht an diese Rohbodenthese glaube.- Oder die Sämlinge müssten dann auf Wanderschaft gehen.
Und ich denke das weiss auch Herr Manne der ja ein Freund von Herrn Möller ist.
Gruss Rudolf
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Manne

Hallo Jürgen,
manchmal gibt es ja auch Ostwind. Der muß dann über die reichen O. palustris
Vorkommen in Sachsen-Anhalt und Thüringen bevor er bei Euch ankommt.
Immer daran denken "Versuch macht klug".
Beste Grüße Manne

Uhu

Hallo Rudolf,

bei der Besiedlung neuer Standort scheinen vegetationsarme Böden tatsächlich eine Rolle zu spielen. Otto Möller berichtete mal von einer Entbuschungsaktion nach der Orchis mascula in größeren Mengen hochgekommen sind. Ich werde beides versuchen. Wie Du gesehen hast, habe ich genug Platz für solche experimente. Der neue Magerrasen kann dann zeigen was er kann. Ein paar Linum, Carlina, Pulsatilla und Gentiana habe ich schon mal auf Lücke gesetzt. Einen Wachholder habe ich auch bereits. Der bekommt auch noch einen Partner.

Als Ergebnis stelle ich mir nach längerer Zeit einen 1-schürigen Magerrasen mit einigen Arten neben den orchideen vor. Auch über Wiesenpilze würde ich mich freuen. An anderem Ort wurde mir die reproduzierbarkeit der gezielten Ansaat von Dactylorhiza an Schnittlauch ebenfalls nicht geglaubt.

Ich versuch es einfach und hoffe auf Ergebnisse, von denen ich berichten kann.
Gruß Jürgen

@Manne, hier beißen zwar die Forellen bei Ostwind nicht, hab die ANgelei wegen Erfolglosigkeit längst eingestellt. Also immer her mit dem Ostwind grins
Grüße Jürgen