Schon wieder eine Frage

Begonnen von Sigrid von Goldacker, 25.Apr.09 um 00:07 Uhr

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Sigrid von Goldacker

an die Fachleute in diesem Forum:

Mitte April o9 wurde mir per PN die Frage gestellt, was ich wohl unter einer

- tipo
- semi-alba
- aquinii
- concolor
- albescens

verstünde. Was ich persönlich als "alte, bunte Kuh" darunter verstehe, braucht
ja längst nicht mehr richtig zu sein, deshalb meine Frage. Am vergangenen
Wochenende habe ich die Frage in Niedernhausen ansprechen und feststellen
können, daß meine Ansicht immer noch richtig ist, aber   n u r   
w e i t g e h e n d .

Ich bitte um Mithilfe.

MfG
Sigrid

Sigrid von Goldacker

Zitat von: Sigrid von Goldacker am 25.Apr.09 um 00:07 Uhr
an die Fachleute in diesem Forum:

Mitte April o9 wurde mir per PN die Frage gestellt, was ich wohl unter einer

- tipo
- semi-alba
- aquinii
- concolor
- albescens

verstünde. Was ich persönlich als "alte, bunte Kuh" darunter verstehe, braucht
ja längst nicht mehr richtig zu sein, deshalb meine Frage. Am vergangenen
Wochenende habe ich die Frage in Niedernhausen ansprechen und feststellen
können, daß meine Ansicht immer noch richtig ist, aber   n u r   
w e i t g e h e n d .

Ich bitte um Mithilfe.

MfG
Sigrid


Hallo,

es kann doch nicht sein, daß es in diesem Forum, das gern ein Fachforum sein
möchte, keine Leute gibt, die sich zu vorerwähnten Formen irgendwie äußern
könnten?

MfG
Sigrid

Jeanne

Liebe Sigrid,

damit dieses schöne Thema in Gang kommt, würde ich vorschlagen, wenn Du einverstanden bist, erkläre Du uns was Du unter tipo verstehst.
Hoffentlich melden sich daraufhin die Experten um Deine These zu diskutieren.

Liebe Grüsse
Jeanne

Carsten

Na gut:

tipo ist eine "typische" Farbform, wie sie die entsprechende Art normalerweise zeigt. Bei Cattleya intermedia wäre das die Form mit rosa/purpur gefärbten Petalen und Sepalen sowie rosa Lippe mit dunkel gefärbtem Lippenvorderlappen. Das Rosa der Blüte kann von kaum wahrnehmbar bis kräftig variieren.
Semi-alba hat eine rein weiße Blüte, bei der auschließlich die Lippe Antocyaninfarbstoffe (Rosa/Purpur/Lila/Violett) enthält.
Aquinii ist eine pelorische Form von Cattleya intermedia, bei der die Petalen analog zur Lippe ausgebildet sind. D.h. die Petalen sind nach vorn geneigt, intensiv gefärbt, und deuten in Umriß und "Wölbung" die Form der Lippe an. Die Bezeichnung aquinii wird inzwischen auch auf andere Arten angewandt. Übergänge zu flammeas sind fließend.
Bei einer concolor hat die Lippe die gleiche Grundfarbe wie die Petalen und Sepalen. Ich glaube, es gibt sehr viele quasi-concolors und falsche concolors und nur sehr wenige, die dieses Kriterium wirklich erfüllen.
Albescens: Finde ich schwierig. Ich habe eine Definition für C. intermedia gefunden, wo weißgrundige Blüten mit sehr wenigen Purpurnen Punkten auf Tepalen und Lippe als albescens bezeichnet werden. In meinem Verständnis war das immer eine "quasi-alba" mit wenig, kaum wahrnehmbarer Färbung. allerdings, C. leopoldii Centro de Esmeraldo habe ich auch als albescens bezeichnet gesehen, mit seiner fast weißen Lippe und den normal gefärbten Tepalen. Was dem einen seine albescens, ist dem anderen seine suave, suavissima, amoena oder amesiana.

Viele Grüße, Carsten

Jeanne

Vielen Dank, Carsten, für Deine Erklärungen.
Da concolor gleichfarbig bedeutet, darf dann die Lippe farblich keinen Kontrast zu den Sepalen/Petalen aufweisen?

Liebe Grüsse
Jeanne

Frodo

Hi Jeanne,
concolor Typen, die grade bei den Cattleyen/Laelien überaus selten sind: haben typischer Weise den meist gelben Lippen-Schlund, wie er auch bei albinos oder semi albinos auftritt.

Hier ein Beispiel aus der walkeriana Ecke:

Gruß,
Jb
My Flickr Stream:

http://www.flickr.com/photos/10293393@N02/?saved=1

Die Halb-Wahrheit des Tages:
"Hybridizing is like doing wood sculpture with a shotgun" Ross Hella, 2008

(Gott, mein Deutsch ist schlimmer als mein English)! :ka

Sigrid von Goldacker

Hallo Carsten,
hallo Frodo,

zum Thema ... concolor werde ich jetzt erst einmal matucana bitten, seine
Recherche zur L. lobata "Jenny" hier einzustellen. Hoffentlich hat er sie
noch in seinem Computer.

MfG
Sigrid

Frodo

okaaaaaaaayyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyyy..... das scheint interessant zu werden! :thumb
Hallo Sigrid,
da ich selbst zu denjenigen gehöre die sich selten mit oberflächlichen Antworten zufrieden geben: darf ich hier gleich zum Thema lobata Jenny eine frage anfügen???

Ich habe mich selbst mit lobata, und im Besonderen dem Kultivar "Jenny" lange beschäftigt, und hierüber langatmige Kontakte in Brasilien geknüpft. Sollte es solche hier geben: hätte ich eine sehr spezielle Frage an die Genetiker, welche mir bisher niemand (innerhalb wie außerhalb Brasiliens) beantworten konnte. #

Alle "Jenny" die mom. in Kultur sind, sind Meristeme des Orginal-Clons. Ich gehe davon aus das es weltweit nicht mehr als 10-20 echte Teilstücke dieser "Einmaligkeit" geben dürfte. Jenny als Kultivar ist (in Original) eine wüchsige (wüchsiger als jeder "Tipo" Kultivar) Absonderlichkeit, welche, anders als ihre Meristeme, extrem vielblütig ist.
Die Frage ist:
Wie kann es sein das eine genetisch identische Pflanze (Meristem) grundsätzlich weniger Blüten pro Rispe macht: als das Ausgangsmaterial??? Bei Jenny ist es beschriebener Weise so, das der Original-"Typus" grundsätzlich 3-4 Blüten mehr pro Rispe macht, als die Meristeme, welche mittlerweile seit 20 Jahren in Kultur sind, und somit als Pflanzen so adult sind, das ein Vergleich mit der Orginal-Pflanze durchaus, und schon lange gerechtfertigt ist.
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"Hybridizing is like doing wood sculpture with a shotgun" Ross Hella, 2008

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Jeanne

Hallo Frodo,

weisst Du vielleicht ob die 'Jenny' eine 4N ist?

Liebe Grüsse
Jeanne

Frodo

Hi Jeanne,
ich denke das können wir ausschliessen!
Das war eine meiner ersten Fragen, die ich gestellt habe als ich die damalige Korrespondenz angefangen habe. 4n bedeutet zu 99% das sowohl Pflanze, als auch Blüten in ihrer Morphologie verändert sind... L. lobata Jenny ist vom Habitus nicht von einer "normalen" lobata zu unterscheiden, wobei ich persönlich noch keine Original-Pflanze (Teilstück) gesehen habe, doch:
Da weltweit bisher niemand offiziell ein Wurzel-Präparat angelegt hat: gehe ich davon aus das Jenny eine normale lobata ist, was den C.-Count angeht...

Gruß,
JB
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Frodo

Nachtrag zu Carstens Post:

es ist einigermaßen seltsam, doch:

Jede der bekannten Cattleya oder Laelia Arten (und aus Südamerika stammt der Bergriff "TIPO") war eine "normalfarbige", meist also rosa-lastige Entdeckung.
Der Begriff Tipo ist somit mit der Original-Beschreibung einer jeweilige Art verbunden. Wäre nur z.B. Cattleya labiata als erstes in weiß oder "blau" entdeckt worden: wäre der Tipo somit eine albino, oder eine coerulea Form. Doch technisch: gibt es sowas nicht!!! Heute wird Tipo IMMER auf die farbliche "Nominalform" bezogen...
Auch, und dies ist interessant: bezieht sich die von Sigrid angefragte Definition fast ausschließlich!!! auf Brasilianische Arte, und findet auf lets say Paphiopedilum oder Dendrobien keinerlei Anwendung, ja selbst innerhalb Brasiliens, ja innerhalb der dortigen Arten!!! ist die Definition tw. fragwürdig, oder anders!

Gruß,
The Hobbit
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Lisa.

Zitat von: Frodo am 27.Apr.09 um 20:15 Uhr
Wie kann es sein das eine genetisch identische Pflanze (Meristem) grundsätzlich weniger Blüten pro Rispe macht: als das Ausgangsmaterial???

Hallo,

leider weiß ich über Genetik auch nicht mehr als das, was man in der Schule mal so gelernt hat. Aber kann es nicht sein, dass bei der meristemen Vermehrung was schief gegangen ist? Also bei jeder einzelnen Zellteilung kann sich doch theoretisch was an den Chromosomen verändern; und wenn das vielleicht in der entscheidenden Phase passiert oder das Meristem selbst schon verändert war... Nur so 'ne Idee...
Grüße
Lisa

Frodo

Hi Moli,
diese Idee würde ich kaufen, und habe sie mit namhaften brasi. Züchtern angesprochen!!!
Das Problem dabei ist....und hier ist der Punkt wo man mich sehr schnell als Käufer verliert:

Sowas passiert nicht selektiv auf der "Flower-Count-Sequenz"!!! Wenn sowas passiert dann meist an der Stelle die "Wüchsigkeit" oder "grundsätzliche Lebensfähigkeit" heißt. Ich verweigere die Mitarbeit wenn jemand unterstellt das eine solche Degeneration, oder spontane Mutation an der Stelle auftritt, die ein jeder "Vermehrer" als Grundlage für seine Entscheidung ein Meristem zu schneiden bemüht. Abgesehen davon das es kein weiteres Beispiel in der modernen Orchideenkunde gibt, ist der Punkt natürlich nicht auszuschließen, nur: rel. unwahrscheinlich.

Gruß,
Jb
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Lisa.

Wieder was gelernt, Danke!
Grüße
Lisa

Carsten

Zur lobata Jenny oder Jeni kann ich nix sagen; ich habe keine und habe auch nicht viel darüber gelesen oder gehört. Nicht mein Fachgebiet, aber ich kann mir vorstellen, daß die Veränderungen im Phänotyp (sprich weniger Blüten) auf epigenetischer Ebene erfolgen und nicht direkt genetisch (Veränderungen in der DNA Sequenz) bedingt sind.
JB, schöne walkeriana concolor! Ein Bild sagt doch mehr als tausend Worte. Ich hatte bloß keins. Dein Nachtrag zur tipo: Schön erklärt. Als Beispiel für den Fall, wenns mal anders ist, fällt mir nur Paphiopedilum primulinum ein: Dort wurde zuerst der Albino bekannt und beschrieben und wäre somit eine tipo (wenn die Bezeichnung dafür angewendet würde. Die normal gefärbte Form kam erst später ans Licht und wurde folgerichtig als var. purpurascens beschrieben.